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In Weimar starb sein Vater im Alter von 79 Jahren und wurde dort beigesetzt. Paul Ernst zog im Juni 1916 mit seiner dritten Frau Else in das elterliche Grundstück in Neustadt/Südharz mit komfortabler Einrichtung und umfangreicher Bibliothek. Die folgenden, vom Ersten Weltkrieg überschatteten zwei Jahre beschreibt Frau Ernst ausführlich in ihren Memoiren, vermutlich aber erst nach 1933. Die Beurteilung der Einwohner Neustadts im Negativbereich ist dabei kaum zu überbieten. Selbst die eigenen Hausangestellten und nächsten Nachbarn werden damit bedacht. Die Briefe des Dichters an den Käufer seines Hauses aus Österreich sprechen dagegen eine andere Sprache. Die Kontakte der Familie Ernst sind auf Grund der damaligen Bevölkerungsstruktur begrenzt und beschränken sich auf Hermann Kronberg, Baron v. Eberstein, Prof. Berger und Bürgermeister Köhler. Aus den unteren Bevölkerungsschichten wird lediglich der Maurer Hohmann, nicht zuletzt wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten, mehrfach und liebevoll erwähnt. Hohmann wohnte damals in der heutigen Burgstraße Nr. 22. Die kriegsbedingte Einschränkungen in der Lebensmittelversorgung konnte das Ehepaar Ernst mit ihrem etwa 5-jährigen Sohn Karl durch die intensive Nutzung des großen Gartens und damit möglicher Kleintierhaltung entschärfen. | In Weimar starb sein Vater im Alter von 79 Jahren und wurde dort beigesetzt. Paul Ernst zog im Juni 1916 mit seiner dritten Frau Else in das elterliche Grundstück in Neustadt/Südharz mit komfortabler Einrichtung und umfangreicher Bibliothek. Die folgenden, vom Ersten Weltkrieg überschatteten zwei Jahre beschreibt Frau Ernst ausführlich in ihren Memoiren, vermutlich aber erst nach 1933. Die Beurteilung der Einwohner Neustadts im Negativbereich ist dabei kaum zu überbieten. Selbst die eigenen Hausangestellten und nächsten Nachbarn werden damit bedacht. Die Briefe des Dichters an den Käufer seines Hauses aus Österreich sprechen dagegen eine andere Sprache. Die Kontakte der Familie Ernst sind auf Grund der damaligen Bevölkerungsstruktur begrenzt und beschränken sich auf Hermann Kronberg, Baron v. Eberstein, Prof. Berger und Bürgermeister Köhler. Aus den unteren Bevölkerungsschichten wird lediglich der Maurer Hohmann, nicht zuletzt wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten, mehrfach und liebevoll erwähnt. Hohmann wohnte damals in der heutigen Burgstraße Nr. 22. Die kriegsbedingte Einschränkungen in der Lebensmittelversorgung konnte das Ehepaar Ernst mit ihrem etwa 5-jährigen Sohn Karl durch die intensive Nutzung des großen Gartens und damit möglicher Kleintierhaltung entschärfen. | ||
Bei Fußwanderungen zur [[Nordhäuser Talsperre]], Stolberg, Nordhausen und Ilfeld wird die nähere Umgebung erkundet. Zweimal führte eine Wanderung, unter teilweiser Nutzung der Bahn, sogar in das Bergtheater Thale, wohl auch, weil dort Werke des Theaterautors Ernst auf dem Spielplan standen, wobei die landschaftlichen Reize des Harzes bei Frau Else tiefe Eindrücke hinterließen. Aber auch längere Reisen standen häufig auf dem Plan des Ehepaares. Im Vordergrund standen dabei Kontakte zu den Vertretern der Geisteswissenschaften oder Kollegen des Dichters. Solche Reisen führten u.a. nach Bamberg, Frankfurt, Karlsruhe, Heidelberg und mehrfach nach München. Wobei beim letzten Besuch in München die Voraussetzungen für den Wegzug von Neustadt/Südharz geschaffen wurden. In Neustadt schrieb der Dichter den "Zusammenbruch des deutschen | Bei Fußwanderungen zur [[Nordhäuser Talsperre]], Stolberg, Nordhausen und Ilfeld wird die nähere Umgebung erkundet. Zweimal führte eine Wanderung, unter teilweiser Nutzung der Bahn, sogar in das Bergtheater Thale, wohl auch, weil dort Werke des Theaterautors Ernst auf dem Spielplan standen, wobei die landschaftlichen Reize des Harzes bei Frau Else tiefe Eindrücke hinterließen. Aber auch längere Reisen standen häufig auf dem Plan des Ehepaares. Im Vordergrund standen dabei Kontakte zu den Vertretern der Geisteswissenschaften oder Kollegen des Dichters. Solche Reisen führten u.a. nach Bamberg, Frankfurt, Karlsruhe, Heidelberg und mehrfach nach München. Wobei beim letzten Besuch in München die Voraussetzungen für den Wegzug von Neustadt/Südharz geschaffen wurden. In Neustadt schrieb der Dichter den "Zusammenbruch des deutschen Idealismus“, das Schauspiel "Pantalon und seine Söhne“ und das Drama "York" Schauspiel in 5 Aufz.. | ||
Vermutlich im Frühjahr des Jahres 1918 verließ die Familie Erst Neustadt für immer und zog auf das Gut Sonnenhofen in Königsdorf/Oberbayem. Den Grund für diesen Umzug fand Paul Ernst in dem befürchteten Ausgang des Weltkrieges und seiner Folgen. Eine endgültige Heimat fand die Familie Ernst in Österreich, St. Georgen a. d. Stiefing/Steiermark. Hier kaufte man ein Schloss mit 20 Zimmern, 5 ha. Grundstück, betrieb Obst- und Weinanbau. | Vermutlich im Frühjahr des Jahres 1918 verließ die Familie Erst Neustadt für immer und zog auf das Gut Sonnenhofen in Königsdorf/Oberbayem. Den Grund für diesen Umzug fand Paul Ernst in dem befürchteten Ausgang des Weltkrieges und seiner Folgen. Eine endgültige Heimat fand die Familie Ernst in Österreich, St. Georgen a. d. Stiefing/Steiermark. Hier kaufte man ein Schloss mit 20 Zimmern, 5 ha. Grundstück, betrieb Obst- und Weinanbau. |
Version vom 4. März 2021, 21:37 Uhr
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Karl Friedrich Paul Ernst (geb. 7. März 1866 in Elbingerode; gest. 13. Mai 1933 in Sankt Georgen an der Stiefing in der Steiermark) war Schriftsteller und Journalist. Er bediente sich zeitweise des Pseudonyms P. W. Spassmöller.
Er lebte von 1916 bis 1918 in Neustadt/Harz.
Leben
Paul Ernst wurde als Sohn des Grubenaufsehers Johann Christian Friedrich Wilhelm Ernst und der Auguste Henriette, geb. Dittmann, in Elbingerode geboren. Fünf Jahre später siedelte die Familie nach Claustal über, wo Paul Ernst das Gymnasium besuchte, aber nach einer Konfrontation mit dem dortigen Direktor das Gymnasium in Nordhausen besuchte. Hier machte er 1885 sein Abitur mit Noten „von besserem Mittelmaß.“
Nordhausen war die größte Stadt, welche ich bis dahin gesehen. Der Bahnhof erschien mir ungeheuer groß, er war wohl so lang, wie ein Drittel der Rollstraße. Vor dem Bahnhof dehnte sich ein weiter Platz. Man mußte sehr laut sprechen, wenn man sich mit einem Menschen verständlich machen wollte, der am andern Ende des Platzes stand. Unser Hausarzt war einmal als Student acht Tage in Paris gewesen. Er hatte mir erzählt, daß der Louvre so lang ist, wie die ganze Goslarsche Straße. Das ging mir nun durcheinander: der große Louvre, und das große Bahnhofsgebäude in Nordhausen. Zum Bahnhof führte die Bahnhofstraße. An dieser lagen mehrere Villen, die durch eiserne Gitter von der Straße abgetrennt waren. Hinter dem einen Gitter war ein Teppichbeet. Ich hörte, daß jede Woche ein Gärtner komme, um das Beet zu erneuern. Der Rasen wurde mit einer Maschine geschoren, und das Gras nicht etwa den Kühen gegeben, sondern auf den Komposthaufen geworfen. Am Ende der Bahnhofstraße stieg man zwischen engen Mauern zur eigentlichen Stadt hinauf. Ein Teil der alten Befestigungen war zerstört. Dort hatte man eine Promenade eingerichtet, an deren Anfang sich eine Flora aus Zement erhob. Dann waren da Teppichbeete und allerhand Bäume, namentlich fremdartige Weiden und Nadelhölzer. Die Leute in Nordhausen erzählten sich, daß die Berliner sie um diese Promenade beneideten. Nordhausen war gewiß keine Großstadt. Aber es wirkte so auf mich, als wenn es eine Großstadt gewesen wäre. Hier spürte ich schon ganz deutlich den Einfluß der neuen Zivilisation, welche sich nach ganz andern Gesetzen entwickelte, als die waren, unter deren Herrschaft ich bis nun gelebt hatte. Das Nest war etwa drei- oder viermal so groß wie Clausthal, es war also genug Raum zum Bauen. Aber damals wurden einige neue Häuser ganz nach Berliner Art gebaut, mit einem engen Lichtschacht, den man Hof nannte, und Wohnungen, zu denen man drei Treppen hoch klimmen mußte. Ich drückte mein Erstaunen darüber aus, daß diese Häuser so unpraktisch und unbehaglich waren; aber die Nordhäuser Bürger erklärten mir mit überlegenem Gesichtsausdruck, in Berlin baue man auch so, und Nordhausen wolle doch nicht hinter Berlin zurückstehen. […] Es war nicht nur die Größe der Stadt, welche die Roheit verursachte, sondern auch der größere Reichtum. Ich habe nie gesehen, daß die Armut dem Menschen sittlich geschadet hat; aber Manchen habe ich beobachtet, der durch den Reichtum zerstört wurde. |
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— Paul Ernst: Jugenderinnerungen, 1930. |
In Göttingen studierte er zunächst Theologie und Philosophie, später in Berlin Nationalökonomie. Hier lernte er auch das für Deutschland neue Fach Soziologie kennen und kam mit den Begründern dieser Wissenschaft in Kontakt. 1892 promovierte er. Frühzeitig schloss Ernst sich der Arbeiterbewegung an und wurde Mitglied der SPD, aus der er jedoch 1896 wieder austrat.
Aus Sehnsucht nach praktischen Lebenserfahrungen ging er als Praktikant für etwa ein Jahr in die Fürstliche Domäne in Roßla, um sich dann bei der Stadt Nordhausen als Magistrats-Volontär zu bewerben. Hier entstand auch das Schauspiel "Lumpenbagasch", was mit großem Erfolg am Theater Nordhausen aufgeführt wurde und ihn ermutigte, als freier Schriftsteller nach Freudenthal bei Berlin zu gehen. Dort verstarb seine erste Frau nebst Kind nach einjähriger Ehe.
Sein Vater hatte nach seiner Pensionierung 1915 in Neustadt/Harz (Burgstraße 52) ein geräumiges Bauernhaus mit großem Garten gekauft. Ein Jahr danach verstarb seine Frau und wurde in Neustadt beigesetzt. Paul Ernst hatte inzwischen eine Louise v. Benda in Weimar geheiratet. Diese Verbindung eröffnete ihm nicht nur neue gesellschaftliche und berufliche Perspektiven, sondern erweiterte auch seine Vermögens Verhältnisse beträchtlich. Woran diese zweite Ehe des Dichters scheiterte, ist nicht bekannt.
In Weimar starb sein Vater im Alter von 79 Jahren und wurde dort beigesetzt. Paul Ernst zog im Juni 1916 mit seiner dritten Frau Else in das elterliche Grundstück in Neustadt/Südharz mit komfortabler Einrichtung und umfangreicher Bibliothek. Die folgenden, vom Ersten Weltkrieg überschatteten zwei Jahre beschreibt Frau Ernst ausführlich in ihren Memoiren, vermutlich aber erst nach 1933. Die Beurteilung der Einwohner Neustadts im Negativbereich ist dabei kaum zu überbieten. Selbst die eigenen Hausangestellten und nächsten Nachbarn werden damit bedacht. Die Briefe des Dichters an den Käufer seines Hauses aus Österreich sprechen dagegen eine andere Sprache. Die Kontakte der Familie Ernst sind auf Grund der damaligen Bevölkerungsstruktur begrenzt und beschränken sich auf Hermann Kronberg, Baron v. Eberstein, Prof. Berger und Bürgermeister Köhler. Aus den unteren Bevölkerungsschichten wird lediglich der Maurer Hohmann, nicht zuletzt wegen seiner handwerklichen Fähigkeiten, mehrfach und liebevoll erwähnt. Hohmann wohnte damals in der heutigen Burgstraße Nr. 22. Die kriegsbedingte Einschränkungen in der Lebensmittelversorgung konnte das Ehepaar Ernst mit ihrem etwa 5-jährigen Sohn Karl durch die intensive Nutzung des großen Gartens und damit möglicher Kleintierhaltung entschärfen.
Bei Fußwanderungen zur Nordhäuser Talsperre, Stolberg, Nordhausen und Ilfeld wird die nähere Umgebung erkundet. Zweimal führte eine Wanderung, unter teilweiser Nutzung der Bahn, sogar in das Bergtheater Thale, wohl auch, weil dort Werke des Theaterautors Ernst auf dem Spielplan standen, wobei die landschaftlichen Reize des Harzes bei Frau Else tiefe Eindrücke hinterließen. Aber auch längere Reisen standen häufig auf dem Plan des Ehepaares. Im Vordergrund standen dabei Kontakte zu den Vertretern der Geisteswissenschaften oder Kollegen des Dichters. Solche Reisen führten u.a. nach Bamberg, Frankfurt, Karlsruhe, Heidelberg und mehrfach nach München. Wobei beim letzten Besuch in München die Voraussetzungen für den Wegzug von Neustadt/Südharz geschaffen wurden. In Neustadt schrieb der Dichter den "Zusammenbruch des deutschen Idealismus“, das Schauspiel "Pantalon und seine Söhne“ und das Drama "York" Schauspiel in 5 Aufz..
Vermutlich im Frühjahr des Jahres 1918 verließ die Familie Erst Neustadt für immer und zog auf das Gut Sonnenhofen in Königsdorf/Oberbayem. Den Grund für diesen Umzug fand Paul Ernst in dem befürchteten Ausgang des Weltkrieges und seiner Folgen. Eine endgültige Heimat fand die Familie Ernst in Österreich, St. Georgen a. d. Stiefing/Steiermark. Hier kaufte man ein Schloss mit 20 Zimmern, 5 ha. Grundstück, betrieb Obst- und Weinanbau.
Wegen der Inflation in Österreich verblieben vom ehemals beträchtlichen Vermögen etwa 10 Prozent. In einem ausführlichen Brief vom 25. Januar 1929 beschreibt er nicht nur seine finanziellen Verhältnisse, sondern auch, dass die Familie zeitweise hungerte. Der Harzer Heimat blieb er verbunden; das ist die Erkenntnis aus 4 Briefen zwischen 1926 und 1933, die er an den Käufer seines Hauses in Neustadt/Südharz schrieb. Es ist dem heutigen Besitzer seines Hauses, Herrn Günter Schökel, zu verdanken, dass sich der Weg des Dichters weiter verfolgen ließ. Am 13. Mai 1933 starb Paul Ernst im Alter von 67 Jahren.
Andenken
Das Vermächtnis, gesammelte Werke in 19 Bänden, wird von der Paul-Ernst-Gesellschaft in Neu-Ulm verwaltet.
Es ist dem heutigen Besitzer des Hauses Burgstraße 52 in Neustadt, Herrn Günter Schökel, zu verdanken, dass sich der Weg des Dichters weiter verfolgen ließ.
In Nordhausen gibt es eine Paul-Ernst-Straße.
Werke (Auswahl)
Paul Ernsts literarisches Schaffen ist sehr umfangreich und vielfältig. Es umfasst sowohl Romane, Erzählungen und Novellen als auch Dramen, Essays und Epen. Sind seine frühen Werke noch dem Naturalismus zuzuordnen, sind seine späteren, vor allem in den 1920er Jahren entstandenen Schriften Bestandteil der Neuklassik, als einer der Hauptvertreter Paul Ernst gilt.
Romane
- Der schmale Weg zum Glück
- Das Glück von Lautenthal
- Der Schatz im Morgenbrotstal
- Saat auf Hoffnung
Novellen und Erzählungen
- Der Tod des Cosimo
- Komödianten- und Spitzbubengeschichten
- Die Hochzeit
Dramen
- Demetrios
- Ariadne auf Naxos
- Canossa
Essays
- Der Weg zur Form
- Zusammenbruch des Idealismus
- Zusammenbruch des Marxismus
- Grundlagen der neuen Gesellschaft
Literatur
- Adolf Potthoff: Paul Ernst. Einführung in sein Leben und Werk. Albert Langen/Georg Müller, 1935. (vorhanden im Literaturverzeichnis des Stadtarchivs Nordhausen)