Arisierungen in Nordhausen: Unterschied zwischen den Versionen

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Als „'''Arisierung'''“ (zeitgenössisch auch „Entjudung“) bezeichnete man im NS-Staat die schrittweise erfolgte totale Enteignung von [[Juden in Nordhausen|Juden]]. Arisierungen fanden während der NS-Zeit in Nordhausen wie in ganz Deutschland statt.
Als „'''Arisierung'''“ (im damaligen Sprachgebrauch auch „Entjudung“) bezeichnete man im NS-Staat die schrittweise erfolgte totale Enteignung von [[Juden in Nordhausen|Juden]]. Arisierungen fanden während der NS-Zeit in Nordhausen wie in ganz Deutschland statt.


Jüdische Geschäftsinhaber und Immobilienbesitzer wurden im Rahmen der Arisierungen zuerst gedrängt, ihre Geschäfte, Firmen und Immobilien meist unter Wert zu verkaufen. Im Falle einer Verweigerung wurden sie später enteignet. Zahlreiche „Geschäftsarisierungen“ und „Immobilienarisierungen“ sind in Nordhausen belegt, die meisten wurden 1938/39 abgewickelt. Daneben gab es eine nicht genau überschaubare Zahl von Geschäftsliquidationen.
Jüdische Geschäftsinhaber und Immobilienbesitzer wurden im Rahmen der Arisierungen zuerst gedrängt, ihre Geschäfte, Firmen und Immobilien meist unter Wert zu verkaufen. Im Falle einer Verweigerung wurden sie später enteignet. Zahlreiche „Geschäftsarisierungen“ und „Immobilienarisierungen“ sind in Nordhausen belegt, die meisten wurden 1938/39 abgewickelt. Daneben gab es eine nicht genau überschaubare Zahl von Geschäftsliquidationen.
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Die Nordhäuser Stadtverwaltung war aktiv an der Durchführung der „Arisierung“ beteiligt. Das städtische Wirtschaftsamt überwachte die Zwangsverkäufe und genehmigte die neuen Eigentümer. Die Stadt selbst erwarb mehrere jüdische Immobilien zu Niedrigpreisen.
Die Nordhäuser Stadtverwaltung war aktiv an der Durchführung der „Arisierung“ beteiligt. Das städtische Wirtschaftsamt überwachte die Zwangsverkäufe und genehmigte die neuen Eigentümer. Die Stadt selbst erwarb mehrere jüdische Immobilien zu Niedrigpreisen.


=== Entschädigung und Restitution nach 1945 ===
=== Nach 1945 ===
Nach Kriegsende gab es nur in wenigen Fällen Rückübertragungen „arisierter“ Unternehmen an die früheren jüdischen Eigentümer oder deren Erben. Die meisten Überlebenden waren ausgewandert oder starben in den Konzentrationslagern. In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR fand keine systematische Entschädigung für die „Arisierung“ statt.
Nach Kriegsende gab es nur in wenigen Fällen Rückübertragungen „arisierter“ Unternehmen an die früheren jüdischen Eigentümer oder deren Erben. Die meisten Überlebenden waren ausgewandert oder starben in den Konzentrationslagern. In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR fand keine systematische Entschädigung für die „Arisierung“ statt.


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! Geschw.-Scholl-Straße 15
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Aktuelle Version vom 4. Oktober 2024, 06:40 Uhr

Werbeanzeige von 1939. Aus Modehaus Schönbeck wird Modehaus Kramer

Als „Arisierung“ (im damaligen Sprachgebrauch auch „Entjudung“) bezeichnete man im NS-Staat die schrittweise erfolgte totale Enteignung von Juden. Arisierungen fanden während der NS-Zeit in Nordhausen wie in ganz Deutschland statt.

Jüdische Geschäftsinhaber und Immobilienbesitzer wurden im Rahmen der Arisierungen zuerst gedrängt, ihre Geschäfte, Firmen und Immobilien meist unter Wert zu verkaufen. Im Falle einer Verweigerung wurden sie später enteignet. Zahlreiche „Geschäftsarisierungen“ und „Immobilienarisierungen“ sind in Nordhausen belegt, die meisten wurden 1938/39 abgewickelt. Daneben gab es eine nicht genau überschaubare Zahl von Geschäftsliquidationen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Vor 1933 spielten jüdische Geschäftsleute und Unternehmer eine bedeutende Rolle in der Nordhäuser Wirtschaft. Zu den wichtigsten jüdischen Unternehmen zählten das Kaufhaus Pinthus & Ahlfeld in der Rautenstraße, das Modehaus Schönbeck am Kornmarkt, das Kaufhaus Julius Heilbrun an der Ecke Vor dem Vogel/Neustadtstraße, die Wäschefabrik Wolff und das Bankhaus Blach. Insgesamt gab es 1933 in Nordhausen 34 jüdische Geschäfte und Betriebe, die 671 Mitarbeiter beschäftigten.

Frühe Diskriminierung (1933-1937)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten begannen erste Boykottaufrufe gegen jüdische Geschäfte. Am 1. April 1933 fand der reichsweite „Judenboykott“ statt, bei dem auch in Nordhausen SA-Posten vor jüdischen Läden aufgestellt wurden. In den folgenden Jahren kam es zu zunehmenden Repressalien. Jüdische Ärzte und Rechtsanwälte wurden aus den Krankenkassen bzw. von der Zulassung bei Gerichten ausgeschlossen. Es folgten Kündigungen jüdischer Angestellter in öffentlichen Einrichtungen. Zudem wurde Druck auf nichtjüdische Kunden ausgeübt, nicht mehr bei Juden einzukaufen.

Forcierte „Arisierung“ (1938-1942)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Novemberpogrom 1938 verschärfte sich die Situation dramatisch. Jüdische Geschäftsinhaber wurden nun systematisch zum Verkauf ihrer Unternehmen an deutsche Käufer gedrängt. Dabei kamen verschiedene Methoden zum Einsatz. Es gab direkten Zwang durch Gestapo und lokale NS-Funktionäre, wirtschaftlichen Druck durch Kreditkündigungen und Lieferboykotte sowie die Androhung von KZ-Haft bei Weigerung zum Verkauf. Die Verkaufspreise lagen in der Regel weit unter dem tatsächlichen Wert der Unternehmen. In vielen Fällen mussten die jüdischen Eigentümer ihre Geschäfte praktisch verschenken.

Als Beispiele für Arisierungen in Nordhausen können folgende Fälle genannt werden: Das Kaufhaus Pinthus & Ahlfeld wurde im September 1938 zwangsverkauft und in „Reinhold & Böttcher“ umbenannt. Das Modehaus Schönbeck am Kornmarkt wurde arisiert und firmierte danach als „Kramer“. Das Kaufhaus Julius Heilbrun wurde am 15.12.1938 von der Firma Schwan & Schatz übernommen und in „Saxonia“ umbenannt.

Bis 1939 waren praktisch alle größeren jüdischen Unternehmen in Nordhausen „arisiert“. In den folgenden Jahren wurden auch kleinere Geschäfte und Handwerksbetriebe liquidiert oder zwangsverkauft. Mit der Deportation der letzten Nordhäuser Juden 1942 war der Prozess der wirtschaftlichen Verdrängung abgeschlossen.

Die Nordhäuser Stadtverwaltung war aktiv an der Durchführung der „Arisierung“ beteiligt. Das städtische Wirtschaftsamt überwachte die Zwangsverkäufe und genehmigte die neuen Eigentümer. Die Stadt selbst erwarb mehrere jüdische Immobilien zu Niedrigpreisen.

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Kriegsende gab es nur in wenigen Fällen Rückübertragungen „arisierter“ Unternehmen an die früheren jüdischen Eigentümer oder deren Erben. Die meisten Überlebenden waren ausgewandert oder starben in den Konzentrationslagern. In der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR fand keine systematische Entschädigung für die „Arisierung“ statt.

Liste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundstück alte Besitzer Datum / Verkauf neue Besitzer
A.-Puschkin-Straße 18 Dr. Paul Frohnhausen
Altendorf 44 Otto Lindenberg
Arnoldstraße 5 Berta Sander nicht verkauft
Arnoldstraße 17 Theodor Stern nicht verkauft
Arnoldstraße 24 Dr. Carl Stern 20.12.1938 Dr. Ernst Tuve (Nordhausen)
Bäckerstraße 2 Hermann Hecht 17.04.1939 Willi Herbst (Nordhausen)
Bäckerstraße 23 Ludwig Herzfeld 11.01.1939 Friedrich Gülland (Nordhausen)
Bahnhofsplatz 2 Hermann Bacharach 13.04.1939 Witwe Ella Blass (Nordhausen)
Bahnhofstraße 13 ("Börse") Arthur Warburg 08.03.1939 Gerhardt Nickel (Fleischerei)
Bahnhofsstraße 14 Anna Eisner Fa. Gottlieb Hausbrand
Bahnhofstraße 24 R. Phillips Erben 17.11.1939 Gerhardt Schütze (Nordhausen)
Flickengasse 3 Paul Schiff, Brennerei Schiff & Sander 31.08.1938 W. Strothmann (Minden)
Geschw.-Scholl-Straße 15 Wilhelm Heinemann 27.09.1938 Arthur Koch (Nordhausen)
Geseniusstraße 10 Ludwig Cohns Erben 15.09.1938 Paul Gudorf
Grimmelallee 29 Julius Marcuse 30.11.1938 Killinger-Verlag
Gumpe 2 Harry Goldschmidt (Berlin) 14.04.1938 Witwe Frieda Schillinger
Hallesche Straße 7 (13) Isidor Goldstein 16.01.1939 Carl Beilstein (Nordhausen)
Hallesche Straße 95 und 101/103 sowie Strohmühlenweg 12 Denny Mautners Erben 14.08.1938 Fa. Erich Liebetrau
H.-Zille-Straße 4 Paula Philipp
Johannistreppe 1 und Hesseröder Straße 41 Max Goldschmidt (junior) 16.10.1936 Fa. Hetzel (Kehl)
Karolingerstraße 31 Arthur Warburg nicht verkauft
Köllingstraße 3 Therese Weinbaum
Köllingstraße 4 Gertrud Schlier Stadt Nordhausen
Kornmarkt 15 und Balzerstraße 36/37 Sophie Schönbeck 01.09.1939 (Neueröffnung) Modehaus Kramer KG
Lohmarkt 21 Spunt vor 1937 Fa. Bachnik & Co.
Markt 4 Daniel Spatz nicht verkauft
Neustadtstraße 1 Leon Heilbrun 18.04.1939 Gisela Kolrep (Berlin)
Neustadtstraße 5 Moritz Frohnhausens Erben 13.01.1939 Witwe Rathsfeld (Nordhausen)
Neustadtstraße 36 Sophie Selig Karl Burkhardt (Nordhausen)
Oscar-Cohn-Straße 6 Dr. Hans Wolff Fa. Koch (Färberei)
Pferdemarkt 9/10 jüdische Gemeinde 13.01.1939 Stadt Nordhausen
Predigerstraße 6 Nathan Pohly 09.12.1938 Georg Wienholz (Nordhausen)
Rautenstraße 7 Curt Kleimenhagen nicht verkauft
Rautenstraße 11 Wilhelm Münz Hans Nowak
Rautenstraße 16 Goldine Plaut nicht verkauft
Rautenstraße 17 und Neue Straße 11/12 Isidor Lewin 31.03.1939 Stadt Nordhausen
Rautenstraße 24 Frieda Frohnhausen 10.12.1938 Theodor Lincke (Nordhausen)
Rautenstraße 25 Isaak Zann 07.12.1938 Hermann Voigt (Nordhausen)
Rautenstraße 36 und 37 Selly Graupe
Rautenstraße 38 Julius Mai 31.12.1938 Franz Petermann (Nordhausen)
Rautenstraße 43 Louis Speyer-Ofenberg 30.01.1939 Karl Müller
Rautenstraße 48/49 Flora Pinthus 23.08.1938 Fa. Reinhold & Böttcher
Rautenstraße 50 Henriette Goldschmidt 02.01.1939 Walter Pipcke (Nordhausen)
Rolandsweg 1a Modehaus Schönbeck August Neumeyer (Nordhausen)
Salza, Mittelstraße Walter Weiß Optiker Gerhard Vick
Sandstraße 3 Walter Goldschmidt 06.12.1938 Paul Herbst (Nordhausen)
Sandstraße 12 Leo Joschkowitz 28.10.1938 (enteignet, später Abfindung)
Schackenhof 2 Bruno Heilbrun Gisela Kolrep (Berlin)
Schützenstraße 10 Anna Schindel nicht verkauft
Töpferstraße 24 Paul Falkenstein nicht verkauft
Töpferstraße 25 Bernhard, Henny und Elsbeth Warburg nicht verkauft
Uferstraße 15 Max Heilbrun 15.12.1938 Gebr. Kellner (Nordhausen)
Vor dem Vogel 7 Paul Selig
Vor dem Vogel 26 Arthur Heilbrun
Vor dem Vogel 27 Erich Simon 1938 Walter Knolle

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]