Der Säuferkönig zu Ellrich: Unterschied zwischen den Versionen

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Adelsherren von weit und breit waren einmal zu einem Trinkgelage nach Ellrich geladen. Der trinkfesteste Ritter, der noch aufrecht stand, wenn alle anderen Zechkumpane schon volltrunken darniederlagen, sollte zum Säuferkönig gekürt werden und als Ehrenpreis eine goldene Kette um den Hals davontragen.
Adelsherren von weit und breit waren einmal zu einem Trinkgelage nach Ellrich geladen. Der trinkfesteste Ritter, der noch aufrecht stand, wenn alle anderen Zechkumpane schon volltrunken darniederlagen, sollte zum Säuferkönig gekürt werden und als Ehrenpreis eine goldene Kette um den Hals davontragen.



Aktuelle Version vom 8. Januar 2023, 16:56 Uhr

Stadtansicht von Ellrich im Topographia Superioris Saxoniae (1650)

Adelsherren von weit und breit waren einmal zu einem Trinkgelage nach Ellrich geladen. Der trinkfesteste Ritter, der noch aufrecht stand, wenn alle anderen Zechkumpane schon volltrunken darniederlagen, sollte zum Säuferkönig gekürt werden und als Ehrenpreis eine goldene Kette um den Hals davontragen.

Auch Graf Ernst von Klettenberg befand sich an jenem Sonntagmorgen in der wacker bechernden Runde. Humpen auf Humpen wurde bis auf die Neige geleert; Stunde um Stunde sprachen die Edelleute dem Wein zu. Einer nach dem anderen sank, seiner Sinne nicht mehr mächtig, zu Boden; von den Übriggebliebenen als Schwächling mit Hohngelächter bedacht. Den dreißigsten Humpen konnte nur noch der Graf von Klettenberg ansetzen. Als einziger stand er zuletzt aufrecht wie ein blutiges Nordlicht in dem weiten Saal. Da niemand mehr da war, ihn als Sieger zu erklären, setzte er sich selbst die Säuferkrone auf das Haupt und hängte sich den Ehrenpreis, die goldene Kette, um. So wankte er hinaus, um sich der herbeigeströmten Menge zu zeigen und befahl, seinen Rapphengst vorzuführen. Vier Knappen hoben ihn hinauf, dann galoppierte er unter dem Gekreisch des Volkes durch das Städtchen, um nach Klettenberg heimzukehren. Als er eben durch das Stadttor ritt, läuteten die Glocken der Kapelle St. Nicolaus auf dem Rodenanger gerade zur Vesper. Im Taumel und trunkenem Übermut spornte der Junker sein Roß und hetzte es gewaltsam durch das offene Kirchentor, mitten durch die zur Andacht versammelte Gemeinde bis vor den Altar. Der fromme Gesang erstarb zuerst in starrem Erstaunen, bis sich gleich darauf ob des unerhörten Frevels Geschrei erhob. Wild aufbäumte sich der Rappe und stieg funkensprühend die Altarstufen empor. Das schnaubende Pferd rutschte ab, stürzte und begrub seinen tollen Reiter unter sich. Hinzueilend sah man, daß sich auf der Stelle alle vier Eisen von den Hufen des Pferdes gelöst hatten. Als Zeugnis jenes Geschehens wurden die vier Hufeisen an die Kirchentür genagelt und sollen dort bis zu einem Kirchenbrand anzustaunen gewesen sein.