Bearbeiten von „Nordhäuser Realgymnasiasten im Weltkriege“
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Als nach der Ypernschlacht die Aussichten auf einen schnellen Erfolg, den man von der Durchführung des von Schlieffen geprägten operativen Vernichtungsgedankens erhofft hatte, dahinschwanden, entschloß sich unsere O.H.L., zunächst zur Defensive Überzugehen und sich unter sparsamster Wirtschaft mit Menschen und Material auf begrenzte Offensiven zur Erreichung bestimmter militärpolitischer und wirtschaftlicher Ziele zu beschränken. | Als nach der Ypernschlacht die Aussichten auf einen schnellen Erfolg, den man von der Durchführung des von Schlieffen geprägten operativen Vernichtungsgedankens erhofft hatte, dahinschwanden, entschloß sich unsere O.H.L., zunächst zur Defensive Überzugehen und sich unter sparsamster Wirtschaft mit Menschen und Material auf begrenzte Offensiven zur Erreichung bestimmter militärpolitischer und wirtschaftlicher Ziele zu beschränken. | ||
General v. Falkenhayn ließ sich dabei wohl von der Ansicht leiten, daß der Russe bei der Weite des ihm zur Verfügung stehenden Raumes einem Entscheidungskampfe stets ausweichen könne, die Entscheidung des Krieges daher nur im Westen zu haben sei. Für eine Entscheidung suchende Offensive hier, vermittels Durchbruchs durch die feindlichen Stellungen, hielt er aber die deutschen Kräfte noch nicht für ausreichend. Ob dies richtig war, soll hier nicht untersucht werden, — Deutschland geriet dadurch jedenfalls in die Lage einer zu Lande und zu Wasser eng eingeschlossenen, dabei ungenügend verproviantierten und ausgerüsteten Festung. An der Front begann jenes „Martyrium des 1200 Tage dauernden Stellungskrieges, des Krieges der Technik und des Materials, des Krieges der Unterführer, bei dem die soldatischen Eigenschaften der Initiative und Beweglichkeit unter der drückenden Abhängigkeit von den verfügbaren technischen Kampfmitteln zu verkümmern drohten, weil man sich meist auf das Handwerksmäßige der Kriegsführung beschränken mußte. | General v. Falkenhayn ließ sich dabei wohl von der Ansicht leiten, daß der Russe bei der Weite des ihm zur Verfügung stehenden Raumes einem Entscheidungskampfe stets ausweichen könne, die Entscheidung des Krieges daher nur im Westen zu haben sei. Für eine Entscheidung suchende Offensive hier, vermittels Durchbruchs durch die feindlichen Stellungen, hielt er aber die deutschen Kräfte noch nicht für ausreichend. Ob dies richtig war, soll hier nicht untersucht werden, — Deutschland geriet dadurch jedenfalls in die Lage einer zu Lande und zu Wasser eng eingeschlossenen, dabei ungenügend verproviantierten und ausgerüsteten Festung. An der Front begann jenes „Martyrium des 1200 Tage dauernden Stellungskrieges, des Krieges der Technik und des Materials, des Krieges der Unterführer, bei dem die soldatischen Eigenschaften der Initiative und Beweglichkeit unter der drückenden Abhängigkeit von den verfügbaren technischen Kampfmitteln zu verkümmern drohten, weil man sich meist auf das Handwerksmäßige der Kriegsführung beschränken mußte." | ||
Das politische Ringen um die Neutralen, um Italien und die Balkanstaaten, ließ nun mit Beginn des Jahres 1915 beiderseits einen größeren militärischen Erfolg als dringend erwünscht erscheinen. | Das politische Ringen um die Neutralen, um Italien und die Balkanstaaten, ließ nun mit Beginn des Jahres 1915 beiderseits einen größeren militärischen Erfolg als dringend erwünscht erscheinen. | ||
Auf beiden Seiten war die Führung im Laufe des Winters darauf bedacht gewesen, sich neue Reserven zu schaffen. 22 Divisionen waren vom Gegner neu aufgestellt, während unsere O.H.L., außer den in der Heimat aufzustellenden Divisionen, aus der Front durch Umformationen weitere Kräfte zu ihrer Verfügung ausschied.<ref>O.H.L. = Oberste Heeresleitung; A.O.K. = Armee-Ober-Kommando; IR., RIR. = Inf., bzw. Reserve-Inf.-Rgt.; ID., IB. = Inf.-Division, bzw. Brigade; MG. = Maschinen-Gewehr.</ref> Da die bisherige Erfahrung gelehrt hatte, daß zur Besetzung befestigter Feldstellungen, wie sie im Laufe des Winters an der Front ausgebaut waren, verhältnismäßig schwache Truppen genügten, wurde die Zahl der Infanterieregimenter einer Division von 4 auf 3 herabgesetzt — eine | Auf beiden Seiten war die Führung im Laufe des Winters darauf bedacht gewesen, sich neue Reserven zu schaffen. 22 Divisionen waren vom Gegner neu aufgestellt, während unsere O.H.L., außer den in der Heimat aufzustellenden Divisionen, aus der Front durch Umformationen weitere Kräfte zu ihrer Verfügung ausschied.<ref>O.H.L. —= Oberste Heeresleitung; A.O.K. = Armee-Ober-Kommando; IR., RIR. = Inf., bzw. Reserve-Inf.-Rgt.; ID., IB. = Inf.-Division, bzw. Brigade; MG. = Maschinen-Gewehr.</ref> Da die bisherige Erfahrung gelehrt hatte, daß zur Besetzung befestigter Feldstellungen, wie sie im Laufe des Winters an der Front ausgebaut waren, verhältnismäßig schwache Truppen genügten, wurde die Zahl der Infanterieregimenter einer Division von 4 auf 3 herabgesetzt — eine „Dreiteilung" durchgeführt, wobei dem Divisionskommandeur außer dem Kommandeur der Artillerie und der Pioniere noch ein Infanteriebrigadekommandeur als besonderer Infanterieführer unterstellt wurden. | ||
Die deutsche O.H.L. entschloß sich, trotzdem gewaltige französische Angriffsvorbereitungen an der Westfront erkannt waren, die frischen Kräfte mit ihrer Masse auf der Ostfront einzusetzen und in der Befreiung der von den Russen stark bedrohten Festung Przmysl den politisch notwendigen Sieg zu suchen. General v. Falkenhayn hatte das Vertrauen, daß die Westfront auch stärksten französischen Angriffen gegenüber standhalten würde, zumal inzwischen der Ausbau des Bahnnetzes hinter der deutschen Front beendet war und nunmehr ein schnelles Verschieben der Reserven an besonders bedrohte Punkte gewährleistete. | Die deutsche O.H.L. entschloß sich, trotzdem gewaltige französische Angriffsvorbereitungen an der Westfront erkannt waren, die frischen Kräfte mit ihrer Masse auf der Ostfront einzusetzen und in der Befreiung der von den Russen stark bedrohten Festung Przmysl den politisch notwendigen Sieg zu suchen. General v. Falkenhayn hatte das Vertrauen, daß die Westfront auch stärksten französischen Angriffen gegenüber standhalten würde, zumal inzwischen der Ausbau des Bahnnetzes hinter der deutschen Front beendet war und nunmehr ein schnelles Verschieben der Reserven an besonders bedrohte Punkte gewährleistete. | ||
Der französische Generalissimus Joffre hielt trotz der Mißerfolge, welche die zur Entlastung des russischen Verbündeten im Laufe des Winters unternommenen Angriffe gegen die deutsche Stellung ausnahmslos gezeitigt hatten, einen Durchbruch durch die deutsche Front noch für durchaus möglich, wenn man dazu nur genügende Mengen Munition und Truppen einsetzen konnte, und die standen ihm im Gegensatz zu den bisherigen Angriffen jetzt zur Verfügung. Zu einem entscheidenden Erfolge mußte zweifellos ein solcher Durchbruch führen, wenn es gelang, den Keil der deutschen Front, der bei St. Mihiel tief in die französischen Linien hinein- sprang auf beiden Flanken zu durchbrechen und seine Spitze so im | Der französische Generalissimus Joffre hielt trotz der Mißerfolge, welche die zur Entlastung des russischen Verbündeten im Laufe des Winters unternommenen Angriffe gegen die deutsche Stellung ausnahmslos gezeitigt hatten, einen Durchbruch durch die deutsche Front noch für durchaus möglich, wenn man dazu nur genügende Mengen Munition und Truppen einsetzen konnte, und die standen ihm im Gegensatz zu den bisherigen Angriffen jetzt zur Verfügung. Zu einem entscheidenden Erfolge mußte zweifellos ein solcher Durchbruch führen, wenn es gelang, den Keil der deutschen Front, der bei St. Mihiel tief in die französischen Linien hinein- sprang auf beiden Flanken zu durchbrechen und seine Spitze so im „Zangenangriff" abzuquetschen und zu vernichten. | ||
Die deutsche 5. Armee war es gewesen, der es mit der Eroberung des Sperrforts Camp des Romains und mit dem Ueberschreiten der Maas bei St. Mihiel im September 14 gelungen war, diesen Keil in die französische Sperrfortlinie zwischen Toul und Verdun hineinzutreiben und damit den Franzosen die strategische Ausnutzung ihrer gewaltigen Ausfallstellung Toul—Verdun unmöglich zu machen. General Sarail hatte deshalb auch hier bereits im Winter versucht in immer neuem Ansturm bei Combres, bei Apremont und an der Straße Essey—Flirey die Flanken dieses Keiles einzudrücken; sämtliche Angriffe waren im deutschen Feuer zusammengebrochen. Seit Mitte Dezember war hier wieder Ruhe eingetreten, da die französischen Kräfte anscheinend erschöpft waren. | Die deutsche 5. Armee war es gewesen, der es mit der Eroberung des Sperrforts Camp des Romains und mit dem Ueberschreiten der Maas bei St. Mihiel im September 14 gelungen war, diesen Keil in die französische Sperrfortlinie zwischen Toul und Verdun hineinzutreiben und damit den Franzosen die strategische Ausnutzung ihrer gewaltigen Ausfallstellung Toul—Verdun unmöglich zu machen. General Sarail hatte deshalb auch hier bereits im Winter versucht in immer neuem Ansturm bei Combres, bei Apremont und an der Straße Essey—Flirey die Flanken dieses Keiles einzudrücken; sämtliche Angriffe waren im deutschen Feuer zusammengebrochen. Seit Mitte Dezember war hier wieder Ruhe eingetreten, da die französischen Kräfte anscheinend erschöpft waren. | ||
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Welches waren nun die Ursachen dieses deutschen Mißerfolges, lagen sie etwa in unseren taktischen Vorschriften und Anschauungen über den Stellungskrieg begründet? | Welches waren nun die Ursachen dieses deutschen Mißerfolges, lagen sie etwa in unseren taktischen Vorschriften und Anschauungen über den Stellungskrieg begründet? | ||
Das deutsche Heer, im altpreußischen Angriffsgeist erzogen, war im Frieden kein Freund der Anwendung von Feldbefestigungen gewesen, — die | Das deutsche Heer, im altpreußischen Angriffsgeist erzogen, war im Frieden kein Freund der Anwendung von Feldbefestigungen gewesen, — die „Buddelei" fand bei der Fronttruppe nie die rechte Gegenliebe. Von Seiten des Generalstabes war jedoch nach den Erfahrungen des Russisch-Japanischen Krieges die erhöhte Bedeutung der Feldbefestigung zum Ausgleich der dauernd sich steigernden Waffenwirkung klar erkannt und in zwei neuen Dienstvorschriften ausgewertet (Kampf um Festungen, 1910, Feldpionierdienst für alle Waffen, 1911) und durch Uebungen in den Manövern sowie durch Anlage großer Sonderübungen (z. B. Festungskriegsübung Thorn, 1912) dafür gesorgt, daß die Truppe sich mit diesen neuen Vorschriften vertraut machte. Den Forderungen für die verstärkte technische Ausrüstung der Armee und für Vermehrung der Pionierformationen, welche der Generalstab auf Grund dieser Erkenntnisse beim Kriegsministerium stellen mußte, wurde jedoch aus „Sparsamkeitsgründen" auch bei der Heeresvermehrung 1913 nur in sehr bescheidenen Maße stattgegeben. So kam es, daß die technische Ausrüstung der Ersatzdivisionen, trotz planmäßiger Aufstellung bei der Mobilmachung, den modernen Anforderungen nicht genügte. | ||
Bei der Aufstellung der neuen Vorschriften war auch dem psychischen Element Rechnung getragen, nachdem im russischjapanischen Feldzug die Gefahr besonders hervorgetreten war, daß die Schwäche der menschlichen Natur bei der gesteigerten Feuerwirkung nur allzu gern die Deckung sucht und so die Feldbefestigung leicht zum Grabe des Angriffsgedankens werden läßt. Dies hatte den Russen in diesem Feldzuge den Sieg gekostet, unsere Vorschriften betonten daher grundsätzlich den Offensivgedanken auch für die Verteidigung. Im Gegensatz zu den französischen Anschauungen, die für den Ausbau von Feldstellungen mehrere Linien hintereinander grundsätzlich vorsahen (Vorstellung, Hauptstellung, rückwärtige Stellung), hielt man bei uns eine hartnäckige Verteidigung nur für gewährleistet, wenn der Verteidiger keine zweite Deckung hinter sich weiß und so gezwungen ist, in seiner Stellung aus- zuhalten. Man forderte dafür aus dem Grundsatz der offensiven Verteidigung heraus die Bereitstellung starker Reserven zum schnellen und kräftigen Gegenstoß. Schießerfahrungen im Frieden gegen feldmäßig gedeckte Ziele mit unseren leichten und schweren Feldhaubitzen hatten auch immer wieder gezeigt, daß eine entscheidende artilleristische Wirkung gegen solche Ziele nur schwer zu erreichen war, — daß die Waffenwirkung gegen Feldbefestigungen durch Einsatz von schwerstem Steilfeuer und Minenwerfern, wie sie der Stellungskrieg im Winter 1914/15 brächte, eine derartige Steigerung erfahren sollte, konnte niemand voraussehen. | Bei der Aufstellung der neuen Vorschriften war auch dem psychischen Element Rechnung getragen, nachdem im russischjapanischen Feldzug die Gefahr besonders hervorgetreten war, daß die Schwäche der menschlichen Natur bei der gesteigerten Feuerwirkung nur allzu gern die Deckung sucht und so die Feldbefestigung leicht zum Grabe des Angriffsgedankens werden läßt. Dies hatte den Russen in diesem Feldzuge den Sieg gekostet, unsere Vorschriften betonten daher grundsätzlich den Offensivgedanken auch für die Verteidigung. Im Gegensatz zu den französischen Anschauungen, die für den Ausbau von Feldstellungen mehrere Linien hintereinander grundsätzlich vorsahen (Vorstellung, Hauptstellung, rückwärtige Stellung), hielt man bei uns eine hartnäckige Verteidigung nur für gewährleistet, wenn der Verteidiger keine zweite Deckung hinter sich weiß und so gezwungen ist, in seiner Stellung aus- zuhalten. Man forderte dafür aus dem Grundsatz der offensiven Verteidigung heraus die Bereitstellung starker Reserven zum schnellen und kräftigen Gegenstoß. Schießerfahrungen im Frieden gegen feldmäßig gedeckte Ziele mit unseren leichten und schweren Feldhaubitzen hatten auch immer wieder gezeigt, daß eine entscheidende artilleristische Wirkung gegen solche Ziele nur schwer zu erreichen war, — daß die Waffenwirkung gegen Feldbefestigungen durch Einsatz von schwerstem Steilfeuer und Minenwerfern, wie sie der Stellungskrieg im Winter 1914/15 brächte, eine derartige Steigerung erfahren sollte, konnte niemand voraussehen. | ||
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Dort, wo an der Front nun die Stellungen aus den Rückzugskämpfen heraus entstanden waren und wo die Verteidigung von der Truppe im Sinne der Vorschriften in immer erneuten Unternehmungen und Vorstößen offensiv geführt wurde, hatte sich ganz von allein aus der einen Hauptkampflinie ein System von mehreren Gräben hintereinander entwickelt. Die Kämpfe in der Champagne hatten weiter den Wert der Tiefengliederung im Stellungskampfe zum Ausgleich der gesteigerten Waffenwirkung erkennen lasten, so daß die O.H.L. schon damals den Ausbau der Stellungen nach der Tiefe anordnete. | Dort, wo an der Front nun die Stellungen aus den Rückzugskämpfen heraus entstanden waren und wo die Verteidigung von der Truppe im Sinne der Vorschriften in immer erneuten Unternehmungen und Vorstößen offensiv geführt wurde, hatte sich ganz von allein aus der einen Hauptkampflinie ein System von mehreren Gräben hintereinander entwickelt. Die Kämpfe in der Champagne hatten weiter den Wert der Tiefengliederung im Stellungskampfe zum Ausgleich der gesteigerten Waffenwirkung erkennen lasten, so daß die O.H.L. schon damals den Ausbau der Stellungen nach der Tiefe anordnete. | ||
An der Front der 8. Ers.-Div. im Priesterwald hatten nun unglücklicherweise verschiedene Umstände zusammengewirkt, um diese Entwicklung der Taktik im Kampf um Feldbefestigungen, wie sie schon im Winter 14/15 an anderen Fronten eingesetzt hatte, nicht zur Auswirkung kommen zu lassen. Einmal lag dies eben in der Schwäche der menschlichen Natur, aus der heraus die Truppe sich nicht recht entschließen konnte, den hier herrschenden Frieden durch offensive Kampfhandlungen zu stören. Mangel an Munition leistete dem nur Vorschub und diente als Entschuldigung. Weiter bot der harte Kalkfels des Untergrundes bei der mangelnden technischen Ausrüstung der Truppe dem Stellungsausbau sehr erheh- liche Schwierigkeiten, auch war die unglückliche Organisation der Ersatzbrigaden und Divisionen, denen der Regimentsverband fehlte, nicht dazu angetan, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Endlich aber lag es wohl auch an dem Mangel von aktiven Offizieren bei diesen Formationen, datz sie mit den taktischen Anschauungen der Vorschriften für den Stellungskrieg doch noch nicht so recht vertraut waren und eine gewisse Nachgiebigkeit dem Wunsche der Truppe gegenüber nach Ruhe Platz greifen konnte. So trat, als hier der Einbruch des Gegners erfolgt war, gerade das ein, was die Vorschriften vermeiden wollten — nämlich die Ueberschätzung des Wertes der Pionierkunst und ihrer Vertreter auf dem Schlachtfelde. Was taktisch nicht geleistet werden konnte, sollte die Pionierkunst nunmehr retten. Die Befehle der 41. Ersatzbrigade lauteten dahin, datz der Kampf als „Pionierangriff im Sappen- und unterirdischen Minenkriege unter Einsatz starker Artillerie weiterzuführen | An der Front der 8. Ers.-Div. im Priesterwald hatten nun unglücklicherweise verschiedene Umstände zusammengewirkt, um diese Entwicklung der Taktik im Kampf um Feldbefestigungen, wie sie schon im Winter 14/15 an anderen Fronten eingesetzt hatte, nicht zur Auswirkung kommen zu lassen. Einmal lag dies eben in der Schwäche der menschlichen Natur, aus der heraus die Truppe sich nicht recht entschließen konnte, den hier herrschenden Frieden durch offensive Kampfhandlungen zu stören. Mangel an Munition leistete dem nur Vorschub und diente als Entschuldigung. Weiter bot der harte Kalkfels des Untergrundes bei der mangelnden technischen Ausrüstung der Truppe dem Stellungsausbau sehr erheh- liche Schwierigkeiten, auch war die unglückliche Organisation der Ersatzbrigaden und Divisionen, denen der Regimentsverband fehlte, nicht dazu angetan, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Endlich aber lag es wohl auch an dem Mangel von aktiven Offizieren bei diesen Formationen, datz sie mit den taktischen Anschauungen der Vorschriften für den Stellungskrieg doch noch nicht so recht vertraut waren und eine gewisse Nachgiebigkeit dem Wunsche der Truppe gegenüber nach Ruhe Platz greifen konnte. So trat, als hier der Einbruch des Gegners erfolgt war, gerade das ein, was die Vorschriften vermeiden wollten — nämlich die Ueberschätzung des Wertes der Pionierkunst und ihrer Vertreter auf dem Schlachtfelde. Was taktisch nicht geleistet werden konnte, sollte die Pionierkunst nunmehr retten. Die Befehle der 41. Ersatzbrigade lauteten dahin, datz der Kampf als „Pionierangriff im Sappen- und unterirdischen Minenkriege unter Einsatz starker Artillerie weiterzuführen sei". — Ein Befehl, dessen Ausführung mehr oder weniger illusorisch bleiben mutzte, da die außerordentlichen Anstrengungen, die ein solcher Pionierangriff noch dazu unter dauerndem schweren feindlichen Feuer fordert, von der stark erschöpften Truppe einfach nicht zu leisten waren. | ||
Daß aber neue französische Angriffe hier unmittelbar bevor- standen, lag autzer Zweifel, ebenso war vorauszusehen, datz die Verteidiger des Priesterwaldabschnittes solchen Angriffen nicht mehr gewachsen waren. Ein damals erbeuteter Tagesbefehl des Generals Dubail (1915 Führer der I. fr. Armee) besagte: „Auf einer Front von 14 Km. hat die verstärkte I. Armee eine Sturmstellung gewonnen. Bald werden wir die Zange, in der wir dey Gegner zwischen Verdun und Pont á Mousson eingeschlossen haben, schließen und mit beträchtlichen Kräften von vorn und im Rücken angreifen, um die feindlichen Truppen zu vernichten. — Jeder Mitkämpfer mutz wissen: Die Kanonen, die er vor sich hört (Lombres), sind die französischen Geschütze, die im Rücken des Gegners feuern. | Daß aber neue französische Angriffe hier unmittelbar bevor- standen, lag autzer Zweifel, ebenso war vorauszusehen, datz die Verteidiger des Priesterwaldabschnittes solchen Angriffen nicht mehr gewachsen waren. Ein damals erbeuteter Tagesbefehl des Generals Dubail (1915 Führer der I. fr. Armee) besagte: „Auf einer Front von 14 Km. hat die verstärkte I. Armee eine Sturmstellung gewonnen. Bald werden wir die Zange, in der wir dey Gegner zwischen Verdun und Pont á Mousson eingeschlossen haben, schließen und mit beträchtlichen Kräften von vorn und im Rücken angreifen, um die feindlichen Truppen zu vernichten. — Jeder Mitkämpfer mutz wissen: Die Kanonen, die er vor sich hört (Lombres), sind die französischen Geschütze, die im Rücken des Gegners feuern." | ||
In dieser kritischen Lage setzte das A.O.K. seine Reserve, die neu formierte 121. ID. ein. Die Infanterie-Brigade dieser aus Abgaben anderer Divisionen als Verfügungsdivision der O.H.L. neu zusammengestellten Truppe bestand aus den Inf.-Regimentern R. I. R. 56, dem I. R. 60 und dem R. I. R. 7 und trug die No. 241. Diese Brigade war bereits, ehe die Aufstellung der Division völlig beendet war, vom A.O.K. v. Stranz in den Kampf geworfen, als Mitte April die französischen Angriffe an der Straße Essey—Flirey und bei Regnieville erneut in die eigene Stellung eindrangen und zwar, wie die Not der Stunde es erforderte, regimenterweise, unter Zerreißung der Verbände. 14 Tage lang stand sie hier in einem außerordentlich blutigen Ringen um jeden Meter Graben, das ihr schwerste Verluste brächte, darunter den Brigadekommandeur selbst und den Kommandeur des I. R. 60. | In dieser kritischen Lage setzte das A.O.K. seine Reserve, die neu formierte 121. ID. ein. Die Infanterie-Brigade dieser aus Abgaben anderer Divisionen als Verfügungsdivision der O.H.L. neu zusammengestellten Truppe bestand aus den Inf.-Regimentern R. I. R. 56, dem I. R. 60 und dem R. I. R. 7 und trug die No. 241. Diese Brigade war bereits, ehe die Aufstellung der Division völlig beendet war, vom A.O.K. v. Stranz in den Kampf geworfen, als Mitte April die französischen Angriffe an der Straße Essey—Flirey und bei Regnieville erneut in die eigene Stellung eindrangen und zwar, wie die Not der Stunde es erforderte, regimenterweise, unter Zerreißung der Verbände. 14 Tage lang stand sie hier in einem außerordentlich blutigen Ringen um jeden Meter Graben, das ihr schwerste Verluste brächte, darunter den Brigadekommandeur selbst und den Kommandeur des I. R. 60. | ||
Aus diesen Kämpfen ergaben sich aber schwerwiegende Erfahrungen, für die Führung der Infanterie besonders hinsichtlich der von unseren Vorschriften geforderten Gegenstöße zum Herauswerfen eines in die Stellung eingedrungenen Gegners. Solche frontal geführten Gegenstöße glückten fast nur, wenn sie so schnell einsetzten, daß der Gegner noch nicht Zeit gefunden hatte, sich in den besetzten Gräben einzurichten — vor allem Maschinengewehre in Stellung zu bringen. Dazu aber war das leichte französische M.G. auf feiner kleinen Dreibeinlafette ganz besonders geeignet im Gegensatz zu dem zwar an und für sich vorzüglichen deutschen M.G., das aber für den Grabenkrieg zu unhandlich war. Leichter erwies es sich vielfach, einen vom Gegner genommenen Graben von der Flanke her mittels Handgranatenangriffes aufzurollen. Es zeigte sich, daß das unbedingt erforderliche schnelle Ansetzen zum Gegenangriff sich nur ausnahmsweise verwirklichen ließ. Einmal waren die Reserven selten nah genug heran, die Befehlsübermittlung in den zerschossenen Stellungen durch Meldegänger erforderte viel Zeit und war im feindlichen Feuer höchst unsicher, es dauerte auch immer erst eine ganze Weile, bis erkannt war, wo der eingedrungene Gegner sich festgesetzt hatte, endlich waren die für ein Aufrollen des Grabens von der Flanke her notwendige große Menge Handgranaten meist nicht zur Stelle. Unsere Vorschriften betonten nun zwar auch schon, daß für den Erfolg von Gegenstößen genaue Erkundung und durch Befehl geregeltes Zusammenwirken der Waffen Vorbedingung sei — mit den Reibungen des Ernstfalles und der langen Zeit, die solche Vorbereitungen im feindlichen Feuer erforderten, hatte man doch noch nicht rechnen gelernt. Die dringenden Befehle der höheren Führung im Falle des Verlustes eines Stellungsstückes, zum | Aus diesen Kämpfen ergaben sich aber schwerwiegende Erfahrungen, für die Führung der Infanterie besonders hinsichtlich der von unseren Vorschriften geforderten Gegenstöße zum Herauswerfen eines in die Stellung eingedrungenen Gegners. Solche frontal geführten Gegenstöße glückten fast nur, wenn sie so schnell einsetzten, daß der Gegner noch nicht Zeit gefunden hatte, sich in den besetzten Gräben einzurichten — vor allem Maschinengewehre in Stellung zu bringen. Dazu aber war das leichte französische M.G. auf feiner kleinen Dreibeinlafette ganz besonders geeignet im Gegensatz zu dem zwar an und für sich vorzüglichen deutschen M.G., das aber für den Grabenkrieg zu unhandlich war. Leichter erwies es sich vielfach, einen vom Gegner genommenen Graben von der Flanke her mittels Handgranatenangriffes aufzurollen. Es zeigte sich, daß das unbedingt erforderliche schnelle Ansetzen zum Gegenangriff sich nur ausnahmsweise verwirklichen ließ. Einmal waren die Reserven selten nah genug heran, die Befehlsübermittlung in den zerschossenen Stellungen durch Meldegänger erforderte viel Zeit und war im feindlichen Feuer höchst unsicher, es dauerte auch immer erst eine ganze Weile, bis erkannt war, wo der eingedrungene Gegner sich festgesetzt hatte, endlich waren die für ein Aufrollen des Grabens von der Flanke her notwendige große Menge Handgranaten meist nicht zur Stelle. Unsere Vorschriften betonten nun zwar auch schon, daß für den Erfolg von Gegenstößen genaue Erkundung und durch Befehl geregeltes Zusammenwirken der Waffen Vorbedingung sei — mit den Reibungen des Ernstfalles und der langen Zeit, die solche Vorbereitungen im feindlichen Feuer erforderten, hatte man doch noch nicht rechnen gelernt. Die dringenden Befehle der höheren Führung im Falle des Verlustes eines Stellungsstückes, zum „sofortigen" Gegenstoß, die damals noch an der Tagesordnung waren, wurden daher vielfach die Ursache von Fehlschlägen und brachten die Gefahr mit sich, die höhere Führung bei der Fronttruppe in Mißkredit zu bringen. | ||
Der Einsatz der 241. Inf.-Brigade im Priesterwalde in dem bisher von der 41. Gem.-Ersatzbrigade gehaltenen Abschnitt erfolgte nun in den ersten Maitagen. Die 3 Regimenter wurden flügelweise nebeneinander eingesetzt in Abschnitten von ca. 600 m Breite mit je 1 Bataillon in Front, in Bereitschaft und in Reserve. Das R.I.R. 56, das mit seinem Ersatz von westfälischen Bergleuten sich in den bisherigen Kämpfen als besonders kampftüchtig erwiesen hatte, erhielt dabei den gefährdetsten Abschnitt gegenüber der Höhe 372. Der Gegner lag auf dieser Front dicht gegenüber, oft trennten nur wenige Meter die beiderseitigen Linien. Der Wald war im Abschnitt II und III im Bereich der vorderen Linien völlig vernichtet, nur wenige Baumstrunke ragten noch aus dem Boden hervor, während einige 100 m hinter der vordersten Linie noch Hochwald vorhanden war. Anschließend an Abschnitt III stand bis zur Mosel eine Landwehrbrigade, vor deren Stellung bisher der Gegner sich völlig ruhig verhalten hatte, — sie wurde der 241. I.B. mit unterstellt. | Der Einsatz der 241. Inf.-Brigade im Priesterwalde in dem bisher von der 41. Gem.-Ersatzbrigade gehaltenen Abschnitt erfolgte nun in den ersten Maitagen. Die 3 Regimenter wurden flügelweise nebeneinander eingesetzt in Abschnitten von ca. 600 m Breite mit je 1 Bataillon in Front, in Bereitschaft und in Reserve. Das R.I.R. 56, das mit seinem Ersatz von westfälischen Bergleuten sich in den bisherigen Kämpfen als besonders kampftüchtig erwiesen hatte, erhielt dabei den gefährdetsten Abschnitt gegenüber der Höhe 372. Der Gegner lag auf dieser Front dicht gegenüber, oft trennten nur wenige Meter die beiderseitigen Linien. Der Wald war im Abschnitt II und III im Bereich der vorderen Linien völlig vernichtet, nur wenige Baumstrunke ragten noch aus dem Boden hervor, während einige 100 m hinter der vordersten Linie noch Hochwald vorhanden war. Anschließend an Abschnitt III stand bis zur Mosel eine Landwehrbrigade, vor deren Stellung bisher der Gegner sich völlig ruhig verhalten hatte, — sie wurde der 241. I.B. mit unterstellt. | ||
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15. 5.: Der Angriff auf Höhe 372 scheitert, nachdem die Minensprengung insofern mißglückt, als der Stollen sich noch nicht weit genug unter die Höhe vorgetrieben erwies. Rgt. 56 gewinnt zwar wieder einige Meter Boden, Rtg. 7 kommt aber gegen fdl. MG.-Feuer nicht vorwärts. Am Nachmittag greift der Gegner hier nach stärkster Artillerievorbereitung selbst an und buchtet unsere Stellung am Rande des Priesterwaldes um fast 100 m nach der Tiefe aus — es gelingt nach sehr blutigem Kampfe nur, ihn hier mit Hilfe alter rückwärtiger Grabenstücke, die schnell verbunden werden, abzuriegeln. | 15. 5.: Der Angriff auf Höhe 372 scheitert, nachdem die Minensprengung insofern mißglückt, als der Stollen sich noch nicht weit genug unter die Höhe vorgetrieben erwies. Rgt. 56 gewinnt zwar wieder einige Meter Boden, Rtg. 7 kommt aber gegen fdl. MG.-Feuer nicht vorwärts. Am Nachmittag greift der Gegner hier nach stärkster Artillerievorbereitung selbst an und buchtet unsere Stellung am Rande des Priesterwaldes um fast 100 m nach der Tiefe aus — es gelingt nach sehr blutigem Kampfe nur, ihn hier mit Hilfe alter rückwärtiger Grabenstücke, die schnell verbunden werden, abzuriegeln. | ||
16. 5.: Gegner greift erneut an, kommt aber im Feuer unserer 21 und 15 em-Kaliber, die an den kritischen Punkt rechtzeitig massiert werden konnten, nicht vorwärts. Die Division befiehlt einen neuen | 16. 5.: Gegner greift erneut an, kommt aber im Feuer unserer 21 und 15 em-Kaliber, die an den kritischen Punkt rechtzeitig massiert werden konnten, nicht vorwärts. Die Division befiehlt einen neuen „schleunigen" Angriff auf Höhe 372. | ||
Nunmehr aber macht die Brigade energisch Front gegen diese Angriffshetze. Nachdem dazu der Divisionsstab etwas rücksichtslos zur persönlichen Inaugenscheinnahme der Verhältniße hineingeschleppt war in die Hölle vor Höhe 372, mußte er sich zu den Anschauungen der Brigade bekehren. An dem Gedanken eines großen einheitlichen Angriffs sollte unbedingt festgehalten werden — aber erst, nachdem eine gründliche Vorbereitung dazu durchgeführt war. Es wurde nunmehr befohlen, daß in den nächsten Tagen von offensiver Tätigkeit abzusehen sei — auch die Artillerie sollte nur in enger Zusammenarbeit mit dem Infanteriebrigadestab ihre Ziele wählen und sich hauptsächlich der Bekämpfung der feindlichen Batterien widmen, um so der Infanterie zunächst einmal eine gewisse Ruhe zum Ausbau der Stellung zu verschaffen. Nebel in den nächsten Tagen legte auch die Feuertätigkeit des Gegners mehr oder weniger lahm und begünstigte den befohlenen Ausbau der Stellung. | Nunmehr aber macht die Brigade energisch Front gegen diese Angriffshetze. Nachdem dazu der Divisionsstab etwas rücksichtslos zur persönlichen Inaugenscheinnahme der Verhältniße hineingeschleppt war in die Hölle vor Höhe 372, mußte er sich zu den Anschauungen der Brigade bekehren. An dem Gedanken eines großen einheitlichen Angriffs sollte unbedingt festgehalten werden — aber erst, nachdem eine gründliche Vorbereitung dazu durchgeführt war. Es wurde nunmehr befohlen, daß in den nächsten Tagen von offensiver Tätigkeit abzusehen sei — auch die Artillerie sollte nur in enger Zusammenarbeit mit dem Infanteriebrigadestab ihre Ziele wählen und sich hauptsächlich der Bekämpfung der feindlichen Batterien widmen, um so der Infanterie zunächst einmal eine gewisse Ruhe zum Ausbau der Stellung zu verschaffen. Nebel in den nächsten Tagen legte auch die Feuertätigkeit des Gegners mehr oder weniger lahm und begünstigte den befohlenen Ausbau der Stellung. | ||
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Dies gab der Division und Brigade sofort die Veranlassung, den ursprünglichen Gedanken eines großen, einheitlich angelegten Angriffes wieder aufzunehmen, um dem Gegner die gesamte Höhenstellung zu entreißen. Die vom AOK. noch zur Verfügung gestellten Reserven gestatteten zunächst einmal, die Brigade- Regimenter aus der Kampflinie auf einige Tage herauszuziehen. Diese Truppe stand nun seit Mitte März ununterbrochen in schwerstem Kampfe und Arbeitsdienst im feindlichen Feuer — ihre blutigen Verluste hatten inzwischen die 100^ erreicht, und doch war es in diesen kritischen Zeiten auf der Westfront nicht möglich, ihr einmal volle Ruhe zu gewähren. Denn noch tobten die Kämpfe bei Combres auf der anderen Flanke des Keils und auch im Priesterwalde waren, nachdem der Gegner nunmehr die gesamte Höhenstellung in einer Breite von über 2 km in seinen Besitz gebracht hatte, in absehbarer Zeit neue Angriffe zu erwarten. Nur ein voller deutscher Erfolg konnte dies blutige Ringen um die beherrschende Priesterwaldhöhe endgültig zu unseren Gunsten entscheiden, deshalb war jede Minute zu seiner Vorbereitung kostbar. Es galt die eingetroffenen Ersatzmannschaften mit dem alten Stamm zu verschmelzen und die Truppe für den geplanten Angriff unter Berücksichtigung all der in den letzten Kämpfen gewonnenen Erfahrungen exerziermäßig einzudrillen. | Dies gab der Division und Brigade sofort die Veranlassung, den ursprünglichen Gedanken eines großen, einheitlich angelegten Angriffes wieder aufzunehmen, um dem Gegner die gesamte Höhenstellung zu entreißen. Die vom AOK. noch zur Verfügung gestellten Reserven gestatteten zunächst einmal, die Brigade- Regimenter aus der Kampflinie auf einige Tage herauszuziehen. Diese Truppe stand nun seit Mitte März ununterbrochen in schwerstem Kampfe und Arbeitsdienst im feindlichen Feuer — ihre blutigen Verluste hatten inzwischen die 100^ erreicht, und doch war es in diesen kritischen Zeiten auf der Westfront nicht möglich, ihr einmal volle Ruhe zu gewähren. Denn noch tobten die Kämpfe bei Combres auf der anderen Flanke des Keils und auch im Priesterwalde waren, nachdem der Gegner nunmehr die gesamte Höhenstellung in einer Breite von über 2 km in seinen Besitz gebracht hatte, in absehbarer Zeit neue Angriffe zu erwarten. Nur ein voller deutscher Erfolg konnte dies blutige Ringen um die beherrschende Priesterwaldhöhe endgültig zu unseren Gunsten entscheiden, deshalb war jede Minute zu seiner Vorbereitung kostbar. Es galt die eingetroffenen Ersatzmannschaften mit dem alten Stamm zu verschmelzen und die Truppe für den geplanten Angriff unter Berücksichtigung all der in den letzten Kämpfen gewonnenen Erfahrungen exerziermäßig einzudrillen. | ||
Aus ausgesuchten Mannschaften jeder Kompagnie wurden daher besondere Sturmtrupps gebildet zur Lösung von Sonderaufgaben des Grabenkampfes. Zu diesen Sturmtrupps traten die besten Handgranatenwerfer, Gewehrgranatschützen und Scharfschützen, deren Gewehre mit Zielfernrohren versehen waren. Ohne viel nach Vorschriften und Bestimmungen zu fragen, erhielten die Mannschaften besondere Aermelabzeichen an ihrer Uniform, die sie als | Aus ausgesuchten Mannschaften jeder Kompagnie wurden daher besondere Sturmtrupps gebildet zur Lösung von Sonderaufgaben des Grabenkampfes. Zu diesen Sturmtrupps traten die besten Handgranatenwerfer, Gewehrgranatschützen und Scharfschützen, deren Gewehre mit Zielfernrohren versehen waren. Ohne viel nach Vorschriften und Bestimmungen zu fragen, erhielten die Mannschaften besondere Aermelabzeichen an ihrer Uniform, die sie als „Elite" kenntlich machten und ihren Ehrgeiz in hohem Maße anzuspornen geeignet waren. Die Frage der Unhandlichkeit unserer MG. wurde durch eine von der Truppe selbst konstruierte, leichte, hölzerne Behelfslafette gelöst, auf welche der Lauf mit Wassermantel montiert wurde. Bei der meist geringen Schußentfernung im Grabenkampf genügte die Treffgenauigkeit noch vollauf. Die Zahl der MG. war durch Einstellung von Beutegewehren stark vermehrt. Die MG.-Schützen waren allmählich zu einem organischen Bestandteil der Inf.-Kompagnie geworden. An einem hinter der Front errichteten Uebungswerk wurde dann die Zusammenarbeit dieser Sondertrupps mit den Kompagnien exerziermäßig gedrillt und zwar sogar, um die jüngeren Ersatzmannschaften daran zu gewöhnen, mit scharfer Munition, bis alles klappte. Bei all diesem nicht leichten Dienst konnte der Truppe noch nicht einmal volle Nachtruhe gewährt werden, da die Bataillone nachts am Stellungsausbau mitarbeiten mußten. | ||
Daß aber diese außerordentlich hart erscheinenden Anforderungen an die Truppe gestellt werden konnten und daß es dabei auch noch gelang, die Stimmung der Truppe bis zu einer gewissen Siegeszuversicht zu steigern, das beruhte auf dem selten guten Vertrauensverhältnis, das bei der 241. I.-Brigade zwischen Truppe und Führung herrschte. Wo „dicke | Daß aber diese außerordentlich hart erscheinenden Anforderungen an die Truppe gestellt werden konnten und daß es dabei auch noch gelang, die Stimmung der Truppe bis zu einer gewissen Siegeszuversicht zu steigern, das beruhte auf dem selten guten Vertrauensverhältnis, das bei der 241. I.-Brigade zwischen Truppe und Führung herrschte. Wo „dicke Luft" war, da war die Truppe gewohnt auch ihre Führer zu finden. Der Tod des Brigadekommandeurs und des Kommandeurs IN. 60 in ihrer vordersten Reihe in den Kämpfen bei Flirey hatte ihr gezeigt, daß die Führung alles mit ihr teilte. Wie oft müssen dem Mann im Graben Befehle der Führung unverständlich und unnötig hart erscheinen, wenn er nicht das unerschütterliche Vertrauen gewonnen hat, daß der Führer aus eigener Erfahrung weiß, wie es im vordersten Graben zugeht und nur befiehlt, was wirklich notwendig und zweckmäßig ist. Ein solches Verhältnis zwischen Truppe und Führer ist die echte Disziplin, die — aufgebaut auf die Persönlichkeit des Führers selbst — auch in kritischen Lagen nicht versagt und gestattet, von der Truppe das scheinbar Menschenunmögliche zu verlangen. Einen mächtigen Antrieb zur Hebung der Stimmung bot auch der Umstand, daß der Truppe Urlaub in Aussicht gestellt werden konnte, wenn es gelang, hier die Lage zu meistern und gründlich zu bereinigen. | ||
Die Ausschiffung all solcher psychologischen Momente seitens der Führung ist im Kriege aber für den Erfolg oft von ausschlaggebender Bedeutung. Die Führung muß sich ein richtiges Urteil bilden können einmal über soldatischen Wert des einzelnen Mannes und dann auch über die Truppe in ihrer Gesamtheit, deren Menschenmaterial ja je nach der Stammeseigenart den harten Anforderungen des Stellungskrieges sich sehr verschieden gewachsen zeigt. Der intelligente, gefahrengewohnte niederdeutsche Bergmann, aus denen sich das RIR. 56 rekrutierte, stellte z. B. zweifellos eine Auslese vor, an welche ganz andere Anforderungen gestellt werden konnten, als an den leichtlebigeren Ersatz des IR. 60, des alten Brandenburgischen Regiments, das Düppel gestürmt hatte, inzwischen aber nach Weißenburg verlegt worden war und sich aus dortiger Gegend rekrutierte. Im allgemeinen ist ja das Denken des Grabenkämpfers überhaupt weit primitiver, als man es in den Romanen der Nachkriegszeit immer wieder vorgesetzt bekommt. Der Soldat im Stellungskampf und vor allem der Unterführer, der ihm ein Beispiel sein soll in selbstaufopfernder Pflichterfüllung, muß alle Brücken hinter sich abgebrochen haben, um überhaupt die Kraft zu finden, dies harte Leben zu ertragen. Mit einem Ballast philosophischer Grübeleien über den Sinn und Urgrund des Geschehens kann und darf er sich nicht belasten. Das wichtigste für ihn zur Erhaltung seiner Kraft sind die höchst realen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Nicht umsonst haben unsere Gegner in dieser Hinsicht für eine erstklassige Verpflegung und Versorgung des Frontkämpfers ganz besondere Sorge getragen, und nicht zuletzt regte die Aussicht von diesen dort im Ueberfluß vorhandenen schönen Dingen etwas zu erbeuten, den Tatendrang unserer Leute für Patrouillengänge und kleine Unternehmungen in starkem Maße an. Es bildeten sich bei der Truppe dafür direkt Spezialisten aus, deren Vorhandensein für die Kampffreudigkeit der Truppe von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. Damit ist aber noch lange nicht gesagt, daß diese an und für sich „geborenen | Die Ausschiffung all solcher psychologischen Momente seitens der Führung ist im Kriege aber für den Erfolg oft von ausschlaggebender Bedeutung. Die Führung muß sich ein richtiges Urteil bilden können einmal über soldatischen Wert des einzelnen Mannes und dann auch über die Truppe in ihrer Gesamtheit, deren Menschenmaterial ja je nach der Stammeseigenart den harten Anforderungen des Stellungskrieges sich sehr verschieden gewachsen zeigt. Der intelligente, gefahrengewohnte niederdeutsche Bergmann, aus denen sich das RIR. 56 rekrutierte, stellte z. B. zweifellos eine Auslese vor, an welche ganz andere Anforderungen gestellt werden konnten, als an den leichtlebigeren Ersatz des IR. 60, des alten Brandenburgischen Regiments, das Düppel gestürmt hatte, inzwischen aber nach Weißenburg verlegt worden war und sich aus dortiger Gegend rekrutierte. Im allgemeinen ist ja das Denken des Grabenkämpfers überhaupt weit primitiver, als man es in den Romanen der Nachkriegszeit immer wieder vorgesetzt bekommt. Der Soldat im Stellungskampf und vor allem der Unterführer, der ihm ein Beispiel sein soll in selbstaufopfernder Pflichterfüllung, muß alle Brücken hinter sich abgebrochen haben, um überhaupt die Kraft zu finden, dies harte Leben zu ertragen. Mit einem Ballast philosophischer Grübeleien über den Sinn und Urgrund des Geschehens kann und darf er sich nicht belasten. Das wichtigste für ihn zur Erhaltung seiner Kraft sind die höchst realen Bedürfnisse des täglichen Lebens. Nicht umsonst haben unsere Gegner in dieser Hinsicht für eine erstklassige Verpflegung und Versorgung des Frontkämpfers ganz besondere Sorge getragen, und nicht zuletzt regte die Aussicht von diesen dort im Ueberfluß vorhandenen schönen Dingen etwas zu erbeuten, den Tatendrang unserer Leute für Patrouillengänge und kleine Unternehmungen in starkem Maße an. Es bildeten sich bei der Truppe dafür direkt Spezialisten aus, deren Vorhandensein für die Kampffreudigkeit der Truppe von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. Damit ist aber noch lange nicht gesagt, daß diese an und für sich „geborenen Soldaten", die in kritischen Augenblicken des Kampfes oft die Führung an sich reißen werden und denen sich andere schwächere Geister dann auch willig unterordnen, echte Führernaturen im wahren Sinne des Wortes sind. In der Mehrzahl sind es doch mehr Landsknechts- und Abenteurernaturen, — im Rahmen der Truppe hervorragend zu brauchen, in Führerstellungen gelangt, jedoch eine große Gefahr, da dann bei ihnen nur zu leicht der Machtkitzel die Oberhand gewinnt. — | ||
Die nächsten Tage wurden nun ausgefüllt mit einer regen Erkundungstätigkeit. Persönlich werden die Angriffsziele und die besten Bereitstellungsmöglichkeiten für die Sturmtruppe seitens der Stäbe mit allen Mitteln neuzeitlicher Technik, vom Flugzeug aus und vom Boden, mit Scherenfernrohr und Fernphotographie erkundet. Alle Nachrichten werden sorgfältig ausgewertet, um ein möglichst genaues Bild der feindlichen Stellung zu gewinnen. In Zusammenarbeit mit dem Artillerieführer wird der Einsatz der Batterien und Minenwerser festgelegt und mit einem unauffälligen Einschieben begonnen. | Die nächsten Tage wurden nun ausgefüllt mit einer regen Erkundungstätigkeit. Persönlich werden die Angriffsziele und die besten Bereitstellungsmöglichkeiten für die Sturmtruppe seitens der Stäbe mit allen Mitteln neuzeitlicher Technik, vom Flugzeug aus und vom Boden, mit Scherenfernrohr und Fernphotographie erkundet. Alle Nachrichten werden sorgfältig ausgewertet, um ein möglichst genaues Bild der feindlichen Stellung zu gewinnen. In Zusammenarbeit mit dem Artillerieführer wird der Einsatz der Batterien und Minenwerser festgelegt und mit einem unauffälligen Einschieben begonnen. | ||
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Die Richtigkeit der getroffenen Maßnahmen erwies sich auch hier. Der Gegner stellte in diesem Abschnitt seine Durchbruchsversuche völlig ein — bis zum Ende des Krieges blieb die Stellung fest in deutscher Hand, auch nachdem die 121 ID. herausgezogen war, um als Stoßdivision der OHL. an anderen kritischen Punkten der Westfront Verwendung zu finden. | Die Richtigkeit der getroffenen Maßnahmen erwies sich auch hier. Der Gegner stellte in diesem Abschnitt seine Durchbruchsversuche völlig ein — bis zum Ende des Krieges blieb die Stellung fest in deutscher Hand, auch nachdem die 121 ID. herausgezogen war, um als Stoßdivision der OHL. an anderen kritischen Punkten der Westfront Verwendung zu finden. | ||
Der Erfolg, der hier errungen werden konnte und zwar mit einer Minderheit gegen überlegene feindliche Kräfte, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß es der Führung möglich war, die Kampfweise ihrer Truppe schnell den Erfahrungen anzupassen, die in den ersten größeren Stellungskämpfen im Winter und Frühjahr an der Westfront gemacht waren. 1916 wurden diese Erfahrungen von der OHL. in einer neuen Vorschrift für die Ausbildung der Truppe in der Abwehrschlacht zusammengefaßt. Sie enthält all die bei der 241. IB. schon in diesen Priesterwaldkämpfen angewandten Grundsätze der Tiefengliederung, der Beweglichkeit der Verteidigung und des | Der Erfolg, der hier errungen werden konnte und zwar mit einer Minderheit gegen überlegene feindliche Kräfte, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß es der Führung möglich war, die Kampfweise ihrer Truppe schnell den Erfahrungen anzupassen, die in den ersten größeren Stellungskämpfen im Winter und Frühjahr an der Westfront gemacht waren. 1916 wurden diese Erfahrungen von der OHL. in einer neuen Vorschrift für die Ausbildung der Truppe in der Abwehrschlacht zusammengefaßt. Sie enthält all die bei der 241. IB. schon in diesen Priesterwaldkämpfen angewandten Grundsätze der Tiefengliederung, der Beweglichkeit der Verteidigung und des „Stoßtrupps" mit seiner Spezialausbildung. Sie hebt auch besonders hervor die lange Zeit, die im Ernstfälle des Krieges die Vorbereitung eines Angriffes erfordert, sowie den Vorteil des Vorgehens der Infanterie beim Sturm dicht hinter der Feuerwalze der Artillerie. Auch psychologische Momente werden darin stark beachtet, wie die große Bedeutung der Verbesserung aller Lebensbedingungen für die Truppe zur Erhaltung ihrer Kampfkraft und Kampffreudigkeit. | ||
Die Vorschrift gibt aber auch einen Fingerzeig dafür, weshalb es nicht überall möglich war, schnell genug die Fronterfahrungen taktisch und technisch auszuwerten, wenn sie von der Wichtigkeit der Aufgabe des Offiziers als Erzieher und Lehrer seiner Truppe spricht: Aller Diensteifer und die größte Tapferkeit der jungen Kompagnieführer im Felde, die oft nur eine Dienstzeit von wenigen Jahren und die Ausbildung des Reserve-Offiziers hinter sich hatten, die aber nach den starken Verlusten an älteren aktiven Kompagnieführern an deren Stelle treten mußten, konnten eben doch nicht die mangelnde Schulung ersetzen. Dauerte es doch im Frieden 12—15 Jahre, bis der Offizier zum Kompagnieführer aufrücken konnte, und nur eine solche gründliche Schulung macht es eben möglich, die Erfahrungen des Ernstfalles in sinngemäßer Fortentwicklung der Vorschriften unverzüglich für die Führung und Ausbildung der Truppe nutzbar zu machen und ihr damit viel Blut zu ersparen. — | Die Vorschrift gibt aber auch einen Fingerzeig dafür, weshalb es nicht überall möglich war, schnell genug die Fronterfahrungen taktisch und technisch auszuwerten, wenn sie von der Wichtigkeit der Aufgabe des Offiziers als Erzieher und Lehrer seiner Truppe spricht: Aller Diensteifer und die größte Tapferkeit der jungen Kompagnieführer im Felde, die oft nur eine Dienstzeit von wenigen Jahren und die Ausbildung des Reserve-Offiziers hinter sich hatten, die aber nach den starken Verlusten an älteren aktiven Kompagnieführern an deren Stelle treten mußten, konnten eben doch nicht die mangelnde Schulung ersetzen. Dauerte es doch im Frieden 12—15 Jahre, bis der Offizier zum Kompagnieführer aufrücken konnte, und nur eine solche gründliche Schulung macht es eben möglich, die Erfahrungen des Ernstfalles in sinngemäßer Fortentwicklung der Vorschriften unverzüglich für die Führung und Ausbildung der Truppe nutzbar zu machen und ihr damit viel Blut zu ersparen. — | ||
Wenn es auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich war, auf taktische Einzelheiten dieser Kämpfe im Priesterwald näher einzugehen, vor allem auch die vielen Reibungen darzustellen, welche im Ernstfälle zwischen dem Befehl und seiner Ausführung sich einstellen und von dem eisernen Willen der Führung überwunden werden müssen, so ergibt schon die Skizzierung dieser Kämpfe einen Einblick in die Gedankengänge und Tätigkeit der Kampftruppenführung im Kriege und zeigt andererseits, zu welch außerordentlichen Leistungen sorgfältige Schulung und Ausbildung die Truppe befähigen. Die Schulung der Erfatzmannschaften, die damals aus der Heimat zur Front abgingen, war zweifellos nicht ausreichend und genügte nicht den Anforderungen des Krieges. Aber auch die heutige Dienstzeit der allgemeinen Wehrpflicht wird in Zukunft nicht ausreichen, unser felddienstfähiges Menschenmaterial zu wirklich kriegsfertigen Soldaten auszubilden. Ohne auf die Frage Volks-Milizheer oder langdienendes Berufsheer einzugehen, kann man doch heute schon voraussagen, daß auch bei uns ein Teil der militärischen Ausbildung in die Schulzeit verlegt werden muß, wie es bereits bei fast allen anderen Völkern der Fall ist. Diese Ausbildung aber gehört — wenn sie nutzbringend sein soll — in die Hände ausgesuchter erfahrener Soldaten, denn nur so lätzt es sich vermeiden, daß daraus ein nutzloses | Wenn es auch im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich war, auf taktische Einzelheiten dieser Kämpfe im Priesterwald näher einzugehen, vor allem auch die vielen Reibungen darzustellen, welche im Ernstfälle zwischen dem Befehl und seiner Ausführung sich einstellen und von dem eisernen Willen der Führung überwunden werden müssen, so ergibt schon die Skizzierung dieser Kämpfe einen Einblick in die Gedankengänge und Tätigkeit der Kampftruppenführung im Kriege und zeigt andererseits, zu welch außerordentlichen Leistungen sorgfältige Schulung und Ausbildung die Truppe befähigen. Die Schulung der Erfatzmannschaften, die damals aus der Heimat zur Front abgingen, war zweifellos nicht ausreichend und genügte nicht den Anforderungen des Krieges. Aber auch die heutige Dienstzeit der allgemeinen Wehrpflicht wird in Zukunft nicht ausreichen, unser felddienstfähiges Menschenmaterial zu wirklich kriegsfertigen Soldaten auszubilden. Ohne auf die Frage Volks-Milizheer oder langdienendes Berufsheer einzugehen, kann man doch heute schon voraussagen, daß auch bei uns ein Teil der militärischen Ausbildung in die Schulzeit verlegt werden muß, wie es bereits bei fast allen anderen Völkern der Fall ist. Diese Ausbildung aber gehört — wenn sie nutzbringend sein soll — in die Hände ausgesuchter erfahrener Soldaten, denn nur so lätzt es sich vermeiden, daß daraus ein nutzloses „Soldatenspielen" wird, das in den äußeren Formen des Soldaten- Berufes stecken bleibt. | ||
Je mehr die Technik fortschreitet und je mehr im Felde der Mann durch die Maschine ersetzt wird, — desto schwieriger wird die soldatische Ausbildung — niemals jedoch wird im Felde die Maschine selbst das Ausschlaggebende sein, sondern stets der Mann, der dahinter steht und sie bedient. | Je mehr die Technik fortschreitet und je mehr im Felde der Mann durch die Maschine ersetzt wird, — desto schwieriger wird die soldatische Ausbildung — niemals jedoch wird im Felde die Maschine selbst das Ausschlaggebende sein, sondern stets der Mann, der dahinter steht und sie bedient. | ||
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Scharen von Kriegsfreiwilligen, vom Milchgesicht bis zum vollbärtigen Landsturmmann, füllten den Kasernenhof und harrten der Dinge, die da kommen sollten. | Scharen von Kriegsfreiwilligen, vom Milchgesicht bis zum vollbärtigen Landsturmmann, füllten den Kasernenhof und harrten der Dinge, die da kommen sollten. | ||
Plötzlich hieß es in scharfem Kommandoton: „Alles zur Untersuchung antreten. | Plötzlich hieß es in scharfem Kommandoton: „Alles zur Untersuchung antreten." Der beschränkten Raumverhältnisse wegen fand diese im Pferdestalle statt. | ||
Klopfenden Herzens schritt auch ich mit entblößtem Oberkörper dem untersuchenden Stabsarzt entgegen, um seine Entscheidung über meine Tauglichkeit zu hören. Lächelnd prüfte er meine Körperkonstitution und fragte mich: „Wie alt bist Du denn, Bürschchen. | Klopfenden Herzens schritt auch ich mit entblößtem Oberkörper dem untersuchenden Stabsarzt entgegen, um seine Entscheidung über meine Tauglichkeit zu hören. Lächelnd prüfte er meine Körperkonstitution und fragte mich: „Wie alt bist Du denn, Bürschchen." Dreist kam die Antwort: „Siebzehn Jahre, Herr Stabsarzt!" „Der Junge ist tauglich für die Infanterie", und schnell wurde ich denen zugeschoben, die sich auf der anderen Seite des Pferdestalles aufhielten und ebenfalls die Untersuchung hinter sich hatten. | ||
Nun überstürzten sich die Ereignisse vom Einkleiden bis zum ersten scharfen Dienst auf dem Kasernenhof. | Nun überstürzten sich die Ereignisse vom Einkleiden bis zum ersten scharfen Dienst auf dem Kasernenhof. | ||
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Erhebend und unvergeßlich die Eindrücke der fahnen- geschmückten Stadt und der taufende von Menschen, die uns mit Blumen und Liebesgaben überschütteten und uns zur Bahn geleiteten. | Erhebend und unvergeßlich die Eindrücke der fahnen- geschmückten Stadt und der taufende von Menschen, die uns mit Blumen und Liebesgaben überschütteten und uns zur Bahn geleiteten. | ||
Unübersehbare Menschenmasfen drängten sich auf dem Bahnsteig. Die Klänge der Militärkapelle gaben uns den Abschiedsgruß. Langsam wie durch einen wogenden See fuhr der Zug an dem Menschenhaufen vorbei, der die Bahngleise umsäumte, unter lebhaftem Schwenken der Hüte und Taschentücher. — „Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus. …! | Unübersehbare Menschenmasfen drängten sich auf dem Bahnsteig. Die Klänge der Militärkapelle gaben uns den Abschiedsgruß. Langsam wie durch einen wogenden See fuhr der Zug an dem Menschenhaufen vorbei, der die Bahngleise umsäumte, unter lebhaftem Schwenken der Hüte und Taschentücher. — „Muß i denn, muß i denn zum Städtele hinaus. …!" | ||
Ein kurzer Aufenthalt in Nordhausen, das unser Transportzug auf der Fahrt nach dem Osten berührte, gab mir Gelegenheit, von den Eltern Abschied zu nehmen. | Ein kurzer Aufenthalt in Nordhausen, das unser Transportzug auf der Fahrt nach dem Osten berührte, gab mir Gelegenheit, von den Eltern Abschied zu nehmen. | ||
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Tage und Nächte hindurch rollte unser Zug gen Rußland. Kurz vor der Posenschen Grenze wurden wir ausgeladen. | Tage und Nächte hindurch rollte unser Zug gen Rußland. Kurz vor der Posenschen Grenze wurden wir ausgeladen. | ||
Die ersten anstrengenden Märsche begannen, bis wir unsere Division erreichten, zu der wir gehörten. Schnell war die Einteilung für die einzelnen Bataillone und Kompagnien erledigt, und schon empfing uns der | Die ersten anstrengenden Märsche begannen, bis wir unsere Division erreichten, zu der wir gehörten. Schnell war die Einteilung für die einzelnen Bataillone und Kompagnien erledigt, und schon empfing uns der „Spieß", um uns den einzelnen Korporalschaften einzureihen. | ||
Auf den Befehl „Unteroffizier, die Kerle | Auf den Befehl „Unteroffizier, die Kerle aufschreiben", erschien ein kleiner Korporal mit schwarzem Haar und langem Vollbart. Obwohl stark zerzaust, und in seiner schmutzigen Uniform recht heruntergekommen aussehend, hörte man doch an seiner gepflegten Sprache, daß wir es hier mit einem „Besseren" zu tun hatten. | ||
Noch heute sehe ich ihn vor mir stehen und werde nie die darauffolgenden Augenblicke vergessen, die mir ein Wiedersehen mit meinem gleich bei Kriegsausbruch eingezogenen Mathematik-Oberlehrer Freytag vom Realgymnasium Nordhausen bescherten. Lehrer und Schüler dienten nun in derselben Kompagnie.<ref>Freytag wurde 1915 durch Brustschutz schwer verwundet, ging als Reserveoffizier wieder ins Feld und wurde in Oktober 1918 als Kompagnieführer von Bolschewisten hinterrücks erschossen.</ref> | Noch heute sehe ich ihn vor mir stehen und werde nie die darauffolgenden Augenblicke vergessen, die mir ein Wiedersehen mit meinem gleich bei Kriegsausbruch eingezogenen Mathematik-Oberlehrer Freytag vom Realgymnasium Nordhausen bescherten. Lehrer und Schüler dienten nun in derselben Kompagnie.<ref>Freytag wurde 1915 durch Brustschutz schwer verwundet, ging als Reserveoffizier wieder ins Feld und wurde in Oktober 1918 als Kompagnieführer von Bolschewisten hinterrücks erschossen.</ref> | ||
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Einem glücklichen Zufall also habe ich es zu verdanken, daß ich in diesem Mann, der ein strenger, aber gerechter Vorgesetzter war, einen väterlichen Freund und Berater fand. | Einem glücklichen Zufall also habe ich es zu verdanken, daß ich in diesem Mann, der ein strenger, aber gerechter Vorgesetzter war, einen väterlichen Freund und Berater fand. | ||
Nach einigen Tagen des Vormarsches wurden wir in stockfinsterer Nacht geweckt, und als beim Antreten das Kommando kam: „Laden und | Nach einigen Tagen des Vormarsches wurden wir in stockfinsterer Nacht geweckt, und als beim Antreten das Kommando kam: „Laden und sichern", wußten wir, was die Glocke geschlagen hatte. | ||
Vom Horizont im Osten, der sich langsam erhellte, hörten wir Kanonen-Donner. Mit gemischten Gefühlen, schweigsam, unter der drückenden Last des Tornisters, trottete ich hinter meinem Vordermann her, der mir einer meiner besten Kameraden werden sollte und der noch heute als Arbeiter in Nordhausen tätig ist. | Vom Horizont im Osten, der sich langsam erhellte, hörten wir Kanonen-Donner. Mit gemischten Gefühlen, schweigsam, unter der drückenden Last des Tornisters, trottete ich hinter meinem Vordermann her, der mir einer meiner besten Kameraden werden sollte und der noch heute als Arbeiter in Nordhausen tätig ist. | ||
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Aber die Russen schossen gut, und schon sah ich links und rechts von mir die Kameraden lautlos zusammensinken oder unter teilweise wilden Schmerzensschreien niederbrechen. | Aber die Russen schossen gut, und schon sah ich links und rechts von mir die Kameraden lautlos zusammensinken oder unter teilweise wilden Schmerzensschreien niederbrechen. | ||
Doch auch der Gegner mußte Verluste haben. Jetzt plötzlich stellten wir fest, daß schon einzelne türmten, als wir auf ca. 200 Meter herangekommen waren. Hier und da huschten auch Gestalten zurück, die auf niedrigen Rädern montierte Maschinengewehre hinter | Doch auch der Gegner mußte Verluste haben. Jetzt plötzlich stellten wir fest, daß schon einzelne türmten, als wir auf ca. 200 Meter herangekommen waren. Hier und da huschten auch Gestalten zurück, die auf niedrigen Rädern montierte Maschinengewehre hinter fich Herzogen. | ||
Das war das Signal zum Sturm! Mit aufgepflanztem Bajonett, unter lautem | Das war das Signal zum Sturm! Mit aufgepflanztem Bajonett, unter lautem „Hurra" drangen wir in die feindlichen befestigten Schützenlinien ein. Nach kurzem, aber erbittertem Nah- kampf war der Gegner niedergerungen. Es müssen wohl Elite- Truppen gewesen sein, die so lange standhalten konnten. Zahlreiche Gesangene und viele S.M.G. waren unsere Beute. | ||
Nach kurzer Zeit brach die Nacht herein, und wir machten es uns in den russischen Stallungen und verlassenen verbarrikadierten Häusern bequem, so gut es ging. Auch ich fand trotz der ungeheuren Aufregung bald den ersehnten Schlaf. Doch das Entrücktsein von der rauhen Wirklichkeit sollte uns nicht lange beschieden sein. Schon nach einigen Stunden, mitten in finsterer Nacht hieß es wieder antreten, um den Verfolgungsmarsch aufzunehmen. | Nach kurzer Zeit brach die Nacht herein, und wir machten es uns in den russischen Stallungen und verlassenen verbarrikadierten Häusern bequem, so gut es ging. Auch ich fand trotz der ungeheuren Aufregung bald den ersehnten Schlaf. Doch das Entrücktsein von der rauhen Wirklichkeit sollte uns nicht lange beschieden sein. Schon nach einigen Stunden, mitten in finsterer Nacht hieß es wieder antreten, um den Verfolgungsmarsch aufzunehmen. | ||
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Von Munitionsmangel beim Feinde, von dem geistvolle Kriegsberichterstatter zu erzählen wußten, war bei Lodz nichts zu spüren. Unheimlich lichteten sich unsere Reihen, durch Tod, Verwundung und schwere Erfrierungen. | Von Munitionsmangel beim Feinde, von dem geistvolle Kriegsberichterstatter zu erzählen wußten, war bei Lodz nichts zu spüren. Unheimlich lichteten sich unsere Reihen, durch Tod, Verwundung und schwere Erfrierungen. | ||
Immer wieder versuchte der Russe, vorzukommen und sich von seiner Umklammerung zu befreien, aber nie ist es ihm gelungen! Mit erfrorenen Füßen lag der deutsche Musketier im Graben, frierend, hungernd, übermüdet, verlaust. Aber wenn es galt, den Angriff abzuwehren, stand er trotz allem seinen Mann in selbstverständlicher Pflichterfüllung, und gebrauchte ruhig und bedächtig die Waffe, wie es ihn die Ausbildungzeit gelehrt hatte. Mitunter waren unsere Gewehrläufe von der schnellen Schußfolge glühendheiß. Langen Zielens bedurfte es ja nicht, denn der Gegner be- rannte oft in geschlossenen Kolonnen unsere Stellungen und brach mehrmals in einer Nacht unter dem markerschütternden Kriegsgeschrei „Ureh, | Immer wieder versuchte der Russe, vorzukommen und sich von seiner Umklammerung zu befreien, aber nie ist es ihm gelungen! Mit erfrorenen Füßen lag der deutsche Musketier im Graben, frierend, hungernd, übermüdet, verlaust. Aber wenn es galt, den Angriff abzuwehren, stand er trotz allem seinen Mann in selbstverständlicher Pflichterfüllung, und gebrauchte ruhig und bedächtig die Waffe, wie es ihn die Ausbildungzeit gelehrt hatte. Mitunter waren unsere Gewehrläufe von der schnellen Schußfolge glühendheiß. Langen Zielens bedurfte es ja nicht, denn der Gegner be- rannte oft in geschlossenen Kolonnen unsere Stellungen und brach mehrmals in einer Nacht unter dem markerschütternden Kriegsgeschrei „Ureh, Ureh" aus seinen Stellungen vor. Vergeblich! Unter riesigen Verlusten brachen seine Sturmangriffe zusammen! | ||
Bis zum 6. 12. 14 dauerte die Wacht vor Lodz. | Bis zum 6. 12. 14 dauerte die Wacht vor Lodz. | ||
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Notabitur 1915. — Endlich durften auch wir Oberprimaner des Realgymnasiums den Soldatenrock anziehen. Die meisten von uns, darunter auch ich, traten als Kriegsfreiwillige in das Feldartillerieregiment Nr. 11 in Kassel ein. Nach beendeter Ausbildung gingen wir Nordhäuser gemeinsam zu einer Gebirgsbatterie des Alpenkorps, die in Fulda zusammengestellt wurde. Eines Tages fragte ein fremder Offizier vor der angetretenen Batterie, wer sich freiwillig zur Teilnahme an einer Expedition nach Persien melde?<br> | Notabitur 1915. — Endlich durften auch wir Oberprimaner des Realgymnasiums den Soldatenrock anziehen. Die meisten von uns, darunter auch ich, traten als Kriegsfreiwillige in das Feldartillerieregiment Nr. 11 in Kassel ein. Nach beendeter Ausbildung gingen wir Nordhäuser gemeinsam zu einer Gebirgsbatterie des Alpenkorps, die in Fulda zusammengestellt wurde. Eines Tages fragte ein fremder Offizier vor der angetretenen Batterie, wer sich freiwillig zur Teilnahme an einer Expedition nach Persien melde?<br> | ||
Wir Nordhäuser meldeten uns. Unter den wenigen Ausgewählten befand ich mich allein von meinen Nordhäuser Kameraden. Nun hieß es Abschiednehmen von den bisherigen Freunden. Doch dafür lockte die unbekannte Ferne. Persien — 1001 Nacht und andere märchenhafte Vorstellungen wurden wach bei diesem Worte Persien. — Doch zunächst ging es nach Berlin, dort wurde die Expedition zusammengestellt. Sondermission | Wir Nordhäuser meldeten uns. Unter den wenigen Ausgewählten befand ich mich allein von meinen Nordhäuser Kameraden. Nun hieß es Abschiednehmen von den bisherigen Freunden. Doch dafür lockte die unbekannte Ferne. Persien — 1001 Nacht und andere märchenhafte Vorstellungen wurden wach bei diesem Worte Persien. — Doch zunächst ging es nach Berlin, dort wurde die Expedition zusammengestellt. Sondermission „P" hieß sie. Sie bestand aus etwa 150 Mann und Offizieren, eingeteilt in 4 MG.- Kompagnien und 1 Batterie, zu der ich gehörte. Unsere Batterie bestand aus 6 Hotchkißgeschützen, Kaliber 3,7 cm, zerlegbar für Tragtiere eingerichtet. Wir waren insgesamt 2 Offiziere, 6 Unteroffiziere und 18 Mann. Ergänzt werden sollte die Batterie durch türkische Soldaten. In Berlin empfingen wir unsere mannigfache Ausrüstung, gewöhnliches Feldgrau und Tropenausrüstung. Am 21. März 1916 wurden wir verladen und befanden uns am folgenden Morgen bereits in Oderberg, der österreichischen Grenzstation. Von da ab ging es dann durch die weite Pußta Ungarns auf der üblichen Strecke bis Konstantinopel. | ||
Endlich tauchte das Marmarameer auf, und Konstantinopel, unser erstes Ziel. Hier mußte alles Material ausgeladen und in große Kähne, sogenannte Mahonen verladen werden, um über den Bosporus nach der asiatischen Seite, nach Haidar Pascha, dem Ausgangspunkt der Bagdadbahn, übergesetzt zu werden. Eine umständliche und zeitraubende Sache. Wir wurden aus dem Dampfer | Endlich tauchte das Marmarameer auf, und Konstantinopel, unser erstes Ziel. Hier mußte alles Material ausgeladen und in große Kähne, sogenannte Mahonen verladen werden, um über den Bosporus nach der asiatischen Seite, nach Haidar Pascha, dem Ausgangspunkt der Bagdadbahn, übergesetzt zu werden. Eine umständliche und zeitraubende Sache. Wir wurden aus dem Dampfer „Lorcovado" untergebracht, einem Deutsch-Südamerika- Dampfer, der hier vom Kriegsausbruch überrascht worden war. Während unseres etwa 2-wöchigen Aufenthalts hatten wir Gelegenheit, Konstantinopel näher kennen zu lernen. Unser Dampfer lag im „Goldenen Horn", der Einbuchtung des Marmarameeres, die tief in das Land schneidet und Konstantinopel in zwei Teile trennt. Welche Fülle neuer ungewohnter Eindrücke stürmte täglich auf uns ein. Links und rechts an der Straße, die zu unserem Dampfer führte, kleine Häuser aus Holz und Lehm, nach vorn mit offenen Verkaufsstellen, in denen fremdartige Gemüse und Früchte feilgeboten wurden. Dazwischen ein Garküche, in der die Speisen offen zubereitet werden. Auf den Straßen die verschiedenen Volkstypen, überwiegend mit dem roten Fez auf dem Kopfe. Staunend betrachteten wir die mehr oder weniger tief verschleierten Frauen. Unser Weg führte auch zur Hagia Sophia mit ihrem monumentalen Kuppelbau, im Innern so wuchtig wirkend, weil entsprechend einem Gerhot des Islams keine Ausschmückung mit irgendwelchen Bildern vorhanden war. Ein Abstecher führte auch zu den ehemaligen deutschen Kreuzern „Goeben" und „Breslau", die weiter draußen im Bosporus vor Anker lagen. Vorbei ging es dabei am Sultanspalaste, Dolmar Bagtsche, wo kurz darauf der Sultan die Parade unserer Expedition abnahm zusammen mit einer österreichischen Abteilung. So bot sich Tag für Tag ein abwechslungsreiches Bild ungewohnter Eindrücke. Der Verkehr mit den Türken ging nicht immer so reibungslos ab. Der Türke steht der deutschen Hast und Geschäftigkeit verständnislos gegenüber. Ein Ausdruck, der uns bald vertraut wurde und uns überall entgegentönte, war „Jawasch, jawasch — langsam, langsam". | ||
Inzwischen war auch das Umladen und Uebersetzen unseres Transportes beendigt, und es ging nun weiter von Haidar Pascha ab ins Innere von Kleinasien. Ueber Eskischehir, wo es Zigarettenspitzen aus dem dort gewonnenen Meerschaum gab, die sich aber von keiner großen Dauerhaftigkeit erwiesen, ging es vorbei an den malerischen Felsnadeln und Steinburgen von Afiun—Karahissar und dann endlos durch das weite bald gut angebaute, bald steinige Steppenplateau Inneranatoliens bis Bosanti, an den Fuß des Taurusgebirges. Hier begann die große Unterbrechung des Verkehrs, die während des ganzen Weltkrieges nie wirklich überwunden wurde. Der ganz Nachschub der in Vorderasien stehenden Armeen mußte durch Lastautos über das Gebirge gebracht werden. Als Ende 1918 endlich der Vollbahnbetrieb über die Taurusstrecke eröffnet wurde, erfolgte der Zusammenbruch der deutsch-türkischen Heere. Die Bagdadbahn konnte daher die großen Dienste, die man damals noch von ihr erhoffte, nicht leisten. In Bosanti war ein großes Heerlager entstanden. Deutsche Kraftwagenkolonnen waren hier eingesetzt und übernahmen den Transport über das Gebirge. Auf Lastkraftwagen verladen, traten wir die Fahrt an. Der Weg über den Taurus ist schön — bald in schwindelnder Höhe an steil abfallender Schlucht, bald im tiefen Tal, über alte zerbröckelte Steinbrücken, über neue unter dem Druck des Krieges entstandene Brücken führt der Weg. Der Weg folgt hier der alten Heerstraße, an der überall noch türkische Arbeiterbataillone arbeiten. Jetzt kommen wir durch die Kilikischen Tore, einem schmalen Engpaß zwischen himmelragenden Wänden. Hoch an einer Wand eine viereckige Inschristentafel mit römischen Lettern erinnert daran, daß dieser Weg die uralte Straße der Völkerzüge ist. Wieviel Menschen sind durch dieses Tor im Laufe der Jahrtausende von hüben und drüben geschritten: Darms, Xerxes, Alexander der Große, die Feldherren der Römer, Friedrich Barbarossa. Eine Welle folgt der anderen. Jetzt fauchen deutsche Kraftwagen die Straße entlang, vorbei an langen Kamelkarawanen und primitiven Wagenkolonnen. Modernes Abendland und Morgenland begegnen sich hier. | Inzwischen war auch das Umladen und Uebersetzen unseres Transportes beendigt, und es ging nun weiter von Haidar Pascha ab ins Innere von Kleinasien. Ueber Eskischehir, wo es Zigarettenspitzen aus dem dort gewonnenen Meerschaum gab, die sich aber von keiner großen Dauerhaftigkeit erwiesen, ging es vorbei an den malerischen Felsnadeln und Steinburgen von Afiun—Karahissar und dann endlos durch das weite bald gut angebaute, bald steinige Steppenplateau Inneranatoliens bis Bosanti, an den Fuß des Taurusgebirges. Hier begann die große Unterbrechung des Verkehrs, die während des ganzen Weltkrieges nie wirklich überwunden wurde. Der ganz Nachschub der in Vorderasien stehenden Armeen mußte durch Lastautos über das Gebirge gebracht werden. Als Ende 1918 endlich der Vollbahnbetrieb über die Taurusstrecke eröffnet wurde, erfolgte der Zusammenbruch der deutsch-türkischen Heere. Die Bagdadbahn konnte daher die großen Dienste, die man damals noch von ihr erhoffte, nicht leisten. In Bosanti war ein großes Heerlager entstanden. Deutsche Kraftwagenkolonnen waren hier eingesetzt und übernahmen den Transport über das Gebirge. Auf Lastkraftwagen verladen, traten wir die Fahrt an. Der Weg über den Taurus ist schön — bald in schwindelnder Höhe an steil abfallender Schlucht, bald im tiefen Tal, über alte zerbröckelte Steinbrücken, über neue unter dem Druck des Krieges entstandene Brücken führt der Weg. Der Weg folgt hier der alten Heerstraße, an der überall noch türkische Arbeiterbataillone arbeiten. Jetzt kommen wir durch die Kilikischen Tore, einem schmalen Engpaß zwischen himmelragenden Wänden. Hoch an einer Wand eine viereckige Inschristentafel mit römischen Lettern erinnert daran, daß dieser Weg die uralte Straße der Völkerzüge ist. Wieviel Menschen sind durch dieses Tor im Laufe der Jahrtausende von hüben und drüben geschritten: Darms, Xerxes, Alexander der Große, die Feldherren der Römer, Friedrich Barbarossa. Eine Welle folgt der anderen. Jetzt fauchen deutsche Kraftwagen die Straße entlang, vorbei an langen Kamelkarawanen und primitiven Wagenkolonnen. Modernes Abendland und Morgenland begegnen sich hier. | ||
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Von hier geht alles durch Karawanen von Kamelen und Tragtieren weiter. Nächstes Ziel ist das etwa 300 km entfernte Mosul. Zunächst werden Reit- und Tragtiere von den Eingeborenen angekauft. Bemerkenswert ist, daß es nur Stuten und Hengste gibt. Der Wallach ist fast ganz unbekannt. Da die zur Ergänzung unserer Batterie vorgesehene türkische Mannschaft immer noch nicht eingetroffen ist, können wir uns einige Armenier aus dem in der Nähe befindlichen Armenierlager holen. Schon verschiedentlich waren wir Armenierzügen begegnet. Zerlumpt und halb verhungert werden die Armenier weitergetrieben in die Steppe und Wüste. Ein ganzes Volk wanderte so in Elend und Tod. Ob dieses Schicksal verdient war oder nicht, soll hier nicht untersucht werden. Von den Armeniern, die wir aus dem Lager von Rasulain mitgenommen haben und die damit einem harten Schicksal entronnen waren, haben wir bis auf wenige Ausnahmen nur Undank geerntet. | Von hier geht alles durch Karawanen von Kamelen und Tragtieren weiter. Nächstes Ziel ist das etwa 300 km entfernte Mosul. Zunächst werden Reit- und Tragtiere von den Eingeborenen angekauft. Bemerkenswert ist, daß es nur Stuten und Hengste gibt. Der Wallach ist fast ganz unbekannt. Da die zur Ergänzung unserer Batterie vorgesehene türkische Mannschaft immer noch nicht eingetroffen ist, können wir uns einige Armenier aus dem in der Nähe befindlichen Armenierlager holen. Schon verschiedentlich waren wir Armenierzügen begegnet. Zerlumpt und halb verhungert werden die Armenier weitergetrieben in die Steppe und Wüste. Ein ganzes Volk wanderte so in Elend und Tod. Ob dieses Schicksal verdient war oder nicht, soll hier nicht untersucht werden. Von den Armeniern, die wir aus dem Lager von Rasulain mitgenommen haben und die damit einem harten Schicksal entronnen waren, haben wir bis auf wenige Ausnahmen nur Undank geerntet. | ||
Der Ankauf der Tiere, das Einreiten und Einteilen der Lasten dauerte einige Zeit. In dieser Zeit besuchte uns auch der damals allgewaltige türkische Kriegsminister Enver-Pascha. Erstaunt waren wir, als er uns mit einem kräftigen „Guten Tag, | Der Ankauf der Tiere, das Einreiten und Einteilen der Lasten dauerte einige Zeit. In dieser Zeit besuchte uns auch der damals allgewaltige türkische Kriegsminister Enver-Pascha. Erstaunt waren wir, als er uns mit einem kräftigen „Guten Tag, Kameraden" begrüßte. Ebenso kam die Leiche des Generalfeldmarschalls von der Goltz-Pascha durch, dessen Stäbe wir zugeteilt waren, der aber inzwischen in Bagdad am Flecktyphus gestorben war. Nun wurde seine Leiche zur letzten Ruhestätte in den Park der Deutschen Botschaft in Therapia bei Konstantinopel überführt. — | ||
Endlich sind die Tiere vollzählig, eingeteilt, Sättel verpaßt und die Lasten für die Tragtiere eingeteilt. Letzteres eine ungewohnte Arbeit, bei der es vor allen Dingen darauf ankommt, die Lasten auf beiden Seiten der Tragtiere gleichmäßig zu verteilen, da sie sonst leicht herunterrutschen. Ein Teil des Materials der Expedition wird von Kamelkarawanen befördert. Wegen der unsicheren Verhältnisse müßen wir als Bedeckung bei der Kamelkarawane bleiben, während die anderen Abteilungen schneller vorwärts reiten. Das Gebiet, durch das wir jetzt kommen, ist das Grenzgebiet, in welchem die Kurden und die Beduinen zusammenstoßen. Zum Teil sind es noch reine Nomaden, vor allem die Beduinen. Diese waren im allgemeinen politisch unzuverlässig. Nominell unterstanden sie der türkischen Herrschaft, machten aber, was ihnen gefiel. Ihre politische Stellungnahme betrachteten sie als Geschäft und verschacherten sie um klingende Münze. Sie nahmen während des Krieges Geld von beiden Seiten. Anders die Kurden, die immer einwandfrei auf türkischer Seite gestanden und als Soldaten der Türkei wertvolle Dienste geleistet haben. — Das Beladen der Kamelkarawanen geht unter mächtigem Getöse vor sich. Die Kamele legen sich, während die arabischen Kameltreiber tiefe Gutturallaute ausstoßen, nur laut brüllend zum Beladen nieder. Marschiert wird wegen der Hitze nur in den späten Abendstunden und nachts. Ein komischer Anblick ist es, wie die Kamele hinter einem kleinen Esel als Leittier hertrotten. Einen Weg in unserem Sinne gibt es nicht. Durch die Steppe führen nur Spuren, die durch die Karawanen ausgetreten sind. An Wasserläufen, die jetzt zumeist ausgetrocknet sind, gibt es nur selten Brücken oder hergerichtete Uebergänge. Die ausgetrockneten Wasserläufe bilden besonders für unseren Wagen, den wir mit uns führten, starke Hindernisse. In den ersten Tagen trafen wir noch regelmäßig Ansiedlungen, später wurden sie spärlicher. Verschiedentlich trafen wir auch die schwarzen Zelte nomadisierender Beduinen mit ihren Viehherden, die bei Beginn der heißen Jahreszeit den großen Wasserläufen zuwandern. Die Kleidung der Eingeborenen besteht aus einem Hemd, darüber einem kaftanartigen Obergewand und einem ärmellosen Ueberwurf, der in Mesopotanien rot-weiß gestreift war. Als Kopfbedeckung dient die Kefieh, ein großes viereckiges, im Winkel zusammengelegtes Tuch, das über Scheitel und Kopf gefaltet wird und dessen Zipfel weit über den Rücken hinabflattern. Sie ist aus Wolle oder Seide. Festgehalten wird das Kopftuch durch das Agal, beim gewöhnlichen Beduinen ein drei- oder viermal um den Kopf geschlungener Strick aus Ziegenhaaren, beim Vornehmen eine seidene, mit Goldfäden durchwirkte und in Goldtroddeln nach rückwärts endende bunte Schnur. Schuhe werden nicht getragen. Die Beduinin trägt ebenfalls wie der Mann das Obergewand und den Ueberwurf. Auf dem Kopfe trägt sie ein schwarzes Tuch. Das Gesicht ist aber frei. Arm- und Beinringe, je nach dem Stande aus Glas, Silber oder Gold, Ohr- und Nasenringe bilden hauptsächlich den Schmuck. Tätowierungen in Hellem Blau auf Arm, Hand und im Gesicht vervollständigen das Bild der Nomadenschönheit. — | Endlich sind die Tiere vollzählig, eingeteilt, Sättel verpaßt und die Lasten für die Tragtiere eingeteilt. Letzteres eine ungewohnte Arbeit, bei der es vor allen Dingen darauf ankommt, die Lasten auf beiden Seiten der Tragtiere gleichmäßig zu verteilen, da sie sonst leicht herunterrutschen. Ein Teil des Materials der Expedition wird von Kamelkarawanen befördert. Wegen der unsicheren Verhältnisse müßen wir als Bedeckung bei der Kamelkarawane bleiben, während die anderen Abteilungen schneller vorwärts reiten. Das Gebiet, durch das wir jetzt kommen, ist das Grenzgebiet, in welchem die Kurden und die Beduinen zusammenstoßen. Zum Teil sind es noch reine Nomaden, vor allem die Beduinen. Diese waren im allgemeinen politisch unzuverlässig. Nominell unterstanden sie der türkischen Herrschaft, machten aber, was ihnen gefiel. Ihre politische Stellungnahme betrachteten sie als Geschäft und verschacherten sie um klingende Münze. Sie nahmen während des Krieges Geld von beiden Seiten. Anders die Kurden, die immer einwandfrei auf türkischer Seite gestanden und als Soldaten der Türkei wertvolle Dienste geleistet haben. — Das Beladen der Kamelkarawanen geht unter mächtigem Getöse vor sich. Die Kamele legen sich, während die arabischen Kameltreiber tiefe Gutturallaute ausstoßen, nur laut brüllend zum Beladen nieder. Marschiert wird wegen der Hitze nur in den späten Abendstunden und nachts. Ein komischer Anblick ist es, wie die Kamele hinter einem kleinen Esel als Leittier hertrotten. Einen Weg in unserem Sinne gibt es nicht. Durch die Steppe führen nur Spuren, die durch die Karawanen ausgetreten sind. An Wasserläufen, die jetzt zumeist ausgetrocknet sind, gibt es nur selten Brücken oder hergerichtete Uebergänge. Die ausgetrockneten Wasserläufe bilden besonders für unseren Wagen, den wir mit uns führten, starke Hindernisse. In den ersten Tagen trafen wir noch regelmäßig Ansiedlungen, später wurden sie spärlicher. Verschiedentlich trafen wir auch die schwarzen Zelte nomadisierender Beduinen mit ihren Viehherden, die bei Beginn der heißen Jahreszeit den großen Wasserläufen zuwandern. Die Kleidung der Eingeborenen besteht aus einem Hemd, darüber einem kaftanartigen Obergewand und einem ärmellosen Ueberwurf, der in Mesopotanien rot-weiß gestreift war. Als Kopfbedeckung dient die Kefieh, ein großes viereckiges, im Winkel zusammengelegtes Tuch, das über Scheitel und Kopf gefaltet wird und dessen Zipfel weit über den Rücken hinabflattern. Sie ist aus Wolle oder Seide. Festgehalten wird das Kopftuch durch das Agal, beim gewöhnlichen Beduinen ein drei- oder viermal um den Kopf geschlungener Strick aus Ziegenhaaren, beim Vornehmen eine seidene, mit Goldfäden durchwirkte und in Goldtroddeln nach rückwärts endende bunte Schnur. Schuhe werden nicht getragen. Die Beduinin trägt ebenfalls wie der Mann das Obergewand und den Ueberwurf. Auf dem Kopfe trägt sie ein schwarzes Tuch. Das Gesicht ist aber frei. Arm- und Beinringe, je nach dem Stande aus Glas, Silber oder Gold, Ohr- und Nasenringe bilden hauptsächlich den Schmuck. Tätowierungen in Hellem Blau auf Arm, Hand und im Gesicht vervollständigen das Bild der Nomadenschönheit. — | ||
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Nach einigen Tagen gelangen wir nach Tellermen, einer größeren Armeniersiedlung. Alles ist aber verödet und leer, die Mauern noch von Rauch-geschwärzt, die Bewohner in die Verbannung fortgetrieben. Am nächsten Tage kommen wir nach Nisibin, wo an einem Flusse gelagert wird. Es ist die letzte größere Siedlung mit einem Basar, in dem es noch einige Lebensmittel zu kaufen gibt. In unserer Nähe lagern gefangene Inder, die von Kut-el-amara kommen und nach Kleinasien gebracht werden. In der Unterhaltung zeigen sie uns vorgedruckte Karten, die sie von der englischen Militärverwaltung geliefert erhalten hatten und die zu ihrer Korrespondenz mit der Heimat dienen mußten. | Nach einigen Tagen gelangen wir nach Tellermen, einer größeren Armeniersiedlung. Alles ist aber verödet und leer, die Mauern noch von Rauch-geschwärzt, die Bewohner in die Verbannung fortgetrieben. Am nächsten Tage kommen wir nach Nisibin, wo an einem Flusse gelagert wird. Es ist die letzte größere Siedlung mit einem Basar, in dem es noch einige Lebensmittel zu kaufen gibt. In unserer Nähe lagern gefangene Inder, die von Kut-el-amara kommen und nach Kleinasien gebracht werden. In der Unterhaltung zeigen sie uns vorgedruckte Karten, die sie von der englischen Militärverwaltung geliefert erhalten hatten und die zu ihrer Korrespondenz mit der Heimat dienen mußten. | ||
Hinter Nisibin beginnt eine längere wasserlose Strecke. In der Nacht vorher gab es einen Zwischenfall. Eine Schlange hatte sich ausgerechnet den Bauch unseres Wachtmeisters zum Schlafen ausgesucht. Den Schreck des Wachtmeisters kann man sich vorstellen. Am anderen Morgen wurden noch verschiedene Schlangen unter den Sätteln, die wir als Kopfkissen benutzt hatten, gefunden. Zur Ueberwindung der wasserlosen Strecke wurde schon am frühen Nachmittag, sobald die Kraft der heißen Sonne etwas nachgelassen hatte, abmarschiert. Erst am späten Vormittag des nächsten Tages, die Sonne brannte schon lange auf uns unbarmherzig herab und der letzte Tropfen war schon lange getrunken, der Rand der Feldflaschen war heiß geworden und konnte nicht mehr an den Mund geführt werden, um vielleicht doch noch einen Tropfen Flüssigkeit zu erhäschen, langten wir an einem dürftigen Gebäude, umgeben von einer Lehmmauer, der türkischen Etappe, an. Es gab aber nur eine braune Flüssigkeit in einem Wasserloch, die selbst von den Pferden verschmäht wurde. Selbst durch Abkochen und Zusatz von Chemikalien, die wir sür solche Zwecke mitbekommen hatten, wurde das Master nicht genießbarer. Unseres Bleibens war deshalb nicht lange hier. Sobald es die Sonne zuließ, ging es weiter bis zu einem klaren Bach. Doch war auch dieses Master nicht trinkbar, da es bitter schmeckte. Von Eingeborenen wurde uns aber eine süße Quelle unter einer verfallenen Brücke gezeigt. In der nächsten Nacht mußten wir den Marsch bald unterbrechen und lagern, weil an unserem Wagen ein Rad zerbrochen war. In der Nähe bemerkten wir noch ein Lagerfeuer. Am nächsten Morgen stellte es sich heraus, daß der schwedische Forscher Sven Hedin dort lagerte. Vor dem Weitermarsch begrüßte er uns. In seinem Buche „Bagdad, Babylon, | Hinter Nisibin beginnt eine längere wasserlose Strecke. In der Nacht vorher gab es einen Zwischenfall. Eine Schlange hatte sich ausgerechnet den Bauch unseres Wachtmeisters zum Schlafen ausgesucht. Den Schreck des Wachtmeisters kann man sich vorstellen. Am anderen Morgen wurden noch verschiedene Schlangen unter den Sätteln, die wir als Kopfkissen benutzt hatten, gefunden. Zur Ueberwindung der wasserlosen Strecke wurde schon am frühen Nachmittag, sobald die Kraft der heißen Sonne etwas nachgelassen hatte, abmarschiert. Erst am späten Vormittag des nächsten Tages, die Sonne brannte schon lange auf uns unbarmherzig herab und der letzte Tropfen war schon lange getrunken, der Rand der Feldflaschen war heiß geworden und konnte nicht mehr an den Mund geführt werden, um vielleicht doch noch einen Tropfen Flüssigkeit zu erhäschen, langten wir an einem dürftigen Gebäude, umgeben von einer Lehmmauer, der türkischen Etappe, an. Es gab aber nur eine braune Flüssigkeit in einem Wasserloch, die selbst von den Pferden verschmäht wurde. Selbst durch Abkochen und Zusatz von Chemikalien, die wir sür solche Zwecke mitbekommen hatten, wurde das Master nicht genießbarer. Unseres Bleibens war deshalb nicht lange hier. Sobald es die Sonne zuließ, ging es weiter bis zu einem klaren Bach. Doch war auch dieses Master nicht trinkbar, da es bitter schmeckte. Von Eingeborenen wurde uns aber eine süße Quelle unter einer verfallenen Brücke gezeigt. In der nächsten Nacht mußten wir den Marsch bald unterbrechen und lagern, weil an unserem Wagen ein Rad zerbrochen war. In der Nähe bemerkten wir noch ein Lagerfeuer. Am nächsten Morgen stellte es sich heraus, daß der schwedische Forscher Sven Hedin dort lagerte. Vor dem Weitermarsch begrüßte er uns. In seinem Buche „Bagdad, Babylon, Ninive" erwähnt er auch dieses Zusammentreffen. — | ||
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