Bearbeiten von „Heimatbilder aus dem Kreise Sangerhausen und seinen Randgebieten

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{{LineCenterSize|110|15|Schulrat Rasehorn, Rektor Kutzner, Lehrer Popp,<br>Lehrer Hennig,}}
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Etwa 1OO Meter vor dem Denkmal führt uns ein steiler Bergpfad hinunter nach dem Ludetal und nach dem schön gelegenen Schützenhaus. Nach kurzer Rast aus seinem Vorplätze wenden wir uns dem Berghange zu, welcher dem Schlosse gegenüberliegt; er heißt der Tiergarten. Von dem schattigen Waldwege am Berghange biegen wir öfter ab, um von den lauschigen Sitzen der Ruhebänke am Waldessäume den Blick auf die im Tale sich entlangziehende Häuserreihe zu genießen. Aus der Straße unter uns klingen die leichtbewegten Reigenmelodien spielender Kinder herauf, vermischt mit den vom Lautenklang getragenen Liedern fröhlicher Wanderer, während von der Waldweide her die Glocken der Rinderherde herübertönen. Aus der Ferne grüßt von dem höchsten Gipfel des Auerberges, den Wald hoch überragend, der gewaltige Kreuzturm der Josephshöhe.
Etwa 1OO Meter vor dem Denkmal führt uns ein steiler Bergpfad hinunter nach dem Ludetal und nach dem schön gelegenen Schützenhaus. Nach kurzer Rast aus seinem Vorplätze wenden wir uns dem Berghange zu, welcher dem Schlosse gegenüberliegt; er heißt der Tiergarten. Von dem schattigen Waldwege am Berghange biegen wir öfter ab, um von den lauschigen Sitzen der Ruhebänke am Waldessäume den Blick auf die im Tale sich entlangziehende Häuserreihe zu genießen. Aus der Straße unter uns klingen die leichtbewegten Reigenmelodien spielender Kinder herauf, vermischt mit den vom Lautenklang getragenen Liedern fröhlicher Wanderer, während von der Waldweide her die Glocken der Rinderherde herübertönen. Aus der Ferne grüßt von dem höchsten Gipfel des Auerberges, den Wald hoch überragend, der gewaltige Kreuzturm der Josephshöhe.


Der reizvolle Waldweg mündet schließlich an der Lutherbuche aus. Sie hat ihren Namen daher, weil an dieser Stelle am 21. April 1S25 Dr. Martin Luther gestanden hat, nachdem er in der St. Martinikirche gepredigt hatte. Eine Tafel an der Lutherbuche berichtet uns die Worte, die Luther damals hier gesprochen haben soll:
Der reizvolle Waldweg mündet schließlich an der Lutherbuche aus. Sie hat ihren Namen daher, weil an dieser Stelle am 21. April 1S25 vr. Martin Luther gestanden hat, nachdem er in der St. Martinikirche gepredigt hatte. Eine Tafel an der Lutherbuche berichtet uns die Worte, die Luther damals hier gesprochen haben soll:


„Als anno 1S25 Freytags nach Ostern Lutherus hier gepredigt und mit Herrn Wilhelm Neiffensteinen nachgehends auf dem Berg spazieret, verglich der Doktor die Stadt gar füglich einem Vogel. Das Schloß, vermeinte er, wäre der Kopf, die zwei Gassen wären die Flügel, der Markt der Rumpf, die Niedergasse der Schwanz."
„Als anno 1S25 Freytags nach Ostern Lutherus hier gepredigt und mit Herrn Wilhelm Neiffensteinen nachgehends auf dem Berg spazieret, verglich der Doktor die Stadt gar füglich einem Vogel. Das Schloß, vermeinte er, wäre der Kopf, die zwei Gassen wären die Flügel, der Markt der Rumpf, die Niedergasse der Schwanz."
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=== Der Kupferschieferbau bei Bottendorf ===
=== Der Kupferschieferbau bei Bottendorf ===


Kommt mit mir auf die Bottendorfer Berge, und laßt uns zurückdenken
Kommt mit mir aus die Botteudorfer Berge, und laßt uns zurückdenken
an eine Zeit, die schon lange vergangen ist, die sogar unsere
an eine Zeit, die schon lange vergangen ist, die sogar unsere
Großeltern nicht mehr erlebt haben. Es ist die Zeit 1707—1720,
Großeltern nicht mehr erlebt haben. Es ist die Zeit 1707—1720,
für das jetzt ackerbautreibende Bottendorf eine Zeit des regsten industriellen
für das jetzt ackerbautreibende Bottendors eine Zeit des regsten industriellen
Lebens. Es wurden damals bei Bottendorf Kupferschiefererze
Lebens. Es wurden damals bei Bottendors Kupferschiefererze
aus der Erde geholt und aus ihnen das vielbegehrte Kupfer und Silber
aus der Erde geholt und aus ihnen das vielbegehrte Kupfer und Silber
gewonnen.
gewonnen.
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Soeben fährt eine Reihe Karren nach der Schmelzhütte ab, und wir schließen uns an, um ebenfalls die Arbeit in der Schmelzhütte zu betrachten. Wir gehen denselben Weg zurück, den wir kamen, dann weiter durch das Dorf, über die Unstrut, über den Graben und sind in der Hütte. Die Erze kommen nun zuerst in die Pochmühle und werden dort in kleine Stücke zerstampft. Das Pochwerk wird von einem Wasserrad getrieben, das in den soeben überschrittenen Graben eingebaut ist. Kommen die Stücke aus der Pochmühle, so werden sie von den Klaubern ausgelesen, das taube Gestein wird zur Seite geworfen, das erzhaltige aber in einen der fünf Schmelzöfen gebracht. Diese Schmelzöfen werden mit Kohlen und Holz geheizt. Die Kohlen kommen ziemlich weit her; Fuhrleute bringen sie von Wettin und Meinsdorf; das Holz aber stammt aus den Wäldern bei Lossa. In den Schmelzöfen wird das Kupfer zuerst flüssig und läuft, dickflüssig wie Saft, rötlich glühend aus dem Gestein. Darauf wird das Erz noch entsilbert. Die Arbeit lohnt sich auch; denn aus fünf Zentnern Erzen gewinnt man 63 Pfund Kupfer und 110 Lot Silber. (1 Lot = 1/30 Pfund).
Soeben fährt eine Reihe Karren nach der Schmelzhütte ab, und wir schließen uns an, um ebenfalls die Arbeit in der Schmelzhütte zu betrachten. Wir gehen denselben Weg zurück, den wir kamen, dann weiter durch das Dorf, über die Unstrut, über den Graben und sind in der Hütte. Die Erze kommen nun zuerst in die Pochmühle und werden dort in kleine Stücke zerstampft. Das Pochwerk wird von einem Wasserrad getrieben, das in den soeben überschrittenen Graben eingebaut ist. Kommen die Stücke aus der Pochmühle, so werden sie von den Klaubern ausgelesen, das taube Gestein wird zur Seite geworfen, das erzhaltige aber in einen der fünf Schmelzöfen gebracht. Diese Schmelzöfen werden mit Kohlen und Holz geheizt. Die Kohlen kommen ziemlich weit her; Fuhrleute bringen sie von Wettin und Meinsdorf; das Holz aber stammt aus den Wäldern bei Lossa. In den Schmelzöfen wird das Kupfer zuerst flüssig und läuft, dickflüssig wie Saft, rötlich glühend aus dem Gestein. Darauf wird das Erz noch entsilbert. Die Arbeit lohnt sich auch; denn aus fünf Zentnern Erzen gewinnt man 63 Pfund Kupfer und 110 Lot Silber. (1 Lot = 1/30 Pfund).


Aber das Wasser nahm in den Stollen überhand. Schon im Jahre 1728 fing die Not an. Nichts wurde unversucht gelassen; denn die Erze waren edel und versprachen Gewinn. Man baute einen Stollen, der die Wasser unterirdisch zur ünstrut ableiten sollte. Die Mündung des Stollens ist heute noch am Ostausgange von Bottendorf sichtbar. Sein Lauf läßt sich ebenfalls noch an den Halden der ehemaligen Lichtschächte erkennen. Im Jahre 1739 versuchte man, eine Wasserkunst zu erbauen. Man errichtete in der Unstrut, ebenfalls am Ostausgange von Bottendorf, ein großes Wasserrad von 14 Ellen Höhe und 6 Ellen Breite, welches ein Gestänge von 684 Lachter Länge trieb. Dieses Gestänge führte zum Neuen-Gnade-Gottes-Schacht. Leider war aber die Kraft durch das lange Gestänge zu gering. Später, im Jahre 1777, versuchte man, mit einer Roßkunst die Wasser zu bewältigen. Diese Roßkunst wurde von 6 Pferden in Antrieb gesetzt, die nach je drei Stunden gewechselt werden mußten. Die Pferde wurden zweimal am Tage eingespannt; so waren außer den Reservepferden 24 Stück zu dieser Wasserkunst nötig. Der Betrieb war also gar kostspielig, und so kam es, daß im Jahre 1781 das Werk eingestellt wurde, allerdings mit der Absicht, es gelegentlich wieder aufzunehmen.
Aber das Wasser nahm in den Stollen überhand. Schon im Jahre 1728 fing die Not an. Nichts wurde unversucht gelassen; denn die Erze waren edel und versprachen Gewinn. Man baute einen Stollen, der die Wasser unterirdisch zur ünstrut ableiten sollte. Die Mündung des Stollens ist heute noch am Ostausgange von Bottendorf sichtbar. Sein Lauf läßt sich ebenfalls noch an den Halden der ehemaligen Lichtschächte erkennen. Im Jahre 1739 versuchte man, eine Wasserkunst zu erbauen. Man errichtete in der Anstrut, ebenfalls am Ostausgange von Bottendorf, ein großes Wasserrad von 14 Ellen Höhe und 6 Ellen Breite, welches ein Gestänge von 684 Lachter Länge trieb. Dieses Gestänge führte zum Neuen-Gnade-Gottes-Schacht. Leider war aber die Kraft durch das lange Gestänge zu gering. Später, im Jahre 1777, versuchte man, mit einer Noßkunst die Wasser zu bewältigen. Diese Noßkunst wurde von 6 Pferden in Amtrieb gesetzt, die nach je drei Stunden gewechselt werden mußten. Die Pferde wurden zweimal am Tage eingespannt; so waren außer den Reservepferden 24 Stück zu dieser Wasserkunst nötig. Der Betrieb war also gar kostspielig, und so kam es, daß im Jahre 1781 das Werk eingestellt wurde, allerdings mit der Absicht, es gelegentlich wieder aufzunehmen.


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=== Balthasar Hakes Grab ===
=== Balthasar Hakes Grab ===


Im Dreißigjährigen Kriege stand die Gegend zwischen Riestedt und Annarode wegen der Wegelagerer und Klopffechter im üblen Rufe; man nannte die Straße Klopfgasse. In ihrer Nähe sieht man unter einer hohen Eiche eine ziemlich verschüttete Höhle, Balthasar Hakes Grube genannt. Dainit hat es folgende Bewandtnis: Ein verwahrloster Knabe zu Riestedt, der immer schon seine Mutter und seinen Lehrer geärgert hatte, verschwand eines schönen Tages aus seinem Orte. Nun waren schon früher auf der Klopfgasse oftmals Wanderer ausgeraubt worden. Jetzt aber wurden die Überfälle häufiger, und die Diebstähle in der Umgegend nahmen zu. Man fürchtete, eine ganze Räuberbande müsse hier hausen, konnte sie jedoch nicht entdecken. Da bemerkte eines Morgens ein Riestedter in der Klopfgasse einen Männerhut. Als er ihn aufheben wollte, sprangen zwei Männer herbei, banden ihn und führten ihn in ihre Höhle. Dort hielt der Hauptmann der Bande schon das Schwert entblößt. Als ihm der Gefangene ins Gesicht blickte, erkannte er seinen ehemaligen Schulkameraden Balthasar Hake, von dem man nichts mehr gesehen und gehört hatte, seitdem er als Knabe verschwunden war. Er erinnerte ihn an die Jugendspiele und bat um sein Leben. Das rührte den Räuber; er ließ ihn einen Eid schwören, nichts zu verraten, und jagte ihn dann nach Hause. Von der Zeit an war das Wesen jenes Mannes vollständig geändert, und jeder sah es ihm an, daß er ein Geheimnis bei sich trug; aber auf Fragen blieb er stumm. Da ward er einmal ernstlich krank und verlangte nach dem Trost des Geistlichen. Als dieser kam, redete er ihm ins Gewissen, konnte aber nichts erfahren. Da ermahnte ihn der Geistliche, es wenigstens Gott anzuvertrauen, wenn er es Menschen nicht verraten wollte. Das tat der sterbende Mann, und so erfuhr es der Pastor. Er machte der Obrigkeit Anzeige, und die Räuber wurden in ihrer Höhle mit ihrem Führer Balthasar Hake mit brennendem Schwefel erstickt.
Im Dreißigjährigen Kriege stand die Gegend zwischen Riestedt und Amarode wegen der Wegelagerer und Klopffechter im üblen Rufe; man nannte die Straße Klopsgasse. In ihrer Nähe sieht man unter einer hohen Eiche eine ziemlich verschüttete Höhle, Balthasar Hakes Grube genannt. Dainit hat es folgende Bewandtnis: Ein verwahrloster Knabe zu Riestedt, der immer schon seine Mutter und seinen Lehrer geärgert hatte, verschwand eines schönen Tages aus seinem Orte. Nun waren schon früher auf der Klopfgasse oftmals Wanderer ausgeraubt worden. Jetzt aber wurden die Überfälle häufiger, und die Diebstähle in der Umgegend nahmen zu. Man fürchtete, eine ganze Räuberbande müsse hier Hausen, konnte sie jedoch nicht entdecken. Da bemerkte eines Morgens ein Riestedter in der Klopfgasse einen Männerhut. Als er ihn ausheben wollte, sprangen zwei Männer herbei, banden ihn und führten ihn in ihre Höhle. Dort hielt der Hauptmann der Bande schon das Schwert entblößt. Als ihn der Gefangene ins Gesicht blickte, erkannte er seinen ehemaligen Schulkameraden Balthasar Hake, von dem man nichts mehr gesehen und gehört hatte, seitdem er als Knabe verschwunden war. Er erinnerte ihn an die Jugend- spiele und bat um sein Leben. Das rührte den Räuber; er ließ ihn einen Eid schwören, nichts zu verraten, und jagte ihn dann nach Hause. Von der Zeit an war das Wesen jenes Mannes vollständig geändert, und jeder sah es ihm an, daß er ein Geheimnis bei sich trug; aber aus Fragen blieb er stumm. Da ward er einmal ernstlich krank und verlangte nach dem Trost des Geistlichen. Als dieser kam, redete er ihm ins Gewissen, konnte aber nichts erfahren. Da ermähnte ihn der Geistliche, es wenigstens Gott anzuvertrauen, wenn er es Menschen nicht verraten wollte. Das tat der sterbende Mann, und so erfuhr es der Pastor. Er machte der Obrigkeit Anzeige, und die Räuber wurden in ihrer Höhle mit ihrem Führer Balthasar Hake mit brennendem Schwefel erstickt.


=== Der Schatz in der Wüsten Kirche ===
=== Der Schatz in der Wüsten Kirche ===
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=== Der wilde Jäger bei Dietersdorf ===
=== Der wilde Jäger bei Dietersdorf ===


Einst saß ein Förster auf dem Breitenberge bei Dietersdorf auf dem Anstand. Da hörte er ein furchtbares Brausen und lautes Hundegebell. Tief beugten sich die Wipfel vom Sturm. Ein gespenstischer Zug raste durch die Luft nach dem Auerberge zu. Voran ritt auf einem schnaubenden Rosse der wilde Jäger mit einem breitkrempigen Hut und einem langen, wallenden Mantel. Laut ertönte sein Ruf durch die Luft: „Hohohl Schuhuh!" Kläffende Hunde und Geisterspuk folgten ihm nach. Dem Jäger wurde ganz gruselig, und er begab sich auf den Heimweg. Unterwegs begegneten ihm Holzhauer, die den wilden Jäger auch gesehen hatten. Sie erzählten ihm, daß er alle 7 Jahre hier entlang ziehe. Man dürfe dann nicht fluchen, rufen oder spotten. Sonst würfe einem der wilde Jäger einen Pferdeschinken mit den Worten zu: „Du hast mit helfen jagen, nun sollst du auch mit helfen nagen." Wehe dem, der den Schinken nicht aufessen wollte!
Einst saß ein Förster auf dem Breitenberge bei Dietersdorf auf dem Anstand. Da hörte er ein furchtbares Brausen und lautes Hundegebell. Tief beugten sich die Wipfel vom Sturm. Ein gespenstischer Zug raste durch die Lust nach dem Auerberge zu. Voran ritt auf einem schnaubenden Rosse der wilde Jäger mit einem breitkrempigen Hut und einem langen, wallenden Mantel. Laut ertönte sein Ruf durch die Luft: „Hohohl Schuhuh!" Kläffende Hunde und Geisterspuk folgten ihm nach. Dem Jäger wurde ganz gruselig, und er begab sich auf den Heimweg. Unterwegs begegneten ihm Holzhauer, die den wilden Jäger auch gesehen hotten. Sie erzählten ihm, daß er alle 7 Jahre hier entlang ziehe. Man dürfe dann nicht fluchen, rufen oder spotten. Sonst würfe einem der wilde Jäger einen Pferdeschinken mit den Worten zu: „Du hast mit helfen jagen, nun sollst du auch mit helfen nagen." Wehe dem, der den Schinken nicht aufessen wollte!


=== Der Bär im Pfingstfelsen ===
=== Der Bär im Pfingstfelsen ===
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=== Die Lange Hüne auf der Numburg ===
=== Die Lange Hüne auf der Numburg ===


Auf den Bergen bei der Numburg hauste in grauer Vorzeit eine Riesin, die Lange Hüne genannt. Eines Tages hatte sie Langeweile. Zum Zeitvertreib drehte sie sich auf ihrem Absatze ein paarmal rund herum. So entstand das große, kreisrunde Loch bei der Numburg. Beim Umdrehen bekam sie Sand in den Schuh. Sie schüttete ihn aus. Die Sandkörner flogen im Helmegau umher. Das größte Sandkorn aber, ein gewaltiger Granitblock, flog bis auf die Höhe von Görsbach, wo er noch heute zu sehen ist. Als die Lange Hüne starb, wurde sie in dem Hünengrabe bei der Numburg begraben.
Aus den Bergen bei der Numburg hauste in grauer Vorzeit eine Riesin, die Lange Hüne genannt. Eines Tages hatte sie Langeweile. Zum Zeitvertreib drehte sie sich aus ihrem Absätze ein paarmal rund herum. So entstand das große, kreisrunde Loch bei der Numburg. Beim Umdrehen bekam sie Sand in den Schuh. Sie schüttete ihn aus. Die Sandkörner flogen im Helmegau umher. Das größte Sandkorn aber, ein gewaltiger Granitblock, flog bis auf die Höhe von Görsbach, wo er noch heute zu sehen ist. Als die Lange Hüne starb, wurde sie in dem Hünengrabe bei der Numburg begraben.


=== Das lange Kegelspiel auf dem Kyffhäuser ===
=== Das lange Kegelspiel auf dem Kyffhäuser ===
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<span style="font-size:90%">{{AlR|G. Winkler.}}</span>
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== Spruch und Lied ==
: ''unvollständig''
== Sitten und Gebräuche ==
=== Die Feier des Questenfestes ===
: siehe: ''[[Die Feier des Questenfestes]]''.
=== Kirmesbräuche ===
Ist das ein Jauchzen, Schreien und Johlen, wenn in Kelbra am 3. Kirmestage der „Erbesbär" durch die Straßen geführt wird! Bunt aufgeputzte Burschen, eine Musikkapelle und 500 Kinder begleiten ihn. Alle Leute sehen aus dem Fenster heraus, wenn er nach den wilden Klängen des Tamburins zu tanzen beginnt. Durch alle Straßen geht's. Immer wieder neues Scherzen, neues Lachen! Schier voll vom Trinkgeld ist die Büchse, wenn die Komödianten ins Gasthaus zurückkommen. Aber siehe da, aus dem Bär wird ein Bursch, der schwitzend und mit rotem Kopfe aus dem Erbsenstroh hervorkrieckt.
Wenn die Mitternachtsstunde schlägt, begräbt man die Kirmes. Kein Trauerzug ist's, der im Saale erscheint) es sind übermütige junge Burschen, für die die Freude gar nicht lange genug dauern kann. Der „Kermspaster" hält die Abschiedsrede und schließt das schöne Fest mit dem Wunsche, daß auch im nächsten Jahre wieder solch schöne Kirmes gefeiert werden möchte!
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=== Das Froschfest in Thürungen ===
Froschfest in Thürungen, ein Freudentag für die Aue! Aus Städten und Dörfern kommt die Jugend herbei, um an dem seltsamen Feste teilzunehmen, das nur alle sieben Jahre wiederkehrt. Wo ein Froschfest gefeiert wird, muß es Frösche geben. Und wirklich quakt es auch heute noch an schönen Sommerabenden an allen Ecken und Enden, in den Wassergräben und Teichen, in der Helme und in der Riefe, wenn auch das große Heer der Frösche mit Trockenlegung der Sümpfe verschwunden ist. Aber der Froschkönig ist geblieben, und um ihn zu fangen, bewaffnet sich die Jugend zum fröhlichen Kampfe. Lange vorher schon werden die Streiter aus den Beutezug vorbereitet. Die kleinen Pferde, die sonst das gute Gemüse bis weit in den Harz hineinfahren, bekommen Sättel aufgelegt, und Rittmeister und Wachtmeister führen nach Feierabend die lustige Reiterschar hinaus ins Gelände.
Endlich ist der langersehnte Tag gekommen. Der Ort ist schön geschmückt. Aus dem Festplatze wimmelt es von Menschen. Festgeschmückte Reiter kommen herbei. Der Wachtmeister ordnet sie zum Zuge und erstattet dem Rittmeister Meldung. Der Kampf kann beginnen. Der Kriegsberichterstatter, ein Reiter im Frack und Zylinder, gibt in einer gut einstudierten Ansprache Aufklärung über das Gefecht. Patrouillen werden ausgeschickt und sprengen nach allen Richtungen auseinander. Alle übrigen Reiter bleiben aus dem Festplatze. Bald stellen sich bei ihnen alle möglichen Beschwerden ein. Menschen und Tiere sind erkrankt und wollen vor dem Kampfe geheilt sein. Der Doktor wird schnell herbeigeholt. Bunt ausgeputzt, kommt er auf einem wunderlichen Karren herbeigefahren, Arzneien, Tropfen und Pulver bei sich führend. Zur Belustigung der Zuschauer untersucht er mit kundiger Miene Menschen und Tiere. Wunderbarerweise leiden die meisten Reiter an Magendrücken und bekommen aus der großen Arzneiflasche Tropfen, die aber nicht in der Kelbraer Apotheke, wohl aber in dem durch Branntwein bekannten Nordhausen hergestellt worden sind. And die Tropfen scheinen an diesem Tage auch gegen Kopfschmerzen, Arm- und Beinbrüche zu helfen. Inzwischen sind die Patrouillen zurückgekehrt, ohne etwas gefunden zu haben. Nachdem sie noch schnell durch die Tropfen des lustigen Doktors von irgendeinem Leiden geheilt worden sind, befiehlt der Rittmeister das Ganze zum Kampfe.
Wild jagt die Reiterschar von bannen. Wird sie den König der Frösche in seinem guten Verstecke finden? — Vielstimmiges Hallo erschallt. Der Froschkönig ist gefangen! Gefesselt, hüpfend und quakend, von den Reitern scharf bewacht, wird er auf den Platz geleitet. Es ist ein Riesenfrosch. Seine grünschimmernde Haut ist mit Schilf bedeckt; die Froschaugen glänzen wie Glaskugeln; der Kopf ist mit einer Krone geschmückt, in der ein kleines Glöcklein hell ertönt. Lauter Jubel erschallt, und im Triumph wird er durch den geschmückten Ort geführt, voran die Musikanten, gefolgt von allen Reitern, von dem lustigen Wunderdoktor und allen Festteilnehmern. Wer wird der Froschkönig sein?
Jeder Hausvater muß versuchen, das Geheimnis zu erraten; aber niemand löst es. Ob recht oder nicht recht geraten, immer schüttelt der Froschkönig sein mächtiges Haupt, so daß hell das Glöcklein läutet. Der Hausherr muß ein Lösegeld zahlen, und weiter geht es durchs Dorf. Niemand hat das Geheimnis gelöst. Der Zug kehrt nach dem Festplatze zurück. Dort wird dem Froschkönig die Maske entrissen, der dann, nochmals lustig quakend, zur Freude aller im Gebüsch verschwindet.
Wolltest du die Thürunger fragen, woher der Brauch stammt und wie alt er ist, niemand würde deine Frage beantworten können; aber stolz sind sie alle aus ihr schönes Fest und nehmen es selbst schmunzelnd in Kauf, wenn sie in der ganzen Aue Frösche genannt werden.
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