Bearbeiten von „Die Bewohner Thüringens und insbesondere des Helmegaus bis zum zweiten nachchristlichen Jahrhundert

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Noch heute ist erkennbar, wie der Sondershäuser Paß befestigt war. Am südlichen Ausgang des Bebraer Tales war zunächst eine kleine Talsperre angelegt, dann war weiter nördlich beim Chausseehaus im Westen die Hohe Buche, im Osten der Ölmüllerberg, die „Ole Burg", mit besonders eindrucksvollen Wällen befestigt, die über das Tal hinfort miteinander zusammenhingen. Schließlich, in der Nähe des Ortes Bebra, war das an sich schon schwer passierbare, versumpfte, noch heute mit Teichen versehene Tal durch neue Sperrwälle geschlossen, die sich von dem im Westen gelegenen Eichenberge ins Tal hinabzogen, während im Osten der große und kleine Totenberg steil anstiegen.<ref>P. Zschiesche, Die vorgeschichtlichen Burgen und Wälle in Thüringen, Halle, Hendel, 1892. III. .14 ff. Ein Urnenfriedhof mit Leichenbrand ist im Jahre 1868 bei Bebra aufgedeckt; die Funde liegen im Sondershäuser Museum.</ref>
Noch heute ist erkennbar, wie der Sondershäuser Paß befestigt war. Am südlichen Ausgang des Bebraer Tales war zunächst eine kleine Talsperre angelegt, dann war weiter nördlich beim Chausseehaus im Westen die Hohe Buche, im Osten der Ölmüllerberg, die „Ole Burg", mit besonders eindrucksvollen Wällen befestigt, die über das Tal hinfort miteinander zusammenhingen. Schließlich, in der Nähe des Ortes Bebra, war das an sich schon schwer passierbare, versumpfte, noch heute mit Teichen versehene Tal durch neue Sperrwälle geschlossen, die sich von dem im Westen gelegenen Eichenberge ins Tal hinabzogen, während im Osten der große und kleine Totenberg steil anstiegen.<ref>P. Zschiesche, Die vorgeschichtlichen Burgen und Wälle in Thüringen, Halle, Hendel, 1892. III. .14 ff. Ein Urnenfriedhof mit Leichenbrand ist im Jahre 1868 bei Bebra aufgedeckt; die Funde liegen im Sondershäuser Museum.</ref>
Das Volk, das diesen Talriegel hier angelegt hat, ist unbekannt, unbekannt ist auch, ob die Germanen, die wir vielleicht als Hermunduren bezeichnen können, die Festungswälle bezwungen haben. Plinius und Strabo nennen diese Hermunduren und geben uns ihre ungefähren Wohnsitze für die Zeit um Christi Geburt an.<ref>E. Plinius Secundus, Historia naturalis IV. 99—100. Strabo in VII. 3 seiner Geographie.</ref> Plinius nennt den Völkerverband in Mittelgermanien Hermiones und rechnet dazu „Suebi, Hermunduri, Chatti, Cherusci." Ganz offenbar haben wir es bei den einzelnen Völkern mit Zusammenschlüssen verschiedener kleinerer germanischer Stämme zu tun. Einige dieser Stämme haben sich zu den Hermunduren, d. h. den Großen Duren, vereinigt. Da wir die Swehen an der unteren Elbe und Havel, die Chatten in Hessen annehmen können, möchte man für die Cherusker den Raum westlich der Sweben, für die Hermunduren den Raum östlich der Chatten beanspruchen.<ref>Die Aufstellung geschieht mit allem Vorbehalt, da die Römer Sweben in den verschiedensten Teilen Germaniens angeben. Freilich wird Plinius nicht die Stämme meinen, die Caesar, Comment. VI. 10 als Sueben bezeichnet, welche nach Südwestdeutschland abgewandert waren.</ref> Danach wäre es möglich, daß die Hermunduren zwischen Harz und Thüringer Wald und im Osten bis an die Elbe heran gesessen hätten. Strabo wiederum nennt nebeneinander Langobarden und Hermunduren, eine Zusammenstellung, die zu dem Pliniusbericht einigermaßen paßt. Die Langobarden müssen eines der nordwestlichsten Swebenvölker gewesen sein, die Hermunduren hatten ihre Wohnsitze südlich von ihnen. Von beiden Völkern erzählt Strabo, sie seien, offenbar unter dem Eindruck römischer Waffenerfolge, hinter die Elbe nach Osten in die öden geflüchtet.<ref>Strabo, VII. 3.</ref>
Die Nachprüfung durch die Archäologie scheint die Richtigkeit des Straboschen Berichtes ergeben zu haben. Tatsächlich sind den Langobarden verwandte germanische Stämme, die wir mit den Hermunduren gleichsetzen können, in der zweiten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts in Nordthüringen anwesend gewesen, sie haben aber spätestens um Christi Geburt das Land geräumt und sind hinter die Elbe zurückgegangen, wo der archäologische Ausweis sie vom Flä - ming im Norden bis an das Erzgebirge im Süden ergibt.
Velleius Paterculus bestätigt das, indem er zum Jahre 5 n. Chr. von der Elbe weiß, daß sie „am Gebiet der Semnonen und Hermunduren vorüberfließt".<ref>Vergl. Kirchhofs, Thüringen doch Hermundurenland, 14. Kirchhofs legt die Velleius-Stelle so aus, als ob die Elbe die Semnonen im Osten von den Hermunduren im Westen getrennt hätte.</ref> Hermunduren sind westlich der Saale nicht mehr vorhanden. Ihre ferneren Schicksale sind aber doch in gröbsten Umrissen soweit zu erkennen, daß man behaupten kann, sie hätten nach der Zeitwende nie mehr das Gebiet zwischen Harz und Thüringer Wald betreten.
Die Hermunduren breiteten sich nämlich an der Elbe und Saale aufwärts recht schnell nach Süden aus. Der Wall des Erzgebirges und die Markomannen in Böhmen hielten sie zunächst von diesem Lande ab. Deshalb zogen sie sich nach Westen hin an den Frankenwald und oberen Main. Hier gab ihnen 3 v. Chr. Domitius Ahenobarbus neue Wohnsitze und verpflichtete sie damit wahrscheinlich gleichzeitig, den Römern als Grenzschutz gegen die mächtigen Markomannen in Böhmen zu dienen. 19 n. Chr. vertrieben die Römer mit hermundurischer Hilfe den Markomannenfürsten Marbod. Dadurch gelang ihr Eindringen in Böhmen. Anscheinend strömten von Norden längs der Elbe immer neue Hermundurenscharen nach, so daß sie sowohl nach Süden wie nach Westen hin expandieren konnten: Auf die in Mähren sitzenden Quaden gewannen sie 51 n. Chr. Einfluß, die Lh alten besiegten sie im Jahre 58 an einem Salzflusse. Damit siedelten sie vom mittleren Main und von der oberen Werra bis an die obere Elbe.<ref>Tacitus, Annales XIII. 57 schildert die berühmte Schlacht vom Jahre 58 um die Salzquellen. Die Hermunduren blieben Sieger und weihten alle Beute, Rotz und Mann, dem Ziu und dem Wotan. — Mit Kirchhofs kann man Satzungen an der Werra oder etwa Neustadt an der fränkischen Saale als Kampfplatz annehmen. Vergl. Kirchhofs, a. a. O. 11. Unmöglich kann man, wie Wähler, Die Thüringer Bevölkerung, Langensalza, 1920, 15, es tut, die Schlacht ohne weiteres an der Werra annehmen.</ref>
Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr. bezeugt Tacitus die Hermunduren dann einwandfrei an der oberen Donau als Freunde der Römer.<ref>Kirchhofs, der den Bericht des Tacitus nicht übergchen kann, stellt ihn zusammen mit dem etwa 70 Jahre älteren des Velleius Paterculus. Nach Tacitus hätten, so meint Kirchhofs, die Hermunduren am mittleren Main gesessen und von dort aus nach der Donau hin mit den Nömern Handel getrieben. So dehnt K. den Tacitus-Bericht. Kirchhofs, a. a. O. 9 ff. Und da Velleius sie als an der Elbe neben den Semnonen sitzend bezeichnet, müssen sie nach Kirchhofs ihre Wohnsitze vom Main über den Thüringer Wald, das Thüringer Becken, die Saale Hinfort bis an die Elbe gehabt haben: Thüringen doch Hermundurenland! Aus den Quellen aber ist zu entnehmen, daß die Hermunduren ein wanderndes Volk gewesen sind, das kurz vor Chr. an der mittleren Elbe saß, hundert Jahre später an der oberen Donau. Von Westen nach Osten an der Donau entlang von etwa Ulm bis Wien nennt Tacitus einwandfrei: Hermunduren, Narister, Markomannen, Quaden. Ptolemäus kennt im 2. Jahrhundert an der Donau noch die Teuriochämen und Turonen, die möglichenfalls hermundurische Stämme sind. Wähler, a. a. O. 17.</ref> Hier an der Donau müssen sie, wahrscheinlich sich nach und nach in einzelne Stämme auflösend, während des ganzen 2. Jahrhunderts gesessen haben. Um 200 n. Chr. war das Hermundurenreich zerfallen. Wenn man also, da weder literarische noch archäologische Zeugnisse dafür sprechen, nicht annehmen will, daß die germanischen Scharen, die wir in der zweiten Hälfte des letzten vorchristlichen Jahrhunderts bei Sondershausen treffen, weiter in die Beckenlandschaft eingedrungen sind und daselbst, während der Stamm weiter nach Süden wanderte, mindestens erhebliche Volkssplitter zurückgelassen haben, so kann man Thüringen nicht als Wohnsitz der Hermunduren betrachten. Dann ist man aber auch in Verlegenheit, welchem germanischen Volke man überhaupt Thüringen für die ersten beiden Jahrhunderte nach unserer Zeitrechnung zusprechen soll.
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