Bearbeiten von „Der Nordhäuser Roland (11/1955)

Aus NordhausenWiki
Sie sind nicht angemeldet. Ihre IP-Adresse wird bei Bearbeitungen öffentlich sichtbar.
Wenn Sie ein Konto erstellen oder sich anmelden, bleibt die IP-Adresse verborgen.

Die Bearbeitung kann rückgängig gemacht werden. Bitte prüfe den Vergleich unten, um sicherzustellen, dass du dies tun möchtest, und veröffentliche dann unten deine Änderungen, um die Bearbeitung rückgängig zu machen.

Aktuelle Version Dein Text
Zeile 52: Zeile 52:
:Von Stadtarchivar R. H. Walther Müller
:Von Stadtarchivar R. H. Walther Müller


Am 13. November 1555 starb der Bürgermeister der freien und des Reiches Stadt Michael Meyenburg im 64. Jahre seines Lebens. Im gleichen Jahre war der allgemeine Religionsfriede zu Augsburg geschlossen worden, der die friedliche Koexistenz von Katholiken und Protestanten zu garantieren versprach, war damit auch die Epoche der Reformation, an der Meyenburg als einer der führenden Köpfe nicht geringen Anteil gehabt hatte, zu Ende gegangen. Und dieses Ende eines inhaltsschweren Zeitabschnittes wurde gleichsam unterstrichen, als Kaiser Karl V. im selben Jahre die Bürde seines Amtes seinem Bruder Ferdinand abtrat und sich in ein spanisches Kloster zurückzog.
Am 13. November 1555 stairb der Bürgermeister der freien und des Reiches Stadt Michael Meyenburg im 64. Jahre seines Lebens. Im gleichen Jahre war der allgemeine Religionsfriede zu Augsburg geschlossen worden, der die friedliche Koexistenz von Katholiken find Protestanten zu garantieren versprach, war damit auch die Epoche der Reformation, an der Meyenburg als einer der führenden Köpfe nicht geringen Anteil gehabt hatte, zu Ende gegangen. Und dieses Ende eines inhaltsschweren Zeitabschnittes wurde gleichsam unterstrichen, als Kaiser Karl V. im selben Jahre die Bürde seines Amtes seinem Bruder Ferdinand abtrat und sich in ein spanisches Kloster zurückzog.


In der St. Blasiikirche wurde Meyenburg ehrenvoll beigesetzt, zu seinem Gedächtnis daselbst das Gemälde Cranachs von der „Auferstehung des Lazarus“ angebracht, das ihn im Kreise seiner Familie als Stifter des Bildes darstellt.<ref> Vgl. Müller, Das Cranachgemälde ln der Blasiikirche und die Familie Meyenburg in: „Nordhäuser Roland“, August 1954</ref>
In der St. Blasiikirche wurde Meyenburg ehrenvoll beigesetzt, zu seinem Gedächtnis daselbst das Gemälde Cranachs von der „Auferstehung des Lazarus“ angebracht, das ihn im Kreise seiner Familie als Stifter des Bildes darstellt.<ref> Vgl. Müller, Das Cranachgemälde ln der Blasiikirche und die Familie Meyenburg in: „Nordhäuser Roland“, August 1954</ref>


Wenn heute, nach 400 Jahren, Meyenburgs Name in Nordhausen mit einem gewissen Stolze genannt wird, so, als ob die Bürger der Stadt in ihm den Repräsentanten alles dessen sähen, was einem städtischen Gemeinwesen Achtung, Ansehen, Ruhm, Ehre und Erfolg verschafft, so ist das nicht immer so gewesen. Schon bald nach seinem Hinscheiden zerstob das, was ihm seine Gegner an persönlichem Besitz und Vermögen geneidet hatten, in alle Winde. Unvermittelt erloschen Glanz und Ansehen der hinterlassenen Familie. Noch in der ersten Generation kehrte sie der Stadt den Rücken.
Wenn heute, nach 400 Jahren, Meyenburgs Name in Nordhausen mit einem gewissen Stolze genannt wird, so, als ob die Bürger-der Stadt in ihm den Repräsentanten alles dessen sähen, was einem städtischen Gemeinwesen Achtung, Ansehen, Ruhm, Ehre und Erfolg verschafft, so ist das nicht immer so gewesen. Schon bald nach seinem Hinscheiden zerstob das, was ihm seine Gegner an persönlichem Besitz und Vermögen geneidet hatten, in alle Winde. Unvermittelt erloschen Glanz und Ansehen der hünterlassenen Familie. Noch in der ersten Generation kehrte sie der Stadt den Rücken.


Erst 300 Jahre später wurde Meyenburg als historische Persönlichkeit neu entdeckt. 1855, also vor 100 Jahren, veröffentlichte E. G. Förstemann in seinen „Kleinen Schriften“ das, was er bei Sichtung des Stadtarchivs über den bedeutenden Stadtschreiber und Bürgermeister gefunden und durch Studien an anderer Stelle, bspw. im Briefwechsel Melanchthons, ergänzt hatte. Im Wesentlichen handelte es sich noch um bloße Daten, die zögernd miteinander in Beziehung gesetzt wurden. Abermals 55 Jahre später gab Karl Meyer (1910) eine umfassende Lebensgeschichte heraus, die auf Grund vieljähriger Forschungen ein anschauliches Blid von dem Dasein und der Wirksamkeit Meyenburgs zeichnete. Auf dieser Grundlage hat dann Paul Schreckenbach 1917 seinen Roman „Michael Meyenburg“ aufgebaut und zweifellos damit erheblich zu einer Popularisierung dieses Mannes und einer wichtigen Epoche der Nordhäuser Geschichte beigetragen.
Erst 300 Jahre später wurde Meyenburg als historische Persönlichkeit neu entdeckt. 1855, also vor 100 Jahren, veröffentlichte E. G. Förstemann in seinen „Kleinen Schriften“ das, was er bei Sichtung des Stadtarchivs über den bedeutenden Stadtschreiber und Bürgermeister gefunden und durch Studien an anderer Stelle, bspw. im Briefwechsel Melanchthons, ergänzt hatte. Im Wesentlichen handelte es sich noch um bloße Daten, die zögernd miteinander in Beziehung gesetzt wurden. Abermals 55 Jahre später gab Karl Meyer (1910) eine umfassende Lebensgeschichte heraus, die auf Grund vieliähriger Forschungen ein anschauliches Blid von dem Dasein und der Wirksamkeit Meyenburgs zeichnete. Auf dieser Grundlage hat dann Paul Schreckenbach 1917 seinen Roman „Michael Meyenburg“ aufgebaut und zweifellos damit erheblich zu einer Popularisierung dieses Mannes und einer wichtigen Epoche der Nordhäuser Geschichte beigetragen.


Daß auch Meyers Fleiß den weit verstreuten urkundlichen Stoff nicht hatte ausschöpfen können, erwies sich, als Hans Silberborth (1932) durch die Veröffentlichung von Meyenburgs Beziehungen zum Mansfelder Kupferhandel<ref>Harz Zeitschrift 65. Jahrg., 1932, S. 111/129</ref> ein ganz neues Moment in die Meyenburgforschung hineintrug. Daß aber privatkapitalistische Interessen schon vordem den Nordhäuser Stadtschreiber in die Sphäre der Fuggerschen Handelspolitik gebracht hatte, wies dann 1953 Walter Schmidt-Ewald nach.<ref>Zwei Fugger-Faktoren auf der Hütte zu Hohenkirchen, in: Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, 1953</ref>
Daß auch Meyers Fleiß den weit verstreuten urkundlichen Stoff nicht hatte ausschöpfen können, erwies sich, als Hans Silberborth (1932) durch die Veröffentlichung von Meyenburgs Beziehungen zum Mansfelder Kupferhandel<ref>Harz Zeitschrift 65. Jahrg., 1932, S. 111/129</ref> ein ganz neues Moment in die Meyenburgforschung hineintrug. Daß aber privatkapitalistische Interessen schon vordem den Nordhäuser Stadtschreiber in die Sphäre der Fuggerschen Handelspolitik gebracht hatte, wies dann 1953 Walter Schmidt-Ewald nach.<ref>Zwei Fugger-Faktoren auf der Hütte zu Hohenkirchen, in: Forschungen aus mitteldeutschen Archiven, 1953</ref>
Zeile 72: Zeile 72:
Im gleichen Jahre erwarb er in der Hagengasse (spätere Baltzerstraße) ein Grundstück, auf dem er ein ansehnliches Haus errichten ließ. Daß er das aus eigenem Stadtschreiberlohn bewerkstelligt hat, ist kaum anzunehmen. Er muß also wohl schon damals durch Vermittlung des Gothaer Bürgers und Fuggerschen Faktors (Geschäftsführer) bei der Hütte zu Hohenkirchen, Matthias Lachenbeck, am Kupferhandel beteiligt gewesen und zu Gelde gekommen sein. Ende 1525 heiratete er jedenfalls Lachenbecks Tochter Ursula.
Im gleichen Jahre erwarb er in der Hagengasse (spätere Baltzerstraße) ein Grundstück, auf dem er ein ansehnliches Haus errichten ließ. Daß er das aus eigenem Stadtschreiberlohn bewerkstelligt hat, ist kaum anzunehmen. Er muß also wohl schon damals durch Vermittlung des Gothaer Bürgers und Fuggerschen Faktors (Geschäftsführer) bei der Hütte zu Hohenkirchen, Matthias Lachenbeck, am Kupferhandel beteiligt gewesen und zu Gelde gekommen sein. Ende 1525 heiratete er jedenfalls Lachenbecks Tochter Ursula.


Diese Ehe, der zwei Söhne, Johannes und Caspar, entsprossen, endete durch den Tod der Frau bereits 1529. Der plötzliche Verlust mag Meyenburg bewogen haben, Nordhausen zu verlassen und den ihm angetragenen Stadtschreiberposten in Frankfurt am Main zu übernehmen. Indes gelang es dem Nordhäuser Rate, den bewährten Mann zu halten, indem man ihm die Aufnahme in die Gilde der Kaufleute ermöglichte. Das aber bedeutete den Eintritt des bisher nur in Beamteneigenschaft dem Rate und der Stadt verpflichteten Stadtschreibers in eine Gemeinschaft von Männern, die zumeist patrizischen Familien angehörten, die zumindest zu den wohlhabendsten und angesehensten zählten, aus denen sich aber vor allem die Mitglieder des Rates und die Bürgermeister rekrutierten. Neuere Forschungen haben ergeben<ref>Copialbücher 1543—1548 im Mühlhäuser Stadtarchiv</ref>, daß die Zugehörigkeit zu der vornehmen Kaufleutegilde für Meyenburg keineswegs eine bloße Formsache war. Ihm kam es zupaß, als wahrer Kaufmann legal die Mittel zu erwerben, die einfach erforderlich waren, um die finanzielle Unabhängigkeit zu erringen, die die Voraussetzung für die ehrenamtliche Tätigkeit im Rate der Stadt bildeten. Von den drei „W“ (Waid, Wolle, Weizen), die nach zeitgenössischer Überlieferung die Grundlagen des Wohlstandes in Thüringen waren, wählte er die Wolle. Ob die Erträgnisse ihn befriedigten, wissen wir nicht. Oft hat er säumige Schuldner jahrelang um sein Geld drängen müssen. Da erschien doch der Kupferhandel ergiebiger. Durch seine diplomatischen Missionen bei den Grafen von Mansfeld hatte er Einblick in dieses Geschäft gewonnen, zugleich die Bekanntschaft mit den Hüttenfaktoren gemacht. Unter ihnen war der Hüttenmeister Hans Reinecke in Eisleben, in sehr wohlhabender Mann, der beiläufig mit Martin Luther von Jugend auf eng befreundet war. Zwischen 1530 und 1535 heiratete Meyenburg in zweiter Ehe Reineckes Tochter Anna und legte damit eigentlich den Grund zu der gesellschaftlichen Unabhängigkeit, die ihm fortan die größte Handlungsfreiheit auf politischer Ebene ermöglichte. Die Lebenshaltung des Stadtschreibers war und blieb die eines Mannes von Welt, der bei aller Inanspruchnahme durch die Geschäfte der Stadt und seine eigenen nie eines starken Interesses an Kunst und Wissenschaft ermangelte. Sein Haus in der Hagengasse wurde der Treffpunkt der Männer, die auf dem Gebiete der Politik, des Wirtschaftslebens, der schönen Künste oder der Theologie etwas zu sagen hatten. Bereits während seiner Erfurter Studienjahre hatte Meyenburg die führenden Köpfe der Humanistenbewegung kennengelernt. Jetzt genossen seine Gastlichkeit, zugleich seinen klugen politischen Rat, zuweilen seine finanzielle Hilfe die geistigen Führer der Reformation, unter ihnen Luther selbst, der Nordhäuser Justus Jonas, Philipp Melanchthon und Lukas Cranach.
Diese Ehe, der zwei Söhne, Johannes und Caspar, entsprossen, endete durch den Tod der Frau bereits 1529. Der plötzliche Verlust mag Meyenburg bewogen haben, Nordhausen zu verlassen und den ihm angetragenen Stadtschreiberposten in Frankfurt am Main zu übernehmen. Indes gelang es dem Nordhäuser Rate, den bewährten Mann zu halten, indem man ih{m die Aufnahme in die Gilde der Kaufleute ermöglichte. Das aber bedeutete den Eintritt des bisher nur in Beamteneigenschaft dem Rate und der Stadt verpflichteten Stadtschreibers in eine Gemeinschaft von Männern, die zumeist patrizischen Familien angehörten, die zumindest zu den wohlhabendsten und angesehensten zählten, aus denen sich aber vor allem die Mitglieder des Rates und die Bürgermeister rekrutierten. Neuere Forschungen haben ergeben<ref>Copialbücher 1543—1548 im Mühlhäuser Stadtarchiv</ref>, daß die Zugehörigkeit zu der vornehmen Kaufleutegilde für Meyenburg keineswegs eine bloße Formsache war. Ihm kam es zupaß, als wahrer Kaufmann legal die Mittel zu erwerben, die einfach erforderlich waren, um die finanzielle Unabhängigkeit zu erringen, die die Voraussetzung für die ehrenamtliche Tätigkeit im Rate der Stadt bildeten. Von den drei „W“ (Waid, Wolle, Weizen), die nach zeitgenössischer Überlieferung die Grundlagen des Wohlstandes in Thüringen waren, wählte-er die Wolle. Ob die Erträgnisse ihn befriedigten, wissen wir nicht. Oft hat er säumige Schuldner jahrelang um sein Geld drängen müssen. Da erschien doch der Kupferhandel ergiebiger. Durch seine diplomatischen Missionen bei den Grafen von Mansfeld hatte er Einblick in dieses Geschäft gewonnen, zugleich die Bekanntschaft mit den Hüttenfaktoren gemacht. Unter ihnen war der Hüttenmeister Hans Reinecke in Eisleben, in sehr wohlhabender Mann, der beiläufig mit Martin Luther von Jugend auf eng befreundet war. Zwischen 1530 und 1535 heiratete Meyenburg in zweiter Ehe Reineckes Tochter Anna und legte damit eigentlich den Grund zu der gesellschaftlichen Unabhängigkeit, die ihm fortan die größte Handlungsfreiheit auf politischer Ebene ermöglichte. Die Lebenshaltung des Stadtschreibers war und blieb die eines Mannes von Welt, der bei aller Inanspruchnahme durch die Geschäfte der Stadt und seine eigenen nie eines starken Interesses an Kunst und Wissenschaft ermangelte. Sein Haus in der Hagengasse wurde der Treffpunkt der Männer, die auf dem Gebiete der Politik, des Wirtschaftslebens, der schönen Künste oder der Theologie etwas zu sagen hatten. Bereits während seiner Erfurter Studienjahre hatte Meyenburg die führenden Köpfe der Humanistenbewegung kennengelernt. Jetzt genossen seine Gastlichkeit, zugleich seinen klugen politischen Rat, zuweilen seine finanzielle Hilfe die geistigen Führer der Reformation, unter ihnen Luther selbst, der Nordhäuser Justus Jonas, Philipp Melanchthon und Lukas Cranach.


Aus diesem persönlichen Verkehr und einem ausgedehnten Briefwechsel mit den fortschrittlichen Geistern seiner Zeit schöpfte Meyenburg seine tiefe Einsicht in die Kräfte, die der neuen Bewegung innewohnten. Aber indem er sich auf ihre Seite stellte, überließ er sich ihr nicht, denn seine staatsmännische Klugheit übersah nicht die Macht, die auch weiterhin der Papstkirche und dem Kaiser zu Gebote stand. Zwischen allen wider-streitenden Gewalten aber die Stadt Nordhausen bei ihren Rechten zu erhalten, ja, ihre Sicherheit zu festigen, ihren Wohlstand zu vergrößern und ihr Ansehen im Reiche zu erhöhen, das war und blieb das unverrückbare Ziel bei allen seinen Handlungen.
Aus diesem persönlichen Verkehr und einem ausgedehnten Briefwechsel mit den fortschrittlichen Geistern seiner Zeit schöpfte Meyenburg seine tiefe Einsicht in die Kräfte, die der neuen Bewegung innewohnten. Aber indem er sich auf ihre Seite stellte, überließ er sich ihr nicht, denn seine staatsmännische Klugheit übersah nicht die Macht, die auch weiterhin der Papstkirche und dem Kaiser zu Gebote stand. Zwischen allen wider-streitenden Gewalten aber die Stadt Nordhausen bei ihren Rechten zu erhalten, ja, ihre Sicherheit zu festigen, ihren Wohlstand zu vergrößern und ihr Ansehen im Reiche zu erhöhen, das war und blieb das unverrückbare Ziel bei allen seinen Handlungen.
Bitte kopiere keine Inhalte, die nicht deine eigenen sind, benutze keine urheberrechtlich geschützten Werke ohne Erlaubnis des Urhebers!
Du gibst uns hiermit deine Zusage, dass du den Text selbst verfasst hast, dass der Text Allgemeingut (public domain) ist, oder dass der Urheber seine Zustimmung gegeben hat. Falls dieser Text bereits woanders veröffentlicht wurde, weise bitte auf der Diskussionsseite darauf hin. Bitte beachte, dass alle NordhausenWiki-Beiträge automatisch unter der „a Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 3.0 License“ stehen (siehe NordhausenWiki:Urheberrechte für Einzelheiten).
Abbrechen Bearbeitungshilfe (wird in einem neuen Fenster geöffnet)