VEB Fernmeldewerk Nordhausen

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Der VEB Fernmeldewerk Nordhausen war der alleinige Hersteller von Fernsprechgeräten in der DDR und stellte jährlich über eine halbe Million Telefone her.

Geschichte

Die Geschichte des Fernmeldewerks Nordhausen begann 1947 in einer ehemaligen Kautabakfabrik in der Grimmelallee. Im Oktober 1948 arbeiteten dort 315 Personen und das Unternehmen firmierte unter dem Namen Volkseigener Betrieb Fernmeldewerk Nordhausen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten mit Materialmangel begann die Konsolidierung des Unternehmens ab 1960 mit der Produktion von Ortsmünzfernsprechern. Von diesem Zeitpunkt an stiegen die Produktionszahlen stetig an.

Neben der Produktion von Fernsprechern für die Bevölkerung wurden auch mobile Ortszentralen, Anlagen für Objekte der Grenztruppen des MfS und der NVA hergestellt.

Die Produkte des VEB Fernmeldewerk wurden hauptsächlich für den Inlandsmarkt hergestellt, jedoch exportierte das Unternehmen auch in die Sowjetunion sowie andere sozialistische Länder wie Ungarn, Vietnam und Kuba. Der Betrieb unterhielt auch umfangreiche Auslandsbeziehungen mit dem westlichen Ausland. Im Betrieb arbeiteten 1900 Personen, von denen 22 zum Reise- und Auslandskader und 65 als Geheimnisträger verpflichtet waren.

Am Standort der bis etwa 1969 existierenden, 1965 stillgelegten Kornbrennerei C. Schulze (Weidenstraße 21) wurde 1973 ein fünfgeschossiges Produktionsgebäude für das Fernmeldewerks erbaut. Dieses Gebäude, konstruiert in 5-Mp-Bauweise, entstand unterhalb des Neuen Weges und erstreckte sich über die ehemaligen Grundstücke Weidenstraße 18 bis 26. Es bildete den ersten Bauabschnitt eines mehrteiligen Betriebskomplexes, der von 1972 bis 1975 für den Volkseigenen Betrieb errichtet wurde. Aufgrund räumlicher Beschränkungen wurde dieser Komplex an der angrenzenden Heinrich-Zille-Straße durch ein siebengeschossiges Mehrzweckgebäude und eine eingeschossige Betriebsgaststätte ergänzt. Das Mehrzweckgebäude, ein Typenprojekt von H. Stöcker, kennzeichnete sich durch eine VGB Vorhangfassade. Die Betriebsgaststätte, entworfen von W. Fieting nach dem WV-Projekt, verfügte über eine Stahl-Glasfassade und eine Terrasse an der Leninallee. Das architektonische Design und die Planung wurde vom VEB Industriebau-Projektierung Erfurt unter der Leitung von Hans-Jürgen Katzig und durchgeführt. Trotz begrenztem Raum entstand ein Komplex, der sowohl Produktions- als auch Sozialbereiche umfasste. Das Herzstück bildete ein fünfstöckiges Produktionsgebäude. Daneben stand ein siebenstöckiges Gebäude für Planung und Leitung, das als Wiederverwendungsprojekt (WV-Projekt) konzipiert war. Eine Betriebskantine konnte etwa 600 bis 1000 Mitarbeiter versorgen und wurde ebenfalls als WV-Projekt umgesetzt.

Anfang 1980 wurden zusätzliche Parkplätze für den Betrieb geschaffen, indem der Abhang des Neuen Weges teilweise ausgehoben und mit einer großen Betonmauer abgestützt wurde, um so zusätzliche Fläche zu gewinnen.

Im Jahr 1986 übernahm der Elektronikingenieur Peter Blonski die Leitung des Unternehmens, das zu dieser Zeit über 2000 Mitarbeiter beschäftigte, 80% davon waren Frauen. Um den Bedürfnissen der Belegschaft gerecht zu werden, wurden verschiedene Dienstleistungen und Einrichtungen in der Nähe des Werks eingerichtet, darunter ein Kindergarten, ein Friseur und ein Kosmetiksalon.

Nach der Wiedervereinigung

Das Fernmeldewerk Nordhausen wurde nach der Wiedervereinigung von der Treuhand übernommen und 1992 an vier Mitarbeiter verkauft; am 1. Juni 1990 wurde aus dem VEB die Fernmeldetechnik Nordhausen GmbH (FMN). Eine geplante Zusammenarbeit mit Siemens kam jedoch nicht zustande und die Belegschaft wurde erheblich reduziert. Erst im November 1992 gelang die vollständige Privatisierung des Unternehmens, allerdings schrumpfte die Mitarbeiterzahl auf 320. Peter Blonski war zu diesem Zeitpunkt bereits aus der Geschäftsleitung ausgeschieden.

2004 kam es zum Abriss des Produktionsgebäudes. 2008 musste das Unternehmen nach dem Scheitern eines Großauftrags Insolvenz anmelden. Es folgte 2010 ein Neustart mit nur noch 30 Mitarbeitern, allerdings hielten sich die Banken mit Krediten zurück. Im Mai 2014 musste erneut Insolvenz angemeldet werden und das Unternehmen wurde zum 31. Dezember 2014 abgewickelt.

Im Rahmen der „Wirtschaftsförderung“, unterstützt durch regionale Unternehmen wie die HECK Unternehmensgruppe, und der „Städtebauförderung“, wurden umfangreiche bauliche Sanierungen und Modernisierungen am ehemaligen Fernmeldewerk-Komplex durchgeführt.

Literatur

  • Markus Veit, Thomas Müller, Günther Stanislowsky: Nordhausen im Sozialismus. Band 4. Nordhausen: Atelier Veit Verlag, 2020. S. 125.

Externe Verweise