NPEA Ilfeld

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Ilfeld um 1900; im Vordergrund der dominante Schulkomplex aus dem 19. Jahrhundert

Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt (NPEA) Ilfeld (auch Napola Ilfeld) war eine NS-Eliteschule in Ilfeld. Sie ging 1934 aus der traditionsreichen Klosterschule Ilfeld hervor.

Am 20. April 1934, dem Geburtstag Adolf Hitlers, wurde die Klosterschule Ilfeld in eine NPEA umgewandelt. Die NPEAs sollten elitäre Internatsschulen des NS-Staates werden und den Führernachwuchs im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie ausbilden. Die Schüler wurden als „Jungmannen“ bezeichnet. Neben einem altsprachlichen Gymnasialzweig wurden paramilitärische Inhalte wie Wehrsport, Geländeübungen, weltanschauliche Schulungen und Arbeitseinsätze in den Lehrplan integriert.

Die Erziehung in der NPEA Ilfeld zielte auf die charakterliche Formung der Schüler zu politischen Soldaten ab. Der Tagesablauf war streng strukturiert. Neben Schulunterricht und Hausaufgabenbetreuung gab es wehrsportliche Ausbildung, Arbeitsdienst, Geländeübungen, politische Schulungen, kulturelle Aktivitäten wie Musik und Zeichenunterricht sowie Ferienlager und internationale Austauschprogramme.

Arbeitseinsätze in der Landwirtschaft und im Bergbau sollten die Schüler mit praktischer Arbeit verbinden. Hinzu kamen Fahrten in die ehemaligen deutschen Ostgebiete, um dort Kontakte zu halten. Internationaler Schüleraustausch mit englischen Eliteinternaten rundete die Ausbildung ab.

Ab 1943 musste die NPEA Ilfeld wegen der Errichtung des Raketenwerks Mittelwerk geräumt werden. Die Schüler wurden auf Außenstellen verteilt. Nur die jüngeren Jahrgänge verblieben bis 1944 in Ilfeld. Im April 1945 wurde die Schule endgültig aufgelöst.

In ihren elf Jahren durchliefen die NPEA Ilfeld etwa 1000 Schüler.

Schulpforta (1935) und Ilfeld waren die einzigen Humanistischen Gymnasien unter den NPEA.

Geschichte

Gründung und Anfänge

1934 brachte das Ende der alten Klosterschule durch ihre Umwandlung zur Nationalpolitischen Erziehungsanstalt. Ilfeld war eine der frühen NAPOLA-Gründungen, nachdem bereits drei Staatliche Bildungsanstalten in NPEAs umgewandelt worden waren. Schulpforta und Ilfeld blieben die einzigen humanistischen Gymnasien unter den NPEAs. Die Ilfelder NAPOLA versuchte anfangs, an Traditionen der Klosterschule anzuknüpfen. Sie setzte den Schüleraustausch mit Großbritannien und den USA fort, behielt die morgendlichen Andachten bei und gestattete auch den Kirchgang. 1937 wurde diesen Gepflogenheiten aber ein Ende gesetzt.

Mit der Implementierung einer NPEA ab 1934 beabsichtigte man, die bis dahin durchaus in Standeshochmut organisierten „Fraktionen“ der Klosterschüler zu überwinden. Rautenberg konstatierte schon nach wenigen Jahren ein herzliches und kameradschaftliches Verhältnis an der NPEA ebenso wie ein demonstratives Bemühen um Schlichtheit im Umgang, zu dem auch die Pädagogen Erich von Drygalski und Kleinschmidt maßgeblich beitrugen.

Mit der Umwandlung in eine NPEA ab 1934 wurde das Leben in der Klosterschule Ilfeld neu ausgerichtet. Zunächst versuchte man, gewisse Traditionen der humanistischen Bildung aus der Zeit als Klosterschule zu integrieren. Doch zunehmend setzte eine Anpassung an die Weltanschauung und Strukturen des NS-Staates ein. Schon vor 1933 hatte es in Ilfeld Anzeichen einer Politisierung gegeben, als der Nationalsozialistische Schülerbund (NSS) großen Zulauf erfuhr. Nach der Machtübernahme erfolgte die Eingliederung in die Hitlerjugend. Die Umwandlung zur NPEA stieß bei vielen Schülern auf Zustimmung.

Äußerlich manifestierte sich die Neuausrichtung im militärischen Habitus mit Uniformen und Führergrundsatz. Der Tagesablauf war durch Wehrsport, Geländeübungen und Rituale geprägt. Christliche Traditionen entfielen ab 1937.

Trotz dieser Anpassung blieben in Ilfeld im Vergleich zu anderen NPEAs noch gewisse Anteile humanistischer Bildungstradition erhalten.

NPEA Ilfeld im Zweiten Weltkrieg

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 änderte sich das Leben an der NPEA Ilfeld grundlegend. Zwar konnte der Schulbetrieb zunächst noch weitgehend aufrechterhalten werden, doch die kriegsbedingten Einschränkungen mehrten sich zunehmend.

Bereits 1940 mussten viele ältere Schüler zum Reichsarbeitsdienst und als Flakhelfer dienen. Viele Lehrer wurden zur Wehrmacht eingezogen, so dass ein erheblicher Lehrermangel entstand. Der Unterricht konnte teilweise kaum noch regulär stattfinden, viele Fächer fielen ganz aus. Ab 1942 führte man ein Notabitur ein, da eine geordnete Ausbildung bis zur Reifeprüfung nicht mehr möglich war.

Trotz dieser Einschnitte konnte der Alltag in der gut ausgestatteten NPEA Ilfeld zunächst noch relativ normal weiterlaufen. Durch die Abgeschiedenheit der Schule in einem Seitental des Harzes schien sie wie eine „Insel der Seligen“, abgetrennt von den Kriegswirren. Die ideologische Indoktrination wurde aber verstärkt. In der Schulzeitung mehrten sich die Heldenberichte von der Front und die Nachrufe auf gefallene Kameraden.

Ab 1943 beeinträchtigten die Kriegsentwicklung und die Unterbringung der Schule an wechselnden Ausweichstandorten den Betrieb stark. Unterricht war kaum noch möglich, dafür bestimmten Arbeitsdienst, Wehrsport und Indoktrination den Alltag. Fanatismus und Opferbereitschaft nahmen bei vielen Schülern bis zuletzt zu. Wegen der Errichtung des unterirdischen Rüstungskomplexes Mittelwerk im Kohnstein bei Niedersachswerfen musste die Schule geräumt werden und wurde in der NPEA Ballenstedt zusammengeführt. Lediglich die jüngeren Jahrgänge verblieben bis in Ilfeld. Im April 1945 wurde die Schule endgültig aufgelöst. Die Vereidigung der Nordhäuser Jungmannen sollte lt. Manfred Schröter am 20. April 1945 in der NPEA Ballenstedt stattfinden.

Unterricht und Struktur

Die NPEAs erhielten vom Staat eine großzügige Ausstattung, um die angestrebte Gesamterziehung der Schüler attraktiv zu gestalten. Laut dem Ilfelder Erzieher Erwin Ocker sollten so junge Menschen zu Persönlichkeiten geformt werden, die sich der Gemeinschaft verpflichtet fühlen. Zu den Annehmlichkeiten gehörten umfangreiche Reiseprogramme im In- und Ausland.

Es gab regelmäßige Fahrten nach Weimar, Jena und in volksdeutsche Gebiete Osteuropas. Besonders prestigeträchtig waren die jährlichen Schüleraustausche mit englischen und amerikanischen Elite-Internaten. Die Oberprimaner verbrachten mehrere Wochen im Ausland, nahmen am Unterricht teil und unternahmen Ausflüge. Im Gegenzug kamen englische und amerikanische Schüler nach Ilfeld. Die Jungmannen sollten so andere Lebensweisen kennenlernen, werbend für das NS-System eintreten und ihre Heimat mehr schätzen lernen.

Weitere Höhepunkte waren Klassenfahrten nach Rom und Athen sowie die Teilnahme an den Olympischen Spielen 1936. Um soziale Verantwortung zu lernen, absolvierten die Schüler auch Arbeitseinsätze in Bergwerken und in der Landwirtschaft. Insgesamt zielten die vielfältigen Aktivitäten darauf ab, die körperliche Fitness, den Gemeinschaftssinn und die nationalsozialistische Gesinnung der Jungmannen zu fördern.

Schülerschaft

Laut den Erhebungen von 1941 kamen die meisten Schüler aus Beamtenhaushalten, gefolgt von Familien von Wehrmachtsangehörigen, Angestellten sowie Selbständigen aus Handel und freien Berufen. Arbeiter und Landwirte waren an der NPEA Ilfeld nur zu einem geringen Anteil vertreten.

Bis 1943 verringerte sich der Anteil der Schüler aus Familien von Wehrmachtsangehörigen deutlich, während der von Arbeiterkindern anstieg. An der Zweigstelle in Haselünne war der Arbeiteranteil sogar doppelt so hoch wie in Ilfeld. Dennoch blieb auch dort die Mehrzahl der Schüler bürgerlich-akademischer Herkunft.

Insgesamt deuten die Zahlen darauf hin, dass trotz gegenteiliger Rhetorik die soziale Selektivität beim Zugang zu den NPEAs fortbestand. Kinder aus höheren Bildungsschichten und Beamtenfamilien waren klar im Vorteil, während Arbeiter und Bauern weiterhin benachteiligt blieben.