Holger Wengler

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Holger Wengler
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geb. 29. April 1964 in Dingelstädt (Eichsfeld)
Bürgerrechtler, Kreistagsmitglied
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Holger Gerhard Wengler (geb. 29. April 1964 in Dingelstädt (Eichsfeld)) ist einer der Protagonisten der Wende in Nordhausen.

Leben

1966 zog er mit seinen Eltern nach Nordhausen. Sein ein Jahr jüngerer Bruder Andreas (* 1965) blieb in Dingelstädt, weil seine Eltern keinen Kita-Platz in Nordhausen für ihn erhielten. Wengler wuchs in einem streng katholischen Elternhaus auf.

1970 wurde Wengler in die Adolf-Diesterweg-Schule eingeschult und wechselte 1971 (mit der Einschulung seines Bruders) in die Dr. Theodor-Neubauer-Schule.

Trotz sehr guter schulischer Leistungen hatte Wengler keine Ambitionen auf die EOS zu wechseln und verwarf damit seinen Berufswunsch als Tierarzt. Nach seinem Schulabschluss 1980 begann er seine Berufsausbildung im VEB Schwermaschinenbau NOBAS auf Vermittlung seines Vaters Dietrich. 1982 beendete er seine Ausbildung als Maschinen- und Anlagenmonteur. Bis Mai 1983 fuhr er als Außenmonteur für den Bereich Anlagenbau (Bergwerksausrüstung) auf Montage und absolvierte von Mai 1983 bis 22. Oktober 1984 seinen Armee-Grundwehrdienst in Forst (Preschen) bei der Jagdaufklärungsstaffel AS-47. Im November begann er mit 2-monatiger Verspätung sein Studium an der Ingenieurschule in Roßwein und schloss 1987 als Maschinenbauingenieur ab. Nach dem Studium arbeitete er im Ausbildungsbetrieb als Montagetechnologe im Bergbau.

Im September 1989 erfuhr Wengler zum Ende eines Gottesdienstes im Nordhäuser Dom von den Dienstags in der Altendorfer Kirche stattfindenden Fürbittgottesdiensten, an welchen er von da ab regelmäßig teilnahm. So auch an der ersten Demo in Nordhausen, die ihren Ausgang aus dem Fürbittgottesdienst hatte.

Kurz darauf meldete er sich bei Rudolf Rüther, einem der Initiatoren des Aufbruchs in Nordhausen und bat um die Teilnahme an der neuen Sache. Rüther lud Wengler zur Vertrauensleutekonferenz am nachfolgenden Sonntag (Samstag?) in die Frauenbergkirche ein. Hier brachte sich Wengler aktiv ein und wurde in den Initiativausschuss gewählt. Dieser tagte von nun an mindestens 2x je Woche und besprach das jeweilige politische Tagesgeschehen, die weiteren Schritte und die nun regelmäßig dienstags stattfindenden Demos. Wengler wurde schnell zu einem aktiven Pool des Neuen Forums (NF) und vertrat dieses auch in Veranstaltungen in den Umlandgemeinden. Da die Runde des Initiativausschusses ohne weitere Wahlen immer größer und somit die Diskussionen immer langwieriger wurden, schlug Wengler die Gründung eines 6er-Rates vor, in welchem je 2 Vertreter des Demokratischen Aufbruchs (DA), der SDP und des Neuen Forums alles besprachen, was für die Öffentlichkeit und das gemeinsame Vorgehen sowie Demo-Themen und deren Redner relevant war. Mathias Türp und Holger Wengler vertraten das NF. Ab 27.22.1989 tagte dieser 2x je Woche. Ende November wurde Wengler von allen oppositionellen Gruppen ausgewählt, für diese im Kreistag am 25.11.1989 eine Rede über deren Ziele zu halten. Wengler war zu diesem Zeitpunkt bereits mehrfach als Redner auf den Dienstagsdemonstrationen aufgetreten. Zuvor war Wengler bereits an den Gesprächen mit dem Rat des Kreises und dem Rat der Stadt Nordhausen (30.11.1989) beteiligt. Bei letzterem gab der Bürgermeister Heiter seinen Rücktritt bekannt, den Wengler nicht annahm, sondern diesen aufforderte, nunmehr zu zeigen, dass er Bürgermeister der Bürger und nicht seiner Partei sein konnte. Am 1.12.1989 lud das NF alle neuen Gruppierungen, die etablierten Parteien und die Kirchen zu einem Gespräch ein. Um der Teilnahme den entsprechenden Nachdruck zu verleihen, hatte Wengler bereits auf der Demo zuvor mit einem Generalstreik gedroht, sollten Forderungen der neuen Gruppierungen nicht erfüllt werden. Dieser 01.12.1989 wurde zum Runden Tisch (RT) Nordhausen, der ca. eine Woche vor dem offiziellen RT in Berlin aktiv wurde. Die Versammlung wurde von Türp und Wengler so geschickt geleitet, dass am Ende alle Teilnehmer die Erfüllung der 5 Punkte der Demo (Pressefreiheit, Auflösung der Kampfgruppen, Abzug der Parteisekretäre aus den Betrieben usw.) beschlossen und der 1. Sekretär der SED-Kreisleitung eine Erfüllung in Aussicht stellte.

Wenige Tage später wurden Türp, Erb und Wengler zu Sprechern des NF gewählt. Wengler war fortan für die „Außenpolitik“ verantwortlich und vertrat das NF unter anderem an Besprechungen mit Partei-und Gewerkschaftsvertretern der BRD. Dagmar Jendricke und Holger Wengler vertraten fortan das NF Nordhausen im Bezirkssprecherrat in Erfurt und bei einzelnen Terminen vertrat Wengler das NF Thüringen auch auf Bundesebene. Regional vertrat Wengler zusammen mit Dietlinde und Rudolf Rüther die neuen Gruppen in Gesprächen mit dem Kreisstaatsanwalt und dem Leiter der KD des MfS zur Übernahme des Dienstgebäudes des MFS (08.12.1989), sowie mit dem Kommandeur der Hubschrauber-Staffel und dem Wehrkreiskommando. Wengler leitete u. a. eine öffentliche Diskussionsrunde der Betriebsdirektoren zum Thema „Wirtschaft und Umwelt“ ebenso zum Thema „Gewerkschaft oder Betriebsrat“.

Nach der Besetzung der KD des MfS Nordhausen überführte Wengler am 11.12.1989 in einem Sicherheitstransport mit Polizei und Staatsanwaltschaft die Quellkartei zum Bürgerkomitee nach Erfurt. Wengler übernahm die Leitung der kleinen Abordnung der neuen Gruppierungen, die dem Chef der Staatssicherheit am 11.12.1989 den Schlüssel für dessen Dienstgebäude abnahm und das Gebäude nun in den Besitz der Opposition überführte. Über die nachfolgende Demo wurde Wengler autorisiert eine Arbeitsgruppe von Fachleuten zu gründen, die für die katastrophalen Bedingungen der Bewohner des Altenheimes Siechenhof unbedingt und kurzfristig Abhilfe schaffen sollten. Die Idee, das Gebäude der ehemaligen Staatssicherheit in ein Pflegeheim umzubauen wurde jedoch von der Expertenkommission verworfen. Wengler übernahm noch im Herbst 89 die Leitung der AG Vergangenheitsbewältigung und führte unzählige Gespräche mit Bürger, die in der gesamten DDR-Zeit von Kriegsende bis heute Nachteile zu erfahren hatten.

Im Januar übernahm Türp die Leitung der neuen Geschäftsstelle um kurz darauf vom NF zum DA zu wechseln. Nunmehr übernahm Wengler auch die Leitung der Geschäftsstelle. Als Volker Erb seine Rolle als Sprecher und seinen Sitz am Runden Tisch für die Gründung der Deutschen Forumpartei nutzte, übernahm Wengler im Januar 1990 auch den Sitz des NF am Runden Tisch bis zu dessen Auflösung im Mai 1990 und war nunmehr einziger verbliebener gewählter Sprecher des NF und Geschäftsführer. Für den 09.02.1990 organisierte Wengler im Auftrag des Runden Tisches die symbolische Verschrottung der Waffen der Kampfgruppen. Da Wengler am Tag der Ausführung nicht anwesend sein konnte, übernahm dessen Vater Dietrich die Verantwortung. Wengler wurde bei den Kommunalwahlen 1990 in den Nordhäuser Kreistag gewählt. Hier arbeitete er als stellvertretender Fraktionsvorsitzender, als Mitglied im Kreisausschuss und im Jugendhilfeausschuss und wurde zum Vorsitzenden des Ausschusses für Vergangenheitsbewältigung und Petitionen gewählt. Dieser Ausschuss entwickelte sich zum aktivsten Ausschuss des Kreistages mit über 55 überwiegend öffentlichen Sitzungen. Der Arbeitsaufwand wurde so groß, dass für Wengler und die Tätigkeit des Ausschusses zwei hauptamtliche Mitarbeiter (über ABM) eingestellt wurden. Wengler wurde ebenso in das Kuratorium der KZ-Gedenkstätte Dora gewählt und er formulierte mit Prof. Dr. Eisfeld das Abschlusspapier des Kuratoriums, welches vom Kreistag einstimmig beschlossen wurde.

Im Herbst 1990 trat Wengler in der Landtagswahl für das NF an. Zum 01.01.1991 wechselte Wengler, nunmehr Leiter Fertigung des Anlagenbaues, zur Stadt Nordhausen als Leiter des Stadtjugendhauses. Seit den Wahlen im Mai 1990 hatten bereits der Bürgermeister Dr. Schröter, der Kulturdezernent Herr Wahlbuhl und der Sozialdezernent Herr Pape versucht, Wengler zu überreden, bei der Stadt Nordhausen Verantwortung zu übernehmen. In den folgenden Jahren wurde Wengler Leiter der Allgemeinen Verwaltung und stellv. Hauptamtsleiter, Leiter des Ordnungsamtes, Büroleiter des OB Dr. Zeh und später Datenschutzbeauftragter.

Nachdem das NF 1994 bei den Kommunalwahlen an der 5%-Hürde scheiterte wurde es ruhig um die nunmehr sehr kleine Gruppe, sodass Wengler 1999 das NF Nordhausen bei einer Veranstaltung im Ratskeller mit Mehrheitsbeschluss auflöste.

Neben dem NF engagierte sich Wengler ehrenamtlich u. a. als Gründungsmitglied und Vorstandsmitglied des Horizontvereins, als Vorstandsmitglied des Kreisjugendringes und bei sportlichen Highlights wie dem Fußballevent „Tag der Legenden“ und dem Handballspektakel „Handballnacht“. Wengler setzte sich auch für einzelne Sportarten im Kreis ein. So unterstützte er die Boxer des NSV zum Eintritt in den Ligabetrieb, bei den Aufstiegen bis Erringung der Deutschen Meisterschaft. Die Herrenmannschaften der Fußballer des NSV und des SV Salza unterstützte er in mehreren Gesprächen bis zum Zusammenschluss. Bei den Handballern des NSV war er viele Jahre im Vorstand und als Betreuer im Jugendbereich (der Mannschaft seines Sohnes) tätig.

Sportlich aktiv war Wengler selber als Fußballer der BSG Nobas in seiner gesamten Nachwuchszeit bis zur Armeezeit, als Student in der Studentenliga. 1987 gewann er mit der Mannschaft der FSG Roßwein den DDR-Fachhochschulpokal. Als Senior begann er beim NSV wieder Fußball zu spielen und hatte neben der Altherrenmannschaft auch unzählige Einsätze in der 1. und 2. Männermannschaft. Als Kind angelte Wengler aktiv und leitete die Jugendgruppe der Angelsportgruppe Hochbau. Heute ist Wengler aktiver Sporttaucher.

Wengler hatte eine enge Beziehung zu der Partnerschaft mit Beth Shemesh in Israel. 1992 reiste er innerhalb eine Gruppe nach Israel, um bei der Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages in einem würdigen Rahmen dabei zu sein. Bereits ein Jahr später leitete er selber den Bürgeraustausch zwischen beiden Städten. Die aktive Zeit dieser Partnerschaft wurde jedoch 2000 eingestellt. Bis dahin begleitete Wengler nicht nur Nordhäuser Bürger in Israel, sondern initiierte auch einen leider nur zwei Jahre andauernden Austausch zwischen den Gymnasien beider Städte und eine Reise von Studenten der FH Nordhausen. Wengler weilte auch zu kurzen Dienstreisen in Beth Shemesh, unter anderem, um für die Kinder einer Schule, die bei einem terroristischen Anschlag ermordet wurden, im Namen der Stadt zu kondolieren. 2023 nahm Wengler an einer internationalen Konferenz der deutsch-israelischen Partnerstädte unter Schirmherrschaft von Shimon Perez in Jerusalem teil, und vertrat die deutschen Städte im Auftrag des Deutschen Städtetages bei einem Round-Table-Gespräch zum Thema „Kriminalität im urbanen Raum“.

Familie

Wengler ist Vater zweier Kinder und 5-facher Großvater.