Wilhelm Geißler
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Wilhelm Ernst Moritz Geißler (geb. 30. Juni 1875 in Leipzig; gest. 12. Februar 1937 in Dresden) war Tiefbauingenieur und Hochschullehrer. In Nordhausen wirkte er als Stadtbauinspektor und Magistrat (Stadtbaurat). Wilhelm Geißler gilt als eine Schlüsselfigur in der Entwicklung der städtischen Infrastruktur und Abwassertechnik in Deutschland.
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Abschluss am Realgymnasium in Brandenburg 1894 begann Geißler ein Studium der Mathematik und des Bauingenieurwesens an der Technischen Hochschule Dresden. Dieses Studium legte den Grundstein für seine spätere Karriere im Bauwesen und in der Stadtplanung.
Seine berufliche Laufbahn begann Geißler im Jahr 1900 als Bauführer in Hamburg und später bei der Sächsischen Staatsbahn. 1903 wurde er zum Regierungsbaumeister ernannt und übernahm verantwortliche Aufgaben bei den Leipziger Bahnhofsbauten. 1904 wechselte er als Stadtbauinspektor nach Berlin-Charlottenburg.
Stadtbaurat in Nordhausen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Am 8. März 1909 trat Geißler eine Stelle als Stadtbaurat in Nordhausen an, wo er bedeutende städtische Infrastrukturprojekte leitete. Von 1909 bis 1920 war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung von Nordhausen.
Seine erste große Aufgabe war der Bau der städtischen Kanalisation und der Kläranlage, um die erheblichen sanitären Probleme der Stadt zu lösen, die unter anderem durch das oberflächliche Abfließen von Regen- und Brauchwässern in den Straßengossen verursacht wurden. Die Kanalisation, die im Herbst 1910 begonnen wurde, war ein entscheidender Schritt zur Modernisierung der städtischen Infrastruktur. Geißler nahm diese Herausforderung systematisch an. Sein methodischer Ansatz war geprägt von einer gründlichen Analyse und Planung. Er bestimmte die Größe des Entwässerungsgebietes und berechnete die Bevölkerungsdichte, die in den geplanten Kanalisationsbereichen leben würde. Auf dieser Basis legte er fest, dass die Kanalisation für eine zukünftige Bevölkerung von über 100.000 Einwohnern ausreichend dimensioniert sein sollte. Er berücksichtigte auch den zukünftigen Anstieg des Wasserverbrauchs durch verbesserten sanitären Komfort. Die eigentliche Bauarbeit begann im Herbst 1910 und war ein bedeutendes Unterfangen, das eine sorgfältige Koordination von Ressourcen und Arbeitskräften erforderte. Geißler überwachte die Konstruktion von getrennten Systemen für Regen- und Abwasser, was zur damaligen Zeit eine innovative und kostenintensive Lösung darstellte. Besonders bemerkenswert war der Bau des Taschenbergtunnels, der als begehbarer Kanal konzipiert wurde, um große Mengen von Regenwasser schnell abführen zu können.
Ein weiterer Aspekt von Geißlers Tätigkeit war der sorgfältige Umgang mit den natürlichen Wasserressourcen der Stadt. Die Wasserführung der Flüsse Zorge und Mühlgraben schwankte stark, was die Planung komplizierte. Geißler entwickelte ein flexibles System, das es ermöglichte, geklärtes Abwasser je nach Wasserstand in den geeignetsten Fluss zu leiten. Dies war entscheidend, um die Umweltbelastung zu minimieren und gleichzeitig die Effizienz der Kläranlage zu maximieren.
Tätigkeit in Dresden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1925 erhielt Geißler eine Professur an der Technischen Universität Dresden, wo er das Fachgebiet der Abwassertechnik weiterentwickelte. Seine in Nordhausen gesammelten Erfahrungen nutzte er, um das Gebiet wissenschaftlich zu fundieren. 1933 veröffentlichte er das erste deutsche Standardwerk über Kanalisation und Abwasserreinigung, das mit seinen 378 Seiten und 302 Abbildungen maßgeblich zur Entwicklung der Abwassertechnik in Deutschland beitrug.
Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Geißler war verheiratet mit Charlotte Rolfs. Das Paar hatte einen Sohn, Dietrich Geißler, der 1920 geboren wurde und 1941 im Krieg fiel.
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Ullrich Mallis: Wie Wilhelm Geißler vor 100 Jahren ein ewiges Nordhäuser Wasserproblem löste. In: Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (4/2013).