Domäne Neustadt
Die Domäne Neustadt (auch Neues Schloss) ist ein historisches Anwesen, das über mehrere Jahrhunderte hinweg eine bedeutende Rolle in der Verwaltung und Landwirtschaft der Region spielte. Nach der Zerstörung von Burg Hohnstein im Dreißigjährigen Krieg verlagerte sich die Verwaltung des Burgamtes Hohnstein in das „Herrenhaus“ der Domäne Neustadt. In der folgenden Zeit wandelte sich die Domäne mehrfach, bedingt durch historische Ereignisse, wirtschaftliche Entwicklungen und politische Wechsel.
Gründung und frühe Nutzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Nach dem Dreißigjährigen Krieg, in dem die Burg Hohnstein zerstört wurde, wurde die Verwaltung des Burgamtes Hohnstein in das „Herrenhaus“ der Domäne Neustadt verlegt. Die Burgvögte, auch als „Schlösser“ bezeichnet, wurden durch Amtleute ersetzt, die zugleich als Pächter fungierten und das Anwesen bewirtschafteten. Ein Inventar- und Zustandsbericht aus dem Jahr 1684 dokumentiert die Anlage und erwähnt zahlreiche Gebäude, darunter das Hauptgebäude der Verwaltung, Wohnhäuser, Stallungen, Scheunen sowie ein Brauhaus und die dazugehörige Mühle. Diese Mühle, später als „Ambtsmühle“ bekannt, war auch für die örtliche Brauerei bedeutend.
Der Wiederaufbau nach den Bränden von 1718[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Im Jahr 1718 zerstörten zwei Brände große Teile der Domäne, darunter auch viele der Wirtschaftsgebäude. Nach zeitgenössischen Berichten waren „Schurken“ für die Brände verantwortlich. Nur das Herrenhaus blieb von den Flammen verschont. Innerhalb kurzer Zeit wurden die zerstörten Gebäude in etwas veränderter Form wiedererrichtet. Diese rasche Wiederaufbauleistung zeigt, welche Bedeutung die Domäne für die Region hatte. Das Hauptgebäude, das Herrenhaus, blieb erhalten und wurde später durch einen Park ergänzt, der im 19. Jahrhundert zum Kurpark wurde.
Die Domäne im Besitz von Stolberg-Stolberg und Hannover[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
In der Mitte des 18. Jahrhunderts ließ Graf Christoph Ludwig zu Stolberg-Stolberg das sogenannte „Neue Schloss“ errichten, das als repräsentatives Herrschaftshaus der Domäne diente. Der Baumeister Penther entwarf das Gebäude im barocken Stil. Doch die Herrschaft der Stolberger Grafen sollte nicht lange bestehen bleiben. 1777 übernahm das Haus Hannover die Kontrolle über das Amt Hohnstein und damit auch über die Domäne Neustadt, da die Stolberger Grafen sich mit Schulden in Höhe von 176.000 Talern belastet hatten.
Ab dem späten 18. Jahrhundert erlebte die Domäne Neustadt eine Blütezeit. Hier lernte der Altertumsforscher Friedrich August Wolf, ein bekannter Freund von Goethe und Wilhelm von Humboldt, seine spätere Frau kennen. Im Jahr 1821 wurde die Domäne im Zuge der Rückgabe des Amtes Hohnstein von Hannover wieder an das Haus Stolberg-Stolberg übertragen. In dieser Zeit ließ Graf Joseph von Stolberg-Stolberg den Park anlegen, der heute als Kurpark genutzt wird.
1849 wurde die Domäne Neustadt zu einem selbstständigen Gutsbezirk erklärt, was bedeutete, dass sie eine eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit besaß. Zum Gutsbezirk gehörten neben der Domäne selbst auch sämtliche Gebäude östlich der Burgstraße und das heutige Hotel Hohnstein, das damals als Sitz des Amtsgerichts diente. Dieser Gutsbezirk bestand bis zur Aufhebung im Jahr 1928.
Landwirtschaft und Modernisierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Unter der Leitung des Pächterpaares von Hagen und Rumann zwischen 1763 und 1780 wurde die Domäne nachhaltig landwirtschaftlich genutzt. Neben Ackerbau und Viehzucht wurden in dieser Zeit auch die Produktionskapazitäten erweitert. Zwischen 1889 und 1945 folgten weitere Pächter, darunter Amtmann Meyer, Amtsrat Behm und Herr Stroph. Besonders während Behms Pachtzeit erlebte die Domäne eine technische Modernisierung: Das Wasserrad der Mühle wurde durch eine Turbine ersetzt, die verschiedene Maschinen antrieb und die Domäne mit Strom versorgte.
Die landwirtschaftliche Nutzung der Domäne umfasste etwa 250 Hektar, darunter 100 Hektar Ackerland, 125 Hektar Wiesen und Weiden sowie etwa 25 Hektar Ödland. Neben der Hauptdomäne in Neustadt betrieb man auch eine Schäferei in Harzungen und eine große Feldscheune östlich von Harzungen. In der Viehzucht wurden mehrere Gespanne von Thüringer Kaltblutpferden und Simmentaler Zugochsen sowie rund 35 Milchkühe und 350 Schafe gehalten. Auch Schweinezucht wurde betrieben, wobei etwa 100 Deutsche Landschweine Teil des Viehbestandes waren. Die Milchproduktion wurde in einer kleinen Molkerei auf dem Gelände verarbeitet und in umliegenden Ortschaften verkauft. Die Domäne führte auch die erste Pensionsviehhaltung im Südharz ein, wodurch sie überregionale Bedeutung gewann. Ende und Erhaltung der Domäne
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 endete die Ära der Domäne Neustadt als landwirtschaftlicher Betrieb. Die sowjetische Administration ordnete die Zerstörung der Gebäude an, um die „Zeichen des Feudalismus“ zu beseitigen. Durch das Handeln der Neustädter Bürger konnte jedoch das Herrenhaus vor der Sprengung bewahrt werden. Drei Gebäudeteile der Domäne wurden dennoch abgerissen.
Heute erinnert das Tonnengewölbe des alten Brauhauses unter dem Inspektorhaus an die historische Bedeutung der Domäne. Der Kurpark, der einst von Graf Joseph angelegt wurde, dient heute als öffentliche Grünanlage und ist ein Überbleibsel der einst weitläufigen Parklandschaft.
Am 17. Oktober 2016 wurde der „Verein zur Erhaltung des "Neuen Schlosses" und der Domäne Neustadt“ mit dem Zweck gegründet, die Erforschung der Geschichte, den Denkmalschutz und die öffentliche Wahrnehmung des Ensembles zu fördern und so seine Sanierung voran zu treiben. Seit 2017 ist der Verein Eigentümer der Immobilie.
Ein erster großer Erfolg gelang mit der Vollsanierung des angrenzenden Verwalterhauses, dass ab dem Jahr 2019 genutzt wird.