Bahnhofsplatz Nordhausen
Der Bahnhofsplatz (zu DDR-Zeiten Albert-Kuntz-Platz) in Nordhausen befindet sich vor dem Hauptbahnhof.
Geschichte
Mit dem Bau des Staatsbahnhofes und den ihm gegenüberliegenden großen Hotels erhielt Nordhausen einen Bahnhofsplatz, der um 1900 durch die elektrische Straßenbahn, die Droschken und Hotelwagen, die Einspänner und Zweispänner schon recht belebt war. In einem Reiseführer aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg heißt es über das geschäftige Leben am Platze:
- „Der Eisenbahnverkehr ist in Nordhausen ein äußerst reger; infolge der günstigen Lage als Haupteingangsstadt zum Harze von Süden her ist der Personenverkehr besonders in der Hauptreisezeit ein oft geradezu riesiger. Dabei vermehrt sich der Zuzug von Fremden von Jahr zu Jahr. Nordhausen hat ja auch vorzügliche direkte Verbindungen nach allen Richtungen aufzuweisen.“
Wesentlichen Anteil am Umsteigeverkehr und an der Belebung des Bahnhofsplatzes hatte der 1897 eröffnete Zugverkehr auf der Harzquerbahn. Der Bahnhofsplatz zeigte damals noch keine geschlossene Bebauung, denn nach Westen zur Moltkestraße und nach Osten zur Langestraße fehlten die ihn abschließenden Repräsentativ-Bauten noch. Auf seiner Westseite wickelte die Nordhausen-Wernigeroder Eisenbahn-Gesellschaft (N. W. E.) den Personenverkehr noch über einen behelfsmäßigen Bahnhof ab, der auf Pachtgelände der Preußischen Staatseisenbahn stand. Die Gesellschaft war aber bemüht, das Gelände an der Moltkestraße zu kaufen und einen Personenbahnhof darauf zu errichten.
Da die Preußische Staatsbahn auf die Räumung des für den Schmalspurbetrieb gepachteten Geländes drängte und die N. W. E. im Jahre 1911 die für ihren Betrieb geeigneten Grundstücke für insgesamt 84 000 M erwerben konnte, wurde 1912 mit dem Bau des Bahnhofes begonnen.
An der Ecke Bahnhofsplatz/Moltkestraße entstand das in seiner Architektur auffallende Empfangsgebäude mit dem von Säulen eingefaßten Portal, einer geräumigen Schalterhalle neben Wartesälen und Diensträumen im Erdgeschoß. Im Obergeschoß waren Diensträume für die Direktion und Betriebsleitung untergebracht. Eine künstlerische Note erhielt die Schalterhalle, die nach dem Bahnsteig hin durch Pendeltüren abgeschlossen ist, durch ein verglastes Oberlicht und einen Wandbrunnen. Der Bahnsteig wurde mit einer in Eisenbeton konstruierten freitragenden Überdachung so geschützt, daß die Züge auf beiden Seiten des Bahnsteiges auch bei Regenwetter zu erreichen waren. Der überdachte Teil des Bahnsteiges wurde mit Kleinpflaster befestigt. Gegen die Moltkestraße sind Bahnsteig und Gleisanlagen mit einer hohen Mauer abgegrenzt. Ein Stellwerk an der Wertherstraße, Schranken und Signalanlagen sorgten für einen modernen und sicheren Bahnbetrieb. Der neue Bahnhof wurde am 1. Juli 1913 dem Betrieb übergeben. Die Baukosten betrugen rund 110 000 Mark.
Am Aussehen des Bahnhofsplatzes hatte sich dann seit der Inbetriebnahme des neuen Bahnhofes nichts geändert. Doch ist es auf dem Platz durch den Kraftwagen- und Kraftdroschkenverkehr seit den 1920er Jahren noch lebhafter geworden. Auch die Grünanlagen vor den Hotels haben mancherlei Umgestaltungen erfahren.
Im Zweiten Weltkrieg wurden in den Grünanlagen Splittergräben angelegt, um den Reisenden im Notfälle einen Schutz vor Luftangriffen zu bieten. Am 3. April 1945 fiel eine einzelne Bombe in die Moltkestraße und zerstörte in unmittelbarer Nähe die Häuser Nr. 10 und Nr. 11. Mit über zwei Stunden Verspätung fuhr der Zug, inzwischen mit vielen Obdachlosen aus der von Bomben getroffenen Stadt bis auf die Trittbretter besetzt, am Abend in den Harz. Der Bahnhofsplatz hat auch den Bombenangriff am nächsten Vormittag und das Kriegsende unbeschädigt überstanden.
1946 ließ man die Splittergräben einebnen. Die Grünanlagen wurden wieder hergerichtet, in Stein gefaßt, mit Sitzbänken und am 5. Dezember 1946 mit einem Gedenkstein versehen. Der Gedenkstein war Albert Kuntz gewidmet, der vor 1933 Abgeordneter der KPD im peußischen Landtag gewesen war. Er wurde 1945 im Lager „Dora“ ermordet. Um ihn rankt sich die Legende des kommunistischen Widerstandes in diesem Konzentrationslager. Mit der Einweihung des Gedenksteins wurde der Bahnhofsplatz in Nordhausen in Albert-Kuntz-Platz umbenannt. Der Gedenkstein wurde in den folgenden Nächten mit „nazistischen Symbolen“ beschmiert. Ein umgehend einberufener Untersuchungsausschuss ordnet Geschäftsschließungen und Wohnungsausweisungen früherer NSDAP-Mitglieder an, die mit dem Vorfall willkürlich in Verbindung gebracht werden.
Nach der Wiedervereinigung erhielt der Platz wieder seinen ursprünglichen Namen. 1997/98 begannen umfangreiche Rekonstruktions- und Umbauarbeiten am Bahnhofsgebäude sowie später auch auf dem Bahnhofsvorplatz.