Mädchenvolksschule am Töpfertor
Die „Mädchen-Volksschule am Töpfertor“ war ein klassizistisches Schulgebäude und befand sich am Friedrich-Wilhelm-Platz 1 neben der Sedanstraße. Sie wurde bei den Luftangriffen auf Nordhausen im April 1945 zerstört.
Geschichte
1. Realschule und Realgymnasium
Dieses Schulgebäude wurde im Jahr 1839 als städtische Realschule auf der Südseite des späteren Friedrich-Wilhelm-Platzes erbaut.
Nach Abbruch des 40 Fuß hohen inneren Töpfertors im Juni 1839 erfolgte am 20. Juli 1839 die Grundsteinlegung. Bereits am 15. Oktober 1839 konnte das Gebäude dann als neue Realschule der Stadt Nordhausen eingeweiht und bezogen werden.
Für die Anlegung eines Schulhofes wurde in den Jahren 1845, 1847 und 1852 der südlich der Schule gelegene Zimmergraben beseitigt. Im Sommer 1874 wurde damit begonnen einen westlichen Anbau an das Schulgebäude anzufügen. Dieser Anbau nahm nach seiner Fertigstellung u. a. die Aula auf. Im September 1875 erfolgte die feierliche Einweihung dieses Ergänzungsbaus. Für die Errichtung des Anbaus hatte die Stadt eine Anleihe von 61.704 Mark aufgenommen. In den Jahren 1939/40 wurde westlich der Schule entlang der Mauerstraße ein Toilettengebäude errichtet.
Seit dem Jahr 1847 hatte Realschule eine einklassige Vorschule. Diese Vorschule hatte die Aufgabe die Schüler auf den Besuch der Realschule vorzubereiten. Mit Rücksicht auf die große Schülerzahl wurden ab dem Jahr 1860 drei Klassen gebildet.
Die Schülerzahlen an der Realschule entwickelten sich wie folgt: 1851 wurden 192 Schüler in 7 Klassen von 11. Lehrern unterrichtet. 1862 waren es 205 Schüler. 1868 besuchten 337 Kinder die Schule. Sie wurden von 17 Lehrern unterrichtet. Im Jahr 1871 zählte die Volksschule 495 Schüler (inkl. Vorschule). 19 Lehrer unterrichteten. Sieben Jahr später, 1878, waren es 456 Knaben, die von 24 Lehrer unterrichtet wurden. Zu Ostern 1882 besuchten 368 Schüler die Schule.
Am 26. März 1848 wurde an der Realschule ein Freiheitsfest gefeiert. Auf der Schule hatte man eine schwarzrotgoldene Fahne gehisst.
Am 23. Juni 1865 wurde die Realschule in eine Schule 1. Ordnung erhoben und damit dem Gymnasium gleichgestellt. Seit dem 31. März 1882 trug die Schule dann offiziell den Namen Realgymnasium.
Erster Rektor der Realschule war der Physiker und Mathematiker Carl Christian Fischer. Er hatte bereits seit April 1835 die erste Realschule im Joachimschen Haus in der Rittergasse 3 geleitet. Seit 1845 Professor, starb er erst 50jährig am 11. März 1854. Sein Nachfolger wurde zu Ostern 1854 Dr. Wilhelm Burghardt, der die Schule bis zu seinem Tod in der Nacht vom 26. zum 27. September 1877 leitete. Einer der ersten Lehrer war der Botaniker und Chemiker Friedrich Traugott Kützing, der hier bis zu seinem Ruhestand Ende September 1883 unterrichtete.
2. Volksschule
Aufgrund der Tatsache, dass die beiden Gymnasien (das Gymnasium in der Predigerstraße und das Realgymnasium am Friedrich-Wilhelm-Platz 1) 1889 staatliche Anstalten wurden, hatte die Mächenvolksschule bereits Ende Mai 1891 das Volksschulgebäude am Taschenberg verlassen müssen und bezog im Juli das bisherige Gebäude des Realgymnasiums. Zusätzlich erhielt die Mädchenvolksschule Räume im benachbarten Gebäude der Knabenvolksschule am Friedrich-Wilhelm-Platz 8. Das Realgymnasium erhielt sein neues Domizil im Volksschulgebäude am Taschenberg.
Ende September 1894 wurden in beiden Schulteilen 1430 Schülerinnen in 25 Klassen unterrichtet. Rektor beider Schulteile der Mädchenvolksschule war Gottlieb Klautzsch.
Nach dem Umzug der Knabenvolksschule im Oktober 1900 in die seit 1898 neu erbaute Petersbergschule wurden beide Schulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz als Mädchenvolksschule genutzt.
Im Jahr 1900 wurden hier 1425 Schülerinnen in 30 Klassen unterrichtet. Rektor beider Schulteile war Gottlieb Klautzsch.
Nach dem Tod von Gottlieb Klautzsch am 9. Juni 1902 wurde die Mädchenvolksschule geteilt, in die "Mädchenvolksschule I" und die "Mädchenvolksschule II". Die "Mädchenvolksschule I" erhielt ihr Domizil im ehemaligen Realgymnasium und die "Mädchenvolksschule II" im Volksschulgebäude am Friedrich-Wilhelm-Platz 8 (ab 1907 Museum).
Zu Michaelis (29. September) 1903 waren in der "Mädchenvolksschule I" folgende Lehrkräfte tätig:
• Rektor: Emil Schondorf • Volksschullehrer: Brabandt, Geisel, Hause, Mäder, Meyer, Neumeyer, Oßwald, Seidenstücker, Temme, Wille, Winkelmann • Lehrerinnen: Frl. Burghardt, Görschner, Schwerdtfeger, Voigt • techn. Lehrerinnen: Frl. Bänder, Hartz
Die 703 Schülerinnen wurden in 16 Klassen unterrichtet.
Am 1. April 1927 erhielten die Volks- und Mittelschulen der Stadt neue Bezeichnungen. Die "Mädchen-Volksschule I" erhielt nun die Bezeichnung "Mädchen-Volksschule am Töpfertor".
Seit 1929 war Gustav Temme Rektor. Gustav Temme, der auch Fraktionsvorsitzender der Nordhäuser SPD-Stadtverordnetenfraktion war, wurde nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten im Juni 1933 verhaftet. Stellvertretend leitete nun die Konrektorin Gertrud Kutzner die Schule.
Im Adressbuch von 1937 sind folgende Lehrkräfte genannt.
• Rektor: Dr. Otto Ritzau • Einicke, Euling, Gothe, Krieghoff, Muder, Schulze • Lehrerinnen: Konrektorin Kutzner, Lehrerin Muerau, Wisotzki, Klotz, Rademacher, Busse, Dempwolf, Volger, Lemke, Tappenbeck.
Die 682 Schülerinnen wurden in 16 Klassen unterrichtet.
Beim britischen Bombenangriff auf Nordhausen am 4. April 1945 wurde das Gebäude zerstört. Die Zerstörung der Schule überlebte nur der westliche Anbau. Er wurde später aber abgerissen.
Literatur:
• Peter Kuhlbrodt: Chronik der Stadt Nordhausen 1802 bis 1989 • Hermann Heineck: Geschichte der Stadt Nordhausen 1802 - 1914 • Markus Veit: Die »Töpfervorstadt«, vom Friedrich-Wilhelm-Platz zum Platz der Republik. In: Der Nordhäuser Adler (2/2002)' • Adressbücher Nordhausen • Heinz Sting: Das 1000jährige Nordhausen und der schöne Südharz • Hans-Jürgen Grönke: Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten