Landratsamt Nordhausen
Das Landratsamt Nordhausen ist das Verwaltungsgebäude des Landkreises Nordhausen in der Grimmelallee 23.
Der Bau eines Kreisständehauses für den Landkreis wurde im Jahr 1866 auf Iniative des Landrats Baron Eduard Wiprecht Leopold von Davier (1818–1895) beschlossen. Zu dieser Zeit befand sich das Büro des Landratsamtes in der Belle-Etage des Gebäudes am Pferdemarkt 580. Weitere Verwaltungseinrichtungen waren über die Stadt verteilt und so entstand der Entschluss, ein Kreisständehaus zu errichten, das mehrere Funktionen in sich vereinen sollte. Mitte des 19. Jahrhunderts war die Grimmelallee noch weitgehend unbebaut; um das gewählte Grundstück mit der Nummer 1466 erstreckten sich Gartengrundstücke.
Das Landratsamtsgebäude erlebte mehrere An- bzw. Umbauphasen und wurde 1997 grundlegend saniert.
Geschichte
Erste Bauphase
In der ersten Bauphase 1867/68 entstand ein zweigeschossiges, massives Gebäude aus verputzen Ziegelsteinen mit einem Sockel aus roten Sandsteinquadern, dessen Hauptfassase im Westen sich zur Straße hin streckte. Diese war symmetrisch mit sechs Fensterachsen, einem Mittelrisalit und zwei runden Ecktürmen gegliedert, die die Fassaden in ein Geschoß überragten. Der dreigeschossige Mittelrisalit war durch einen Dreieckgiebel mit kleinen spitzen Türmchen aus rotem Sandstein bektrönt. Ebenso betonten dieselben Türme auch die beiden Gebäudeecken der Hoffassade. Besonders am Mittelrisalit, in dem sich auch der Eingang befand, kam die Gestaltung des Gebäudes in neuromanischen Formen zum Ausdruck, z. B. am Blendbogenfries des Giebels - der das gesamte Gebäude unterhalb der Traufe umlief -, den spitzen Türmchen und den rundbogigen Fenstern.
Die Hoffassade war leicht hufeisenförmig ausgebildet und zeigte eine ähnliche Fassadengestaltung, jedoch schlichter. Die Südfassade war relativ geschlossen und wurde nur durch die das ganze Gebäude umspannenden Gesimse und Friese gegliedert. Auf dem zweigeschossigen Gebäude erhob sich ein Walmdach mit zahlreichen kleinen, turmbekrönten Satteldachgaupen, die dem Kreisständehaus einen schloßartigen Charakter verliehen. Von dem Aussehen des Gebäudes der ersten Bauphase ist nur eine Lithographie von Karl Koch erhalten, die die Westfassade am noch unbebauten Zorgeufer zeigt. Das Innere des Gebäudes entsprach ganz den damaligen Anforderungen an die Nutzung als Verwaltungsgebäude mit Wohnbereichen. Im Erdgeschoß befanden sich hauptsächlich große Räume, die die verschiedenen Büros auf-nahmen. Der Zugang zum Gebäude erfolgte vermutlich über eine Freitreppe vor dem Mittelrisalit, dessen drei Bögen im Erdgeschoß im Inneren ihre Fortsetzung fanden. Vermutlich war dieser Bereich nach Innen offen und bildete ein Vestibül. Das Obergeschoß diente bauzeitlich größtenteils als Wohnung des Landrates mit seinen Repräsentationsräumen. Ursprünglich existierte nur ein Treppenhaus in diesem Gebäude, das sich im Treppenturm an der Ostfassade befand und eine Holztreppe in historistischer Formgebung enthielt. Aufgrund der zahlreichen Umbauten sind von der bauzeitlichen Innenraumgestaltung und Ausstattung nur noch wenige Reste erhalten. Im Dachgeschoß befanden sich die Wohnungen der Angestellten sowie einiger Beamter.
Im Kreisständehaus waren ursprünglich das Büro der Kreisdirektion der Land-Feuer-Sozietät des Herzogtums Sachsen, dessen Direktor der Landrat war, mit dem Direktiorial-Sekretär Läncher, das Büro der Kreiskommunalkasse mit dem Rendanten Arnold (der Landrat war Curator), das Büro der Kreisspar- und Darlehenskasse mit dem Landrat als Curator und drei Mitarbeitern sowie das eigentliche Landratsamt untergebracht mit den Büros für den Landrat Davier, den Kreissekretär Wiedemann, die Expedienten Läncher, Gebhardt, Scheel und Echtermeyer, den Kanzlist Kindt, den Kreisboten Werner, demn Kastellan Lennig sowie den drei berittenen Gendarmen Höhne, Schnell und Grote.
Diese umfangreichen Funktionen behielt das Gebäude für lange Zeit bei, vermutlich bis Anfang der 90er Jahre des 19. Jh. 1877 kam noch der Sitz des Kreisausschusses hinzu, dessen Vorsitzender ebenfalls der Landrat war.
1868 wurde der Bau des Kreisständehauses vollendet, das nach Angaben im „Tausendjährigen Nordhausen“ 90.000 Mark kostete, von denen die Stadt Nordhausen 50 % zu zahlen hatte, da sie zu dieser Zeit zum Landkreis gehörte.
Zweite Bauphase
Die Datierung der zweiten Bauphase ist dagegen sehr schwierig. Sie ist wahrscheinlich in die 70er Jahre des 19. Jh. einzuordnen. In jener Zeit wurde das Gebäude um ein Mezzaningeschoß mit kleinen, paarweise angeordneten Fenstern erhöht. Dabei wurde sowohl der umlaufende Blendbogenfries entfernt, als auch das ursprünglich steilere Dach durch ein flaches Walmdach mit Schieferdeckung ersetzt, daß vermutlich keine Gaupen besaß. Durch die Aufstockung des Gebäudes ging der ursprünglich schloß- bzw. burgartige Charakter etwas verloren, da die Ecktürme nicht erhöht wurden und so die Fassaden nicht mehr so weit überragten.
Dritte Bauphase
Um 1891/92 - in der sogenannten dritten Bauphase - erfolgte vermutlich der Neubau des Kreissparkassengebäudes auf dem benachbarten Grundstück, damals Grimmeiallee 21. Das Sparkassengebäude entstand als separater, villenartiger, zweigeschossiger Bau aus verputzten Ziegelsteinen, dessen Fassadengestaltung sich an der des bestehenden Kreisständehauses orientierte. Der Flaupteingang befand sich ebenfalls auf der Westseite und war portalartig gestaltet. Besonders die Form der seg-mentbogigen Fenster und die umlaufenden horizontalen Gesimse entsprachen denen des Kreisständehauses. Zur Betonung der Fassaden wurden kleine Dachecktürmchen an den vier Ecken des Gebäudes sowie am südlichen Ziergiebel angebracht, die sich in ihrer Form jedoch von den schlankeren Türmchen des älteren Gebäudes unterschieden. Ihre Spitzen wurden mit dicken Kugeln bekrönt und verliehen dem ganzen Gebäude so einen mächtigen Charakter. An der Ostfassade befand sich ein kleiner Anbau, der neben dem privaten Zugang in das Gebäude, das Treppenhaus zum Obergeschoß sowie einen kleinen Balkon enthielt.
In der Nordfassade dienten drei große Rundbogenfenster zu einer besonderen Hervorhebung und Belichtung des Inneren. Hinter diesen Fenstern befand sich eine Säulenhalle mit Kreuzrippengewölben über vier Säulen, welche die Vorhalle zu den Räumen der Sparkasse im Erdgeschoß bildete. Von dieser Säulenhalle gingen sechs große, zweiflügelige Rundbogentüren in die angrenzenden Räume. Von Westen erfolgte der Zugang durch einen geräumigen Segmentbogen. Der große mittlere Raum im Süden diente als Schalterraum und war durch drei Türen zu betreten. Sämtliche Fenster des Erdgeschosses - mit Ausnahme der Nordseite - waren bauzeitlich vergittert. Zu der bauzeitlichen repräsentativen Ausstattung gehörten der Fliesenbelag im Vestibül, das Kreuzrippengewölbe sowie die rundbogigen, reich verzierten Türen. Das Obergeschoß, das über eine interessant gestaltete Treppe zu erreichen war, diente anfangs als Wohnung für den Sparkassendirektor. Die Raumaufteilung entsprach ursprünglich in etwa dem des Erdgeschosses, so existierte hier auch eine große Vorhalle als Diele, in der ein Oberlicht eingebaut war.
Nach der Erbauung des Sparkassengebäudes diente das Kreisständehaus weiterhin als Sitz des Landratsamtes des „Kreis Grafschaft Hohnstein“, des Kreisausschusses, der Kreis-Kommunalkasse, der Land-Feuersozietät sowie der Kreis-Chaus-see-Verwaltung.
Vierte Bauphase
Die vierte Bauphase beschreibt die Verbindung der beiden bestehenden Gebäude, vermutlich aus funktionalen Gründen. Aufgrund der fehlenden historischen Bauunterlagen kann der Zeitpunkt nicht genau bestimmt werden. Der Verbindungsbau könnte um 1912 entstanden sein, als das Sparkassengebäude aufgrund des Umzuges der Kreissparkasse in ein neues Gebäude in der Grimmelallee 22 seine alte Funktion verlor und vielleicht dadurch in das vorhandene Verwaltungsgebäude mit einbezogen werden sollte. Zu diesem Zeitpunkt war auch die Anzahl der Beamten erheblich angewachsen - von 11 Beamten 1884 auf 30 Beamte 1912 - was zu einem erhöhten Platzbedarf führte.
Es ist jedoch auch denkbar, daß der Verbindungsbau schon vor 1897 entstanden ist, als die Umnumerierung der Straßenzüge erfolgte und aus den Grundstücken Grimmelallee 21-23 die neue Hausnummer 23 wurde. Zu dieser Zeit war Philipp Schaeper Landrat und bewohnte die Räume im Obergeschoß des Kreisständehauses. Unabhängig zu welcher Zeit nun die vierte Bauphase zu datieren ist, entstand ein zweigeschossiger Verbindungsbau zwischen den bestehenden Gebäuden. Der Zwischenbau war als schmaler Gang mit einer Halbrotunde im Osten konzipiert, so daß er sowohl im Westen als auch im Osten hinter die bestehenden Fassaden zurücksprang. Im Äußeren wich der Stil dieses Bauteiles in seiner Fassadengestaltung von den älteren Gebäudeteilen ab. Die Gesimse verliefen nicht in Höhe der angrenzenden Gebäude. Das Erdgeschoß der Westfassade wurde durch drei große, vierbah-nige Segmentbogenfenster belichtet, während im Obergeschoß Rundbogenfenster die Fassade gliederten. Die Ostfassade bestand aus den seitlichen geraden Wandflächen und einer Halbrotunde in der Mitte, die im Obergeschoß von kleinen rund-bogigen Fenstern mit Bleiverglasung durchbrochen wurden. Vermutlich befanden sich auch in den geraden Seitenwänden Fensteröffnungen, die jetzt jedoch aufgrund der Türdurchbrüche nicht mehr erhalten sind.
Um die Verbindung zwischen den Gebäuden der ersten und dritten Bauphase herzustellen, mußte im südlichen Gebäude ein bestehendes Rundbogenfenster als Durchgang vergrößert werden. Die gleiche Öffnung brach man auch in die Südwand des nördlichen Gebäudes ein, die ursprünglich keine Fenster in diesem Bereich hatte. Damit veränderte man auch den Grundriß des angrenzenden Raumes, der nun als Durchgangsflur fungieren mußte. Im südlichen Gebäude führte der Verbindungsgang direkt in die Säulenhalle. Das Innere des Verbingungsbaues ist repräsentativ gestaltet worden; im Erdgeschoß mit Stuckdecke und mächtigen Arkadenbögen zur Halbrotunde. Der Fußboden erhielt die gleichen Fliesen wie die Säulenhalle, was für eine Entstehungszeit in den 90er Jahren, kurz nach Vollendung der Sparkasse spricht. Weiterhin liegt die Vermutung nahe, daß dieser Bau ursprünglich nur Gänge im Erd-und Obergeschoß enthielt, also kein Treppenhaus. Dies wird durch die nach innen öffnenden Fenster im Obergeschoß bestätigt, die nur von einem durchgehenden Fußboden zugänglich gewesen sein können. Auch die Abarbeitungen der Gesimse verweisen auf zusätzliche bauliche Veränderungen in diesem Bereich. So besteht die Möglichkeit, daß bauzeitlich im Obergeschoß eine Art Steinbrüstung die Rotunde abteilte oder sogar eine ähnliche Arkadenarchitektur wie im Erdgeschoß vorhanden war/ Das würde jedoch bedeuten, daß auch die reich geschnitzte und bemalte Flolzdecke nicht Teil der vierten Bauphase war. Daß das Treppenhaus nicht zu der vierten Bauphase gehört, verdeutlicht auch die Funktion der Geschosse. Da nur das Erdgeschoß zu öffentlichen Zwecken genutzt wurde und das Obergeschoß als Wohnung diente, war ein so zentraler Zugang zu diesem Zeitpunkt noch nicht notwendig.
Aufgrund der eng nacheinander erfolgten Umbauten und der fehlenden Bauakten ist eine genaue Datierung nicht möglich, da die stilistischen Unterschiede in dieser Zeit keine exakte zeitliche Fixierung zulassen. Man kann jedoch davon ausgehen, daß die baulichen Veränderungen innerhalb weniger Jahre erfolgten.
Fünte Bauphase
Die fünfte Bauphase - vermutlich um 1900 - bezieht sich auf die Verlagerung des Flaupteinganges der Westfassade vom Mittelrisaliten des nördlichen Gebäudeteiles in die Mitte des Verbindungsbaues. Dazu wurde der untere Teil des mittleren Fensters herausgebrochen. Der alte Eingang wurde geschlossen, in diesen Bereich drei rund-bogige Fenster eingesetzt und die Brüstungszonen mit Stuckfeldern versehen, so daß der frühere Eingang kaum noch zu erkennen ist. Um den Zugang zu dem neuen Haupteingang zu ermöglichen, wurde eine breite Terrasse mit einer Freitreppe vor die Westfassade des Verbindungsbaues gelegt. Fraglich ist, ob der Einbau der Treppe in die Halbrotunde gleichzeitig erfolgt ist. Dieser Umbau steht wahrscheinlich eher im Zusammenhang mit einer veränderten Nutzung des Obergeschosses. Ab einem gewissen Zeitpunkt reichten vermutlich die Büros im Erdgeschoß nicht mehr aus, und ein Teil der Verwaltungsräume wurde ins Obergeschoß verlagert. Der Landrat behielt zwar weiterhin seine Wohnung im Obergeschoß, mußte sich aber wohl mit weniger Räumen begnügen. Um einen direkten und repräsentativen Zugang nach Oben zu erhalten, wurde dann die Treppe in die Halbrotunde eingebaut.
Sechste Bauphase
Die sechste Bauphase - vermutlich um 1910 - stellt die Veränderung des Giebels über dem Westrisaliten und die Abnahme des Mitteltürmchens dar. Ob dies aufgrund von Baufälligkeit und einer Dachreparatur oder aus stilistischen Gründen erfolgte, läßt sich nicht mehr bestimmen. Das Anfang des 20. Jh. vorherrschende Bedürfnis nach mehr Sachlichkeit und Schlichtheit würde allerdings die letztere Variante begründen. Auch die Tatsache, daß das abgenommene Türmchen an der nördlichen Fassade später wiederaufgesetzt wurde, spricht gegen die These der Baufälligkeit.
Siebte Bauphase
Die siebte Bauphase beinhaltet die Verlängerung des Nordflügel um ein Drittel nach Osten sowie die Erneuerung der Hoffassade des gesamten Nordflügels, ersichtlich an der Verwendung von Ziegelsteinmauerwerk für den Sockel und anschließendem Verputz. Dabei wurde auf der Hofseite ein zusätzlicher Eingang in Form eines segmentbogigen Portals mit einer zweiflügeligen Tür geschaffen. Bei der Fassadengestaltung orientierte man sich an den vorhandenen Fassaden. Aufgrund dieser Anpassung ist eine Datierung wieder sehr schwierig. Sollte die sich im Inneren befindliche schlichte, schmale Flolztreppe gleichzeitig mit dem Gebäudeteil entstanden sein, dann ist der Anbau erst in die 30er/40er Jahre zu datieren. Die Wiederverwendung der kleinen Türmchen aus rotem Sandstein aus der ersten Bauphase im Dachbereich der neuen Nordfassade, die ursprünglich den Giebel des westlichen Mittelrisaliten und die Südostecke bekrönten, läßt aber eher auf eine frühere Zeit schließen, die in Verbindung mit der sechsten Bauphase steht, denn das langfristige Lagern abgenommener Bauteile ist eigentlich auszuschließen. Diese Verlängerung des Gebäudes steht unmittelbar im Zusammenhang mit einem gewachsenen Platzbedürfnis, das auch Ursache für die achte Bauphase ist.
Die Nutzung des Kreisständehauses war zwar Anfang des 20. Jh. unverändert geblieben, die wachsende Anzahl der Beamten und Angestellten der einzelnen Bereiche erhöhte sich jedoch laufend. Und so löste die Verlagerung der Sparkasse aus dem Gebäude die Platzprobleme nur kurzfristig. 1919 kamen zu der üblichen Nutzung noch Büros für das Versicherungsamt und das Kreiswohlfahrtsamt hinzu. Für diese könnte z. B. der Anbau am Nordflügel erfolgt sein. Dies ist jedoch nur eine Spekulation. Ab 1924 sind als Nutzer des Gebäudes nur noch das Landratsamt, die Kreis-Kommunalkasse und der Kreisausschuß belegt sowie die Wohnungen für den Landrat, den Hausmeister und weitere drei Wohnungen. Anfang der 30er Jahre prägte sich für das Gebäude Grimmeiallee 23 nur noch die Bezeichnung Landratsamt ein, das seit dieser Zeit den größten Teil der Büroräume in Anspruch nahm.
Achte Bauphase
Die achte Bauphase bezieht sich auf den Anbau des Saaltraktes im Osten an den Verbindungsbau der vierten Bauphase. Bei der Fassadengestaltung orientierte man sich an den früheren Bauphasen, so daß kaum Unterschiede sichtbar sind. Die gesamte Fassade wurde aus Ziegelsteinen gemauert, auch der Sockel, und anschließend verputzt. Zur Bereicherung der Fassade diente ein Erker im Obergeschoß, der von zwei kleinen Dachecktürmchen begrenzt wird, die in ihrer Gestaltung denen des südlichen Gebäudes der dritten Bauphase entsprechen. Dabei wurde die alte Turmspitze aus rotem Sandstein, die sich ursprünglich an der Nordostecke des südlichen Gebäudes befand, abgenommen und auf den neu gemauerten Turmstumpf auf der linken Seite des Erkers aufgesetzt. Das rechte Türmchen wurde in den gleichen Formen nachgefertigt, jedoch nur in Ziegelsteinmauerwerk ausgeführt.
Durch diesen Anbau wurde ein Großteil der Nordfassade des südlichen Gebäudeteiles verdeckt. Die ursprünglich frei liegenden Fensteröffnungen sind z. T. im Erdgeschoß des Balkonanbaus und des Obergeschosses noch erhalten. Der Anbau dieser Bauphase wurde im Süden schräg an den bestehenden Balkonvorbau herangezogen, der gleichzeitig um ein Geschoß erhöht wurde. Direkt an die Südwand des Saales wurde ein kleiner Anbau gesetzt, von dem man nun den Balkon betrat. Durch diese Veränderungen ist keine Baunaht zwischen dem neuen Teil und dem Gebäude der dritten Bauphase erkennbar. Im Inneren des Gebäudes verursachte diese Vergrößerung einige Veränderungen, die sich hauptsächlich auf den Verbindungsbau beschränken. Um den Zugang zu den neu entstandenen Räumen im Erdgeschoß zu ermöglichen, wurde in die geraden Wände seitlich der Rotunde je ein großer segment-bogiger Durchgang geschaffen. Aufgrund der zahlreichen Veränderungen in späterer Zeit ist der genaue Grundriß der neuen Räume im Erdgeschoß nicht mehr nachvollziehbar. Es handelte sich jedoch nicht um einen großen, die ganze Fläche einnehmenden Raum, wie die erhaltenen Trennwände aus dieser Bauphase beweisen. Auch im Obergeschoß wurde die alte Ostwand des Verbinungsbaues durchbrochen, in die Öffnungen setzte man zweiflügelige Holztüren ein, die ganz dem Zeitgeschmack der ausgehenden 20er Jahre entsprachen. Den größten Teil des neuen Anbaues nahm im Obergeschoß jedoch ein großer Saal ein, dessen monumentale Wirkung mit steinerner Kassettendecke, dunklen Holzpaneelen und dem Verzicht auf schnörkeliges Beiwerk nicht mehr dem Dekor des Historismus entstammen. Der Bedarf nach solch einem Saal dürfte auch der Hauptgrund für diesen Anbau gewesen sein.
Nach 1945
Nach den Luftangriffen auf Nordhausen 1945 war das Nordhäuser Landratsamt eines der wenigen Verwaltungsgebäude der Stadt, die nicht zerstört worden waren. Am 11. April 1945 diente der Bau als Kommandantur der hiesigen US-Truppen und nach deren Abzug im Juni nutzten die Sowjets das Landratsamt. Nach umfangreichen Rekonstruktionsarbeiten übernahm 1956 der Rat des Kreises Nordhausen das Gebäude.
1975 wurde an den Ostgiebel des Nordflügels ein dreigeschossiger Zweckbau errichtet, mit Garagen im Erdgeschoß und Büroräumen in den oberen Geschossen. Der Neubau wurde jedoch sehr unvorteilhaft an das alte Gebäude angefügt, man nahm z. B. nicht die bestehende Bauflucht auf. Im Inneren wurden Durchbrüche geschaffen, die den direkten Zugang zu dem Neubau ermöglichten. Aufgrund der Dreigeschossigkeit liegen jedoch die Geschosse nicht auf der gleichen Ebene.
Etwa zur gleichen Zeit wurde in den Zwickel zwischen Saalanbau und Ostfassade ein eingeschossiger Anbau gesetzt, der als Telefonzentrale diente. Durch diese Maßnahme wurde der ursprüngliche Eingang in den Treppenturm aus der ersten Bauphase zerstört. Dieser Anbau wurde bei den Sanierungsarbeiten abgerissen.
Im März 1997 begann eine grundlegende Sanierung des Landratsamtsgebäudes, deren Ziel es nicht nur war, die Büroräume den modernen Anforderungen entsprechend umzugestalten, sondern hauptsächlich das Gebäude denkmalgerecht in seinen historischen Formen wieder herzustellen, dazu gehören z. B. die Aufarbeitung der reich prorfilierten und geschnitzten Türen, der Paneele und Treppen.
Literatur
- Susanne Hinsching: Geschichte und Baugeschichte des alten Landratsamtsgebäudes in Nordhausen, Grimmelallee 23. In: Fünftes Jahrbuch des Landkreises Nordhausen (1997), Seite 180–187.
Externe Verweise
- Commons: Landratsamt (Nordhausen) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien