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Die Kirche war dem beliebten Heiligen der Slawen, dem Sankt Aegidius, geweiht. In ihr befindet sich eine alte „Pieta“, die Mutter mit dem Gekreuzigten, im Volksmund unter „Bonney-Kog“ bekannt. Diese soll nach den ältesten Kirchenbüchern am Eingang der Kirche gestanden haben und vor dem Vespergottesdienst mit dem altwendischen oder niederwendischen Gruß begrüßt worden sein. Später entfernte man sie, weil die Burschen damit Unfug trieben. Für die Windehäuser aber bürgerte sich der [[Liste der Ortsnecknamen im Landkreis Nordhausen|Spitz- bzw. Spottname]] „die Pomaiböcke“ (auch Bomey-Böcke, Pumeierein) ein. | Die Kirche war dem beliebten Heiligen der Slawen, dem Sankt Aegidius, geweiht. In ihr befindet sich eine alte „Pieta“, die Mutter mit dem Gekreuzigten, im Volksmund unter „Bonney-Kog“ bekannt. Diese soll nach den ältesten Kirchenbüchern am Eingang der Kirche gestanden haben und vor dem Vespergottesdienst mit dem altwendischen oder niederwendischen Gruß begrüßt worden sein. Später entfernte man sie, weil die Burschen damit Unfug trieben. Für die Windehäuser aber bürgerte sich der [[Liste der Ortsnecknamen im Landkreis Nordhausen|Spitz- bzw. Spottname]] „die Pomaiböcke“ (auch Bomey-Böcke, Pumeierein) ein. | ||
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Version vom 12. November 2020, 15:07 Uhr
Windehausen ist ein Dorf im Landkreis Nordhausen und gehört als Ortsteil der Landgemeinde Stadt Heringen/Helme an.
Geographie
Windehausen liegt in der Goldenen Aue etwa acht Kilometer von Nordhausen entfernt. Bereits in früheren Jahrhunderten sind die ertragreichen Obstgärten und fruchtbaren Felder bekannt. Durch die große Hauptverkehrsstraße, die nördlich des Dorfes von Nordhausen nach Halle verläuft, war der Ort bereits früh mit der Umgegend verbunden. Durch die südlichen Fluren strömt die Zorge in wildem Lauf der Helme zu. Im Winter nach der Schneeschmelze und bei Unwetter gleicht sie oft einem Strom, der Dorf und Fluren gefährdet. Da sie westlich von Windehausen frisches Quellwasser bekommt, führt sie hier auch den Namen „Kalter Graben“.
Geschichte
Windehausen ist ein Rundling. In seinem sehr wahrscheinlich ältesten Teil liegen die Höfe um einen großen Plan, der mit einem Teich oder Tümpel versehen war, dessen Wasser in einem Bach gesammelt wurde, an dem noch im vorigen Jahrhundert Erlen, Pappeln und Weiden standen. Von dem Plan führten Sackgassen nach den Feldern. Sie wurden später durchbrochen. Fast alle Häuser kehrten dem Plane die Giebelseite zu. Zwischen ihnen lagen die Hofplätze und Gärten. Die Straße schlängelte sich in S-Form durch den Ort, von einem Eingang zum zweiten, der durch ein Falltor befestigt war. Abends schützte man sich vor wilden Tieren und Räubern durch den Aufzug des Falltores. Der Rundling war mit Hecken und Gräben umgeben. Vom Plan zum Dom reichte der Anger, der bis zum vorigen Jahrhundert z. T. sumpfig war. Dom, Anger und Plan bildeten in früheren Zeiten den Mittelpunkt des dörflichen Lebens. Unter der Linde vorm Dom befand sich viele Jahre die Gemeindegaststätte und am Plan das Gemeindebackhaus. Hier wurden Frühlingsfeste, das Wildemannfest, die Herrenmahlzeit, das Johannisfest, das Kinderfest und das Bengeln gefeiert. Später wurden Ausgänge nach Osten und Westen geschaffen, die man „Steil“ nannte.
Dom, Anger und Plan wurden im letzten Jahrhundert immer mehr eingeengt und trockengelegt. 1915 entstand auf der alten Backhausstätte die sogenannte neue Schule und an der Stelle der alten Schule, gegenüber der Kirche, das Gemeindebackhaus.
Windehausen gehörte zu den ältesten Dörfern der „Aue“ und diese wiederum den Thüringern. Es wird zum ersten Mal 1158 im Nordhäuser Zehntbuch erwähnt. Nach den Kämpfen der Thüringer, Franken und Sachsen kam unsere ehemalige Heimat, der Helmegau, in fränkischen Besitz, während der Ostrand und Südrand des Harzes bis zum Sachsgraben bei Wallhausen und zur Unstrut im Süden den Sachsen überlassen wurden (nach Karl Meyer). Die Wenden dringen während der Kämpfe über die unbewachten Grenzen vor, so heißt es in einigen geschichtlichen Quellen.
Zur Zeit Karls des Großen wurde das Gebiet neu vermessen, 1/10 allen Landes als Königsgut ausgesondert. Ödländer, Sumpfgebiete, Grenzstreifen wieder zum Eigentum des Reiches erklärt. An strategisch günstigen Punkten wurden Königshöfe angelegt. So entstand der fränkische Hof Nordhausen, in dessen Nähe die Wenden zu siedeln hatten. Sie erhielten ihre Behausungen aus politischen Gründen an bestimmten Orten in der Nähe solcher Königshöfe.
Vermutlich kam es auf diese Weise zur Entstehung der beiden Dörfer Windehausen und Bielen. Beide waren ursprünglich kleine Siedlungen an offenen Gewässern. Bei Windehausen handelte es sich um die Häuser der Winden oder Wenden. Sehr bezeichnend ist dafür eine Aufzeichnung des Magisters Hesse im Kirchenbuch des 16. Jahrhunderts. Er betont, daß seine „Vormünder“ in der Gemeinde erzählt hätten, ihre Vorfahren wären von der Obrigkeit in früheren Zeiten windisch gescholten worden. Auch wendische Sprachreste waren noch gebräuchlich. Die Vorliebe für Forellenfischerei hatte sich Jahrhunderte hindurch erhalten, weshalb es um 1800 zu einem Fischereistreit mit dem Amt Heringen kam. Auch die Herstellung schöner Stoffe liebten die Wenden. Hiermit könnte man unter Umständen die vielen Leineweber und Spinnstuben im Dorfe in Zusammenhang bringen, die es bis im vorigen Jahrhundert hier gab. Um 1850 herum werden noch 12 bis 14 Leineweber in Windehausen erwähnt, die hauptsächlich im Linewebergäßchen und Ledergäßchen wohnten. Als die Fabriken in Nordhausen entstanden, schafften zwei Familien Karnstedt ihre Webstühle ab und als die Baumwolle eingeführt wurde, hörte man langsam mit dem Flachsanbau auf.
Die Kirche war dem beliebten Heiligen der Slawen, dem Sankt Aegidius, geweiht. In ihr befindet sich eine alte „Pieta“, die Mutter mit dem Gekreuzigten, im Volksmund unter „Bonney-Kog“ bekannt. Diese soll nach den ältesten Kirchenbüchern am Eingang der Kirche gestanden haben und vor dem Vespergottesdienst mit dem altwendischen oder niederwendischen Gruß begrüßt worden sein. Später entfernte man sie, weil die Burschen damit Unfug trieben. Für die Windehäuser aber bürgerte sich der Spitz- bzw. Spottname „die Pomaiböcke“ (auch Bomey-Böcke, Pumeierein) ein.