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Aktuelle Version vom 9. Oktober 2024, 15:36 Uhr

Wüstung Thiergarten bei Neustadt/Harz

Die Wüstung Thiergarten war eine mittelalterliche Siedlung im Tal am Fuße des Poppenbergs nahe der Burg Hohnstein. Ihre Geschichte ist eng mit der Burg und dem Adelsgeschlecht von Hohnstein verknüpft. Anders als ein geschlossenes Dorf erstreckte sich das Siedlungsgebiet ohne festen Kern entlang der Bäche, die vom Südhang des Poppenbergs in den Hardbach fließen. Der Ort beherbergte ursprünglich etwa 22 Gehöfte und lag im Bereich des gräflichen „Thiergartens“, in dem Wild wie Hirsch, Reh und Wildschwein für den Bedarf der Burgbewohner in Gehegen gehalten wurde.

Die Siedlung bestand vermutlich seit dem frühen 12. Jahrhundert, als die Burg Hohnstein errichtet wurde. Die Bewohner waren Vasallen der Grafen von Hohnstein, lebten jedoch auf eigenem Grund und Boden. Ihre Hauptaufgabe war die Betreuung des Wildgeheges und möglicherweise auch die Fischerei in den rund zehn Teichen, die halbkreisförmig um die Burg Hohnstein angelegt waren.

Die Zerstörung der Siedlung erfolgte 1412 im Rahmen des sogenannten „Fleglerkriegs“. Gemeinsam mit weiteren 21 Siedlungen in der Grafschaft Hohnstein-Heringen-Kelbra fiel Thiergarten den Angriffen zum Opfer. Die meisten Überlebenden flohen nach Neustadt, Osterode oder Harzungen. Einige der Familiennamen der ehemaligen Bewohner, wie Ibe, Werther, Rübesamen, Appenroth und Schäfer, sind noch heute bekannt.

Nach der Zerstörung führte die „Commune Thiergarten“ ihre Verwaltung durch eine Mitgliederversammlung und unter der Leitung eines „Schulzen“ weiter. Ähnliche Strukturen fanden sich auch bei den „Harzfeldern“ und „Günzdorfern“, die ebenfalls in ihren neuen Gemeinden eine gewisse Eigenständigkeit bewahrten. Die Rechte und Pflichten der Bewohner von Thiergarten waren in einem „Statutenbuch“ festgehalten, das unter anderem bestimmte, dass Verstöße gegen die Regeln mit Bierzahlungen sanktioniert wurden.

Mit dem Verkauf der Flur- und Waldanteile an die Grafen von Stolberg-Wernigerode und Stolberg-Stolberg im späten 18. Jahrhundert wurde die „Commune Thiergarten“ schrittweise aufgelöst. Die letzten Erwähnungen der Gemeinde finden sich um das Jahr 1830 in den Unterlagen der Gemeinde Neustadt. Heute erinnert lediglich der Flurname „Thiergarten“ an die einstige Siedlung.