Otto Reckstat: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 10. Oktober 2024, 14:34 Uhr
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Otto Reckstat (geb. 11. September 1898 auf Gut Ramberg in Ostpreußen; gest. 22. Juni 1983 in Bremen) war ein Gewerkschaftsführer, Stadtverordneter und Symbolfigur der Arbeitererhebung am 17. Juni 1953 in Nordhausen.
Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Otto Reckstat wurde als Sohn des Kutschers Wilhelm Reckstat auf dem Gut Ramberg in Ostpreußen geboren. Er besuchte die Schule in Berlin-Oberschöneweide und ging als Schiffsjunge zur Seefahrt. 1913 wurde er Berufssoldat in der Kaiserlich Deutschen Marine und diente im Ersten Weltkrieg, 1919 wurde er als Torpedooberbootsmaat entlassen. Danach war er Kabellöter beim Telegrafenbau und kam nach Sondershausen, wo er Betriebsrat wurde. 1921 heiratete er Anna Rosa Kretschmann. Aus der Ehe gingen Konrad (1922) und Herta (1927) hervor. Im Adreßbuch von Nordhausen 1934 war er am Petersberg 33 gemeldet, im Einwohnerbuch von 1937 am Bingerhof 8.
Reckstat war seit 1920 Mitglied der Gewerkschaft Deutscher Verkehrsbund, seit 1923 beim Reichsbanner und seit 1931 Mitglied der Eisernen Front. Anfang 1933 wurde er Stadtverordneter der SPD in Nordhausen, der er seit 1921 angehörte. Am 19. März 1933 nach der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ in „Schutzhaft“ genommen, entlassen und am 26. Juni 1933 erneut verhaftet, dann bis Dezember 1933 im Konzentrationslager Esterwegen III (Emsland). Der Oberbürgermeister Heinz Sting forderte Reckstat nach seiner Freilassung offiziell auf, sich nicht länger als Stadtrat zu betätigen, da dies eine „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“ darstellen würde. Danach war er erwerbslos und arbeitete später als Inspektor bei der Versicherungs-AG Deutscher Herold und später bei einer Elektrofirma, wo er 1940 die Meisterprüfung ablegte. Am 3. August 1940 wurde er zur Wehrmacht einberufen und diente bei der Kriegsmarine. 1944 geriet er in englische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1947 freikam. Seine Ehefrau verstarb 1946. Im März 1949 heiratete Reckstat Berta Bollmann (geb. 3. November 1910 in Ilfeld, gest. 12. Mai 1975 in Cuxhaven, beerdigt in Bremen).
Reckstat trat Ende der 1940er Jahre der SED bei, wurde jedoch am 3. Juli 1950 wegen „Nichtunterzeichnung zur Ächtung der Atombombe“ ausgeschlossen. Im März 1949 heiratete er erneut. Seit 1952 war er Gewerkschaftsvertrauensmann im VEB ABUS-Maschinenbau, im Juni 1953 wurde er zum Streikführer in Nordhausen gewählt und legte am 8. Juli während einer Belegschaftsversammlung einen 16-Punkte-Programm vor, das von der SED-Führung abgelehnt wurde und zu seiner Verhaftung führte.[1] Am 17. Juli berichtete die SED-Parteizeitung „Neues Deutschland“ ausführlich zum „Provokateur“ Reckstat und seinen „Taten“; Reckstat sei ein „Renegat“ und „Mann [Kurt] Schumachers“, der die Arbeiterklasse in den Dienst des „faschistischen Putsches“ stellen wollte.[2]
Das Bezirksgericht Erfurt veruteilte ihn am 28. Oktober 1953 als „imperialistischen Agenten“ wegen Kriegs- und Boykotthetze zu acht Jahren Zuchthaus sowie zu fünf Jahren Sühnemaßnahmen nach der Kontrollrats-Direktive 38. Auf Gesuch seiner in England lebenden Tochter Herta Simpson an Staatspräsident Wilhelm Pieck wurde er nach vier Jahren aus der Strafjustizvollzugsanstalt Gräfentonna vorzeitig entlassen und die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Reckstat durfte Nordhausen nicht verlassen und fand Anfang Februar 1957 eine Anstellung als Elektriker. Nachdem er seinen pflegebedürftigen Vater zu seiner Schwester nach Ost-Berlin gebracht hatte, wurde er von der Staatssicherheit verstärkt überwacht; ein Antrag auf Erteilung eines Interzonenpasses wurde abgelehnt. Als im Betrieb ein Elektromotor ausbrannte, befürchtete Reckstat, der Sabotage angeklagt zu werden und flüchtete am 30. November 1957 zusammen mit seiner Frau nach West-Berlin. Ein Jahr später folgte der Umzug nach Bremen, wo er ebenfalls als Elektriker arbeitete. Einige Jahre war er dort Vorsitzender der Betriebsgruppe der SPD. 1963 ging er in den Ruhestand. Otto Reckstat verstarb am 22. Juni 1983.
Durch Briefe seiner Tochter Herta Simpson im Jahr 1995 an den Nordhäuser SPD-Ortsvorstand wurde sein Schicksal wieder in Erinnerung gerufen.
Würdigung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
1971 erhielt Reckstat eine Ehrenurkunde für seine 50jährige Mitgliedschaft in der SPD.
Am 13. Oktober 1998 wurde die Zorgebrücke zwischen der Halleschen Straße und Barbarossastraße in Nordhausen nach ihm benannt. Der Vorschlag stammte von Kurt Wolff, der den 17. Juni 1953 als 22-jähriger miterlebte.[3] Am Brückengeländer der „Otto-Reckstat-Brücke“ wurden beidseitig zwei identische Gedenktafeln angebracht, die folgende Inschrift tragen:[4]
Otto-Reckstat-Brücke
Otto Reckstat (1898–1983), Gewerkschaftsfunktionär, Stadtverordneter der SPD bis 1933, mehrmalige Haft in der NS-Zeit, verurteilt nach dem 17. Juni 1953 zu 8 Jahren Zuchthaus. |
Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- 16-Punkte-Forderungskatalog von Otto Reckstat
- Arbeitererhebung am 17. Juni 1953 in Nordhausen
- Alfred Fanther
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Rainer Hellberg; Fritz Schmalz: Der 17. Juni 1953 in Nordhausen. Nordhausen: le Petit, 2007. ISBN 978-3-9812078-0-4
- Nordhäuser Nachrichten (1/1997). Südharzer Heimatblätter; Verlagssonderbeilage der "Thüringer Allgemeine“. Februar 1997
- Stadtarchiv Nordhausen (Hrsg.): Nordhäuser Persönlichkeiten aus elf Jahrhunderten. Horb am Neckar: Geiger, 2009. ISBN 978-3-86595-336-9
- Anna Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns: Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung, 2004. ISBN 3-89331-528-4
- Der Freiheit verpflichtet: Gedenkbuch der deutschen Sozialdemokratie im 20. Jahrhundert. Berlin: Vorwärts-Buch, [2013]. ISBN 978-3-86602-250-8
Weiterführende Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Peter Kuhlbrodt (Hrsg.): Chronik der Stadt Nordhausen: 1802 bis 1989. Horb am Neckar: Geiger, 2003. S. 453
- ↑ Rainer Hellberg; Fritz Schmalz: Der 17. Juni 1953 in Nordhausen. Nordhausen: le Petit, 2007. S. 89
- ↑ Margit Lorenz: Degradiert und eingekerkert. In: Thüringer Allgemeine Zeitung, 14. Juni 2003.
- ↑ Anna Kaminsky (Hrsg.): Orte des Erinnerns. Gedenkzeichen, Gedenkstätten und Museen zur Diktatur in SBZ und DDR. Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2004, S. 483 (Auszug bei Google Books).