Bearbeiten von „Unwetter in Nordhausen 1980

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Das '''Unwetter in Nordhausen am 14./15. Juni 1980''' gehört zu den größten Naturkatastrophen der Regionalgeschichte.
Das '''Unwetter in Nordhausen am 14./15. Juni 1980''' gehört zu den größten Naturkatastrophen in der Geschichte der Region.  


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Im Südharz ereignete sich in der Nacht vom 14. zum 15. Juni 1980 nach dem ersten Tropentag des Jahres ein großes Unwetter. Ohne vorherige wetterkundliche Anzeichen tobte am 15. Juni von 1:30 bis 3:00 Uhr ein starkes Ortsgewitter, begleitet von einem ungewöhnlichen Wirbelsturm aus Südwest.  
Im Südharz ereignete sich in der Nacht vom 14. zum 15. Juni 1980 nach dem ersten Tropentag des Jahres ein großes Unwetter. Ohne vorherige wetterkundliche Anzeichen tobte am 15. Juni von 1:30 bis 3:00 Uhr ein starkes Ortsgewitter, begleitet von einem ungewöhnlichen Wirbelsturm aus Südwest.  


Der Orkan mit Windstärke 12 beschädigte Dächer, drückte Schaufenster ein, entwurzelte Bäume, knickte Leitungsmasten. Besonders starke Verwüstungen richtete der Sturm an dem Baumbestand der Nordhäuser Naherholungsgebiete an: Etwa 60 Prozent der Bäume des [[Stadtpark]]es waren entwurzelt oder gebrochen, ganze Lichtungen riß der Sturm in die Waldungen des [[Gehege]] und des [[Park Hohenrode|Parkes Hohenrode]]. Die Nordhäuser Parkanlagen verloren damit ihr bekanntes Gesicht.
Der Orkan mit Windstärke 12 beschädigte Dächer, drückte Schaufenster ein, entwurzelten Bäume, knickte Leitungsmasten. Besonders starke Verwüstungen richtete der Sturm an dem Baumbestand der Nordhäuser Naherholungsgebiete an: Etwa 60 Prozent der Bäume des [[Stadtpark]]es waren entwurzelt oder gebrochen, ganze Lichtungen riß der Sturm in die Waldungen des [[Gehege]] und des [[Park Hohenrode|Parkes Hohenrode]]. Die Nordhäuser Parkanlagen verloren damit ihr bekanntes Gesicht.
 
Zu den Opfern des Sturmes gehörte auch die [[Bielsche Linde]], ein weithin sichtbares Naturdenkmal. Ebenso wurde die [[Wallroth-Säule]] im Gehege von umfallenden Bäumen zu Fall gebracht.
 
{{Zitat|Größtes und schwerstes Unwetter, heftiges Gewitter, Orkan, entwurzelte Bäume, besonders im Stadtpark, Hohenrode, Gehege, Hagel-Eiskörner, Durchmesser 1 Zentimeter, Verwüstungen, im Garten verkommen die Gemüse.|[[Josef Tauchmann]]<ref>[https://www.nordhausen.de/news/news_lang.php?ArtNr=7916 ''18980 Tage Wetterbeobachtung: „Kein Tag hat gefehlt!“ Josef Tauchmann übergibt Aufzeichnungen an das Stadtarchiv''], Nordhausen.de, 9. April 2008.</ref>}}


Während des zweistündigen Wolkenbruches fielen 46,5&nbsp;Liter Regen. Dies war die drittgrößte Tagesmenge der letzten 25 Jahre. Verwüstenden Charakter übte der heftige Hagelschlag aus.
Während des zweistündigen Wolkenbruches fielen 46,5&nbsp;Liter Regen. Dies war die drittgrößte Tagesmenge der letzten 25 Jahre. Verwüstenden Charakter übte der heftige Hagelschlag aus.
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Bereits in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurden Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden ergriffen. Im Einsatz waren u. a. die Feuerwehr, DLK Stadt- und Gemeindewirtschaft, die Gullys säuberten.  
Bereits in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag wurden Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden ergriffen. Im Einsatz waren u. a. die Feuerwehr, DLK Stadt- und Gemeindewirtschaft, die Gullys säuberten.  


Großer Schaden trat am Energie- und Telefonnetz durch umstürzende Bäume ein. Bis Montagmorgen hatten 12 Ortsnetze, so Urbach, Windehausen, Görsbach, Rothesütte, Buchholz, Herrmannsacker, Neustadt und Harzungen, keinen Strom. Die Arbeiter des Energie-Kombinats wurden unterstützt von den Forstleuten und zum Teil durch Kräfte aus den Betrieben. Die Forstleute aus den Kreisen Sondershausen und Wernigerode sorgen mit Sowjetsoldaten dafür, dass ab Sonntag früh 3:00&nbsp;Uhr die F 81 (Ilfeld-Netzkater-Hasselfelde) vom Windbruch geräumt wurde. Sonntag ab&nbsp;19:30 Uhr konnte die Straße mit Geschwindigkeitseinschränkungen (30&nbsp;km/h) wieder freigegeben werden.
Großer Schaden trat am Energie- und Telefonnetz durch umstürzende Bäume ein. Bis Montagmorgen hatten 12 Ortsnetze, so Urbach, Windehausen, Görsbach, Rothesütte, Buchholz, Herrmannsacker, Neustadt und Harzungen, keinen Strom. Die Arbeiter des Energie-Kombinats wurden unterstützt von den Forstleuten und zum Teil durch Kräfte aus den Betrieben. Die Forstleute aus den Kreisen Sondershausen und Wernigerode sorgen mit Sowjetsoldaten dafüpr, dass ab Sonntag früh 3:00&nbsp;Uhr die F 81 (Ilfeld-Netzkater-Hasselfelde) vom Windbruch geräumt wurde. Sonntag ab&nbsp;19:30 Uhr konnte die Straße mit Geschwindigkeitseinschränkungen (30&nbsp;km/h) wieder freigegeben werden.


Besonders wurden die Schulen auf dem Petersberg in Mitleidenschaft gezogen, ebenso landwirtschaftliche Kulturen. Die Leiter zahlreicher Großbetriebe, so IFA-Motorenwerke, NOBAS-Tabak, veranlaßten, dass im Betrieb entstandene Schäden am Sonntag behoben wurden. Einige Bürger versuchten bereits am Sonntag in Eigeninitiative ihre Schäden zu reparieren. Festgelegt wurde, Dachreparaturen größeren Ausmaßes durch die Fachabteilungen der örtlichen Räte zu erfassen, damit zielgerichtet Arbeitskräfte eingesetzt werden.
Besonders wurden die Schulen auf dem Petersberg in Mitleidenschaft gezogen, ebenso landwirtschaftliche Kulturen. Die Leiter zahlreicher Großbetriebe, so IFA-Motorenwerke, NOBAS-Tabak, veranlaßten, dass im Betrieb entstandene Schäden am Sonntag behoben wurden. Einige Bürger versuchten bereits am Sonntag in Eigeninitiative ihre zu reparieren. Festgelegt wurde, Dachreparaturen größeren Ausmaßes durch die Fachabteilungen der örtlichen Räte zu erfassen, damit zielgerichtet Arbeitskräfte eingesetzt werden.
 
Das [[Rolandsfest|13. Rolandsfest]] wurde wegen der schweren Verwüstungen abgesagt.


== Zeitzeugenberichte ==
== Zeitzeugenberichte ==
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* „… so etwas habe ich noch nicht erlebt: Nach einem schrecklich heißen Tag, man konnte auch nachts keine Abkühlung finden, gings in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit einem Wirbelsturm los, daß wir glaubten, wir würden selbst mit durch die Luft gehen. Wir sind aufgestanden, im Treppenhaus lief schon das Wasser vom Boden herab. Das hintere Verandafenster hatte der Sturm aufgedrückt, wir hatten alle Mühe, es wieder zuzumachen. - Die Kinder mußten aus ihrem Schlafzimmer ausziehen, weil das Wasser von der Decke ins Bett tropfte. Das ganze Haus stinkt nach Kalk. - Am anderen Morgen sahen wir die Bescherung: 6 schöne große Obstbäume waren mit den Wurzeln rausgedreht, Ziegeln lagen überall herum, der Garten war wie mit einer Walze bearbeitet. Es hat ja auch noch taubeneiergroße Hagelkörner gegeben. Alle Nachbarn standen auf der Straße, alle hilflos. Wie seinerzeit nach dem Angriff. Überall dasselbe Malheur. Trotzdem sind wir noch gut weggekommen: In der Stadt waren bei mehreren Geschäften die Schaufensterscheiben eingedrückt. Das Dach der Güterabfertigung fand sich in der Arnoldstraße wieder. Den Stadtpark kannst Du vergessen, und das Gehege sieht aus wie ein Schlachtfeld. Man sagte mir, daß man von unten die Gaststätten sehen könne. Straßenbahnoberleitungen zerstört, parkende Autos zertrümmert und dergl. mehr. - Wirklich, so etwas habe ich noch nicht erlebt! - Ich war bisher nur am Reinemachen, dann geht es draußen weiter. Bei uns ist wenigstens kein Mensch zu Schaden gekommen, alles andere zählt nicht so schwer. - L. ist heute morgen auf dem Dach rumgeklettert und hat einiges ausgebessert. O. und sein Schwiegervater haben die entwurzelten Bäume bearbeitet - einer lag über dem Bürgersteig, ein anderer beim Nachbar im Garten. Das sind Arbeiten, die möglichst schnell gemacht werden müssen. - Heute habe ich die Matratzen der jungen Leute gesäubert, das muß alles trocknen; z. Z. schlafen sie auf ihren Polstermöbeln … Übrigens - der 'Quirl' fährt nur bis nach Ilfeld, die ehem. Hindenburg-Allee ist nur einseitig befahrbar! … Inzwischen habe ich mit meiner Freundin telefoniert - sie sagte mir: „Wir haben kein Gehege, keinen Stadtpark, kein Hohenrode mehr.“ ''— anonymer Zeitzeugenbericht''<ref name=NN1980"/>
* „… so etwas habe ich noch nicht erlebt: Nach einem schrecklich heißen Tag, man konnte auch nachts keine Abkühlung finden, gings in der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag mit einem Wirbelsturm los, daß wir glaubten, wir würden selbst mit durch die Luft gehen. Wir sind aufgestanden, im Treppenhaus lief schon das Wasser vom Boden herab. Das hintere Verandafenster hatte der Sturm aufgedrückt, wir hatten alle Mühe, es wieder zuzumachen. - Die Kinder mußten aus ihrem Schlafzimmer ausziehen, weil das Wasser von der Decke ins Bett tropfte. Das ganze Haus stinkt nach Kalk. - Am anderen Morgen sahen wir die Bescherung: 6 schöne große Obstbäume waren mit den Wurzeln rausgedreht, Ziegeln lagen überall herum, der Garten war wie mit einer Walze bearbeitet. Es hat ja auch noch taubeneiergroße Hagelkörner gegeben. Alle Nachbarn standen auf der Straße, alle hilflos. Wie seinerzeit nach dem Angriff. Überall dasselbe Malheur. Trotzdem sind wir noch gut weggekommen: In der Stadt waren bei mehreren Geschäften die Schaufensterscheiben eingedrückt. Das Dach der Güterabfertigung fand sich in der Arnoldstraße wieder. Den Stadtpark kannst Du vergessen, und das Gehege sieht aus wie ein Schlachtfeld. Man sagte mir, daß man von unten die Gaststätten sehen könne. Straßenbahnoberleitungen zerstört, parkende Autos zertrümmert und dergl. mehr. - Wirklich, so etwas habe ich noch nicht erlebt! - Ich war bisher nur am Reinemachen, dann geht es draußen weiter. Bei uns ist wenigstens kein Mensch zu Schaden gekommen, alles andere zählt nicht so schwer. - L. ist heute morgen auf dem Dach rumgeklettert und hat einiges ausgebessert. O. und sein Schwiegervater haben die entwurzelten Bäume bearbeitet - einer lag über dem Bürgersteig, ein anderer beim Nachbar im Garten. Das sind Arbeiten, die möglichst schnell gemacht werden müssen. - Heute habe ich die Matratzen der jungen Leute gesäubert, das muß alles trocknen; z. Z. schlafen sie auf ihren Polstermöbeln … Übrigens - der 'Quirl' fährt nur bis nach Ilfeld, die ehem. Hindenburg-Allee ist nur einseitig befahrbar! … Inzwischen habe ich mit meiner Freundin telefoniert - sie sagte mir: „Wir haben kein Gehege, keinen Stadtpark, kein Hohenrode mehr.“ ''— anonymer Zeitzeugenbericht''<ref name=NN1980"/>
* „Bei uns [Rothesütte] ist eine Windhose langgezogen. Ich sage Dir, es ist unbeschreiblich, wie der Harz jetzt bei uns aussieht. Sonn­abend Nacht zu Sonntag ist es passiert. Ich dachte, bei uns kommen die Scheiben rein, das hat gedroschen und gehagelt, einfach unglaublich. Am Donnerstag, den 12. 6. war es auch schon so, nur daß jetzt der Sturm viel stärker war.<br>Sonntag früh bis abends um 18 Uhr haben die Männer von Rothesütte aufgeräumt, notdürftig und zwar in Netzkater. In Il­feld an der Papiermühle (früher Keferstein) steht nicht ein Baum mehr sondern nur noch Stumpen von 2 bis a3 m Höhe und adas lag alles auf der Straße. Genau so an der Talbraue­rei, nicht ein Baum steht noch dort. Dann ist die Windhose durch den Wald gegangen und hat in Netzkater ein paar Bäu­me auf den Nudelkater gelegt. Dann war der Strom weg und alle Kühltruhen sind abgetaut. Und von Netzkater bis Eisfelder Talmühle war die Straße zu. Bis abends um 22 Uhr haben die Feuerwehren und verschiedene andere Organisationen zu­sammen mit dem Forst die Straße erst mal einspurig freige­macht.<br>Wo die Bahnstation Tiefenbachmühle ist, da gegenüber sind die Hänge jetzt total kahl. Das sieht fürchterlich aus. Als sie die Straße notdürftig freimachten, wurden zwischen den Bäumen noch Autos und Motorräder gefunden, die von ihren Besitzern verlassen waren. Der Harz sieht aus wie ein Schlachtfeld.“ ''— anonymer Zeitzeugenbericht''<ref>''[[Nordhäuser Nachrichten. Südharzer Heimatblätter (4/1980)]]'', S. 17.</ref>
== Siehe auch ==
* [[Unwetter in Nordhausen 1910]]


== Literatur ==
== Literatur ==
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