Bearbeiten von „Nordhausen im Dreißigjährigen Kriege“
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|VORIGER=Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Nordhausens im Zeitalter der Reformation und der Religionskriege | |VORIGER=Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Nordhausens im Zeitalter der Reformation und der Religionskriege | ||
|NÄCHSTER= | |NÄCHSTER=Nordhausen im Dreißigjährigen Krieg | ||
|AUTOR=[[Hans Silberborth]] | |AUTOR=[[Hans Silberborth]] | ||
|TITEL=Nordhausen im Dreißigjährigen Kriege | |TITEL=Nordhausen im Dreißigjährigen Kriege | ||
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Dem Katholizismus hatte die Reformation ein böses Erwachen aus angenehmem | |||
Traum gebracht. Eine rechte Verstörung war zunächst über ihn gekommen | Traum gebracht. Eine rechte Verstörung war zunächst über ihn gekommen | ||
und ein hilfloses Staunen, als sich sogar treue Anhänger wie Heinrich VIII. von | und ein hilfloses Staunen, als sich sogar treue Anhänger wie Heinrich VIII. von | ||
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versuchte ihr Herr, der katholische Kaiser, einen Druck auf sie auszuüben, | versuchte ihr Herr, der katholische Kaiser, einen Druck auf sie auszuüben, | ||
um die Widerspenstigen zu zähmen. Mehrfach waren ihnen ihre Privilegien nicht | um die Widerspenstigen zu zähmen. Mehrfach waren ihnen ihre Privilegien nicht | ||
bestätigt worden, wodurch z. B. 1614 die drei Städte in der Ortenau, Offenburg, | bestätigt worden, wodurch z.B. 1614 die drei Städte in der Ortenau, Offenburg, | ||
Gegenbach und Zell, in arge Bedrängnis kamen. Die Reichsstädte traten deshalb | Gegenbach und Zell, in arge Bedrängnis kamen. Die Reichsstädte traten deshalb | ||
in Ulm zur Beratung zusammen. Doch was halfen Beratungen, wenn keine | in Ulm zur Beratung zusammen. Doch was halfen Beratungen, wenn keine | ||
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Auftrage durch einen Münzmeister, an den die Stadt die Münze verpachtete und | Auftrage durch einen Münzmeister, an den die Stadt die Münze verpachtete und | ||
der für diese Gerechtsame nicht unbedeutende Pachtsummen abführen mußte, | der für diese Gerechtsame nicht unbedeutende Pachtsummen abführen mußte, | ||
1615 z. B. 325 Gulden. Feingehalt und Gewicht der Münzen wurden dem Münzer | 1615 z.B. 325 Gulden. Feingehalt und Gewicht der Münzen wurden dem Münzer | ||
vorgeschrieben; 8 Taler sollten 15 Loth 3 Gramm wiegen. Ein Ratsherr führte im | vorgeschrieben; 8 Taler sollten 15 Loth 3 Gramm wiegen. Ein Ratsherr führte im | ||
Auftrage der Stadt über die Münze die Aufsicht und war für die einwandfreie | Auftrage der Stadt über die Münze die Aufsicht und war für die einwandfreie | ||
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seine Pachtsumme herauszuschlagen beabsichtigte. Noch schlimmer wurde | seine Pachtsumme herauszuschlagen beabsichtigte. Noch schlimmer wurde | ||
eigentlich der Betrug durch das heuchlerische Versprechen, das man sich von | eigentlich der Betrug durch das heuchlerische Versprechen, das man sich von | ||
Peckenstein geben ließ, seine Schreckenberger | Peckenstein geben ließ, seine Schreckenberger - 5 Schreckenberger sind gleich | ||
1 Gulden | 1 Gulden - und seine Groschen sollten den magdeburgischen, goslarschen, | ||
braunschweigischen, lüneburgischen und denen aller niedersächsischen Reichsstände | braunschweigischen, lüneburgischen und denen aller niedersächsischen Reichsstände | ||
gleich sein. Damit versuchte man sich nur dem Kreise gegenüber zu | gleich sein. Damit versuchte man sich nur dem Kreise gegenüber zu | ||
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gefaßt werden sollte. Auch Nordhausen war bei der Wichtigkeit der | gefaßt werden sollte. Auch Nordhausen war bei der Wichtigkeit der | ||
Tagung hier in Leipzig vertreten; die Bürgermeister Johann Wilde und Andreas | Tagung hier in Leipzig vertreten; die Bürgermeister Johann Wilde und Andreas | ||
Emst sowie der Syndikus Paul Michaelis nahmen an dem Konvente teil. Doch | |||
konnte man sich zu keiner Tat aufraffen. Man bat in einem Schriftstücke den | konnte man sich zu keiner Tat aufraffen. Man bat in einem Schriftstücke den | ||
Kaiser nur um Aufhebung des Edikts und Zurückziehung der Truppen aus | Kaiser nur um Aufhebung des Edikts und Zurückziehung der Truppen aus | ||
Zeile 693: | Zeile 693: | ||
Diese Verpflegungssätze sind noch recht anspruchslos gegenüber anderen in | Diese Verpflegungssätze sind noch recht anspruchslos gegenüber anderen in | ||
jener Zeit üblichen. So begehrte z. B. im Jahre 1627 der schon oben erwähnte | jener Zeit üblichen. So begehrte z.B. im Jahre 1627 der schon oben erwähnte | ||
Christian von Vizthum wöchentlich für seine Küche 1 Korb Rosinen, große und | Christian von Vizthum wöchentlich für seine Küche 1 Korb Rosinen, große und | ||
kleine, 2 Hüte besten Zuckers, 6 Pfund Mandeln, 2 Pfund Ingber, 1 Pfund Pfeffer, | kleine, 2 Hüte besten Zuckers, 6 Pfund Mandeln, 2 Pfund Ingber, 1 Pfund Pfeffer, | ||
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und scharfe Getränke und Würzweine herzustellen. Dazu für den verwöhnten | und scharfe Getränke und Würzweine herzustellen. Dazu für den verwöhnten | ||
Gaumen: 1 Fäßchen eingemachten Ingber, ½ geräucherten Lachs, ½ grünen | Gaumen: 1 Fäßchen eingemachten Ingber, ½ geräucherten Lachs, ½ grünen | ||
Lachs, 20 Pfund Stockfische – diese wahrscheinlich für das Gefolge –, 8 Pfund geräucherten Aal, 6 Pfund dürre Forellen | Lachs, 20 Pfund Stockfische – diese wahrscheinlich für das Gefolge –, 8 Pfund geräucherten Aal, 6 Pfund dürre Forellen - wir nehmen an für den Herrn | ||
Oberstleutnant selbst –, ¼ Zentner Ungarische Pflaumen, 5 Pfund Rieß, 4 Pfund | Oberstleutnant selbst –, ¼ Zentner Ungarische Pflaumen, 5 Pfund Rieß, 4 Pfund | ||
Hirse nebst der nötigen Milch, 60 Pfund Butter und 4 Schock Käse, ½ wohlgemästetes | Hirse nebst der nötigen Milch, 60 Pfund Butter und 4 Schock Käse, ½ wohlgemästetes | ||
Rind, 3 Kälber, 4 Lämmer, 8 Hühner, soviel grüne Fische, als man | Rind, 3 Kälber, 4 Lämmer, 8 Hühner, soviel grüne Fische, als man | ||
wöchentlich bedarf | wöchentlich bedarf - ein ansehnlicher Appetit, den der Herr Oberstleutnant und | ||
sein Gefolge entwickelten | sein Gefolge entwickelten -, 2 Faß Bier, 1 Faß Broihan, 1 Eimer besten | ||
rheinischen Weins | rheinischen Weins - was wir für die durstige Kehle der Soldaten nicht zu viel | ||
finden | finden -, 1 Stein (20 Pfund) Lichte - unbedingt nötig beim nächtlichen Pokulieren | ||
-, 1 Scheffel Salz, 12 Scheffel Hafer jeden Tag für 24 Pferde, Heu und Stroh, | |||
soviel von nöten, 1 Maß Kirschmus und 1 Maß Pflaumenmus, 2 Schock Äpfel, | soviel von nöten, 1 Maß Kirschmus und 1 Maß Pflaumenmus, 2 Schock Äpfel, | ||
große und kleine Nüsse, weißes und schwarzes Brot, soviel die Woche daraufgeht.<ref>Zeitfuchs, a. a. O. 273.</ref> | große und kleine Nüsse, weißes und schwarzes Brot, soviel die Woche daraufgeht.<ref>Zeitfuchs, a. a. O. 273.</ref> | ||
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Die 33 Positionen aber, die Nordhausen im Dezember 1641 in die Küche des | Die 33 Positionen aber, die Nordhausen im Dezember 1641 in die Küche des | ||
Erzherzogs Wilhelm Leopold von Österreich in Frankenhausen zu liefern hatte, | Erzherzogs Wilhelm Leopold von Österreich in Frankenhausen zu liefern hatte, | ||
- wir nehmen als gewiß an, daß andere Ortschaften ähnlich an den Lieferungen | |||
beteiligt waren | beteiligt waren - können war hier nicht einzeln aufführen und erwähnen nur, daß | ||
50 Pfund Lachs, 60 Karpfen, 46 Hennen, 370 Pfund Rindfleisch und 20 Pfund | 50 Pfund Lachs, 60 Karpfen, 46 Hennen, 370 Pfund Rindfleisch und 20 Pfund | ||
Kalbfleisch unter den in 10 Tagen verbrauchten Lebensmitteln waren. | Kalbfleisch unter den in 10 Tagen verbrauchten Lebensmitteln waren. | ||
Zeile 851: | Zeile 851: | ||
Bevölkerung herausgepreßt, sondern die Stadt mußte auch noch für die 3 | Bevölkerung herausgepreßt, sondern die Stadt mußte auch noch für die 3 | ||
Regimenter, die zu dauerndem Aufenthalt für Nordhausen bestimmt waren, | Regimenter, die zu dauerndem Aufenthalt für Nordhausen bestimmt waren, | ||
wöchentlich 2500 Taler aufbringen, | wöchentlich 2500 Taler aufbringen, - wohlgemerkt bei einem Steueraufkommen | ||
von 12000 Taler jährlich in ruhigen Zeiten! Natürlich war die städtische | von 12000 Taler jährlich in ruhigen Zeiten! Natürlich war die städtische | ||
Kämmerei sehr bald völlig am Ende angelangt, und Sonderumlagen mußten | Kämmerei sehr bald völlig am Ende angelangt, und Sonderumlagen mußten | ||
Zeile 879: | Zeile 879: | ||
Generalfeldmarschall von Götze, mehr als 30000 Mann, von der Weser heran | Generalfeldmarschall von Götze, mehr als 30000 Mann, von der Weser heran | ||
und hauste beim Durchmärsche fürchterlich. Die Bewohner der Umgebung waren | und hauste beim Durchmärsche fürchterlich. Die Bewohner der Umgebung waren | ||
z. T. vor ihr in die Stadt geflüchtet; selbst die Regierung der Grafschaft Honstein, | z.T. vor ihr in die Stadt geflüchtet; selbst die Regierung der Grafschaft Honstein, | ||
die schon im Jahre 1633 zeitweilig ihre Geschäftsräume in Nordhausen bezogen | die schon im Jahre 1633 zeitweilig ihre Geschäftsräume in Nordhausen bezogen | ||
hatte, verlegte ihren Sitz wieder in die Stadt. Die Einwohnerzahl war also fast | hatte, verlegte ihren Sitz wieder in die Stadt. Die Einwohnerzahl war also fast | ||
Zeile 1.023: | Zeile 1.023: | ||
Daß trotz dieser Wendung zum Besseren im Jahre 1641 die Rotleimmühle | Daß trotz dieser Wendung zum Besseren im Jahre 1641 die Rotleimmühle | ||
ausgeplündert wurde, daß die Stadt noch erhebliche Zahlungen leisten mußte, | ausgeplündert wurde, daß die Stadt noch erhebliche Zahlungen leisten mußte, | ||
z. B. für die Küche des Erzherzogs Leopold Wilhelm nach Frankenhausen hin, daß auch das unruhige Hin und Her der sich bekämpfenden Heere nicht ganz | z.B. für die Küche des Erzherzogs Leopold Wilhelm nach Frankenhausen hin, daß auch das unruhige Hin und Her der sich bekämpfenden Heere nicht ganz | ||
aufhörte und mehrfach die Kaiserlichen die Schweden in der Herrschaft über die | aufhörte und mehrfach die Kaiserlichen die Schweden in der Herrschaft über die | ||
Stadt ablösten, konnte nicht ausbleiben. Noch war der Friede nicht geschlossen; | Stadt ablösten, konnte nicht ausbleiben. Noch war der Friede nicht geschlossen; | ||
Zeile 1.032: | Zeile 1.032: | ||
schwedische General Königsmarck, der den Oberbefehl in den Harzgegenden | schwedische General Königsmarck, der den Oberbefehl in den Harzgegenden | ||
führte, für Nordhausen getan. Freilich, wenn die Stadt die auf sie fallenden | führte, für Nordhausen getan. Freilich, wenn die Stadt die auf sie fallenden | ||
Kontributionen nicht zahlte, griff er scharf durch, wie z. B. 1644 ein Restbetrag | Kontributionen nicht zahlte, griff er scharf durch, wie z.B. 1644 ein Restbetrag | ||
von 2000 Talern, welche die Stadt schuldig geblieben war, ohne weiteres durch | von 2000 Talern, welche die Stadt schuldig geblieben war, ohne weiteres durch | ||
Exekution eingezogen wurde. Doch gab er in demselben Jahre dem Obersten | Exekution eingezogen wurde. Doch gab er in demselben Jahre dem Obersten | ||
Zeile 1.058: | Zeile 1.058: | ||
Not der Bevölkerung in jenen Tagen zu geben, mögen hier ein paar Zeilen aus | Not der Bevölkerung in jenen Tagen zu geben, mögen hier ein paar Zeilen aus | ||
der Stoibergischen Chronik des Zeitfuchs in unserer heutigen Sprache stehen: | der Stoibergischen Chronik des Zeitfuchs in unserer heutigen Sprache stehen: | ||
„Die Nordhäusischen streifenden Parteien | „Die Nordhäusischen streifenden Parteien - nämlich die in Nordhausen einquartierten | ||
Schweden | Schweden - plünderten in Neustadt am 13. Februar 1647. Das gleiche | ||
Schicksal schien Stolberg bevorzustehen, doch die Streifschar wurde am folgenden | Schicksal schien Stolberg bevorzustehen, doch die Streifschar wurde am folgenden | ||
Tage mit blutigen Köpfen abgewiesen, obwohl von den Einwohnern nicht | Tage mit blutigen Köpfen abgewiesen, obwohl von den Einwohnern nicht | ||
Zeile 1.102: | Zeile 1.102: | ||
Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens überwunden war, daß der Landesfürst | Grundsatz des Augsburger Religionsfriedens überwunden war, daß der Landesfürst | ||
den Glauben der Untertanen bestimmte. Mit kleinen Einschränkungen war | den Glauben der Untertanen bestimmte. Mit kleinen Einschränkungen war | ||
- wenigstens auf dem Papiere - fortan jedem Deutschen Religionsfreiheit | |||
gewährt. | gewährt. | ||
Zeile 1.124: | Zeile 1.124: | ||
auch dieser machte sich Hoffnungen auf die Reichsstadt. Zu diesen beiden | auch dieser machte sich Hoffnungen auf die Reichsstadt. Zu diesen beiden | ||
Bewerbern kam jetzt das landhungrige und ehrgeizige Brandenburg als Dritter. | Bewerbern kam jetzt das landhungrige und ehrgeizige Brandenburg als Dritter. | ||
- Die freireichsstädtische Sonne, die schon lange ihren Höhepunkt überschritten | |||
hatte, leuchtete nur noch matt am Abendhimmel. | hatte, leuchtete nur noch matt am Abendhimmel. | ||