Bearbeiten von „Nordhäuser Polizeistrafen im 18. Jahrhundert

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Immer tritt das Bestreben des Rates hervor, möglichst keine Bewohner in Nordhausens Mauern zu dulden, die so arm waren, daß sie keinen Gmnderwerb tätigen konnten, oder so zurückgekommen waren, daß sie ihr Häuschen nicht mehr halten konnten und der Stadt zur Last fielen. Ein wachsames Auge hatte deshalb die Polizei auf Hausverkäufe, bei denen offenbar die Besitzer, vielleicht durch eigene Schuld, soweit heruntergekommen waren, daß sie ihr Besitztum veräußern mußten. Solchen Bürgern wurde regelmäßig eröffnet, sie müßten sich „binnen Jahr und Tag“ wieder angekauft haben, andernfalls sie die Stadt zu räumen hätten. In schwierigen Fällen verlangte man den Neuerwerb sogar binnen einem halben Jahr. Auch sonst achtete die Polizei darauf, daß jeder Untertan seinen bürgerlichen Verpflichtungen gewissenhaft nachkam. So konnte z. B. jeder taugliche Bürger zum Spritzendienst und zu Uebungen an den Spritzengeräten herangezogen werden. Mehrfaches un- entschuldigtes Fehlen zog Geldstrafen nach sich. Eine weitere allgemeine Bürgerpflicht war es, jedes Jahr Anfang Januar, wenn das alte Stadtregiment abtrat und das neue seine Regierung begann, diesem auf dem Markt den Huldigungseid zu leisten. Dabei mußte jeder Bürger anwesend sein. Unentschuldig- tes Fehlen wurde mit 1 Taler bestraft. Diese Strafe findet sich deshalb jedes Jahr nach dem Heiligen-Drei-Königstage, an dem der Rat wechselte, immer wieder in den Akten. Ist schon hieran zu erkennen, daß der Rat gewillt war, nicht bloß die Rechte des Bürgers auf Kontrolle der Stadtverwaltung zu achten, sondern ihm auch seine Pflichten gegenüber dem Staate und der Obrigkeit zu Gemüte zu führen, so geht das noch viel mehr hervor aus den Ahndungen wegen offenbarer '''Verletzung der staatlichen Autorität'''.
Immer tritt das Bestreben des Rates hervor, möglichst keine Bewohner in Nordhausens Mauern zu dulden, die so arm waren, daß sie keinen Gmnderwerb tätigen konnten, oder so zurückgekommen waren, daß sie ihr Häuschen nicht mehr halten konnten und der Stadt zur Last fielen. Ein wachsames Auge hatte deshalb die Polizei auf Hausverkäufe, bei denen offenbar die Besitzer, vielleicht durch eigene Schuld, soweit heruntergekommen waren, daß sie ihr Besitztum veräußern mußten. Solchen Bürgern wurde regelmäßig eröffnet, sie müßten sich „binnen Jahr und Tag“ wieder angekauft haben, andernfalls sie die Stadt zu räumen hätten. In schwierigen Fällen verlangte man den Neuerwerb sogar binnen einem halben Jahr. Auch sonst achtete die Polizei darauf, daß jeder Untertan seinen bürgerlichen Verpflichtungen gewissenhaft nachkam. So konnte z. B. jeder taugliche Bürger zum Spritzendienst und zu Uebungen an den Spritzengeräten herangezogen werden. Mehrfaches un- entschuldigtes Fehlen zog Geldstrafen nach sich. Eine weitere allgemeine Bürgerpflicht war es, jedes Jahr Anfang Januar, wenn das alte Stadtregiment abtrat und das neue seine Regierung begann, diesem auf dem Markt den Huldigungseid zu leisten. Dabei mußte jeder Bürger anwesend sein. Unentschuldig- tes Fehlen wurde mit 1 Taler bestraft. Diese Strafe findet sich deshalb jedes Jahr nach dem Heiligen-Drei-Königstage, an dem der Rat wechselte, immer wieder in den Akten. Ist schon hieran zu erkennen, daß der Rat gewillt war, nicht bloß die Rechte des Bürgers auf Kontrolle der Stadtverwaltung zu achten, sondern ihm auch seine Pflichten gegenüber dem Staate und der Obrigkeit zu Gemüte zu führen, so geht das noch viel mehr hervor aus den Ahndungen wegen offenbarer '''Verletzung der staatlichen Autorität'''.


Die Reichshandwerkerordnung, die auch für Nordhausen galt, regelte u. a. den Verkehr zwischen Behörde und Innung und sprach dem Rate ein Aufsichtsrecht über die Innung zu. Demgemäß durfte ein amtlicher Brief, der an die Zunftmeister gelangte, nur mit Wissen des Magistrats geöffnet werden; im Uebertretungsfalle sah die Reichsordnung 20 Taler Strafe vor. Mehrfach versuchten nun die Obermeister der Innungen, um dem Rate keinen Einblick in Zunftangelegenheiten zu gewähren, diese Vorschriften zu umgehen. Sie mußten diese Mißachtung der Behörde jedesmal mit 5 Talern büßen. Die von der Reichsordnung verfügten 20 Taler wurden zwar immer angedroht, aber nie verhängt. Ließ sich der Rat auf der einen Seite das Aufsichtsrecht über die Innung nicht nehmen, so gewährte er ihren Einrichtungen auf der anderen Seite aber auch Schutz. So wurde in eine Strafe von 2 Talern genommen, wer dem von der Innung selbstgewählten Obermeister den gehörigen Respekt versagte. Ebenso mußten die Gesellen unter sich und ihren Meistern gegenüber die vorgeschriebene Zucht und Ordnung beachten. So mußte z. B. das Amt des Altgesellen alle 4 Wochen wechseln, damit ein Geselle nicht zu mächtig wurde. Uebergab der amtierende Altgeselle nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig seine Würde, so hatte er die hohe Strafe von 5 Talern zu entrichten. Ein Sattlergeselle aus Heilbronn, der im Jahre 1787 in seiner Innung Unruhen angestiftet hatte, wurde mit 2 Talern gebüßt.
Die Reichshandwerkerordnung, die auch für Nordhausen galt, regelte u.a. den Verkehr zwischen Behörde und Innung und sprach dem Rate ein Aufsichtsrecht über die Innung zu. Demgemäß durfte ein amtlicher Brief, der an die Zunftmeister gelangte, nur mit Wissen des Magistrats geöffnet werden; im Uebertretungsfalle sah die Reichsordnung 20 Taler Strafe vor. Mehrfach versuchten nun die Obermeister der Innungen, um dem Rate keinen Einblick in Zunftangelegenheiten zu gewähren, diese Vorschriften zu umgehen. Sie mußten diese Mißachtung der Behörde jedesmal mit 5 Talern büßen. Die von der Reichsordnung verfügten 20 Taler wurden zwar immer angedroht, aber nie verhängt. Ließ sich der Rat auf der einen Seite das Aufsichtsrecht über die Innung nicht nehmen, so gewährte er ihren Einrichtungen auf der anderen Seite aber auch Schutz. So wurde in eine Strafe von 2 Talern genommen, wer dem von der Innung selbstgewählten Obermeister den gehörigen Respekt versagte. Ebenso mußten die Gesellen unter sich und ihren Meistern gegenüber die vorgeschriebene Zucht und Ordnung beachten. So mußte z. B. das Amt des Altgesellen alle 4 Wochen wechseln, damit ein Geselle nicht zu mächtig wurde. Uebergab der amtierende Altgeselle nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig seine Würde, so hatte er die hohe Strafe von 5 Talern zu entrichten. Ein Sattlergeselle aus Heilbronn, der im Jahre 1787 in seiner Innung Unruhen angestiftet hatte, wurde mit 2 Talern gebüßt.


Schließlich verlangten die städtischen Behörden auch noch unbedingtes '''Wohlverhalten gegen den Rat selbst''', der ja für die Freie Reichsstadt Nordhausen, wie jeder andere Reichsstand für sein Land auch, souverän war. Gegen Uebertretungen solcher Art war der Rat immer ganz besonders empfindlich, weil er sie als Verletzung der Hoheitsrechte betrachtete. Bei allen Gerichts- und Polizeistrafen in Nordhausen tritt ein Zug immer wieder hervor, daß man nämlich gegen die meisten Vergehen im allgemeinen milder vorging, als es sonst üblich war. Die Urteile, die man von den Juristenfakultäten oder auswärtigen Schöppenstühlen einholte, wurden häufig vom Rate gemildert, und daß auch bei den Polizeistrafen der Rat gern gegenüber der eigentlich festgesetzten Ordnung etwas nachließ, haben wir bei der Verhandlung der Reichskonkordatsordnung in Nordhausen gesehen. Vergingen sich aber Bürger oder Bürgerinnen gegen den Rat oder kritisierten sie seine Verfügungen und Entschlüsse, so traf sie in jener Zeit des 18. Jahrhunderts, wo es allmählich mit der Reichsffeiheit zu Ende ging und man deshalb gerade bestrebt war, sie und ihre Rechte bis aufs äußerste zu verteidigen, jedesmal schwerster Groll der beleidigten Obrigkeit und harte Strafe. Meistens erschienen dem Rate solche Verletzungen des Untertanengehorsams und der Ehrerbietung, die der Bürger der von ihm ja selbst gesetzten Behörde schuldig war, so schwer, daß Polizeistrafen nicht genügten und die ordentlichen Gerichte sich mit dem Verschulden beschäftigen mußten. Deshalb treffen wir unter den Polizeiakten selten auf die Bestrafung derartiger Vergehen. Sie kommen aber immerhin vor. So mußte ein Zimmermann, der seine Zunge nicht hatte im Zaume halten können und dem außerdem nachgewiesen worden war, daß er im Dome gebraut hatte, 10 Taler Strafe zahlen. Die Bäckerin Schönemann, die im Juni 1766 die Arbeitsleistung des hohen Rats durch die Aeußerung zu kritisieren gewagt hatte, die Magistratsarbeit erschöpfe sich darin, Fleischer und Bäcker, Jrerumzuschieren“, wurde ebenfalls in 10 Taler Strafe genommen, und ihrer jüngeren Schwester, die sich einem Ratsbeschlusse widersetzt hatte, wurden 5 Taler Strafe oder 3 Tage Haft auf erlegt.
Schließlich verlangten die städtischen Behörden auch noch unbedingtes '''Wohlverhalten gegen den Rat selbst''', der ja für die Freie Reichsstadt Nordhausen, wie jeder andere Reichsstand für sein Land auch, souverän war. Gegen Uebertretungen solcher Art war der Rat immer ganz besonders empfindlich, weil er sie als Verletzung der Hoheitsrechte betrachtete. Bei allen Gerichts- und Polizeistrafen in Nordhausen tritt ein Zug immer wieder hervor, daß man nämlich gegen die meisten Vergehen im allgemeinen milder vorging, als es sonst üblich war. Die Urteile, die man von den Juristenfakultäten oder auswärtigen Schöppenstühlen einholte, wurden häufig vom Rate gemildert, und daß auch bei den Polizeistrafen der Rat gern gegenüber der eigentlich festgesetzten Ordnung etwas nachließ, haben wir bei der Verhandlung der Reichskonkordatsordnung in Nordhausen gesehen. Vergingen sich aber Bürger oder Bürgerinnen gegen den Rat oder kritisierten sie seine Verfügungen und Entschlüsse, so traf sie in jener Zeit des 18. Jahrhunderts, wo es allmählich mit der Reichsffeiheit zu Ende ging und man deshalb gerade bestrebt war, sie und ihre Rechte bis aufs äußerste zu verteidigen, jedesmal schwerster Groll der beleidigten Obrigkeit und harte Strafe. Meistens erschienen dem Rate solche Verletzungen des Untertanengehorsams und der Ehrerbietung, die der Bürger der von ihm ja selbst gesetzten Behörde schuldig war, so schwer, daß Polizeistrafen nicht genügten und die ordentlichen Gerichte sich mit dem Verschulden beschäftigen mußten. Deshalb treffen wir unter den Polizeiakten selten auf die Bestrafung derartiger Vergehen. Sie kommen aber immerhin vor. So mußte ein Zimmermann, der seine Zunge nicht hatte im Zaume halten können und dem außerdem nachgewiesen worden war, daß er im Dome gebraut hatte, 10 Taler Strafe zahlen. Die Bäckerin Schönemann, die im Juni 1766 die Arbeitsleistung des hohen Rats durch die Aeußerung zu kritisieren gewagt hatte, die Magistratsarbeit erschöpfe sich darin, Fleischer und Bäcker, Jrerumzuschieren“, wurde ebenfalls in 10 Taler Strafe genommen, und ihrer jüngeren Schwester, die sich einem Ratsbeschlusse widersetzt hatte, wurden 5 Taler Strafe oder 3 Tage Haft auf erlegt.


Wie bei den meisten anderen Verhältnissen, so blieb auch im Polizeiwesen bis zum Jahre 1802, bis zum Verluste der Reichsfreiheit, in Nordhausen im wesentlichen alles beim alten. Mit der Besitzergreifung durch Preußen, mit der Einführung des allgemeinen Landrechtes, mit der neuen Zusammensetzung der städtischen Körperschaften fand auch eine '''Umgestaltung des Polizeiwesens''' statt. Nach der westfälischen Zeit war Nordhausen eine Kreisstadt und stand unter dem Landrat. Die Polizeigewalt wurde nur indirekt durch den Magistrat gehandhabt. Daher kommt es auch, daß in dem Dreijahresetat von 1833 bis 1840 nur 10 Taler, in dem von 1845 bis 1847 gar nur 5 Taler für polizeiliche Zwecke bei einem Gesamtausgabenetat von rund 21 000 Talem vorgesehen sind. Das änderte sich erst mit dem 1. April 1882, wo die Stadt aus dem Landkreis herausgenommen wurde und fortan einen eigenen Stadtkreis bildete. Nunmehr übernahmen der Magistrat und die ihm unterstellten polizeilichen Organe wiederum wichtigste Aufgaben.
Wie bei den meisten anderen Verhältnissen, so blieb auch im Polizeiwesen bis zum Jahre 1802, bis zum Verluste der Reichsfreiheit, in Nordhausen im wesentlichen alles beim alten. Mit der Besitzergreifung durch Preußen, mit der Einführung des allgemeinen Landrechtes, mit der neuen Zusammensetzung der städtischen Körperschaften fand auch eine '''Umgestaltung des Polizeiwesens''' statt. Nach der westfälischen Zeit war Nordhausen eine Kreisstadt und stand unter dem Landrat. Die Polizeigewalt wurde nur indirekt durch den Magistrat gehandhabt. Daher kommt es auch, daß in dem Dreijahresetat von 1833 bis 1840 nur 10 Taler, in dem von 1845 bis 1847 gar nur 5 Taler für polizeiliche Zwecke bei einem Gesamtausgabenetat von rund 21 000 Talem vorgesehen sind. Das änderte sich erst mit dem 1. April 1882, wo die Stadt aus dem Landkreis herausgenommen wurde und fortan einen eigenen Stadtkreis bildete. Nunmehr übernahmen der Magistrat und die ihm unterstellten polizeilichen Organe wiederum wichtigste Aufgaben.
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