Bearbeiten von „Michael Neander als Schriftsteller (1525–1595)

Aus NordhausenWiki
Sie sind nicht angemeldet. Ihre IP-Adresse wird bei Bearbeitungen öffentlich sichtbar.
Wenn Sie ein Konto erstellen oder sich anmelden, bleibt die IP-Adresse verborgen.

Die Bearbeitung kann rückgängig gemacht werden. Bitte prüfe den Vergleich unten, um sicherzustellen, dass du dies tun möchtest, und veröffentliche dann unten deine Änderungen, um die Bearbeitung rückgängig zu machen.

Aktuelle Version Dein Text
Zeile 4: Zeile 4:
|NÄCHSTER=Nordhausen um 1790
|NÄCHSTER=Nordhausen um 1790
|AUTOR=[[Hermann Heineck]]
|AUTOR=[[Hermann Heineck]]
|TITEL=Michael Neander als Schriftsteller (1525–1595)
|TITEL=Nordhausen, die tausendjährige Stadt am Harz
|SUBTITEL=
|SUBTITEL=
|HERKUNFT=[[Das tausendjährige Nordhausen in Geschichte und Sage in Roman und Dichtung]] ; Pflüger – Thüringer Heimatblätter (Heft 5, 1927)
|HERKUNFT=[[Das tausendjährige Nordhausen in Geschichte und Sage in Roman und Dichtung]] ; Pflüger – Thüringer Heimatblätte (Heft 5, 1927)
|HERAUSGEBER=Bernhard Klett
|HERAUSGEBER=Bernhard Klett
|AUFLAGE=
|AUFLAGE=
Zeile 42: Zeile 42:
Wenn Neander besonders für den Unterricht im Griechischen passende Schulbücher haben will, muß er sie selbst schreiben, und er macht sich sogleich an die Arbeit. Erst sind es einfache Texte, die er den Schülern in die Hand gibt. In den folgenden Auflagen seiner Schulbücher gibt er zum griechischen Text lateinische Uebersetzung und kurze sachliche oder grammatische Erklärungen, dis sich im Unterricht als notwendig herausgestellt haben. Dabei sind die Texte weniger vollständige Schriftstellerausgaben, als Anthologien — Neander bevorzugt den Ausdruck Aristologien, „Auswahl des Besten“. — Sie sind einmal in der Absicht zusammengestellt, die Sprache praktisch einzuüben, anderseits wollen sie dem Schüler allerlei nützliche Kenntnisse Mitteilen.
Wenn Neander besonders für den Unterricht im Griechischen passende Schulbücher haben will, muß er sie selbst schreiben, und er macht sich sogleich an die Arbeit. Erst sind es einfache Texte, die er den Schülern in die Hand gibt. In den folgenden Auflagen seiner Schulbücher gibt er zum griechischen Text lateinische Uebersetzung und kurze sachliche oder grammatische Erklärungen, dis sich im Unterricht als notwendig herausgestellt haben. Dabei sind die Texte weniger vollständige Schriftstellerausgaben, als Anthologien — Neander bevorzugt den Ausdruck Aristologien, „Auswahl des Besten“. — Sie sind einmal in der Absicht zusammengestellt, die Sprache praktisch einzuüben, anderseits wollen sie dem Schüler allerlei nützliche Kenntnisse Mitteilen.


Diese Auswahlsammlungen sind kennzeichnend für das Zeitalter. Das klassische Altertum gilt als die Fundgrube aller Lebensweisheit. Und so wagt man gar nicht, dem überlieferten Stoff eine neue Form zu geben. Man zieht aber nicht nur die klassischen Schriftsteller heran, sondern, wenn diese für das Leben nichts Brauchbares bieten, auch die Schriftsteller zweiten und dritten Ranges, die Kirchenväter, ja selbst die Byzantiner. Nach sachlichen Gesichtspunkten werden die aus allen Jahrhunderten herausgepflückten Stellen dann vereinigt — die so entstandenen Bücher können uns weder ästhetisch noch sprachlich befriedigen.
Diese Auswahlsammlungen sind kennzeichnend sür das Zeitalter. Das klassische Altertum gilt als die Fundgrube aller Lebensweisheit. Und so wagt man gar nicht, dem überlieferten Stoff eine neue Form zu geben. Man zieht aber nicht nur die klassischen Schriftsteller heran, sondern, wenn diese für das Leben nichts Brauchbares bieten, auch die Schriftsteller zweiten und dritten Ranges, die Kirchenväter, ja selbst die Byzantiner. Nach sachlichen Gesichtspunkten werden die aus allen Jahrhunderten herausgepflückten Stellen dann vereinigt — die so entstandenen Bücher können uns weder ästhetisch noch sprachlich befriedigen.


Der Schüler erhält die Bücher zum Auswendiglernen. Neanders Schriften sind daher für die Schulzwecke der Gegenwart nicht mehr zu verwenden, wenn sie auch Zeugnis davon ablegen, daß der Mann, welcher sie geschrieben hat, aus eingehender, gründlicher Sachkenntnis heraus schrieb.
Der Schüler erhält die Bücher zum Auswendiglernen. Neanders Schriften sind daher für die Schulzwecke der Gegenwart nicht mehr zu verwenden, wenn sie auch Zeugnis davon ablegen, daß der Mann, welcher sie geschrieben hat, aus eingehender, gründlicher Sachkenntnis heraus schrieb.
Zeile 118: Zeile 118:
:hast du keins, tritt hinter die Tür
:hast du keins, tritt hinter die Tür


Noch ergötzlicher ist aber die „Weisheit von der Gasse“, die Neander besonders in der Ilfelder Gegend gesammelt hat und von deren Mutterwitz nur einige Kostproben vorzulegen ich mich nicht enthalten mag.
Noch ergötzlicher ist aber die „Weisheit von der Gasse“, die Neander besonders in der Jlfelder Gegend gesammelt hat und von deren Mutterwitz nur einige Kostproben vorzulegen ich mich nicht enthalten mag.


„Ich hoffe nicht, daß unser Herrgott so übel an mir tut,“ sagte jener Kranke, „daß er an mir zum Mörder werde.“
„Ich hoffe nicht, daß unser Herrgott so übel an mir tut,“ sagte jener Kranke, „daß er an mir zum Mörder werde.“
Zeile 154: Zeile 154:
Auf Seite 180 kommt Neander auf die kaiserliche Reichsstadt Nordhausen zu sprechen und gebraucht folgende Worte:
Auf Seite 180 kommt Neander auf die kaiserliche Reichsstadt Nordhausen zu sprechen und gebraucht folgende Worte:


„Nordhausen ist eine kaiserliche Stadt; in dieser Republik zeichnen sich aus durch Weisheit, Gelehrsamkeit, tüchtiges Wesen und Beredsamkeit die Familien Ernst, Hoffmann und Schmidt. Ferner ragen hervor durch gleiche Eigenschaften und durch Gesetzeskenntnis der Licentiat beider Rechte Georg Wilde und der Bürgermeister Joh. Günther Wiegand, beide einst Ilfelder Schüler, jetzt Nachbarn, Gevattern und liebste Freunde. Als Mediziner aber wirkt mit Lob und hohem Ruhme in der freien Stadt der berühmte und gelehrte Johann Thal, den ich liebe mehr wie mich selbst, (animae meae plus quam dimidium.)
„Nordhausen ist eine kaiserliche Stadt; in dieser Republik zeichnen sich aus durch Weisheit, Gelehrsamkeit, tüchtiges Wesen und Beredsamkeit die Familien Ernst, Hoffmann und Schmidt. Ferner ragen hervor durch gleiche Eigenschaften und durch Gesetzeskenntnis der Licentiat beider Rechte Georg Wilde und der Bürgermeister Joh. Günther Wiegand, beide einst Jlfelder Schüler, jetzt Nachbarn, Gevattern und liebste Freunde. Als Mediziner aber wirkt mit Lob und hohem Ruhme in der freien Stadt der berühmte und gelehrte Johann Thal, den ich liebe mehr wie mich selbst, (animae meae plus quam dimidium.)


Mit Gefahr seines Lebens hat dieser Mann alle Winkel des Harzes, Thüringens und Sachsens botanisch durchforscht.“
Mit Gefahr seines Lebens hat dieser Mann alle Winkel des Harzes, Thüringens und Sachsens botanisch durchforscht.“
Zeile 164: Zeile 164:
Die Medizin hatte die ganze Natur zu betrachten und zu erforschen, welche Gesetzmäßigkeiten in derselben sich finden, welches ihre eigentümlichen Kräfte und Wirkungen, welches die Veränderungen in den einzelnen Teilen sind. Sie soll die Gestirne, die Urstosfe, die lebenden Wesen, den Menschen, die aus der Erde hervorgehenden Dinge, die Pflanzen, die Metalle und die Edelsteine erkunden. Der Medizin gebührt es auch, die Verwendung des einzelnen zu beachten. Dabei wird die Weisheit des Schöpfers klar hervor- treten, der dem Menschen den Wohnplatz bereitet, Nahrung und Heilmittel gewährt und bei der großen Verschiedenheit der Krankheiten fast für jede einzelne ein Heilmittel geschaffen und jedem Organe eine ihm entsprechende Hilfe gewährt hat.
Die Medizin hatte die ganze Natur zu betrachten und zu erforschen, welche Gesetzmäßigkeiten in derselben sich finden, welches ihre eigentümlichen Kräfte und Wirkungen, welches die Veränderungen in den einzelnen Teilen sind. Sie soll die Gestirne, die Urstosfe, die lebenden Wesen, den Menschen, die aus der Erde hervorgehenden Dinge, die Pflanzen, die Metalle und die Edelsteine erkunden. Der Medizin gebührt es auch, die Verwendung des einzelnen zu beachten. Dabei wird die Weisheit des Schöpfers klar hervor- treten, der dem Menschen den Wohnplatz bereitet, Nahrung und Heilmittel gewährt und bei der großen Verschiedenheit der Krankheiten fast für jede einzelne ein Heilmittel geschaffen und jedem Organe eine ihm entsprechende Hilfe gewährt hat.


[[Datei:Michael Meyenburg.jpg|thumb|center|Michael Meyenburg (Karl Schiewek)]]
[[File:Michael Meyenburg.jpg|thumb|center|Michael Meyenburg (Karl Schiewek)]]


So ist die Medizin eine Universalwissenschaft, welche aber nicht etwa die Natur auf dem Wege der Erfahrung durchforscht, sondern der Naturlehre werden die Schriften der Alten zu Grunde gelegt. Wird eine neue Erfahrung gemacht, so verschließt man sich von vornherein den Weg des Versuchs — man will das Neue aus den alten Grundlehren erklären, aus der herrschenden Ansicht von den Qualitäten usw. Man las ja deshalb so eifrig die alten Schriftsteller, weil man alle Weisheit in ihnen bereits vermutete. Statt die eignen Sinne zu gebrauchen, statt selbst auszuproben, zu sammeln und zu prüfen, blieb man am alten hängen.
So ist die Medizin eine Universalwissenschaft, welche aber nicht etwa die Natur auf dem Wege der Erfahrung durchforscht, sondern der Naturlehre werden die Schriften der Alten zu Grunde gelegt. Wird eine neue Erfahrung gemacht, so verschließt man sich von vornherein den Weg des Versuchs — man will das Neue aus den alten Grundlehren erklären, aus der herrschenden Ansicht von den Qualitäten usw. Man las ja deshalb so eifrig die alten Schriftsteller, weil man alle Weisheit in ihnen bereits vermutete. Statt die eignen Sinne zu gebrauchen, statt selbst auszuproben, zu sammeln und zu prüfen, blieb man am alten hängen.
Zeile 182: Zeile 182:
Neanders Schulbuch, das wird sich Wohl aus dieser Inhaltsangabe ergeben haben, ist kein Buch, das unserm heutigen Begriff von Physik entspricht. Es ist ein Lehrbuch der Mineralogie, Zoologie und Botanik, der Anthropologie und Psychologie. Die Schrift enthält viel Aberglauben und Wunderlichkeiten. Immerhin gebührt Neander das bleibende Verdienst, als erster die Naturwissenschaften in den Lehrbetrieb der Lateinschulen des sechzehnten Jahrhunderts hineingestellt zu haben.
Neanders Schulbuch, das wird sich Wohl aus dieser Inhaltsangabe ergeben haben, ist kein Buch, das unserm heutigen Begriff von Physik entspricht. Es ist ein Lehrbuch der Mineralogie, Zoologie und Botanik, der Anthropologie und Psychologie. Die Schrift enthält viel Aberglauben und Wunderlichkeiten. Immerhin gebührt Neander das bleibende Verdienst, als erster die Naturwissenschaften in den Lehrbetrieb der Lateinschulen des sechzehnten Jahrhunderts hineingestellt zu haben.


In Neanders Schriftstellerlaufbahn müssen wir überhaupt zwei Abschnitte unterscheiden. Der erste umfaßt die Zeit etwa von 1553 bis 1570. In ihm verfaßt er seine besonders aus der Tätigkeit an der Ilfelder Klosterschule hervorgegangenen Sprachbücher (die Aristologien und Grammatiken), in Religion die Katechismen. Von 1570—1580 hat seine Feder in der Hauptsache geruht.
In Neanders Schriftstellerlaufbahn müssen wir überhaupt zwei Abschnitte unterscheiden. Der erste umfaßt die Zeit etwa von 1553 bis 1570. In ihm verfaßt er seine besonders aus der Tätigkeit an der Jlfelder Klosterschule hervorgegangenen Sprachbücher (die Aristologien und Grammatiken), in Religion die Katechismen. Von 1570—1580 hat seine Feder in der Hauptsache geruht.


Der zweite Abschnitt von 1580—95 ist der Herausgabe der für einen größeren Leserkreis bestimmten Bücher gewidmet. Es erscheint die Physik, die Geographie, die Geschichte, nach dem Tode die Theologie.
Der zweite Abschnitt von 1580—95 ist der Herausgabe der für einen größeren Leserkreis bestimmten Bücher gewidmet. Es erscheint die Physik, die Geographie, die Geschichte, nach dem Tode die Theologie.
Bitte kopiere keine Inhalte, die nicht deine eigenen sind, benutze keine urheberrechtlich geschützten Werke ohne Erlaubnis des Urhebers!
Du gibst uns hiermit deine Zusage, dass du den Text selbst verfasst hast, dass der Text Allgemeingut (public domain) ist, oder dass der Urheber seine Zustimmung gegeben hat. Falls dieser Text bereits woanders veröffentlicht wurde, weise bitte auf der Diskussionsseite darauf hin. Bitte beachte, dass alle NordhausenWiki-Beiträge automatisch unter der „a Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 3.0 License“ stehen (siehe NordhausenWiki:Urheberrechte für Einzelheiten).
Abbrechen Bearbeitungshilfe (wird in einem neuen Fenster geöffnet)