Bearbeiten von „Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse Nordhausens im Zeitalter der Reformation und der Religionskriege

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Unterdessen verhandelte auch Sachsen weiter sowohl mit dem Kaiser wie mit
Unterdessen verhandelte auch Sachsen weiter sowohl mit dem Kaiser wie mit
der Stadt Nordhausen und erreichte schließlich sein Ziel. Der Kaiser übertrug ihm
der Stadt Nordhausen und erreichte schließlich sein Ziel. Der Kaiser übertrug ihm
die Vogtei. Schon am 7. Januar 1594 schrieb Friedrich Wilhelm der Stadt: „… Ihr
die Vogtei. Schon am 7. Januar 1594 schrieb Friedrich Wilhelm der Stadt: „... Ihr
wollet hinfür solche kostbare Gerechtigkeit der Obergerichte vor des Churfürstlichen und Fürstlichen Hauses Eigentumb, auch Euch an niemand anders mit denselben
wollet hinfür solche kostbare Gerechtigkeit der Obergerichte vor des Churfürstlichen und Fürstlichen Hauses Eigentumb, auch Euch an niemand anders mit denselben
denn uns halten, dagegen wir uns gnädigst erklären, daß Ihr hierinnen
denn uns ... halten, dagegen wir uns gnädigst erklären, daß Ihr hierinnen
an Euren Pfandrechten wider die Billigkeit nicht beschwert werden sollet.“
an Euren Pfandrechten wider die Billigkeit nicht beschwert werden sollet.“


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Die dem Schmalkaldischen Bunde drohenden Gefahren lenkten dann wohl
Die dem Schmalkaldischen Bunde drohenden Gefahren lenkten dann wohl
zeitweilig die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Mauern und Wall. Hie und
zeitweilig die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung von Mauern und Wall. Hie und
da ward gebessert und geflickt, wie z. B. die Instandsetzung des schönen, noch
da ward gebessert und geflickt, wie z.B. die Instandsetzung des schönen, noch
heute erhaltenen Oßwaldschen Turmes im Bering der Außenbefestigungen zeigte,
heute erhaltenen Oßwaldschen Turmes im Bering der Außenbefestigungen zeigte,
der 1589 neu errichtet wurde. Im allgemeinen geschah aber wenig, und ernsthaft
der 1589 neu errichtet wurde. Im allgemeinen geschah aber wenig, und ernsthaft
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1525 viele Liegenschaften der toten Hand an oder besteuerte sie wenigstens
1525 viele Liegenschaften der toten Hand an oder besteuerte sie wenigstens
später. Völlig nachzukommen ist den Verschiebungen der Besitzverhältnisse
später. Völlig nachzukommen ist den Verschiebungen der Besitzverhältnisse
jener Zeit nicht. Denn da diese Aneignungen offenbar rechtlich z. T. anfechtbar
jener Zeit nicht. Denn da diese Aneignungen offenbar rechtlich z.T. anfechtbar
waren, wurden so schnell wie möglich die Spuren von dergleichen Säkularisierungen
waren, wurden so schnell wie möglich die Spuren von dergleichen Säkularisierungen
verwischt. Eine gewisse Rechtsgrundlage erhielten diese allerdings am
verwischt. Eine gewisse Rechtsgrundlage erhielten diese allerdings am
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bei denen nur Kerzen oder Öllampen mit ungeschützter Flamme
bei denen nur Kerzen oder Öllampen mit ungeschützter Flamme
Verwendung fanden, waren in früheren Jahrhunderten ausgedehnte Brände keine
Verwendung fanden, waren in früheren Jahrhunderten ausgedehnte Brände keine
Seltenheit. So brannte z. B. in dem hier in Betracht kommenden Zeiträume, im
Seltenheit. So brannte z.B. in dem hier in Betracht kommenden Zeiträume, im
Jahre 1590, auch das benachbarte Heringen so gut wie völlig nieder. Aber so oft
Jahre 1590, auch das benachbarte Heringen so gut wie völlig nieder. Aber so oft
und so schrecklich wie Nordhausen ist doch selten eine Stadt von Brandschaden
und so schrecklich wie Nordhausen ist doch selten eine Stadt von Brandschaden
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3 Türme, 106 Brauhäuser sowie 141 Hintersättierhäuser einäscherte. Besonders
3 Türme, 106 Brauhäuser sowie 141 Hintersättierhäuser einäscherte. Besonders
arg wurde damals die Kranichstraße, Gumpertgasse, Engelsburg, der Pferdemarkt,
arg wurde damals die Kranichstraße, Gumpertgasse, Engelsburg, der Pferdemarkt,
die Töpferstraße, Hundgasse, der Kornmarkt und die Krämerstraße
die Töpferstraße, Hundgasse, der Kommarkt und die Krämerstraße
mitgenommen. Die Nikolaikirche selbst stand in einem Meer von Flammen und
mitgenommen. Die Nikolaikirche selbst stand in einem Meer von Flammen und
brannte vollständigt aus. Als ihr Dach zusammenbrach, stürzten auch die beiden
brannte vollständigt aus. Als ihr Dach zusammenbrach, stürzten auch die beiden
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die Sage schon im Jahre 1329 bei dem Sturme auf die Stadt erzählt, der
die Sage schon im Jahre 1329 bei dem Sturme auf die Stadt erzählt, der
Rautenbom, der an der Stelle sprudelte, wo die Kickersgasse, die jetzige Neue
Rautenbom, der an der Stelle sprudelte, wo die Kickersgasse, die jetzige Neue
Straße, in die Rautenstraße mündet. Auch auf dem Kornmarkte stand ein Brunnen,
Straße, in die Rautenstraße mündet. Auch auf dem Kommarkte stand ein Brunnen,
und auf dem Königshofe war 1434 ein großer, wahrscheinlich mit schönem
und auf dem Königshofe war 1434 ein großer, wahrscheinlich mit schönem
Zierrat geschmückter Brunnen erbaut worden. Weniger bekannte Brunnen waren
Zierrat geschmückter Brunnen erbaut worden. Weniger bekannte Brunnen waren
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Absatzgebiete verloren, und die Bevölkerung wurde offensichtlich ärmer. Dazu
Absatzgebiete verloren, und die Bevölkerung wurde offensichtlich ärmer. Dazu
kam noch die Zerstörung der reichen Klöster in der Reformationszeit. Der
kam noch die Zerstörung der reichen Klöster in der Reformationszeit. Der
Walkenrieder Klosterhof z. B., in dem das alte Kloster die Kornfrucht aller seiner
Walkenrieder Klosterhof z.B., in dem das alte Kloster die Kornfrucht aller seiner
reichen Liegenschaften in der Aue aufgespeichert hatte, verödete; die Bauern
reichen Liegenschaften in der Aue aufgespeichert hatte, verödete; die Bauern
kamen mit ihrem Getreide nicht mehr in die Stadt und zum Markte, der
kamen mit ihrem Getreide nicht mehr in die Stadt und zum Markte, der
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Dennoch versuchte der Rat natürlich, die Brennerei für sich zu einer kleinen
Dennoch versuchte der Rat natürlich, die Brennerei für sich zu einer kleinen
Einnahmequelle zu machen, und erhob seit 1528 deshalb auch eine Umsatzsteuer
Einnahmequelle zu machen, und erhob seit 1528 deshalb auch eine Umsatzsteuer
vom Branntwein.<ref> In der Verfügung heißt es: „… Wer mit dieser Ware handeln will, dieselbe ausschenken oder im ganzen verkaufen will, der soll sich erstlich mit uns, dem Rate, wegen eines “Ungelts" nach Erkenntnis des Rats
vom Branntwein.<ref> In der Verfügung heißt es: „... Wer mit dieser Ware handeln will, dieselbe ausschenken oder im ganzen verkaufen will, der soll sich erstlich mit uns, dem Rate, wegen eines “Ungelts" nach Erkenntnis des Rats
vertragen, und es soll dann keiner mit dem gebrannten Wein handeln, wie das benannt, er habe denn
vertragen, und es soll dann keiner ... mit dem gebrannten Wein handeln, wie das benannt, er habe denn
dem Rate ein Umgeld,</ref> Da diese Steuer aber bei dem kümmerlichen Betrieb und dem
dem Rate ein Umgeld,</ref> Da diese Steuer aber bei dem kümmerlichen Betrieb und dem
unkontrollierbaren Ausschank leicht zu hinterziehen war, erließ der Rat schon
unkontrollierbaren Ausschank leicht zu hinterziehen war, erließ der Rat schon
Zeile 990: Zeile 990:
Unternehmungslust versuchte dann den Abbau nochmals zu beleben, und einigen
Unternehmungslust versuchte dann den Abbau nochmals zu beleben, und einigen
Nordhäusern erteilte der Rat im Jahre 1544 und im Jahre 1557 die Erlaubnis, in
Nordhäusern erteilte der Rat im Jahre 1544 und im Jahre 1557 die Erlaubnis, in
der Gumpe und am Ortbache nach „Schiefem“, d. h. also nach Kupfer, zu suchen,
der Gumpe und am Ortbache nach „Schiefem“, d.h. also nach Kupfer, zu suchen,
doch gingen die Gruben bald ein. Wenn überhaupt eine Ausbeute vorhanden war,
doch gingen die Gruben bald ein. Wenn überhaupt eine Ausbeute vorhanden war,
so war sie so gering, daß sie die Mühe nicht lohnte.
so war sie so gering, daß sie die Mühe nicht lohnte.
Zeile 1.071: Zeile 1.071:
Stiftungen von Taufsteinen, Kanzeln, wohl auch Orgeln. Nötig war es jedenfalls,
Stiftungen von Taufsteinen, Kanzeln, wohl auch Orgeln. Nötig war es jedenfalls,
daß private Liebestätigkeit die Kirchen unterstützte und für sie eine neue würdige
daß private Liebestätigkeit die Kirchen unterstützte und für sie eine neue würdige
Ausstattung schuf, seitdem sie z. T. ihres katholischen Prunkes beraubt waren,
Ausstattung schuf, seitdem sie z.T. ihres katholischen Prunkes beraubt waren,
teilweise auch durch Bauernkrieg und Brand gelitten hatten und viele von ihnen
teilweise auch durch Bauernkrieg und Brand gelitten hatten und viele von ihnen
bedenkliche Alterserscheinungen zeigten. Die Altendorfer Kirche z. B. war 1577
bedenkliche Alterserscheinungen zeigten. Die Altendorfer Kirche z.B. war 1577
so baufällig, daß der Gottesdienst aus ihr in das St. Elisabeth-Hospital verlegt
so baufällig, daß der Gottesdienst aus ihr in das St. Elisabeth-Hospital verlegt
werden mußte.
werden mußte.
Zeile 1.108: Zeile 1.108:
Trotz dieser rücksichtslosen Niederhaltung der wirtschaftlich Schwachen
Trotz dieser rücksichtslosen Niederhaltung der wirtschaftlich Schwachen
scheute man sich nicht, die Armen über Gebühr zu den öffentlichen Lasten
scheute man sich nicht, die Armen über Gebühr zu den öffentlichen Lasten
heranzuziehen. So wurde z. B. 1531 das „Grabengeld“, d. h. die Steuer für die von
heranzuziehen. So wurde z.B. 1531 das „Grabengeld“, d.h. die Steuer für die von
Zeit zu Zeit notwendige Säuberung des Mühlgrabens, für ein Brauhaus auf 8
Zeit zu Zeit notwendige Säuberung des Mühlgrabens, für ein Brauhaus auf 8
Pfennig, für ein Hintersättierhaus, das man im allgemeinen zum halben Werte
Pfennig, für ein Hintersättierhaus, das man im allgemeinen zum halben Werte
Zeile 1.145: Zeile 1.145:
seine Parlamente, die Amerikas und die großen Werke dieser beiden Jahrhunderte,
seine Parlamente, die Amerikas und die großen Werke dieser beiden Jahrhunderte,
die französische Revolution, Europa und seine jetzige Arbeit überall: von dem
die französische Revolution, Europa und seine jetzige Arbeit überall: von dem
allen lag der Keim dort.“<ref>Carlyle, Über Helden. Heldenverehrung Der Held als Priester.</ref>
allen lag der Keim dort.“<ref>Carlyle, Über Helden. Heldenverehrung ... Der Held als Priester.</ref>


Die Welt war freier geworden, aber sie war noch nicht mündiger geworden.
Die Welt war freier geworden, aber sie war noch nicht mündiger geworden.
Zeile 1.192: Zeile 1.192:


Unordnung, Unsauberkeit, Vergnügungssucht machten sich auch in Nordhausen
Unordnung, Unsauberkeit, Vergnügungssucht machten sich auch in Nordhausen
allenthalben breit. Als 1540 Nordhausen z. T. abgebrannt war, ließen die
allenthalben breit. Als 1540 Nordhausen z.T. abgebrannt war, ließen die
Bewohner trotz Vergünstigungen durch das Reich und trotz Hilfeleistung durch
Bewohner trotz Vergünstigungen durch das Reich und trotz Hilfeleistung durch
die Stadt die Brandstätten Jahre lang wüst liegen. Manchem fiel wohl der Neubau
die Stadt die Brandstätten Jahre lang wüst liegen. Manchem fiel wohl der Neubau
Zeile 1.347: Zeile 1.347:
als Reichsstadt die Karolina als einziges in Betracht kommendes Strafgesetz
als Reichsstadt die Karolina als einziges in Betracht kommendes Strafgesetz
ansehen. Daneben erschienen im Laufe des 16. Jahrhunderts freilich auch andere,
ansehen. Daneben erschienen im Laufe des 16. Jahrhunderts freilich auch andere,
von den einzelnen deutschen Ländern herausgegebene Strafgesetze, z. B. auch
von den einzelnen deutschen Ländern herausgegebene Strafgesetze, z.B. auch
ein von Kursachsen aufgestelltes Strafrecht, das sogenannte Sachsenrecht. Und
ein von Kursachsen aufgestelltes Strafrecht, das sogenannte Sachsenrecht. Und
da Nordhausen sächsischen Gebietsteilen benachbart war, unter sächsischer
da Nordhausen sächsischen Gebietsteilen benachbart war, unter sächsischer
Zeile 1.460: Zeile 1.460:
Mehr als 20 Fälle ihrer Anwendung werden im 18. Jahrhundert kaum noch
Mehr als 20 Fälle ihrer Anwendung werden im 18. Jahrhundert kaum noch
vorgekommen sein. Oft hoffte man damals schon allein durch die Einschüchterung
vorgekommen sein. Oft hoffte man damals schon allein durch die Einschüchterung
zum Ziele zu gelangen, namentlich bei Frauen. Mehrfach, z. B. 1696 und
zum Ziele zu gelangen, namentlich bei Frauen. Mehrfach, z.B. 1696 und
1754, wurde bei einem angeklagten Ehepaar der Mann mit den Daumschrauben
1754, wurde bei einem angeklagten Ehepaar der Mann mit den Daumschrauben
gefoltert, während man sich bei der Frau mit der Territion, der Entkleidung durch
gefoltert, während man sich bei der Frau mit der Territion, der Entkleidung durch
Zeile 1.476: Zeile 1.476:


Daß die Tortur tatsächlich häufig den wahren Sachverhalt durchaus unaufgeklärt
Daß die Tortur tatsächlich häufig den wahren Sachverhalt durchaus unaufgeklärt
ließ, konnten alle Strafrichter oft genug beobachten. So gab z. B. die
ließ, konnten alle Strafrichter oft genug beobachten. So gab z.B. die
Zimmermann, eine Mitangeklagte in einem Kindesmordprozesse vom Jahre
Zimmermann, eine Mitangeklagte in einem Kindesmordprozesse vom Jahre
1737, sowie sie entkleidet war und die Instrumente des Henkers sah, alles zu,
1737, sowie sie entkleidet war und die Instrumente des Henkers sah, alles zu,
Zeile 1.505: Zeile 1.505:
wurde, wandte man sie nur noch bei dringendstem Verdacht der schwersten
wurde, wandte man sie nur noch bei dringendstem Verdacht der schwersten
Verbrechen an. Auch wurde es schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts Brauch,
Verbrechen an. Auch wurde es schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts Brauch,
daß nicht nur eine „halbe Beweisung“ (Karolina, Artikel 30), d. h. die Aussage
daß nicht nur eine „halbe Beweisung“ (Karolina, Artikel 30), d.h. die Aussage
eines einzigen „guten, tugendlichen“ Zeugen zur Anwendung der Folter genügte,
eines einzigen „guten, tugendlichen“ Zeugen zur Anwendung der Folter genügte,
sondern daß zwei einwandfreie Zeugen vorhanden sein mußten. Schließlich
sondern daß zwei einwandfreie Zeugen vorhanden sein mußten. Schließlich
Zeile 1.553: Zeile 1.553:
Auch der Scharfrichter mußte nunmehr in ganz bestimmten formelhaften Wendungen
Auch der Scharfrichter mußte nunmehr in ganz bestimmten formelhaften Wendungen
von dem, was seines Amtes war, sprechen und den Rat laut Artikel 97
von dem, was seines Amtes war, sprechen und den Rat laut Artikel 97
der Karolina um „sicheres Geleit“ bitten, d. h. wenn etwa Verwandte des Verurteilten
der Karolina um „sicheres Geleit“ bitten, d.h. wenn etwa Verwandte des Verurteilten
an ihm Rache üben wollten, so stand er unter dem Schutze des Rates.
an ihm Rache üben wollten, so stand er unter dem Schutze des Rates.
Danach wurde der Delinquent zur Aburteilung abgeführt.
Danach wurde der Delinquent zur Aburteilung abgeführt.
Zeile 1.569: Zeile 1.569:
mögen die Gefangenen oft mehr zermürbt haben als selbst die Folter. Noch
mögen die Gefangenen oft mehr zermürbt haben als selbst die Folter. Noch
das humanere 18. Jahrhundert war in dieser Beziehung so ohne jedes Verständnis
das humanere 18. Jahrhundert war in dieser Beziehung so ohne jedes Verständnis
für die Bedürfnisse der Inhaftierten, daß z. B. ein Mann namens Gründler, der aus
für die Bedürfnisse der Inhaftierten, daß z.B. ein Mann namens Gründler, der aus
angesehener Familie stammte, aber wegen Kindesmordverdachts 1736 lange Zeit
angesehener Familie stammte, aber wegen Kindesmordverdachts 1736 lange Zeit
in Untersuchungshaft gesessen hatte, sich danach sehnte, hingerichtet zu werden,
in Untersuchungshaft gesessen hatte, sich danach sehnte, hingerichtet zu werden,
Zeile 1.598: Zeile 1.598:
Landesverweisung, welche die Verbrecher völlig aus der menschlichen Gesellschaft
Landesverweisung, welche die Verbrecher völlig aus der menschlichen Gesellschaft
aus stoße und sie dadurch auch weiterhin auf den Weg des Verbrechens
aus stoße und sie dadurch auch weiterhin auf den Weg des Verbrechens
treibe. Diese Ansicht findet sich z. B. 1740 bei einem Urteil ausgesprochen, das
treibe. Diese Ansicht findet sich z.B. 1740 bei einem Urteil ausgesprochen, das
über eine Dienstmagd, die eine Reihe kleinerer Diebstähle begangen hatte, 6 Jahre
über eine Dienstmagd, die eine Reihe kleinerer Diebstähle begangen hatte, 6 Jahre
Zuchthaus verhängte, eine Strafe, die besser sei als die sonst gebräuchliche Staupe
Zuchthaus verhängte, eine Strafe, die besser sei als die sonst gebräuchliche Staupe
Zeile 1.618: Zeile 1.618:
Strafe aufzuweisen hatten, zu übergeben und für den Unterhalt aufzukommen,
Strafe aufzuweisen hatten, zu übergeben und für den Unterhalt aufzukommen,
soweit ihn die Gefangenen nicht durch Zwangsarbeit abverdienten. Ein Straßenräuber
soweit ihn die Gefangenen nicht durch Zwangsarbeit abverdienten. Ein Straßenräuber
namens Fultsch z. B. wurde 1768, nachdem er schon 3 Jahre lang in den
namens Fultsch z.B. wurde 1768, nachdem er schon 3 Jahre lang in den
Kellerräumen des Rathauses in Untersuchungshaft gesessen hatte, zu lebenslänglichem
Kellerräumen des Rathauses in Untersuchungshaft gesessen hatte, zu lebenslänglichem
Zuchthaus verurteilt und der hannöverschen Festung Nienburg als Gefangener
Zuchthaus verurteilt und der hannöverschen Festung Nienburg als Gefangener
Zeile 1.713: Zeile 1.713:
auch vor dem Töpfertore stand ein Galgen. Während des Dreißigjährigen Krieges,
auch vor dem Töpfertore stand ein Galgen. Während des Dreißigjährigen Krieges,
wo man draußen Gesindel und Soldaten zu fürchten hatte, wurden zwei Verbrecher
wo man draußen Gesindel und Soldaten zu fürchten hatte, wurden zwei Verbrecher
sogar einmal auf dem Kornmarkte erhängt. Unwahrscheinlich dagegen
sogar einmal auf dem Kommarkte erhängt. Unwahrscheinlich dagegen
erscheint die Nachricht, daß Hans Kehner, einer der Anstifter des Bauemaufruhrs
erscheint die Nachricht, daß Hans Kehner, einer der Anstifter des Bauemaufruhrs
in Nordhausen, 1526 vor dem Rautentore enthauptet worden sei.
in Nordhausen, 1526 vor dem Rautentore enthauptet worden sei.
Zeile 1.776: Zeile 1.776:
benutzten, um von ihrem Galan allerhand Mittel zu erhalten, sich selber Reichtum
benutzten, um von ihrem Galan allerhand Mittel zu erhalten, sich selber Reichtum
und Wohlleben, ihren Mitmenschen aber Unheil und Schaden zu verschaffen. So
und Wohlleben, ihren Mitmenschen aber Unheil und Schaden zu verschaffen. So
gesteht z. B. eine Frau namens Else Schweinenfleisch am 27. Juni 1586 auf der
gesteht z.B. eine Frau namens Else Schweinenfleisch am 27. Juni 1586 auf der
Folter, sie habe mit dem Teufel zu tun gehabt. Dieser sei in Gestalt einer feinen
Folter, sie habe mit dem Teufel zu tun gehabt. Dieser sei in Gestalt einer feinen
Mannesperson zu ihr gekommen, habe schwarze Kleider an- und einen weißen
Mannesperson zu ihr gekommen, habe schwarze Kleider an- und einen weißen
Zeile 1.819: Zeile 1.819:
mehr auf den Scheiterhaufen, sondern bestrafte sie wie andere Frauen anrüchigen
mehr auf den Scheiterhaufen, sondern bestrafte sie wie andere Frauen anrüchigen
Rufes, wie Buhldimen und weise Frauen. Am 8. März 1644 wurden daher zwei
Rufes, wie Buhldimen und weise Frauen. Am 8. März 1644 wurden daher zwei
„Hexen“ nur noch ewig verwiesen.<ref> Über den Strafprozeß in Nordhausen ist bisher noch nicht geschrieben worden. Wertvollste Quellen sind einige Originalprozeßakten im Nordh. Archiv, z. B. Prozeß Gründler vom Jahre 1737. Gute Zusammenstellungen finden sich in den Handschriften von Frommann und – seit 1698 – von Filter. Hieraus hat auch
„Hexen“ nur noch ewig verwiesen.<ref> Über den Strafprozeß in Nordhausen ist bisher noch nicht geschrieben worden. Wertvollste Quellen sind einige Originalprozeßakten im Nordh. Archiv, z.B. Prozeß Gründler vom Jahre 1737. Gute Zusammenstellungen finden sich in den Handschriften von Frommann und – seit 1698 – von Filter. Hieraus hat auch
P. Oßwald einen Abdruck geliefert: Oßwald, Nordhäuser Kriminalakten von 1498-1657. Zeitschr. des
P. Oßwald einen Abdruck geliefert: Oßwald, Nordhäuser Kriminalakten von 1498-1657. Zeitschr. des
Harzv. 1891, Jahrg. 24. Über die Mordbrenner von 1540 vergl. Förstemann, a. a. O., 108 ff.</ref>
Harzv. 1891, Jahrg. 24. Über die Mordbrenner von 1540 vergl. Förstemann, a. a. O., 108 ff.</ref>
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