Bearbeiten von „Der Nordhäuser Roland (1/1955)

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Bei der Darstellung der Geschichte eines Dorfes ist es eine wichtige Aufgabe, möglichst weit in die Vergangenheit einzudringen. Es sind die Anfänge des Dorfes zu ergründen. Die Aufgabe ist bei den Dörfern in der hiesigen Gegend nicht eindeutig und sofort mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft zu lösen. Die geschichtlichen Überlieferungen reichen in unserer Gegend bis auf die Ottonen im 10. Jahrhundert zurück, wohingegen „die vorhergehende Periode der fränkischen Beherrschung wie ein dunkles Gebiet“ vor uns liegt.<ref>P Höfer: „Die Frankenherrschaft in den Harzlandschaften“ in Zeitschriften des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 1907, 4Q. Jg., S. 115 ff. — S. 115.</ref> Um in dieses Dunkel einzudringen, hiüssen die Nachbar- und Hilfswissenschaftler der Geschichte mit zu Rate gezogen werden. Dadurch kann die Feststellung, daß „unsere Kenntnis der heimatlichen Verhältnisse, soweit sie sich auf Geschichtsschreiber gründet“, für die Zeit der Frankenherrschaft sehr dürftig ist, eingeschränkt werden.<ref>P. Höfer: ebenda S. 116.</ref>
Bei der Darstellung der Geschichte eines Dorfes ist es eine wichtige Aufgabe, möglichst weit in die Vergangenheit einzudringen. Es sind die Anfänge des Dorfes zu ergründen. Die Aufgabe ist bei den Dörfern in der hiesigen Gegend nicht eindeutig und sofort mit den Mitteln der Geschichtswissenschaft zu lösen. Die geschichtlichen Überlieferungen reichen in unserer Gegend bis auf die Ottonen im 10. Jahrhundert zurück, wohingegen „die vorhergehende Periode der fränkischen Beherrschung wie ein dunkles Gebiet“ vor uns liegt.<ref>P Höfer: „Die Frankenherrschaft in den Harzlandschaften“ in Zeitschriften des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 1907, 4Q. Jg., S. 115 ff. — S. 115.</ref> Um in dieses Dunkel einzudringen, hiüssen die Nachbar- und Hilfswissenschaftler der Geschichte mit zu Rate gezogen werden. Dadurch kann die Feststellung, daß „unsere Kenntnis der heimatlichen Verhältnisse, soweit sie sich auf Geschichtsschreiber gründet“, für die Zeit der Frankenherrschaft sehr dürftig ist, eingeschränkt werden.<ref>P. Höfer: ebenda S. 116.</ref>


Zur Altersbestimmung einer Ortschaft werden die historisch-diplomatischen, schriftlichen Hinterlassenschaften zuerst herangezogen. Sie beweisen durch die Nennung des jeweiligen Ortes in einer Urkunde das Bestehen desselben zu der betreffenden Zeit. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Auleben stammt aus dem 8. Jahrhundert. In einer Urkunde des Klosters Fulda wird ein Ort „Awanleba“ erwähnt.<ref>E. Müller: „Zur Geschichte des Dorfes Auleben“ in Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 1890, S. 479 ff. bis S. 479.</ref> Da dieses Kloster in der hiesigen Gegend Besitzungen hatte, die es durch Schenkungen erhielt, ist die Annahme berechtigt, in diesem „Awanleba“ das heutige Dorf Auleben zu sehen. — Die urkundliche Nennung einer Ortschaft bestätigt, daß diese zu der jeweils angegebenen Zeit vorhanden war, sie sagt aber nichts darüber aus, wie lange diese Ortschaft schon vor der urkundlichen Nennung bestanden hat. Da in der damaligen Zeit (zur Zeit der Urkundenausstellung) die Mönche Träger des Schriftverkehrs waren, haben sich besonders in den Klöstern die Urkunden angesammelt und erhalten. Sie wurden aus einem bestimmten Anlaß ausgefertigt, z. B. anläßlich einer Schenkung, eines Austausches usw. Gerade aus dem 8. und 9. Jahrhundert haben sich diese schriftlichen Hinterlassenschaften in den Klösterarchiven angehäuft, was in den damaligen Bedingungen seine Ursache hatte.<ref>Marx-Engels-Lenin-Stalin: „Zur deutschen Geschichte“, Berlin 1953, Bd. 1, S. 91—96.</ref> Mit der Erwähnung eines Dorfes in einer Urkunde ist nur der terminus ä quo festgestellt, d. h. jene Zeit, „in der aus unverdächtigen Urkunden das Vorhandensein der fraglichen Orte zum erstenmal nachgewiesen werden kann.“<ref>L. Fiesel: „Gründungszeit deutscher Orte mit dem Grundwort -leben und Siedlungsbeginn der Magdeburger Börde“ in „Blätter für deutsche Landesgeschichte“. 90. Jg. 1953. Koblenz 1953, S. 30 ff. — S. 32.
Zur Altersbestimmung einer Ortschaft werden die historisch-diplomatischen, schriftlichen Hinterlassenschaften zuerst herangezogen. Sie beweisen durch die Nennung des jeweiligen Ortes in einer Urkunde das Bestehen desselben zu der betreffenden Zeit. Die erste urkundliche Erwähnung des Dorfes Auleben stammt aus dem 8. Jahrhundert. In einer Urkunde des Klosters Fulda wird ein Ort „Awanleba“ erwähnt.<ref>E. Müller: „Zur Geschichte des Dorfes Auleben“ in Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 1890, S. 479 ff. bis S. 479.</ref> Da dieses Kloster in der hiesigen Gegend Besitzungen hatte, die es durch Schenkungen erhielt, ist die Annahme berechtigt, in diesem „Awanleba“ das heutige Dorf Auleben zu sehen. — Die urkundliche Nennung einer Ortschaft bestätigt, daß diese zu der jeweils angegebenen Zeit vorhanden war, sie sagt aber nichts darüber aus, wie lange diese Ortschaft schon vor der urkundlichen Nennung bestanden hat. Da in der damaligen Zeit (zur Zeit der Urkundenausstellung) die Mönche Träger des Schriftverkehrs waren, haben sich besonders in den Klöstern die Urkunden angesammelt und erhalten. Sie wurden aus einem bestimmten Anlaß ausgefertigt, z. B. anläßlich einer Schenkung, eines Austausches usw. Gerade aus dem 8. und 9. Jahrhundert haben sich diese schriftlichen Hinterlassenschaften in den Klösterarchiven angehäuft, was in den damaligen Bedingungen seine Ursache hatte.<ref>Marx-Engels-Lenin-Stalin: „Zur deutschen Geschichte“, Berlin 1953, Bd. 1, S. 91—96.</ref> Mit der Erwähnung eines Dorfes in einer Urkunde ist nur der terminus ä quo festgestellt, d. h. jene Zeit, „in der aus unverdächtigen Urkunden . . . das Vorhandensein der fraglichen Orte zum erstenmal nachgewiesen werden kann.“<ref>L. Fiesel: „Gründungszeit deutscher Orte mit dem Grundwort -leben und Siedlungsbeginn der Magdeburger Börde“ in „Blätter für deutsche Landesgeschichte“. 90. Jg. 1953. Koblenz 1953, S. 30 ff. — S. 32.
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Otto überlegte. Sollten die Menschen für seine Kritik noch nicht genügend Reife haben? Sollte er zu früh geboren sein, oder — und dieser Gedanke durchfuhr ihn wie ein Blitz — fehlte es vielleicht an guten Stücken?
Otto überlegte. Sollten die Menschen für seine Kritik noch nicht genügend Reife haben? Sollte er zu früh geboren sein, oder — und dieser Gedanke durchfuhr ihn wie ein Blitz — fehlte es vielleicht an guten Stücken?


Das war es. Natürlich, anders konnte es gar nicht sein. Otto machte sich ans Werk und half: Er schrieb ein Stück — und wurde abgelehnt. Jetzt war es ihm klar. Er war tatsächlich zu früh geboren. Also auch das war wohl im Augenblick nicht der rechte Weg. Guter Rat war teuer. Richtig, guten Rat mußte man geben. In ganz loyaler Form auf Fehler hinweisen. Den Telefonhörer abnehmen, den Intendanten anrufen, ein paar unverbindliche Worte übers Wetter und über die schlechte Warenstreuung in der HO sprechen und so ganz sachte auf die letzte Premiere zu sprechen kommen. Dann aber galt es, loszulegen. Etwa so: „ Lieber Herr Intendant, Sie haben da ja ein ganz nettes Stück gewählt, aber sich wohl im Eintrittspreis vergriffen.“ — Und in diesem Augenblick war Otto in seinem Element. Zahlen tauchten vor seinem Auge auf. Der Buchhalter in ihm triumphierte. Und erregt fuhr er fort: „Drei Personen spielen in Ihrem Stück. Einen ganzen Abend lang nur ganze drei Personen. Für den gleichen Eintrittspreis sehe ich an einem anderen Theater vierzig Personen. Sie müßten also den Eintrittspreis senken um …“, wollte er gerade sagen, schon war wieder ein neuer Gedanke da. — „Und Ihre ,Ehrbare Dirne‘, was ist denn das? Ein Stück von einer Stunde zehn Minuten Länge, das ist kein Theaterstück, das ist ein Sketsch. Für ein so kurzes Stück dürften sie nur 30%> berechnen und müßten die Eintrittspreise senken um DM!“ Erneut begann er zu rechnen, aber seine Gedanken waren schneller.
Das war es. Natürlich, anders konnte es gar nicht sein. Otto machte sich ans Werk und half: Er schrieb ein Stück — und wurde abgelehnt. Jetzt war es ihm klar. Er war tatsächlich zu früh geboren. Also auch das war wohl im Augenblick nicht der rechte Weg. Guter Rat war teuer. Richtig, guten Rat mußte man geben. In ganz loyaler Form auf Fehler hinweisen. Den Telefonhörer abnehmen, den Intendanten anrufen, ein paar unverbindliche Worte übers Wetter und über die schlechte Warenstreuung in der HO sprechen und so ganz sachte auf die letzte Premiere zu sprechen kommen. Dann aber galt es, loszulegen. Etwa so: „ Lieber Herr Intendant, Sie haben da ja ein ganz nettes Stück gewählt, aber sich wohl im Eintrittspreis vergriffen.“ — Und in diesem Augenblick war Otto in seinem Element. Zahlen tauchten vor seinem Auge auf. Der Buchhalter in ihm triumphierte. Und erregt fuhr er fort: „Drei Personen spielen in Ihrem Stück. Einen ganzen Abend lang nur ganze drei Personen. Für den gleichen Eintrittspreis sehe ich an einem anderen Theater vierzig Personen. Sie müßten also den Eintrittspreis senken um . . .“, wollte er gerade sagen, schon war wieder ein neuer Gedanke da. — „Und Ihre ,Ehrbare Dirne‘, was ist denn das? Ein Stück von einer Stunde zehn Minuten Länge, das ist kein Theaterstück, das ist ein Sketsch. Für ein so kurzes Stück dürften sie nur 30%> berechnen und müßten die Eintrittspreise senken um . . . DM!“ Erneut begann er zu rechnen, aber seine Gedanken waren schneller.


Dazu kam ja noch, daß die Darsteller in moderner Garderobe spielten, die er täglich auf der Straße sehen konnte, und daß die Dirne im Stück einmal sogar nur mit Schlüpfer und Büstenhalter bekleidet auftritt, was für das Theater eine Kostümers arnia ergibt von DM, wollte er gerade sagen, ais ihm einfiel, daß man dabei allerdings noch eine gewisse Strafe für die Gefährdung der öffentlichen Moral in Abzug bringen müsse, was, auf die einzelne Eintrittskarte umgerechnet, eine Verbilligung von . . • Dpf bedeuten würde, die dann An dieser Stelle wurde es Otto heiß im Kopf, vor seine Augen schob sich ein dunkler Schatten — und was weiter geschah, erlebte der Buchhalter Otto nicht mehr.
Dazu kam ja noch, daß die Darsteller in moderner Garderobe spielten, die er täglich auf der Straße sehen konnte, und daß die Dirne im Stück einmal sogar nur mit Schlüpfer und Büstenhalter bekleidet auftritt, was für das Theater eine Kostümers arnia ergibt von . . . DM, wollte er gerade sagen, ais ihm einfiel, daß man dabei allerdings noch eine gewisse Strafe für die Gefährdung der öffentlichen Moral in Abzug bringen müsse, was, auf die einzelne Eintrittskarte umgerechnet, eine Verbilligung von . . • Dpf bedeuten würde, die dann . . . An dieser Stelle wurde es Otto heiß im Kopf, vor seine Augen schob sich ein dunkler Schatten — und was weiter geschah, erlebte der Buchhalter Otto nicht mehr.


Zur Beerdigung schickte das Stadttheater eine Kranzdelegation. Der Anlaß dazu war die tiefe Trauer aller Kollegen des Theaters über die Tatsache, daß mit Otto der letzte Vertreter des wirklich aktiven Typs eines Kulturfunktionärs das Zeit-liche gesegnet hatte. In der Buchhaltung seines Betriebes merkte man Ottos Fehlen allerdings erst, als ein Zirkus in die Stadt kam und keine Karten dafür angeboten wurden. Daß Otto nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen war, hatten alle ganz in Ordnung gefunden, denn Ötto hatte ja noch mehr zu tun gehabt als das bißchen Buchhaltung. Otto hatte schließlich „auf Kultur gemacht“!
Zur Beerdigung schickte das Stadttheater eine Kranzdelegation. Der Anlaß dazu war die tiefe Trauer aller Kollegen des Theaters über die Tatsache, daß mit Otto der letzte Vertreter des wirklich aktiven Typs eines Kulturfunktionärs das Zeit-liche gesegnet hatte. In der Buchhaltung seines Betriebes merkte man Ottos Fehlen allerdings erst, als ein Zirkus in die Stadt kam und keine Karten dafür angeboten wurden. Daß Otto nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen war, hatten alle ganz in Ordnung gefunden, denn Ötto hatte ja noch mehr zu tun gehabt als das bißchen Buchhaltung. Otto hatte schließlich „auf Kultur gemacht“!
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