Bearbeiten von „Der Kampf der Zünfte gegen die Geschlechter

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Ein ganzes Jahrzehnt scheint Karl IV., obwohl er ein tüchtiger Geschäftsmann war, diesen noch ausstehenden Posten in seinem Hauptbuche übersehen zu haben, und erst als er 1368 einen neuen Romzug plante, kam ihm die Schuld seiner „lieben getreuen“ Nordhäuser in Erinnerung. Lange Verhandlungen müssen im März dieses Jahres, wahrscheinlich in Prag selbst, durch Abgesandte Nordhausens mit dem Kaiser gepflogen sein. Denn nicht weniger als sieben Urkunden vom 28. März und 2. April 1368 regelten das Verhältnis der Stadt zu dem Kaiser. Abgesehen davon, daß die Reichsacht endgültig aufgehoben wurde, bekam Nordhausen alle seine Wünsche, die es damals hatte, erfüllt: Den thüringischen Herren wurde befohlen, die Zölle für Nordhäuser Kaufleute herabzusetzen, die Nordhäuser Patrizier erlangten das alleinige Braurecht innerhalb eines Umkreises von einer Meile von der Stadt, ein für den Wohlstand der Stadt außerordentlich wichtiges Privileg, es ward ihnen ferner gestattet - worauf Nordhausen damals gerade besonders sein Augenmerk gerichtet hatte - Reichslehen in weitem Umkreis zu erwerben, der Kauf des Kohnsteins ward bestätigt, und schließlich erteilte der Kaiser die Erlaubnis, die Stadtbefestigungen weiter auszubauen. Wahrlich, geschickte Diplomaten muß Nordhausen damals besessen haben, daß sie alle diese Zugeständnisse herausholen konnten. Dafür erhöhte sich die ursprünglich auf 2500 Goldgulden festgesetzte Reichssteuer allerdings um 1000 Gulden auf 3500, denn umsonst war bei Karl IV. nichts zu haben; vierdhalb Tusent guldein, das ir uns nu geben sullet, als wir des mit euch ubereyn kommen. Daran durfte kein Heller fehlen; 2000 Gulden sollten übrigens sogleich in die Taschen des Grafen von Schwarzburg fließen, eine alte Schuld des Kaisers noch von seinen Anfangsjahren her, wo er mit Günther von Schwarzburg um die deutsche Krone stritt.<ref>Förstemann, Urk. Geschichte II, 25 ff.</ref>
Ein ganzes Jahrzehnt scheint Karl IV., obwohl er ein tüchtiger Geschäftsmann war, diesen noch ausstehenden Posten in seinem Hauptbuche übersehen zu haben, und erst als er 1368 einen neuen Romzug plante, kam ihm die Schuld seiner „lieben getreuen“ Nordhäuser in Erinnerung. Lange Verhandlungen müssen im März dieses Jahres, wahrscheinlich in Prag selbst, durch Abgesandte Nordhausens mit dem Kaiser gepflogen sein. Denn nicht weniger als sieben Urkunden vom 28. März und 2. April 1368 regelten das Verhältnis der Stadt zu dem Kaiser. Abgesehen davon, daß die Reichsacht endgültig aufgehoben wurde, bekam Nordhausen alle seine Wünsche, die es damals hatte, erfüllt: Den thüringischen Herren wurde befohlen, die Zölle für Nordhäuser Kaufleute herabzusetzen, die Nordhäuser Patrizier erlangten das alleinige Braurecht innerhalb eines Umkreises von einer Meile von der Stadt, ein für den Wohlstand der Stadt außerordentlich wichtiges Privileg, es ward ihnen ferner gestattet - worauf Nordhausen damals gerade besonders sein Augenmerk gerichtet hatte - Reichslehen in weitem Umkreis zu erwerben, der Kauf des Kohnsteins ward bestätigt, und schließlich erteilte der Kaiser die Erlaubnis, die Stadtbefestigungen weiter auszubauen. Wahrlich, geschickte Diplomaten muß Nordhausen damals besessen haben, daß sie alle diese Zugeständnisse herausholen konnten. Dafür erhöhte sich die ursprünglich auf 2500 Goldgulden festgesetzte Reichssteuer allerdings um 1000 Gulden auf 3500, denn umsonst war bei Karl IV. nichts zu haben; vierdhalb Tusent guldein, das ir uns nu geben sullet, als wir des mit euch ubereyn kommen. Daran durfte kein Heller fehlen; 2000 Gulden sollten übrigens sogleich in die Taschen des Grafen von Schwarzburg fließen, eine alte Schuld des Kaisers noch von seinen Anfangsjahren her, wo er mit Günther von Schwarzburg um die deutsche Krone stritt.<ref>Förstemann, Urk. Geschichte II, 25 ff.</ref>


3500 Goldgulden mußte die kleine Stadt aufbringen, d. h. alle Einwohner, während von den Privilegien, den Braugerechtsamen, der Erweiterung der Stadtflur, nur die vornehmen Geschlechter Vorteil hatten, wenigstens dachte der Kleinbürger so, obwohl er ja natürlich aus der Hebung von Handel und Wandel ebenso gut seinen Nutzen zog.
3500 Goldgulden mußte die kleine Stadt aufbringen, d.h. alle Einwohner, während von den Privilegien, den Braugerechtsamen, der Erweiterung der Stadtflur, nur die vornehmen Geschlechter Vorteil hatten, wenigstens dachte der Kleinbürger so, obwohl er ja natürlich aus der Hebung von Handel und Wandel ebenso gut seinen Nutzen zog.


Doch der gewerbliche Mittelstand und die niederen Volksschichten waren nicht allein mit schweren Sorgen belastet; auch die gefreundten Geschlechter und Ratsmitglieder gingen ums Jahr 1370 manch einmal bedrückt genug einher. Zwar wirtschaftliche Nöte beschwerten sie nicht, desto mehr aber politische. Immer wieder drohte der kleinen Stadt, daß ihr die Reichsfreiheit von den benachbarten Fürsten, vor allem den Thüringern, genommen und sie zu einer Landstadt herabgedrückt werde.
Doch der gewerbliche Mittelstand und die niederen Volksschichten waren nicht allein mit schweren Sorgen belastet; auch die gefreundten Geschlechter und Ratsmitglieder gingen ums Jahr 1370 manch einmal bedrückt genug einher. Zwar wirtschaftliche Nöte beschwerten sie nicht, desto mehr aber politische. Immer wieder drohte der kleinen Stadt, daß ihr die Reichsfreiheit von den benachbarten Fürsten, vor allem den Thüringern, genommen und sie zu einer Landstadt herabgedrückt werde.
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Die Bedeutung der Grafschaft für Nordhausen ist ja immer wieder hervorgetreten. Ihr Gebiet umspülte Nordhausen, ihre Herren waren Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit in der Stadt, sie besaßen das Schutzrecht über das Altendorfer und Frauenberger Kloster. Dann waren sie auch jahrzehntelang vom Könige zu Wahrem des Landfriedens bestellt gewesen, sprachen als solche Recht und riefen den Heerbann gegen die Übertreter des Friedens auf. Daß sie andererseits aber auch abhängig von den Patriziern Nordhausens waren, daß sie in ihrer Geldverlegenheit wichtige Ortschaften an eine Reihe Nordhäuser Bürger versetzt hatten, ist oben gezeigt worden. Kurz, aus dieser gegenseitigen Abhängigkeit erwuchsen bald Freundschaften, bald Feindschaften. Während um 1350 herum leidliche Verhältnisse bestanden, kam es am Ausgang der fünfziger Jahre zu Reibereien. Die Grafen ließen nämlich in den Dörfern ihrer Herrschaft selbst Bier herstellen und verboten den Bauern den Bierkauf bei den Bürgern. Überhaupt sahen sie ganz begreiflich nicht gern, wenn ihre Untertanen das Geld in die Stadt trugen; einst hatten sie sich ja deshalb in Heringen eine eigene Stadt schaffen wollen. Wegen dieser Haltung hatten sich auch die Bürger zu ihrem Schaden an die Beichlinger Grafen angeschlossen und mußten dann nach der Kindelbrücker Affäre im Jahre 1359 den Honsteinem gegenüber einlenken. Diese gestatteten ihnen die Bierausfuhr wieder, Nordhausen zahlte dafür aber den Grafen 10 Jahre lang jährlich 50 M Silber. Um diese Zahlungen der Stadt zu erleichtern, hieß es in dem Vertrage verschämt, die Grafen nähmen die Stadt auf 10 Jahre in ihren Schutz. So schien alles wieder ausgeglichen, doch so recht traute man beiderseits dem Frieden nicht. Deshalb vereinigte sich auch im Jahre 1365 die Neustadt mit der Oberstadt mit der besonderen Verpflichtung der Oberstadt, für den Schutz der Unterstadt zu sorgen. Dieser Machtzuwachs Nordhausens erregte nun aber wieder die Besorgnis der gräflichen Herren und führte schließlich zu offenem Kriege.
Die Bedeutung der Grafschaft für Nordhausen ist ja immer wieder hervorgetreten. Ihr Gebiet umspülte Nordhausen, ihre Herren waren Inhaber der hohen Gerichtsbarkeit in der Stadt, sie besaßen das Schutzrecht über das Altendorfer und Frauenberger Kloster. Dann waren sie auch jahrzehntelang vom Könige zu Wahrem des Landfriedens bestellt gewesen, sprachen als solche Recht und riefen den Heerbann gegen die Übertreter des Friedens auf. Daß sie andererseits aber auch abhängig von den Patriziern Nordhausens waren, daß sie in ihrer Geldverlegenheit wichtige Ortschaften an eine Reihe Nordhäuser Bürger versetzt hatten, ist oben gezeigt worden. Kurz, aus dieser gegenseitigen Abhängigkeit erwuchsen bald Freundschaften, bald Feindschaften. Während um 1350 herum leidliche Verhältnisse bestanden, kam es am Ausgang der fünfziger Jahre zu Reibereien. Die Grafen ließen nämlich in den Dörfern ihrer Herrschaft selbst Bier herstellen und verboten den Bauern den Bierkauf bei den Bürgern. Überhaupt sahen sie ganz begreiflich nicht gern, wenn ihre Untertanen das Geld in die Stadt trugen; einst hatten sie sich ja deshalb in Heringen eine eigene Stadt schaffen wollen. Wegen dieser Haltung hatten sich auch die Bürger zu ihrem Schaden an die Beichlinger Grafen angeschlossen und mußten dann nach der Kindelbrücker Affäre im Jahre 1359 den Honsteinem gegenüber einlenken. Diese gestatteten ihnen die Bierausfuhr wieder, Nordhausen zahlte dafür aber den Grafen 10 Jahre lang jährlich 50 M Silber. Um diese Zahlungen der Stadt zu erleichtern, hieß es in dem Vertrage verschämt, die Grafen nähmen die Stadt auf 10 Jahre in ihren Schutz. So schien alles wieder ausgeglichen, doch so recht traute man beiderseits dem Frieden nicht. Deshalb vereinigte sich auch im Jahre 1365 die Neustadt mit der Oberstadt mit der besonderen Verpflichtung der Oberstadt, für den Schutz der Unterstadt zu sorgen. Dieser Machtzuwachs Nordhausens erregte nun aber wieder die Besorgnis der gräflichen Herren und führte schließlich zu offenem Kriege.


Seit alters herrscht in der zeitlichen Festlegung dieser großen Fehde der Grafen von Honstein mit der Stadt Nordhausen eine rechte Verwirrung, die auch Karl Meyer nicht behoben hat.<ref>Meyer, Festschrift 1903, 27 ff. - Meyer, Die Burg Hohnstein, 29 steht allerdings eindeutig: „im Jahre 1368 entstand eine erbitterte Fehde“.</ref> Während nämlich Förstemann seiner Art gemäß nur registriert, geht Meyer durchaus richtig auf die tieferen Gründe zu den Auseinandersetzungen ein, nimmt aber als äußeren Anlaß zum Kampfe, einem Hinweise Förstemanns folgend, nur die Erweiterung der Nordhäuser Stadtflur im Februar 1368 an. Nun wurde aber im August 1368 die Fehde schon beigelegt. Da können also die Errichtung der Schnabelsburg, die Werbung von Truppen durch Nordhausen, die verschiedenen Streifzüge, die Versuche zum Ausgleich nicht sämtlich in der kurzen Spanne Zeit vom Februar bis August 1368 geschehen sein. Meyer faßt auch das offenbar, wenigstens in seiner Schrift vom Jahre 1903, selbst nicht so auf, obwohl er alle Ereignisse erst nach dem Kaufe der Nordhäuser vom 11. Februar 1368 erzählt; er versucht aber niemals eine Datierung des Baues der Schnabelsburg, der Truppenwerbung durch die Nordhäuser oder des Gefechtes bei Heringen.
Seit alters herrscht in der zeitlichen Festlegung dieser großen Fehde der Grafen von Honstein mit der Stadt Nordhausen eine rechte Verwirrung, die auch Karl Meyer nicht behoben hat.<ref>Meyer, Festschrift 1903, 27 ff. - Meyer, Die Burg Hohnstein, 29 steht allerdings eindeutig: „im Jahre 1368 entstand ... eine erbitterte Fehde“.</ref> Während nämlich Förstemann seiner Art gemäß nur registriert, geht Meyer durchaus richtig auf die tieferen Gründe zu den Auseinandersetzungen ein, nimmt aber als äußeren Anlaß zum Kampfe, einem Hinweise Förstemanns folgend, nur die Erweiterung der Nordhäuser Stadtflur im Februar 1368 an. Nun wurde aber im August 1368 die Fehde schon beigelegt. Da können also die Errichtung der Schnabelsburg, die Werbung von Truppen durch Nordhausen, die verschiedenen Streifzüge, die Versuche zum Ausgleich nicht sämtlich in der kurzen Spanne Zeit vom Februar bis August 1368 geschehen sein. Meyer faßt auch das offenbar, wenigstens in seiner Schrift vom Jahre 1903, selbst nicht so auf, obwohl er alle Ereignisse erst nach dem Kaufe der Nordhäuser vom 11. Februar 1368 erzählt; er versucht aber niemals eine Datierung des Baues der Schnabelsburg, der Truppenwerbung durch die Nordhäuser oder des Gefechtes bei Heringen.


Fest steht, daß im September 1367 die Fehde im vollen Gange war; die Truppenwerbung durch Nordhausen müssen also spätestens im Frühjahr dieses Jahres vor sich gegangen, der Anlaß aber zu den Werbungen, der Bau der Schnabelsburg, muß noch früher, etwa im Jahre 1366 gegeben gewesen sein. Etwas Bestimmtes läßt sich nicht ausmachen, aber auf das Jahr 1366 wird man für den Anfang der Fehde zurückgreifen müssen. Wenn dem aber so ist, so liegt die Vermutung nahe, daß nicht die honsteinschen Schulden an Nordhausen und noch weniger der Erwerb der Salzaer Flur, so sehr sie zum Groll der Grafen beigetragen hat, der äußere Anlaß für den Kampf gewesen sind, sondern die Vereinigung der Neustadt mit der Altstadt im Jahre 1365.
Fest steht, daß im September 1367 die Fehde im vollen Gange war; die Truppenwerbung durch Nordhausen müssen also spätestens im Frühjahr dieses Jahres vor sich gegangen, der Anlaß aber zu den Werbungen, der Bau der Schnabelsburg, muß noch früher, etwa im Jahre 1366 gegeben gewesen sein. Etwas Bestimmtes läßt sich nicht ausmachen, aber auf das Jahr 1366 wird man für den Anfang der Fehde zurückgreifen müssen. Wenn dem aber so ist, so liegt die Vermutung nahe, daß nicht die honsteinschen Schulden an Nordhausen und noch weniger der Erwerb der Salzaer Flur, so sehr sie zum Groll der Grafen beigetragen hat, der äußere Anlaß für den Kampf gewesen sind, sondern die Vereinigung der Neustadt mit der Altstadt im Jahre 1365.
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Die Anzahl der gewählten Ratsherren war 18, nämlich 2 Rats-oder Bürgermeister und 16 Ratsherrn. Diese Zahl ist seit 1299 nachweisbar, und der liber privilegiorum sowie das album civium führen sie ganz einwandfrei bis zum Jahre 1351. Auch in gleichzeitigen Urkunden treten 18 Namen als Zeugen auf. Also für die ganze erste Hälfte des 14. Jahrhunderts gibt es nicht mehr als 18 Männer, die als Ratsherrn die Stadt wirklich verwalten.
Die Anzahl der gewählten Ratsherren war 18, nämlich 2 Rats-oder Bürgermeister und 16 Ratsherrn. Diese Zahl ist seit 1299 nachweisbar, und der liber privilegiorum sowie das album civium führen sie ganz einwandfrei bis zum Jahre 1351. Auch in gleichzeitigen Urkunden treten 18 Namen als Zeugen auf. Also für die ganze erste Hälfte des 14. Jahrhunderts gibt es nicht mehr als 18 Männer, die als Ratsherrn die Stadt wirklich verwalten.


Nun fährt die oben angeführte Bestimmung über die Ratswahlen aber fort: „Vier Männer hat die Gemeinde gekoren.“ Offenbar hat also jedes der 4 Viertel der Stadt, das Neuewegsviertel, das Töpferviertel, das Rautenviertel und das Altentorviertel, durch Urwahlen einen Mann seines Vertrauens gewählt. Doch wird dieser Vorgang nicht ganz klargestellt, denn unsere Quelle berichtet weiter, daß bei späteren Wahlen der Wahlakt so gehandhabt werden solle, daß der gesamte Rat, also die 18 Ratsherrn, dazu die Vierherm aus den Vierteln und die 6 Handwerksmeister, von denen gleich noch zu sprechen sein wird, 4 andere Viertelsherm wählen. Wir haben es also hier mit einem Kompromiß zu tun. Jedenfalls war es dem Unwillen der Gemeinde gegen das Geschlechterregiment schon in den beiden ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts gelungen, 4 Leute ihres Vertrauens neben den Rat zu stellen. Dem Volksbegehren war in dieser Beziehung nachgegeben worden; aber nachdem die Vier einmal gewählt waren, wurden nach Ablauf ihres Amtsjahres 4 neue gewählt, nicht von den Urwählern, sondern von der Gesamtheit des Rates samt den alten Vier und den 6 Handwerksmeistern. Durch dieses Wahlverfahren hatten die Geschlechter ihren Einfluß behalten; denn da sie mit 18 Stimmen gegen die 4 + 6 = 10 Stimmen der Viertelsherm und Handwerksmeister in der Mehrheit waren, konnten sie jedesmal ihnen genehme Viertelsherm durchdrücken. Daß aber die Vierherren tatsächlich einen Vorstoß der demokratischen Elemente gegen die aristokratischen bedeuten und daß sie gewissermaßen dem Rate gegenüber eine Kontrollbehörde darstellen, geht aus den bestimmten Vorschriften hervor, daß die Vierherm den Rate schwören sollen, dem Rate und der Gemeinde zu rechten Dingen zur Verfügung zu stehen, und daß sie sowohl bei allgemeinen Neuwahlen wie bei Wahlen zu besonderen Ämtern, z. B. zu dem wichtigen Amte der Kämmerer, mitzuwirken haben.<ref>Neue Mitteilungen, III, 2. 89. 90.</ref> Diese Kämmerer waren bisher von den beiden Rats- oder Bürgermeistern allein ernannt worden, jetzt sollten die Vierherm diesen beim Aussuchen einsichtiger und einwandfreier Männer behilflich sein. Dennoch wurden die Vierherm nicht eigentlich zum Rate gerechnet, auch Mitte des 14. Jahrhunderts noch nicht. Das geht hervor aus dem dritten auf uns gekommenen Statutenwerk, in welchem bestimmt wird: Ein jeglicher Rat soll, wenn er bestätigt wird, die Männer, die in den Stadtvierteln und die draußen gewählt sind sowie die Handwerksmeister sich schwören lassen, daß sie dem Rate und den Räten hinzugezogen. Bis etwa 1350 blieb der Einfluß der bevorrechteten Kreise, die allein wirkliche Ratsmitglieder werden konnten, so gut wie ungebrochen.
Nun fährt die oben angeführte Bestimmung über die Ratswahlen aber fort: „Vier Männer hat die Gemeinde gekoren.“ Offenbar hat also jedes der 4 Viertel der Stadt, das Neuewegsviertel, das Töpferviertel, das Rautenviertel und das Altentorviertel, durch Urwahlen einen Mann seines Vertrauens gewählt. Doch wird dieser Vorgang nicht ganz klargestellt, denn unsere Quelle berichtet weiter, daß bei späteren Wahlen der Wahlakt so gehandhabt werden solle, daß der gesamte Rat, also die 18 Ratsherrn, dazu die Vierherm aus den Vierteln und die 6 Handwerksmeister, von denen gleich noch zu sprechen sein wird, 4 andere Viertelsherm wählen. Wir haben es also hier mit einem Kompromiß zu tun. Jedenfalls war es dem Unwillen der Gemeinde gegen das Geschlechterregiment schon in den beiden ersten Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts gelungen, 4 Leute ihres Vertrauens neben den Rat zu stellen. Dem Volksbegehren war in dieser Beziehung nachgegeben worden; aber nachdem die Vier einmal gewählt waren, wurden nach Ablauf ihres Amtsjahres 4 neue gewählt, nicht von den Urwählern, sondern von der Gesamtheit des Rates samt den alten Vier und den 6 Handwerksmeistern. Durch dieses Wahlverfahren hatten die Geschlechter ihren Einfluß behalten; denn da sie mit 18 Stimmen gegen die 4 + 6 = 10 Stimmen der Viertelsherm und Handwerksmeister in der Mehrheit waren, konnten sie jedesmal ihnen genehme Viertelsherm durchdrücken. Daß aber die Vierherren tatsächlich einen Vorstoß der demokratischen Elemente gegen die aristokratischen bedeuten und daß sie gewissermaßen dem Rate gegenüber eine Kontrollbehörde darstellen, geht aus den bestimmten Vorschriften hervor, daß die Vierherm den Rate schwören sollen, dem Rate und der Gemeinde zu rechten Dingen zur Verfügung zu stehen, und daß sie sowohl bei allgemeinen Neuwahlen wie bei Wahlen zu besonderen Ämtern, z.B. zu dem wichtigen Amte der Kämmerer, mitzuwirken haben.<ref>Neue Mitteilungen, III, 2. 89. 90.</ref> Diese Kämmerer waren bisher von den beiden Rats- oder Bürgermeistern allein ernannt worden, jetzt sollten die Vierherm diesen beim Aussuchen einsichtiger und einwandfreier Männer behilflich sein. Dennoch wurden die Vierherm nicht eigentlich zum Rate gerechnet, auch Mitte des 14. Jahrhunderts noch nicht. Das geht hervor aus dem dritten auf uns gekommenen Statutenwerk, in welchem bestimmt wird: Ein jeglicher Rat soll, wenn er bestätigt wird, die Männer, die in den Stadtvierteln und die draußen gewählt sind sowie die Handwerksmeister sich schwören lassen, daß sie dem Rate und den Räten hinzugezogen. Bis etwa 1350 blieb der Einfluß der bevorrechteten Kreise, die allein wirkliche Ratsmitglieder werden konnten, so gut wie ungebrochen.


Da erzielten die Handwerksinnungen, welche die Masse der Plebejer gegenüber den Patriziern darstellten, im Jahre 1351 einen großen Erfolg, indem es den 6 Innungen gelang, ihre Zunftmeister, die bisher nur beratende Stimme hatten oder als Beamte für die Marktpolizei gebraucht wurden, als vollberechtigte Mitglieder in den Rat hineinzubringen. Aus den Einungen der Stadt allein ist das Jahr, in dem diese wichtige Verfassungsänderung vor sich ging, nicht zu ersehen: aus ihnen ist nur auszumachen, daß es vor dem Jahre 1368 geschah. Aus dem Album civium ist aber dadurch das genaue Jahr zu entnehmen, daß dieses für das Jahr 1351 noch die üblichen 18 Konsuln oder Ratleute benennt, vom Jahre 1352 dagegen 24 Namen aufweist. Und die Statuten belehren uns, wie nunmehr, vom Jahre 1352 ab die Zusammensetzung des Rates ist. Unter dem Titel: „von my rate zcu kisene, unde von der stat schriber“ erfahren wir da: Es sollen 3 Räte sein, jeder Rat soll 24, resp. 25 Mann umfassen, je nachdem man 6 oder 7 Handwerke und demgemäß Zunftmeister rechnet. Unter diesen 24 (25) Ratsherrn sollen 3 aus den Vorstädten sein; bleiben also für das eigentliche Nordhausen 21 Ratsmitglieder. Der Rat war also um 3 Sitze erweitert worden, die Handwerker hatten 6 Sitze gewonnen, die alten Geschlechter hatten 3 Sitze verloren. Der neue Rät sollte aus sich heraus jedesmal 2 Ratsmeister oder Bürgermeister für das 1. Halbjahr wählen, vom Tage der Heiligen 3 Könige bis zum Johannistage, für die 2. Hälfte des Jahres sollten dann aus dem sitzenden Rate 2 andere Bürgermeister genommen werden, diese aber nicht durch Wahl des sitzenden Rates, sondern der beiden augenblicklich nicht am Regimente befindlichen. - Das war ein großer Erfolg der Demokraten gegenüber den aristokratischen Gefreundten. Und dieser Erfolg wurde dadurch noch größer, daß sie es durchsetzten, daß fortan der einflußreichste Beamte der Stadt, der Ratsschreiber, der Protonotarius, der spätere Syndikus, der bisher aus den Geschlechtern genommen worden war, wie die Bestimmung lautet, ein „gemeyne man“ sein mußte. Es ist möglich, daß damals Heinrich Laran, der erste Stadtschreiber, den wir namentlich kennen, der auch wichtige auf uns gekommene Urkundenbücher angelegt hat, einem neuen demokratischen Schreiber hat weichen müssen. Offenbar war bisher für dieses Amt keine oder nur eine ganz geringfügige Besoldung vorgesehen. Umsomehr scheint sich aber der Stadtschreiber für freundliche Dienstwilligkeit auf nicht ganz legalem Wege bezahlt gemacht zu haben. Diesen Durchstechereien trat nun die Bestimmung dadurch entgegen, daß ihm ein festes Jahresgehalt zugestanden wurde. Das war ein großer Sieg der Masse der Bevölkerung gegenüber den Geschlechtern. Er stärkte auf der einen Seite Mut und Selbstvertrauen, er erregte auf der anderen Seite Groll und Haß.
Da erzielten die Handwerksinnungen, welche die Masse der Plebejer gegenüber den Patriziern darstellten, im Jahre 1351 einen großen Erfolg, indem es den 6 Innungen gelang, ihre Zunftmeister, die bisher nur beratende Stimme hatten oder als Beamte für die Marktpolizei gebraucht wurden, als vollberechtigte Mitglieder in den Rat hineinzubringen. Aus den Einungen der Stadt allein ist das Jahr, in dem diese wichtige Verfassungsänderung vor sich ging, nicht zu ersehen: aus ihnen ist nur auszumachen, daß es vor dem Jahre 1368 geschah. Aus dem Album civium ist aber dadurch das genaue Jahr zu entnehmen, daß dieses für das Jahr 1351 noch die üblichen 18 Konsuln oder Ratleute benennt, vom Jahre 1352 dagegen 24 Namen aufweist. Und die Statuten belehren uns, wie nunmehr, vom Jahre 1352 ab die Zusammensetzung des Rates ist. Unter dem Titel: „von my rate zcu kisene, unde von der stat schriber“ erfahren wir da: Es sollen 3 Räte sein, jeder Rat soll 24, resp. 25 Mann umfassen, je nachdem man 6 oder 7 Handwerke und demgemäß Zunftmeister rechnet. Unter diesen 24 (25) Ratsherrn sollen 3 aus den Vorstädten sein; bleiben also für das eigentliche Nordhausen 21 Ratsmitglieder. Der Rat war also um 3 Sitze erweitert worden, die Handwerker hatten 6 Sitze gewonnen, die alten Geschlechter hatten 3 Sitze verloren. Der neue Rät sollte aus sich heraus jedesmal 2 Ratsmeister oder Bürgermeister für das 1. Halbjahr wählen, vom Tage der Heiligen 3 Könige bis zum Johannistage, für die 2. Hälfte des Jahres sollten dann aus dem sitzenden Rate 2 andere Bürgermeister genommen werden, diese aber nicht durch Wahl des sitzenden Rates, sondern der beiden augenblicklich nicht am Regimente befindlichen. - Das war ein großer Erfolg der Demokraten gegenüber den aristokratischen Gefreundten. Und dieser Erfolg wurde dadurch noch größer, daß sie es durchsetzten, daß fortan der einflußreichste Beamte der Stadt, der Ratsschreiber, der Protonotarius, der spätere Syndikus, der bisher aus den Geschlechtern genommen worden war, wie die Bestimmung lautet, ein „gemeyne man“ sein mußte. Es ist möglich, daß damals Heinrich Laran, der erste Stadtschreiber, den wir namentlich kennen, der auch wichtige auf uns gekommene Urkundenbücher angelegt hat, einem neuen demokratischen Schreiber hat weichen müssen. Offenbar war bisher für dieses Amt keine oder nur eine ganz geringfügige Besoldung vorgesehen. Umsomehr scheint sich aber der Stadtschreiber für freundliche Dienstwilligkeit auf nicht ganz legalem Wege bezahlt gemacht zu haben. Diesen Durchstechereien trat nun die Bestimmung dadurch entgegen, daß ihm ein festes Jahresgehalt zugestanden wurde. Das war ein großer Sieg der Masse der Bevölkerung gegenüber den Geschlechtern. Er stärkte auf der einen Seite Mut und Selbstvertrauen, er erregte auf der anderen Seite Groll und Haß.
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Unterdessen war durch die auswärtigen Verhältnisse und Mißerfolge die Abhängigkeit von der Geschlechter-Regierung zwar nicht drückender geworden, wurde aber als drückender empfunden. Diese Mißstimmung zog sich in erster Linie nicht an der politischen Einflußlosigkeit groß, sondern an der wirtschaftlich gedrückten Lage. Je mehr die Geldwirtschaft überhandnahm, je mehr der Handel emporgeblüht war, umso mehr bildeten sich die sozialen Gegensätze zwischen arm und reich heraus. Hier standen die Reichen, die Handel trieben, die Bier brauten, von denen andere nicht bloß in dinglicher, sondern sogar persönlicher Abhängigkeit standen und in schwerer Fron ihre Schulden abdecken mußten, die Geld an auswärtige Adlige verliehen; dort standen die Armen, die Tag für Tag um kleinen Verdienst in der Werkstatt arbeiteten, denen Kopfsteuern auferlegt wurden in derselben Höhe wie den Wohlhabenden, die von auswärtigen Unternehmungen keine Vorteile, sondern nur Nachteile hatten. Dazu kam dann der geringe politische Einfluß. Die Interessenvertretungen beim Rate schienen nicht zu genügen, um eine eigenmächtige Politik zu verhindern, um unsoziale Umlagen zu unterbinden, um Unterschleife von Staatsmitteln zur Ausstattung einzelner zu verhüten. Schließlich erregte auch das Auftreten der Geschlechter größtes Ärgernis. Rücksichtslos verteidigten sie ihre Vorrechte, vor Gewalttaten schreckten sie nicht zurück, anmaßend und herausfordernd traten sie dem Volke entgegen. Als sich im Anfang des Jahres 1375 die Verhältnisse zuspitzten, fiel von Seiten der Geschlechter die unerhört rohe Äußerung: Man werde die gemeinen Bürger aufs Rad legen lassen, daß bald alle Räder in Nordhausen nicht ausreichen sollen. Da brach die Revolution offen aus.
Unterdessen war durch die auswärtigen Verhältnisse und Mißerfolge die Abhängigkeit von der Geschlechter-Regierung zwar nicht drückender geworden, wurde aber als drückender empfunden. Diese Mißstimmung zog sich in erster Linie nicht an der politischen Einflußlosigkeit groß, sondern an der wirtschaftlich gedrückten Lage. Je mehr die Geldwirtschaft überhandnahm, je mehr der Handel emporgeblüht war, umso mehr bildeten sich die sozialen Gegensätze zwischen arm und reich heraus. Hier standen die Reichen, die Handel trieben, die Bier brauten, von denen andere nicht bloß in dinglicher, sondern sogar persönlicher Abhängigkeit standen und in schwerer Fron ihre Schulden abdecken mußten, die Geld an auswärtige Adlige verliehen; dort standen die Armen, die Tag für Tag um kleinen Verdienst in der Werkstatt arbeiteten, denen Kopfsteuern auferlegt wurden in derselben Höhe wie den Wohlhabenden, die von auswärtigen Unternehmungen keine Vorteile, sondern nur Nachteile hatten. Dazu kam dann der geringe politische Einfluß. Die Interessenvertretungen beim Rate schienen nicht zu genügen, um eine eigenmächtige Politik zu verhindern, um unsoziale Umlagen zu unterbinden, um Unterschleife von Staatsmitteln zur Ausstattung einzelner zu verhüten. Schließlich erregte auch das Auftreten der Geschlechter größtes Ärgernis. Rücksichtslos verteidigten sie ihre Vorrechte, vor Gewalttaten schreckten sie nicht zurück, anmaßend und herausfordernd traten sie dem Volke entgegen. Als sich im Anfang des Jahres 1375 die Verhältnisse zuspitzten, fiel von Seiten der Geschlechter die unerhört rohe Äußerung: Man werde die gemeinen Bürger aufs Rad legen lassen, daß bald alle Räder in Nordhausen nicht ausreichen sollen. Da brach die Revolution offen aus.


Es war am 14. Februar 1375.<ref>Neue Mitteilungen III. 4. 83. ff. Förstemann, Chronik 261 f., Meyer, Festschrift 1903, 34 ff. Förstemann hat richtig den 14, Februar, Meyer falsch den 13. Februar 1375. Auch 1775 wurde richtig am 14. Februar die Säkularfeier begangen.</ref> Die Bürger hatten die Gefreundten gebeten, Mitleid mit ihrer Not zu haben und eine gerechte Verteilung der Steuern vorzunehmen. Da die Geschlechter nicht auf das Verlangen der Bürgerschaft eingehen wollten und Unruhen befürchteten, ließen sie die Tore schließen und suchten mit Gewalt ihre Herrschaft zu festigen. Zur Beratung waren sie in einem der Häuser ihrer Gesinnungsgenossen, im Riesenhaus bei Thilo von Tettenborn, zusammengekommen. Als nun die Bürger sahen, daß es Ernst wurde und vielleicht viele von ihnen dran glauben sollten, rotteten sie sich zusammen und wagten den Sturm auf das Riesenhaus. Unsere Quelle berichtet folgendes darüber:
Es war am 14. Februar 1375.<ref>Neue Mitteilungen III. 4. 83. ff. Förstemann, Chronik 261 f., Meyer, Festschrift 1903, 34 ff. Förstemann hat richtig den 14, Februar, Meyer falsch den 13. Februar 1375. Auch 1775 wurde richtig am 14. Februar die Säkularfeier begangen.</ref> Die Bürger hatten die Gefreundten gebeten, Mitleid mit ihrer Not zu haben und eine gerechte Verteilung der Steuern vorzunehmen. Da die Geschlechter nicht auf das Verlangen der Bürgerschaft eingehen wollten und Unruhen befürchteten, ließen sie die Tore schließen und suchten mit Gewalt ihre Herrschaft zu festigen. Zur Beratung waren sie in einem der Häuser ihrer Gesinnungsgenossen, im Riesenhaus bei Thilo von Tettenborn, zusammengekommen. Als nun die Bürger sahen, daß es Emst wurde und vielleicht viele von ihnen dran glauben sollten, rotteten sie sich zusammen und wagten den Sturm auf das Riesenhaus. Unsere Quelle berichtet folgendes darüber:


„Als es nun die Gemeinde und die Zünfte bedünkte, sie darauf acht hatten und meinten, daß die Gefreundten bei der Verwaltung der Stadt ungleich und unredlich umgingen, und als nun Gemeinde und Handwerke darüber verhandeln und die Gefreundten bitten wollten, daß sie auf ihre Ehre und ihren Eid Bedacht nehmen, arme Leute in der Stadt nicht also ins Verderben jagen und jeden Mann zu Geschoß und Geld nach seinem Vermögen heranziehen sollten, da kamen die Gefreundten zusammen mit ihren Freunden und Helfershelfern, ließen die Stadt schließen und wollten den gemeinen Bürgern und Handwerkern an Leib und Leben; denn etliche Gefreundte rannten auf die Straße und ließen sich vernehmen, sie wollten der gemeinen Bürger also viel auf Räder setzen, daß alle Räder in der Stadt nicht hinreichen sollten. Als nun Gemeinde und Handwerker dies vernommen, kamen sie zusammen vor dem Rathause, nahmen Gott zu Tröste und zu Hülfe, bedrängten die Gefreundten und belagerten sie im Hause zum Riesen auf dem Holzmarkte. Da trösteten der allmächtige Gott und die hochgelobte Jungfrau Maria und der Heilige Herr St. Valentin die Gemeinde und gaben ihr Stärke und Kraft. Und sie fingen die Gefreundten ohne Gegenwehr und steuerten auf diese Weise ihres Unfuges, Frevels und Mordes, den die Gefreundten an der Gemeinde und den Handwerkern hatten begehen wollen.
„Als es nun die Gemeinde und die Zünfte bedünkte, sie darauf acht hatten und meinten, daß die Gefreundten bei der Verwaltung der Stadt ungleich und unredlich umgingen, und als nun Gemeinde und Handwerke darüber verhandeln und die Gefreundten bitten wollten, daß sie auf ihre Ehre und ihren Eid Bedacht nehmen, arme Leute in der Stadt nicht also ins Verderben jagen und jeden Mann zu Geschoß und Geld nach seinem Vermögen heranziehen sollten, da kamen die Gefreundten zusammen mit ihren Freunden und Helfershelfern, ließen die Stadt schließen und wollten den gemeinen Bürgern und Handwerkern an Leib und Leben; denn etliche Gefreundte rannten auf die Straße und ließen sich vernehmen, sie wollten der gemeinen Bürger also viel auf Räder setzen, daß alle Räder in der Stadt nicht hinreichen sollten. Als nun Gemeinde und Handwerker dies vernommen, kamen sie zusammen vor dem Rathause, nahmen Gott zu Tröste und zu Hülfe, bedrängten die Gefreundten und belagerten sie im Hause zum Riesen auf dem Holzmarkte. Da trösteten der allmächtige Gott und die hochgelobte Jungfrau Maria und der Heilige Herr St. Valentin die Gemeinde und gaben ihr Stärke und Kraft. Und sie fingen die Gefreundten ohne Gegenwehr und steuerten auf diese Weise ihres Unfuges, Frevels und Mordes, den die Gefreundten an der Gemeinde und den Handwerkern hatten begehen wollen.


Dann wählten die Bürger aus der Gemeinde und aus den Handwerkern andere Ratsleute, die nun die Geschäfte der Stadt übernahmen,so daß ein jeder Bürger und arme Mann bleiben konnte bei Einigkeit und Recht und Freiheit.<ref>Vergl. Meyer, Die große Revolution am 13. Februar 1375; in Festschrift des Harzvereins 1903, 34 ff.</ref>  
Dann wählten die Bürger aus der Gemeinde und aus den Handwerkern andere Ratsleute, die nun die Geschäfte der Stadt übernahmen,... so daß ein jeder Bürger und arme Mann bleiben konnte bei Einigkeit und Recht und Freiheit.<ref>Vergl. Meyer, Die große Revolution am 13. Februar 1375; in Festschrift des Harzvereins 1903, 34 ff.</ref>  


Die erste Aufgabe der neu gewählten Bürger war es nun, über die gefangengenommenen Gefreundten zu Gericht zu sitzen. Sie wurden der Stadt verwiesen und mußten Urfehde schwören. Das taten sie alle, und 41 Patrizier mußten ins Elend wandern. Einer von ihnen, Henze von Urbach, brach seinen Eid und fügte der Stadt, ohne ihr Fehde angesagt zu haben, durch Brand und Raub viel Schaden zu. Daß aber auch noch andere Familien, insbesondere die Familie Junge, sich nicht ohne weiteres in ihr Schicksal fügten, werden wir noch fernerhin sehen.
Die erste Aufgabe der neu gewählten Bürger war es nun, über die gefangengenommenen Gefreundten zu Gericht zu sitzen. Sie wurden der Stadt verwiesen und mußten Urfehde schwören. Das taten sie alle, und 41 Patrizier mußten ins Elend wandern. Einer von ihnen, Henze von Urbach, brach seinen Eid und fügte der Stadt, ohne ihr Fehde angesagt zu haben, durch Brand und Raub viel Schaden zu. Daß aber auch noch andere Familien, insbesondere die Familie Junge, sich nicht ohne weiteres in ihr Schicksal fügten, werden wir noch fernerhin sehen.
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Daß nur zwei Brüder oder nur Vater und Sohn im Rate sitzen konnten, aber nicht mehr Verwandte zu gleicher Zeit, daß unehrliche oder unehrlich gewesene Männer von der Ratswahl ausgeschlossen waren, daß niemand die am Tage der Heiligen Drei Könige vorgenommene Wahl „schelten“ durfte, - diese Bestimmungen finden sich auch schon vor 1375, sind also kein neues Element, und, fügen wir gleich hinzu, oft genug ist gerade gegen sie gesündigt worden. Ferner wurde das Bestehen der drei Räte als Vollversammlung durchaus beibehalten, jetzt also mit 81 Mann. Endlich bestand auch weiterhin bei den schon oben angeführten 5 Punkten die Einrichtung, daß ein Bürgerausschuß zu den Beratungen der drei Räte hinzugezogen wurde. Die diesem Bürgerausschuß angehörigen Männer, die Ratsgefreundten, wurden auch im Stadtregister namentlich aufgeführt. - Wir sehen, in nuce ist unsere heutige Stadtverfassung schon getreulich vorgebildet: Die 81 Ratsmitglieder bildeten zur Vorbereitung der Sitzungen Kommissionen, bei besonders wichtigen, vielleicht auch nur durch Fachleute zu lösenden Fragen waren noch außenstehende Bürger zu Deputationen herangezogen. Völlig unverständlich ist es uns allerdings heute geworden, daß auch nach 1375 nicht etwa die Urwähler, sondern der Rat selbst den neuen Rat wählte. Von einem Mitbestimmungsrecht des Volkes konnte direkt also nicht die Rede sein, sondern nur indirekt insofern, als die aus den Zünften hervorgegangenen Ratsherren die Stimmungen und Ansichten ihrer Zunftgenossen kannten und deren Wünschen Geltung zu verschaffen versuchen mußten.
Daß nur zwei Brüder oder nur Vater und Sohn im Rate sitzen konnten, aber nicht mehr Verwandte zu gleicher Zeit, daß unehrliche oder unehrlich gewesene Männer von der Ratswahl ausgeschlossen waren, daß niemand die am Tage der Heiligen Drei Könige vorgenommene Wahl „schelten“ durfte, - diese Bestimmungen finden sich auch schon vor 1375, sind also kein neues Element, und, fügen wir gleich hinzu, oft genug ist gerade gegen sie gesündigt worden. Ferner wurde das Bestehen der drei Räte als Vollversammlung durchaus beibehalten, jetzt also mit 81 Mann. Endlich bestand auch weiterhin bei den schon oben angeführten 5 Punkten die Einrichtung, daß ein Bürgerausschuß zu den Beratungen der drei Räte hinzugezogen wurde. Die diesem Bürgerausschuß angehörigen Männer, die Ratsgefreundten, wurden auch im Stadtregister namentlich aufgeführt. - Wir sehen, in nuce ist unsere heutige Stadtverfassung schon getreulich vorgebildet: Die 81 Ratsmitglieder bildeten zur Vorbereitung der Sitzungen Kommissionen, bei besonders wichtigen, vielleicht auch nur durch Fachleute zu lösenden Fragen waren noch außenstehende Bürger zu Deputationen herangezogen. Völlig unverständlich ist es uns allerdings heute geworden, daß auch nach 1375 nicht etwa die Urwähler, sondern der Rat selbst den neuen Rat wählte. Von einem Mitbestimmungsrecht des Volkes konnte direkt also nicht die Rede sein, sondern nur indirekt insofern, als die aus den Zünften hervorgegangenen Ratsherren die Stimmungen und Ansichten ihrer Zunftgenossen kannten und deren Wünschen Geltung zu verschaffen versuchen mußten.


Der Rat schwur der Stadt folgenden Eid: Wir schwören, „''daz wir deme riche, der stat Northusen unde den bürgern darinne, rieh unde arm, rathen unde orteilen daz allerbeste, daz wir können, unde der stat eynunge, die beschreben ist<ref>Statt „unde der stat eynunge, die beschreben ist“ trat im 18. Jahrhundert ein: „und wider der Stadt Einung in den Punkten, welche durch einen beständigen Gebrauch (Förstemann „Gegengebrauch“) nicht aufgehoben oder geändert sind, wissentlich und fürsetzlich nicht handeln, sondern dieselben halten "</ref>,halden unde fordern wollen dem riehen also dem armen, unde helen, daz wir zcu rechte helen sollen unde melden, daz wir zcu rechte melden sollen unde daz nicht laszen dorch lieb noch dorch leyt, unde der stat nicht verliehen wollen, esz enwere dann, daz die andern rethe mit uns eyns worden unde willeten unde ouch mit irkenten, daz der stat davon merclich nutz unde frome körnen unde enstehin mochte: daz swern wir so uns got helffe unde die heiligen.''“
Der Rat schwur der Stadt folgenden Eid: Wir schwören, „''daz wir deme riche, der stat Northusen unde den bürgern darinne, rieh unde arm, rathen unde orteilen daz allerbeste, daz wir können, unde der stat eynunge, die beschreben ist<ref>Statt „unde der stat eynunge, die beschreben ist“ trat im 18. Jahrhundert ein: „und wider der Stadt Einung in den Punkten, welche durch einen beständigen Gebrauch (Förstemann „Gegengebrauch“) nicht aufgehoben oder geändert sind, wissentlich und fürsetzlich nicht handeln, sondern dieselben halten ..."</ref>,halden unde fordern wollen dem riehen also dem armen, unde helen, daz wir zcu rechte helen sollen unde melden, daz wir zcu rechte melden sollen unde daz nicht laszen dorch lieb noch dorch leyt, unde der stat nicht verliehen wollen, esz enwere dann, daz die andern rethe mit uns eyns worden unde willeten unde ouch mit irkenten, daz der stat davon merclich nutz unde frome körnen unde enstehin mochte: daz swern wir so uns got helffe unde die heiligen.''“


An die Stelle der Heiligen trat nach der Reformationszeit die Formel: ''so uns got helfe und sein heiliges Evangelium.'' -
An die Stelle der Heiligen trat nach der Reformationszeit die Formel: ''so uns got helfe und sein heiliges Evangelium.'' -
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[[Kategorie:Geschichte der freien Reichsstadt Nordhausen|2-05]]
[[Kategorie:Geschichte der freien Reichsstadt Nordhausen|5]]
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