Bearbeiten von „Das Nordhäuser Gehege und der Nordhäuser Korn

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Von Dr. Silberborth
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|TITEL=Das Nordhäuser „Gehege“ und der Nordhäuser „Korn“
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|HERKUNFT=Der Harz: geht nicht ohne uns!
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'''Eine Plauderei über Nordhausens nächste Umgebung und seine Gewerbe'''
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Dem Fremden ist von Nordhausen im allgemeinen nur zweierlei bekannt: das Nordhäuser Gehege und der Nordhäuser Korn. Wenn man nun diese Kenntnis auch als einigermaßen rudimentär ansprechen muß, so ist doch nicht zu leugnen, daß sie bei einer gewissen Dehnung der Begriffe „Gehege“ und „Korn“ nicht völlig unzulänglich ist. Der großen Menge des Volkes geht ja gottlob die erstaunliche Vielwissenheit des Allerweltsweisen ab, und sie hat sich gerade deshalb den unbefangenen, wir können sagen künstlerischen Blick auf das Wesen der Dinge bewahrt, mit dem sie aus dem Durcheinander von Dingen und Begriffen jedesmal die Hauptsache klar erkannt und richtig erfaßt. So setzt das Volk und der Fremdling auch das Gehege und den Nordhäuser Korn als bestimmte, anschauliche, äußerst schmackhafte Teile für ein unbestimmtes, unanschauliches und gänzlich unschmackhaftes Ganzes, und wenn der große Anempfinder Heinrich Heine bekanntlich von der Musenstadt an der Leine schreibt, sie sei berühmt durch ihre Universität und ihre Mettwurst, so ist er genau solch großer Künstler wie Herr Hinz oder Kunz, die über Nordhausen äußern, es sei berühmt durch sein Gehege und seinen Schnaps.
Dem Fremden ist von Nordhausen im allgemeinen nur zweierlei bekannt: das Nordhäuser Gehege und der Nordhäuser Korn. Wenn man nun diese Kenntnis auch als einigermaßen rudimentär ansprechen muß, so ist doch nicht zu leugnen, daß sie bei einer gewissen Dehnung der Begriffe „Gehege“ und „Korn“ nicht völlig unzulänglich ist. Der großen Menge des Volkes geht ja gottlob die erstaunliche Vielwissenheit des Allerweltsweisen ab, und sie hat sich gerade deshalb den unbefangenen, wir können sagen künstlerischen Blick auf das Wesen der Dinge bewahrt, mit dem sie aus dem Durcheinander von Dingen und Begriffen jedesmal die Hauptsache klar erkannt und richtig erfaßt. So setzt das Volk und der Fremdling auch das Gehege und den Nordhäuser Korn als bestimmte, anschauliche, äußerst schmackhafte Teile für ein unbestimmtes, unanschauliches und gänzlich unschmackhaftes Ganzes, und wenn der große Anempfinder Heinrich Heine bekanntlich von der Musenstadt an der Leine schreibt, sie sei berühmt durch ihre Universität und ihre Mettwurst, so ist er genau solch großer Künstler wie Herr Hinz oder Kunz, die über Nordhausen äußern, es sei berühmt durch sein Gehege und seinen Schnaps.
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Das wäre in aller Kürze einiges vom Nordhäuser „Gehege“. Doch haben wir ja am Anfang unserer Betrachtungen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Nordhausen durch zweierlei bekannt sei: durch sein Gehege und durch seinen Korn, und der geneigte Leser wird uns keine derartige Böswilligkeit zutrauen, daß wir nur die einen der Nordhäuser Genüsse hervorheben, während wir die anderen ganz unterschlagen. Auch der Herr Herausgeber des „Harzes“, auf dessen Veranlassung wir uns von Nordhausen und seiner Landschaft ein Bildchen zu zeichnen erkühnt haben, würde sicher unser Opus zu blaß und farblos finden, wenn wir dem Antlitze Nordhausens nicht eine leicht, vom „Korn“ hervorgerufene Röte auflegten. Frische Kraft, Sinn für die Realitäten des Lebens gehören nun einmal zu diesem Gesicht, und die Bedenken, die bei der Schriftleitung wegen vielleicht allzu großen Naturalismus und Materialismus aufkommen könnten, hoffen wir dadurch leicht zu zerstreuen, da0 wir den Nordhäuser Korn ganz nur als herrliches Produkt der herrlichen Nordhäuser Landschaft aufzufallen gewillt sind, und daß wir auch in diesem Falle den Schnaps, ebenso wie Heinrich Heine seine Göttinger Mettwurst pars pro toto nennt, nur als das dem Fremden geläufige bodenständige Gewächs Nordhausens für alle die anderen mitansehen.
Das wäre in aller Kürze einiges vom Nordhäuser „Gehege“. Doch haben wir ja am Anfang unserer Betrachtungen ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Nordhausen durch zweierlei bekannt sei: durch sein Gehege und durch seinen Korn, und der geneigte Leser wird uns keine derartige Böswilligkeit zutrauen, daß wir nur die einen der Nordhäuser Genüsse hervorheben, während wir die anderen ganz unterschlagen. Auch der Herr Herausgeber des „Harzes“, auf dessen Veranlassung wir uns von Nordhausen und seiner Landschaft ein Bildchen zu zeichnen erkühnt haben, würde sicher unser Opus zu blaß und farblos finden, wenn wir dem Antlitze Nordhausens nicht eine leicht, vom „Korn“ hervorgerufene Röte auflegten. Frische Kraft, Sinn für die Realitäten des Lebens gehören nun einmal zu diesem Gesicht, und die Bedenken, die bei der Schriftleitung wegen vielleicht allzu großen Naturalismus und Materialismus aufkommen könnten, hoffen wir dadurch leicht zu zerstreuen, da0 wir den Nordhäuser Korn ganz nur als herrliches Produkt der herrlichen Nordhäuser Landschaft aufzufallen gewillt sind, und daß wir auch in diesem Falle den Schnaps, ebenso wie Heinrich Heine seine Göttinger Mettwurst pars pro toto nennt, nur als das dem Fremden geläufige bodenständige Gewächs Nordhausens für alle die anderen mitansehen.
Oben vom Geiersberg aus haben wir einen Blick hinabgetan in die Einsenkung der „Goldene Aue“, welche die Helme und Zorge durchströmen, und welche sie mit fruchtbarsten Schwemmland ausgefüllt haben. Da gedeihen die Saaten, da werde die Halme ährenschwer. Der Bäcker und die der Landessitte entsprechend viele Kuchen backende Hausfrau hatte aus der Aue un den Unstrutlanden Getreide überreichlich, und so ward der Ueberschuß zu „Bornewyn“, wie er schon 1507 heißt, zu Branntwein verwertet. Die lebensfrohe Nordhäuser Bevölkerung fand bald, daß das eine oder andere und nich ein anderes Gläschen Korn der Verdauung durchaus zuträglich sei, besonders im Anschluß an Schweine- und Gänsebraten, Lieblingsspeisen der Aueanwohuer. And dasselbe fand man selbstverständlich bald im. ganzen deutschen Baterlande und über seine Grenzen hinaus, so daß die achtzig Branntweinbrennereien Nordhausens mit ihren fünfhunderttausend Hektoliter Korn jährlich kaum die Nachfrage befriedigen konnten und der „Nordhäuser“ die Ehre der Stadt hinaus trug in alle Welt und ihren Ruhm predigte allen Völkern. Daher stellt sich jedem Fremden mit dem Namen Nordhausen sogleich eine gewisse Ideenverbindung ein, und ein behagliches Schmunzeln, wie es das Antlitz des standhaften Prinzipienreiters bei seinem Kaffee oder Sodawasser gar niemals verschönen kann, gleitet über seine ehrlichen Züge.
Doch wir sagten schon oben: Das Urteil der Menge trifft immer das wesentliche Wohl, verallgemeinert zuweilen aber ein bißchen stark. Da ist es schon richtig daß der Nordhäuser Branntwein ein Charakteristikum ist für Nordhausen und aus seiner Umgebung erwachsen ist wie das Kind aus der Mutter Schoß. Doch ist er gewissermaßen nur der Erstling,, den/ die Mutter viele Jahrzehnte lang voller Stolz immer zuerst präsentiert Hatz den sie Nun aber allmählich als mündig in alle Welt hinausgelassen hat, wo er denn nun in vielerlei Spritfabriken ebensogut gedeiht, wie' in der Heimat voreinst.
Andere, später geborene und lange vernachlässigte Kinder rücken in die bevorzugte Stelle ein. –
Oben vom Geiersberg aus haben wir auch die weißen Gipsfelsen allüberall aufleuchten sehen, die sich als breites Band um den ganzen Südfuß des Harzes schmiegen. Weiter nach Süden hin verschwinden sie unter rotem Sandstein, unter jugendlichem Schwemmland, unter harten Muschelkalken, bergen aber gerade hier, von den Deckschichten geschützt, das kostbare Kali,
und zahlreiche Schächte bohren sich deshalb südlich von Nordhausen in die Tiefe, die Schätze der Erde zu
heben. So wurde Nordhausen ein Zentrum mitteldeutschen Kalibergbaues und befriedigt durch eine stattliche Bergbauindustrie die mannigfachen Bedürfnisse der Schächte. Wenn man also von der völkerernährenden und völkererfreuenden Erde ein wenig in die Diese geht, und wenn man sich mit seinem Anteil und seinen Kenntnissen nicht allzu stark bloß aus die Oberfläche einst eilt, dann erkennt mairn auf und aus dem Boden erwachsen, in. Nordhausen noch einen anderen Erwerbszweig, als die Brennerei.
Doch am Menschen und seinem Denken haftet nun einmal die Gewohnheit wie das berüchtigte Nessushemd, er kann sie nichr abstreifen, und so übersieht er auch in diesem Falle die ganze gewaltige Kali- und Gipsindustrie Nordhausens und seiner Umgebung und denkt bei Nordhausen immer wieder nur an bei Nordhäuser Korn.
Und um aus allem anderen nur noch ein Drittes hervorzuheben: Oben vom Geiersberge aus haben wir auch die waldbestandenen Berge des Harzes gegrüßt, haben den langen Zug der Hainleite in ihrem grünen Baumschmuck gesehen und die einsamen Wälder des Eichsfeldes. Kein Wunder, wenn an den rauschenden Bächen die Sägemühlen nimmer stillstehen, wenn der Holzreichtum der Umgebung dem Handel und Gewerbe Nordhausens Anreiz gegeben hat und sich von Nordhausen Tischlereien, Möbelfabriken und mancherlei andere damit zusammenhängende Gewerbe eingestellt haben. Bald sind neben den heimischen Nutzhölzern auch fremde verarbeitet worden, und so hat auch in dieser Beziehung ein ganz und gar aus den Produkten des heimatlichen Bodens erwachsenes Handwerk und Kunsthandwerk sich in Nordhausen zu reicher Blüte entfaltet. — Branntwein, Kali und Holz — Nordhausen wäre nicht Nordhausen, wäre nicht auf diese Weise, auf seine Weise im deutschen Vaterlande erstanden ohne die drei. Womit denn nicht gesagt sein soll, daß nicht noch mancherlei anderes Gewerbe in Nordhausen erblüht sei aus dem nahrhaften Boden der Heimat, ganz zu schweigen von den vielen Erwerbszweigen, die munter gedeihen und grünen, seitdem der menschliche Geist weiteste Räume der Erde zu überwinden gelernt hat. Doch davon wollen wir hier nicht sprechen, sondern gehorsam dem unruhigen Augenzwinkern des Herrn Herausgebers folgen, das uns auffordert, endlich zum
Schlüsse zu kommen; denn Papier ist heute teuer und nicht mehr so geduldig wie in der guten alten Zeit. Auch bei unseren beiden Freunden, dem Nordhäuser Gehege und dem Nordhäuser Korn, bemerken wir schon ein leichtes Schmollen, weil ihnen so mancherlei an die Seite gestellt worden ist. Da wollen wir sie nicht durch ein weiteres noch mehr betrüben. Auch können sie mit
Recht aus die Ueberschrift verweisen und uns bedeuten, daß es, wenn sie nun einmal als Prachtgewächse der Heimatlichen Scholle herausgestellt werden, nicht angängig ist, sie von allem möglichen Unkraut überwuchern zu lassen. Nein, wenn ihnen seither auch viele Geschwister an die Seite getreten sind, sie zu überflügeln drohen oder sie gar schon überflügelt haben, - das Recht der Erstgeburt soll dem Nordhäuser Gehege und dem Nordhäuser Korn immerdar bleiben; dafür sorgt hoffentlich auch die sich ewig gleich- bleibende Einstellung des menschlichen Geistes, für den auch heute noch trotz aller Revolutionen „das Jahr eine
Heiligende Kraft übt“ und dem auch heute noch das „göttlich ist, was grau für Alter ist“.
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