Bearbeiten von „Bilder aus der Geschichte Nordhausens und des Kreises „Grafschaft Hohenstein“

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== Eine Jagd zur Urzeit ==
== Eine Jagd zur Urzeit ==


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Nördlich vom Reichshofe wurden fränkische Krieger angesiedelt, die den Wacht- und Schutzdienst versehen und auch in der Landwirtschaft tätig sein mußten. Sie wohnten am Frauenberge, in dem untern Teil der Frauenberger Stiege und in der Lichtengasse. Diese Ansiedelung bildete das fränkische R eich s- dorfNordhausen, das wir als die älteste Ansiedelung in geschichtlicher Zeit auf dem Raume der jetzigen Stadt Nordhausen ansehen müssen. Die Ansiedelung auf dem Reichsgute südlich von Nordhausen, die gleichzeitig mit dieser entstand, erhielt den Namen Sund- (d. h. Süd-) Hausen. Die Endung -Hausen in Ortsnamen ist besonders den Franken eigen. Nord- wie Sundhausen kommen häufiger vor, ebenso auch Osterhausen.
Nördlich vom Reichshofe wurden fränkische Krieger angesiedelt, die den Wacht- und Schutzdienst versehen und auch in der Landwirtschaft tätig sein mußten. Sie wohnten am Frauenberge, in dem untern Teil der Frauenberger Stiege und in der Lichtengasse. Diese Ansiedelung bildete das fränkische R eich s- dorfNordhausen, das wir als die älteste Ansiedelung in geschichtlicher Zeit auf dem Raume der jetzigen Stadt Nordhausen ansehen müssen. Die Ansiedelung auf dem Reichsgute südlich von Nordhausen, die gleichzeitig mit dieser entstand, erhielt den Namen Sund- (d. h. Süd-) Hausen. Die Endung -Hausen in Ortsnamen ist besonders den Franken eigen. Nord- wie Sundhausen kommen häufiger vor, ebenso auch Osterhausen.


4. Mehr als 100 Jahre später finden wir nordwestlich vom fränkischen Reichshofe einen zweiten Hof,- er gehörte dem deutschen König Heinrich l. Von dieser Stelle aus, nicht von dem fränkischen Reichshofe und Reichsdorfe, ist die heutige Stadt Nordhausen ausgegangen. Nachdem Heinrich!. König geworden war, hieß der Hof fortan der Königshof. Er lag auf dem Platze, der noch jetzt „Königs Hof“ heißt. Von hier aus wurden die Ländereien beackert, die zu dem Hofe gehörten. Wie auf einem heutigen Gutshose wurden dort Pferde, Ochsen und Kühe, Schafe, Schweine, Federvieh und Bienen gehalten. Außer den Scheunen und Ställen waren hier auch die Wohnungen der Knechte, die den Acker bestellten und die Werkstätten der Schmiede, Schuster, Netzemacher und anderer Handwerker. Frauen und Mädchen spannen in besonderen Häusern Flachs und Wolle, webten Gewänder, strickten und färbten. So schlossen sich an die eigentlichen Wirtschaftsgebäude viele andere Häuser, die nach und nach einen besonderen Ort bildeten. Auch eine Kirche wird bald gebaut worden sein, die Vorläuferin der heutigen Marktkirche. Die jetzige Kirchengemeinde, die allmählich aus der Vergrößerung des Königshofsbezirkes hervorgegangen ist, können wir als den ältesten Stadtteil Nordhausens ansehen.
4. Mehr als 100 Jahre später finden wir nordwestlich vom fränkischen Reichshofe einen zweiten Hof,- er gehörte dem deutschen König Heinrich l. Von dieser Stelle aus, nicht von dem fränkischen Reichshofe und Reichsdorfe, ist die heutige Stadt Nordhausen ausgegangen. Nachdem Heinrich!. König geworden war, hieß der Hof fortan der Königshof. Er lag auf dem Platze, der noch jetzt „Königs Hof" heißt. Von hier aus wurden die Ländereien beackert, die zu dem Hofe gehörten. Wie auf einem heutigen Gutshose wurden dort Pferde, Ochsen und Kühe, Schafe, Schweine, Federvieh und Bienen gehalten. Außer den Scheunen und Ställen waren hier auch die Wohnungen der Knechte, die den Acker bestellten und die Werkstätten der Schmiede, Schuster, Netzemacher und anderer Handwerker. Frauen und Mädchen spannen in besonderen Häusern Flachs und Wolle, webten Gewänder, strickten und färbten. So schlossen sich an die eigentlichen Wirtschaftsgebäude viele andere Häuser, die nach und nach einen besonderen Ort bildeten. Auch eine Kirche wird bald gebaut worden sein, die Vorläuferin der heutigen Marktkirche. Die jetzige Kirchengemeinde, die allmählich aus der Vergrößerung des Königshofsbezirkes hervorgegangen ist, können wir als den ältesten Stadtteil Nordhausens ansehen.


Neben dem Hofe, wo nur Wirtschaftsgebäude waren, baute Heinrich I. eine Burg, in der er wohnte, wenn er in Nordhausen war. Sie lag wahrscheinlich neben dem heutigen Dom am Steilabhange des Berges, so daß sie nicht leicht einzunehmen war. (Bild Heinrichs I. im Stadthause.)
Neben dem Hofe, wo nur Wirtschaftsgebäude waren, baute Heinrich I. eine Burg, in der er wohnte, wenn er in Nordhausen war. Sie lag wahrscheinlich neben dem heutigen Dom am Steilabhange des Berges, so daß sie nicht leicht einzunehmen war. (Bild Heinrichs I. im Stadthause.)
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== Königin Mathilde gründet in Nordhausen das Nonnenkloster zum heiligen Kreuz. 962 ==  
== Königin Mathilde gründet in Nordhausen das Nonnenkloster zum heiligen Kreuz. 962 ==  


Die Königin Mathilde war die Gemahlin Heinrichs I. Damit sie nach des Königs Tode keine Not leiden sollte, hatte er ihr neben andern Gütern die Königshöfe in Nordhausen und Quedlinburg als Witwengut geschenkt. Auf beiden Höfen wohnte sie in ihrer Witwenzeit abwechselnd, und an beiden Orten gründete sie ein Kloster. 2n Nordhausen stiftete sie nahe der königlichen Burg ein Nonnenkloster/ später erhielt das Kloster als wertvolle Gabe (Reliquie) einen Holzsplitter vom Kreuze Christi und hieß nun das "Kloster zum heiligen Kreuz“. Auch eine Kirche ließ sie für das Kloster bauen/ daraus ist später der heutige Dom entstanden.
Die Königin Mathilde war die Gemahlin Heinrichs I. Damit sie nach des Königs Tode keine Not leiden sollte, hatte er ihr neben andern Gütern die Königshöfe in Nordhausen und Quedlinburg als Witwengut geschenkt. Auf beiden Höfen wohnte sie in ihrer Witwenzeit abwechselnd, und an beiden Orten gründete sie ein Kloster. 2n Nordhausen stiftete sie nahe der königlichen Burg ein Nonnenkloster/ später erhielt das Kloster als wertvolle Gabe (Reliquie) einen Holzsplitter vom Kreuze Christi und hieß nun das "Kloster zum heiligen Kreuz". Auch eine Kirche ließ sie für das Kloster bauen/ daraus ist später der heutige Dom entstanden.


Bald nach der Errichtung des Klosters kam ihr Sohn, König Otto I., nach Nordhausen. Sieben Tage verweilte er bei seiner alten Mutter. Als er wieder abreisen wollte, gingen sie frühmorgens zusammen in die Kirche. Dann traten sie aus der Tür, um Abschied zu nehmen. Mathilde bat den König noch einmal inständigst, für das Kloster zu sorgen, wenn sie nicht mehr da sei, bei ihrem hohen Alter könne sie nicht mehr hoffen noch lange zu leben. Tiefgerührt versprach Otto, alle ihre Bitten zu erfüllen. Unter Tränen schlossen sie sich noch einmal in die Arme/ dann schwang sich Otto auf sein Roß. Die Mutter aber kehrte in die Kirche zurück nach der Stelle hin, wo Otto während des Gottesdienstes gestanden hatte und kniete dort nieder. Einige der noch zurückgebliebenen Begleiter des Königs, die dies bemerkten, teilten es ihrem Herrn mit. Otto sprang sofort aus dem Sattel und kehrte zu seiner Mutter zurück, die in Tränen zerfließend hier noch betete. Er hob sie auf und sprach: „Durch welchen Dienst kann ich dir diese Tränen vergelten?" Noch einmal tauschten sie tief bewegt einige Worte aus, noch einmal bat Mathilde um die Gunst, daß ihr Sohn sorgsam dieses Klosters gedenken möge/ dann nahmen sie Abschied voneinander. Otto hat seine Mutter nicht wieder gesehen. (Bild im Stadtverordnetensitzungszimmer im Stadthause.)
Bald nach der Errichtung des Klosters kam ihr Sohn, König Otto I., nach Nordhausen. Sieben Tage verweilte er bei seiner alten Mutter. Als er wieder abreisen wollte, gingen sie frühmorgens zusammen in die Kirche. Dann traten sie aus der Tür, um Abschied zu nehmen. Mathilde bat den König noch einmal inständigst, für das Kloster zu sorgen, wenn sie nicht mehr da sei, bei ihrem hohen Alter könne sie nicht mehr hoffen noch lange zu leben. Tiefgerührt versprach Otto, alle ihre Bitten zu erfüllen. Unter Tränen schlossen sie sich noch einmal in die Arme/ dann schwang sich Otto auf sein Roß. Die Mutter aber kehrte in die Kirche zurück nach der Stelle hin, wo Otto während des Gottesdienstes gestanden hatte und kniete dort nieder. Einige der noch zurückgebliebenen Begleiter des Königs, die dies bemerkten, teilten es ihrem Herrn mit. Otto sprang sofort aus dem Sattel und kehrte zu seiner Mutter zurück, die in Tränen zerfließend hier noch betete. Er hob sie auf und sprach: „Durch welchen Dienst kann ich dir diese Tränen vergelten?" Noch einmal tauschten sie tief bewegt einige Worte aus, noch einmal bat Mathilde um die Gunst, daß ihr Sohn sorgsam dieses Klosters gedenken möge/ dann nahmen sie Abschied voneinander. Otto hat seine Mutter nicht wieder gesehen. (Bild im Stadtverordnetensitzungszimmer im Stadthause.)
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== Andere Klöster in Nordhausen und der Grafschaft Hohenstein ==
== Andere Klöster in Nordhausen und der Grafschaft Hohenstein ==


1. In Nordhausen gibt es eine „Barfüßerstraße“. Sie hat den Namen von dem Kloster der Barfüßermönche, das auf dem Spendekirchhof lag. Die Barfüßermönche hießen auch Franziskaner, denn ihr Mönchsorden war von dem heiligen Franz von Assisi in Italien gegründet worden. Bon dort aus verbreiteten sie sich auch nach Deutschland. Angetan mit einem braunen Gewand, barfuß oder nur mit Sandalen unter den Füßen zogen sie von Ort zu Ort und predigten, meist unter freiem Himmel, auf der Straße oder wie es die Gelegenheit mit sich brachte. Sie fanden großen Zulauf,- denn sie verstanden volkstümlich zu reden, aus dem Leben heraus, oft spottend und scheltend, aber immer in der Sprache des Volkes. Fast in allen größeren Städten entstanden Franziskaner- oder Barfüßerklöster.
1. In Nordhausen gibt es eine „Barfüßerstraße". Sie hat den Namen von dem Kloster der Barfüßermönche, das auf dem Spendekirchhof lag. Die Barfüßermönche hießen auch Franziskaner, denn ihr Mönchsorden war von dem heiligen Franz von Assisi in Italien gegründet worden. Bon dort aus verbreiteten sie sich auch nach Deutschland. Angetan mit einem braunen Gewand, barfuß oder nur mit Sandalen unter den Füßen zogen sie von Ort zu Ort und predigten, meist unter freiem Himmel, auf der Straße oder wie es die Gelegenheit mit sich brachte. Sie fanden großen Zulauf,- denn sie verstanden volkstümlich zu reden, aus dem Leben heraus, oft spottend und scheltend, aber immer in der Sprache des Volkes. Fast in allen größeren Städten entstanden Franziskaner- oder Barfüßerklöster.
Zu Anfang des 13. Jahrhunderts kamen sie auch nach Nordhausen. Auf dem Spendekirchhofe hatten sie ihr Kloster und ihre Kirche. Später hieß diese Kirche auch Spendekirche, weil in ihr an die Armen der Stadt alljährlich am Freitag vor Palmarum eine Spende von Brot und Heringen verteilt wurde. Der Rat der Stadt hatte diese Spende gestiftet zum Andenken an die glückliche Errettung der Stadt bei einem Überfall durch die Grafen von Honstein und Stolberg (1329). Die Kirche wurde in den letzten Jahrhunderten nur noch zur Abhaltung der Leichenpredigten bei Beerdigungen auf * dem dortigen Friedhof benutzt und 1805 abgetragen. Der Spendekirchhof wurde bis 1855 von den Gemeinden St. Nikolai und St. Blasii benutzt.
Zu Anfang des 13. Jahrhunderts kamen sie auch nach Nordhausen. Auf dem Spendekirchhofe hatten sie ihr Kloster und ihre Kirche. Später hieß diese Kirche auch Spendekirche, weil in ihr an die Armen der Stadt alljährlich am Freitag vor Palmarum eine Spende von Brot und Heringen verteilt wurde. Der Rat der Stadt hatte diese Spende gestiftet zum Andenken an die glückliche Errettung der Stadt bei einem Überfall durch die Grafen von Honstein und Stolberg (1329). Die Kirche wurde in den letzten Jahrhunderten nur noch zur Abhaltung der Leichenpredigten bei Beerdigungen auf * dem dortigen Friedhof benutzt und 1805 abgetragen. Der Spendekirchhof wurde bis 1855 von den Gemeinden St. Nikolai und St. Blasii benutzt.


2. Bald nach den Barfüßermönchen kamen die Dominikaner. 2m Jahre 128? erhielten sie von dem Rate der Stadt auf dem Grundstück der heutigen Mädchenmittelschule ein Stück Land, auf dem sie ihr Kloster und ihre Kirche erbauten. Weil ihre Hauptaufgabe das predigen war, nannte man sie auch Predigermönche. An sie erinnert heute noch die „Predigerstraße“.
2. Bald nach den Barfüßermönchen kamen die Dominikaner. 2m Jahre 128? erhielten sie von dem Rate der Stadt auf dem Grundstück der heutigen Mädchenmittelschule ein Stück Land, auf dem sie ihr Kloster und ihre Kirche erbauten. Weil ihre Hauptaufgabe das predigen war, nannte man sie auch Predigermönche. An sie erinnert heute noch die „Predigerstraße".


3. Etwa um das Jahr 1300 bauten sich auch die Augustinermönche hier an. 2hr Kloster lag auf dem Grundstück Neustadtstraße 46, wo noch alte Grundmauern des Klosters zu sehen sind. Auch Augustinerklöster gab es in allen größeren Städten. Aus dem Augustinerorden ist Dr. Martin Luther hervorgegangen.
3. Etwa um das Jahr 1300 bauten sich auch die Augustinermönche hier an. 2hr Kloster lag auf dem Grundstück Neustadtstraße 46, wo noch alte Grundmauern des Klosters zu sehen sind. Auch Augustinerklöster gab es in allen größeren Städten. Aus dem Augustinerorden ist Dr. Martin Luther hervorgegangen.
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== Die Revolution in Nordhausen am 13. Februar 1375 ==
== Die Revolution in Nordhausen am 13. Februar 1375 ==


Am Nachmittag des 13. Februar 1375 war im Wirtshaus „Zur roten Tür" eine Bürgerversammlung/ man war mit dem Rate der Stadt unzufrieden und wollte darüber beraten, was zu tun sei, damit der Bürgerschaft ihr Recht werde. Ein Fleischer, Claus Hofmann, redete: „Der Rat braucht immer mehr Geld. Mit allen Grafen umher fängt er Streit an, und die Bürger müssen dann zahlen. Der letzte Handel mit dem Honsteiner wegen der Schnabelsburg hat uns 1500 Mk. gekostet.<ref>Gegen Zahlung von 1500 Mark konnten die Nordhäuser 1368 die Schnabelsburg, die der Graf v. Honstein erbaut hatte, niederreißen.</ref> Der Rat erhebt stets neue Steuern, aber wieviel Geld einkommt und was davon bezahlt wird, davon erfährt keiner etwas/ zur Rechnungslegung ist der Rat nicht zu bewegen. Wie kommen die Herren Gewandschnitter (Tuchhändler) dazu, allein im Rate zu sitzen und der Stadt Geschäfte zu führen, zumal ein großer Teil von ihnen adelige Herren sind, wie die von Tettenborn, von Urbach, von Trebra, von Hain usw., die ihr Dorf verlassen haben und seht bei uns Handel treiben. Das mögen sie tun, aber sie sollen den gemeinen Bürger nicht schlecht behandeln und sich nicht einbilden, daß sie mit ihren Freunden die Herren der Stadt sind. Wir Fleischer, Bäcker, Schmiede, Schuhmacher und die anderen Zünfte müssen auch mit im Rate sitzen, und zwar nicht, wie es setzt wohl geschieht, daß die Gewandschnitter aus Gnade und Barmherzigkeit einen Handwerker mit in den Rat hineinnehmen, sondern wir wollen ein Recht dazu haben. In anderen Städten, wie in Mühlhausen und Magdeburg, haben die Zünfte es durchgesetzt, daß sie mit in den Rat gewählt werden; das müssen wir auch erreichen."
Am Nachmittag des 1Z. Februar 1Z75 war im Wirtshaus „Zur roten Tür" eine Bürgerversammlung/ man war mit dem Rate der Stadt unzufrieden und wollte darüber beraten, was zu tun sei, damit der Bürgerschaft ihr Recht werde. Ein Fleischer, Claus Hofmann, redete: „Der Rat braucht immer mehr Geld. Mit allen Grafen umher fängt er Streit an, und die Bürger müssen dann zahlen. Der letzte Handel mit dem Honsteiner wegen der Schnabelsburg hat uns 1500 Mk. gekostet.<ref>Gegen Zahlung von 1500 Mark konnten die Nordhäuser 1368 die Schnabelsburg, die der Graf v. Honstein erbaut hatte, niederreißen.</ref> Der Rat erhebt stets neue Steuern, aber wieviel Geld einkommt und was davon bezahlt wird, davon erfährt keiner etwas/ zur Rechnungslegung ist der Rat nicht zu bewegen. Wie kommen die Herren Gewandschnitter (Tuchhändler) dazu, allein im Rate zu sitzen und der Stadt Geschäfte zu führen, zumal ein großer Teil von ihnen adelige Herren sind, wie die von Tettenborn, von Urbach, von Trebra, von Hain usw., die ihr Dorf verlassen haben und seht bei uns Handel treiben. Das mögen sie tun, aber sie sollen den gemeinen Bürger nicht schlecht behandeln und sich nicht einbilden, daß sie mit ihren Freunden die Herren der Stadt sind. Wir Fleischer, Bäcker, Schmiede, Schuhmacher und die anderen Zünfte müssen auch mit im Rate sitzen, und zwar nicht, wie es setzt wohl geschieht, daß die Gewandschnitter aus Gnade und Barmherzigkeit einen Handwerker mit in den Rat hineinnehmen, sondern wir wollen ein Recht dazu haben. In anderen Städten, wie in Mühlhausen und Magdeburg, haben die Zünfte es durchgesetzt, daß sie mit in den Rat gewählt werden; das müssen wir auch erreichen."


Das war die Meinung der ganzen Versammlung. Es wurden nun drei Männer gewählt, die sollten sogleich nach dem Rathaus gehen und dem dort versammelten Rat ihre Forderungen vortragen. Als die Abgesandten ihr Begehren vorbrachten, entstand unter den Ratsherren gewaltige Aufregung; sie dachten gar nicht daran, auf die Forderung der Zünfte einzugehen, und hitzige Reden wurden geführt. Einer der Räte rief, mit diesen unzufriedenen Handwerkern müsse aufgeräumt werden, man solle sie alle aufs Rad legen, dann habe man endlich Ruhe vor ihnen.
Das war die Meinung der ganzen Versammlung. Es wurden nun drei Männer gewählt, die sollten sogleich nach dem Rathaus gehen und dem dort versammelten Rat ihre Forderungen vortragen. Als die Abgesandten ihr Begehren vorbrachten, entstand unter den Ratsherren gewaltige Aufregung; sie dachten gar nicht daran, auf die Forderung der Zünfte einzugehen, und hitzige Reden wurden geführt. Einer der Räte rief, mit diesen unzufriedenen Handwerkern müsse aufgeräumt werden, man solle sie alle aufs Rad legen, dann habe man endlich Ruhe vor ihnen.
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Ein besonderes Geschick zeigte Jonas bei der Bildung evangelischer Gemeinden. Daher sandte Luther ihn nach vielen Städten, um dort den Gottesdienst nach evangelischer Ordnung einzurichten. So führte er 1536 in Naumburg trotz des dortigen Bischofs die Reformation durch. In den folgenden Jahren ordnete er das Kirchenwesen in Zerbst und Anhalt; 1539 war er in Leipzig, hielt hier die erste evangelische predigt und gab dem Herzogtum Sachsen eine Kirchenordnung. Ein neues Arbeitsfeld erwartete ihn in Halle. Hier verlangte die Bürgerschaft evangelische Prediger. Der Rat wählte unseren Jonas; auch hier richtete er den Gottesdienst evangelisch ein,- bald danach ernannte ihn der Rat zum Superintendenten. Als Luther 1546 zum letztenmal nach Eisleben reiste, begleitete ihn Jonas und ward Zeuge seines gläubigen Abscheidens. Als er sah, daß es mit Luther zu Ende ging, rief er ihm noch zu: „Ehrwürdiger Vater, wollet Ihr auf Christum und die Lehre, wie Ihr sie gepredigt, beständig sterben?"' Deutlich und vernehmlich antwortete Luther darauf noch: „Ja!" dann starb er.
Ein besonderes Geschick zeigte Jonas bei der Bildung evangelischer Gemeinden. Daher sandte Luther ihn nach vielen Städten, um dort den Gottesdienst nach evangelischer Ordnung einzurichten. So führte er 1536 in Naumburg trotz des dortigen Bischofs die Reformation durch. In den folgenden Jahren ordnete er das Kirchenwesen in Zerbst und Anhalt; 1539 war er in Leipzig, hielt hier die erste evangelische predigt und gab dem Herzogtum Sachsen eine Kirchenordnung. Ein neues Arbeitsfeld erwartete ihn in Halle. Hier verlangte die Bürgerschaft evangelische Prediger. Der Rat wählte unseren Jonas; auch hier richtete er den Gottesdienst evangelisch ein,- bald danach ernannte ihn der Rat zum Superintendenten. Als Luther 1546 zum letztenmal nach Eisleben reiste, begleitete ihn Jonas und ward Zeuge seines gläubigen Abscheidens. Als er sah, daß es mit Luther zu Ende ging, rief er ihm noch zu: „Ehrwürdiger Vater, wollet Ihr auf Christum und die Lehre, wie Ihr sie gepredigt, beständig sterben?"' Deutlich und vernehmlich antwortete Luther darauf noch: „Ja!" dann starb er.


Nach dem Tode Luthers brach für Jonas eine schwere Leidenszeit an. Der Herzog Moritz von Sachsen gewann im Schmalkaldischen Kriege auch Halle und forderte von dem Rate, daß der Prediger Jonas, der gegen ihn und den Kaiser geredet habe, entlassen würde. Jonas mußte die Stadt verlassen. Er floh mit Weib und Kind nach seiner Vaterstadt Nordhausen. Ein neues Amt fand er bald darauf in Hildesheim, wo er das Kirchenwesen im evangelischen Sinne ordnete. Aber er fühlte sich dort nicht wohl, und als ihm Melanchthon bei dem Herzoge Moritz Verzeihung erwirkt hatte, kehrte er wieder nach Halle zurück. Doch stellte ihn der Rat nicht wieder als Prediger an, so daß es ihm mehrere Jahre recht schlecht erging. Schließlich verließ er Halle, war kurze Zeit in Koburg und Regensburg Prediger und kam dann nach Eisfeld, wo er als Superintendent nach zweijähriger Wirksamkeit 1555 starb. — Nordhausen hat seinen vierhundertjährigen Geburtstag festlich begangen und an der Adlerapotheke, in deren Nähe sein Geburtshaus gestanden hat, eine Gedenktafel angebracht, die folgende Inschrift enthält: Ihrem großen Sohne Dr. Justus Jonas, geboren 5. Juni 1493 zu Nordhausen, gestorben 9. Oktober 1555 zu Eisfeld, die Stadt Nordhausen am 5. Juni 1893."
Nach dem Tode Luthers brach für Jonas eine schwere Leidenszeit an. Der Herzog Moritz von Sachsen gewann im Schmalkaldischen Kriege auch Halle und forderte von dem Rate, daß der Prediger Jonas, der gegen ihn und den Kaiser geredet habe, entlassen würde. Jonas mußte die Stadt verlassen. Er floh mit Weib und Kind nach seiner Vaterstadt Nordhausen. Ein neues Amt fand er bald darauf in Hildesheim, wo er das Kirchenwesen im evangelischen Sinne ordnete. Aber er fühlte sich dort nicht wohl, und als ihm Melanchthon bei dem Herzoge Moritz Verzeihung erwirkt hatte, kehrte er wieder nach Halle zurück. Doch stellte ihn der Rat nicht wieder als Prediger an, so daß es ihm mehrere Jahre recht schlecht erging. Schließlich verließ er Halle, war kurze Zeit in Koburg und Regensburg Prediger und kam dann nach Eisfeld, wo er als Superintendent nach zweijähriger Wirksamkeit 1555 starb. — Nordhausen hat seinen vierhundertjährigen Geburtstag festlich begangen und an der Adlerapotheke, in deren Nähe sein Geburtshaus gestanden hat, eine Gedenktafel angebracht, die folgende Inschrift enthält: Ihrem großen Sohne Or. Justus Jonas, geboren 5. Juni 1493 zu Nordhausen, gestorben 9. Oktober 1555 zu Eisfeld, die Stadt Nordhausen am 5. Juni 1893."


== Der Bauernkrieg in Nordhausen und Umgegend 1525 ==
== Der Bauernkrieg in Nordhausen und Umgegend 1525 ==
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Die Kirchenbücher aus dieser Zeit enthalten erschütternde Beispiele von dem Elend, das überall herrschte.
Die Kirchenbücher aus dieser Zeit enthalten erschütternde Beispiele von dem Elend, das überall herrschte.


Die Dorfinsassen hatten durch die langen Schreckensfahre jede Zucht verloren und zeigten sich vielfach nicht besser als die Kriegsvölker. So schreibt der Pfarrer in Stöckey: »Anno 16Z? da die kaiserliche Armee den 18. und 19. Januar und folgends durchzog, haben etliche meiner pfarrkinder dasjenige, was die Soldaten nicht verdorben und genommen, alles von der Pfarre abtragen, also daß ich nicht einen Löffel, Topf oder Becken, ja nicht soviel wiedergefunden, daß ich könnte die Hände an trocknen, haben mich also mit meinem Weib und Kindern (weil ich nichts hinweggebracht) gänzlich an den Bettelstab gesetzt, daß ich auch ihrethalben, wo mich unser Herrgott nicht wunderlich ernähret, die größte Not leiden müssen“.
Die Dorfinsassen hatten durch die langen Schreckensfahre jede Zucht verloren und zeigten sich vielfach nicht besser als die Kriegsvölker. So schreibt der Pfarrer in Stöckey: »Anno 16Z? da die kaiserliche Armee den 18. und 19. Januar und folgends durchzog, haben etliche meiner pfarrkinder dasjenige, was die Soldaten nicht verdorben und genommen, alles von der Pfarre abtragen, also daß ich nicht einen Löffel, Topf oder Becken, ja nicht soviel wiedergefunden, daß ich könnte die Hände an trocknen, haben mich also mit meinem Weib und Kindern (weil ich nichts hinweggebracht) gänzlich an den Bettelstab gesetzt, daß ich auch ihrethalben, wo mich unser Herrgott nicht wunderlich ernähret, die größte Not leiden müssen".


Im Totenregister von Niedergebra heißt es: "Es wurden begraben: Hans Schillings Enkelkind, so von Hüpstedt wegen der Soldaten hergelaufen, eine Magd, so allhier gedient, ist von Soldaten bei Bleicherode erwürget, ein Soldat, der auf dem Felde erschossen worden,- Ulrich Michel, der Knecht eines Kornetts, so von diesem erschossen worden. Ein armes Bettelkind vom Eichsfelde begraben, ein arm Kind, so sein Vater hier sitzen lassen, ein Söhnlein, so tot auf dem Wege wiedergefunden, ein fremdes Mägdlein auf Hägens Hofe, dann wieder ein armes Mägdlein,- ein armer Knabe zur Erde gestattet, die unser aller Mutter ist.
Im Totenregister von Niedergebra heißt es: "Es wurden begraben: Hans Schillings Enkelkind, so von Hüpstedt wegen der Soldaten hergelaufen, eine Magd, so allhier gedient, ist von Soldaten bei Bleicherode erwürget, ein Soldat, der auf dem Felde erschossen worden,- Ulrich Michel, der Knecht eines Kornetts, so von diesem erschossen worden. Ein armes Bettelkind vom Eichsfelde begraben, ein arm Kind, so sein Vater hier sitzen lassen, ein Söhnlein, so tot auf dem Wege wiedergefunden, ein fremdes Mägdlein auf Hägens Hofe, dann wieder ein armes Mägdlein,- ein armer Knabe zur Erde gestattet, die unser aller Mutter ist.
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Die Besitzergreifung der neuen Landesteile durch den Großen Kurfürsten verzögerte sich aber bis ins Jahr 1650. Im Juni dieses Jahres kamen die kurfürstlichen Abgesandten hierher, um die Untertanen durch den Huldigungseid dem neuen Landesherrn zu verpflichten. Ehe jedoch der Eid geleistet wurde, schlossen die Vertreter der Grafschaft mit den Abgesandten auf dem Rittersitze des Herrn v. Berlepsch zu Buhla<ref>Das Haus mit dem Saale, der ehemalige Rittersih der Herren v. Berlepsch, steht noch bei Buhla.</ref> einen Vertrag, nach dem für die Grafschaft eine besondere Negierung unter einem von der Grafschaft selbst gewählten Direktor eingerichtet werden sollte. Darauf wurde der Huldigungseid geleistet. Zum Schluß der feierlichen Handlung riefen die Vertreter der Grafschaft: „Es lebe Brandenburg!" So war nun die Grafschaft Hohenstein an Brandenburg gekommen.
Die Besitzergreifung der neuen Landesteile durch den Großen Kurfürsten verzögerte sich aber bis ins Jahr 1650. Im Juni dieses Jahres kamen die kurfürstlichen Abgesandten hierher, um die Untertanen durch den Huldigungseid dem neuen Landesherrn zu verpflichten. Ehe jedoch der Eid geleistet wurde, schlossen die Vertreter der Grafschaft mit den Abgesandten auf dem Rittersitze des Herrn v. Berlepsch zu Buhla<ref>Das Haus mit dem Saale, der ehemalige Rittersih der Herren v. Berlepsch, steht noch bei Buhla.</ref> einen Vertrag, nach dem für die Grafschaft eine besondere Negierung unter einem von der Grafschaft selbst gewählten Direktor eingerichtet werden sollte. Darauf wurde der Huldigungseid geleistet. Zum Schluß der feierlichen Handlung riefen die Vertreter der Grafschaft: „Es lebe Brandenburg!" So war nun die Grafschaft Hohenstein an Brandenburg gekommen.


Jedoch übernahm der Große Kurfürst die Negierung noch nicht selbst. Schon während der Friedensverhandlungen zu Münster und Osnabrück hatte er die Grafschaft seinem Geheimen Nate, dem Grafen von Sayn-Wittgenstein, verliehen, der bei den Friedensverhandlungen Brandenburg vertrat und es verstanden hatte, manche Vorteile für seinen Herrn durchzusehen. Allerdings kannte der Große Kurfürst die Grafschaft Hohenstein nicht; der Graf von Sayn-Wittgenstein hatte ihm vorgespiegelt, sie bestehe nur aus zwei Ämtern und dem Städtchen Bleicherode und sei nur wenige 100 Taler wert. Als jedoch der Große Kurfürst durch seine Abgesandten zu dem Tage in Buhla erfuhr, daß sie nicht aus zwei Ämtern, sondern aus zwei Herrschaften — Lohra und Klettenberg — bestehe, zu denen 3 Städte, 1 Flecken, 2 Klöster, 45 Amts- und 14 adelige Dörfer, 14 Vorwerke, 51 Rittergüter und 26 Freigüter gehörten, zögerte er, sie dem Grafen zu überlassen. Indessen wollte er sein einmal gegebenes Wort nicht brechen, und so gab er ihm die Grafschaft, jedoch unter dem Vorbehalte, daß sie jederzeit durch etne Zahlung von 150000 Talern, die einige Jahre später auf 60000 Taler verringert wurde, von dem Kurfürsten von Brandenburg wieder eingelöst werden könne; auch schrieb er dem Grafen: „Wenn Wir gewußt, daß es eine solche Beschaffenheit um die Grafschaft Hohenstein, wie Uns erst hernach von Unsern Ständen klar gemacht worden, gehabt hätte, so würden Wir Uns zu einer solchen Vergebung nicht haben verstehen können". Bevor der Graf von Sayn-Wittgenstein die Negierung antrat, kam es zu Verhandlungen zwischen ihm und den Vertretern der Grafschaft. Das kleine Ländchen glich einem Ball in den Händen der Spielenden. Seit dem Tode des letzten Grafen von Honstein (1593) sollten die Bewohner jetzt zum siebenten Male den Huldigungseid leisten. Nachdem der Graf versprochen hatte, ihnen alle ihre Rechte zu lassen, fand 1651 zu Ellrich die Huldigung statt. Eine besondere Negierung für die Grafschaft wurde in Bleicherode errichtet.
Jedoch übernahm der Große Kurfürst die Negierung noch nicht selbst. Schon während der Friedensverhandlungen zu Münster und Osnabrück hatte er die Grafschaft seinem Geheimen Nate, dem Grafen von Sayn-Wittgenstein, verliehen, der bei den Friedensverhandlungen Brandenburg vertrat und es verstanden hatte, manche Vorteile für seinen Herrn durchzusehen. Allerdings kannte der Große Kurfürst die Grafschaft Hohenstein nicht; der Graf von Sayn-Wittgenstein hatte ihm vorgespiegelt, sie bestehe nur aus zwei Ämtern und dem Städtchen Bleicherode und sei nur wenige 100 Taler wert. Als jedoch der Große Kurfürst durch seine Abgesandten zu dem Tage in Buhla erfuhr, daß sie nicht aus zwei Ämtern, sondern aus zwei Herrschaften — Lohra und Klettenberg — bestehe, zu denen 3 Städte, 1 Flecken, 2 Klöster, 45 Amts- und 14 adelige Dörfer, 14 Vorwerke, 51 Rittergüter und 26 Freigüter gehörten, zögerte er, sie dem Grafen zu überlassen. Indessen wollte er sein einmal gegebenes Wort nicht brechen, und so gab er ihm die Grafschaft, jedoch unter dem Vorbehalte, daß sie jederzeit durch etne Zahlung von 150000 Talern, die einige Jahre später auf 60000 Taler verringert wurde, von dem Kurfürsten von Brandenburg wieder eingelöst werden könne; auch schrieb er dem Grafen: „Wenn Wir gewußt, daß es eine solche Beschaffenheit um die Grafschaft Hohenstein, wie Uns erst hernach von Unsern Ständen klar gemacht worden, gehabt hätte, so würden Wir Uns zu einer solchen Vergebung nicht haben verstehen können"". Bevor der Graf von Sayn-Wittgenstein die Negierung antrat, kam es zu Verhandlungen zwischen ihm und den Vertretern der Grafschaft. Das kleine Ländchen glich einem Ball in den Händen der Spielenden. Seit dem Tode des letzten Grafen von Honstein (1593) sollten die Bewohner jetzt zum siebenten Male den Huldigungseid leisten. Nachdem der Graf versprochen hatte, ihnen alle ihre Rechte zu lassen, fand 1651 zu Ellrich die Huldigung statt. Eine besondere Negierung für die Grafschaft wurde in Bleicherode errichtet.


Nur ungern hatte der Große Kurfürst dem Grafen von Sayn-Wittgenstein die Grafschaft überlassen. Er fing auch bald Verhandlungen mit ihm an, um die Grafschaft wieder zu erhalten; sie führten jedoch nicht zum Ziele. Besonders war der Kurfürst darüber erbittert, daß der Graf die Güter schlecht verwaltete. Auch machte der Graf Schulden auf die Grafschaft. Am meisten aber kränkte es dem Großen Kurfürsten, daß der Graf zu Klettenberg (1672) eine Münze einrichtete, die ganz geringwertiges Geld, sogenannte „Heckemünzen" prägte, die bald in ganz Deutschland verrufen waren. Das schlechte Geld, das kaum den halben Wert hatte, den es haben sollte, wurde in der Umgegend in Umlauf gesetzt. Das erregte in den angrenzenden Ländern große Unzufriedenheit, besonders bei der Regierung in Hannover,- denn es war ermittelt worden, daß vorzugsweise das vollwichtige Harzer Silbergeld umgeprägt wurde, das von umherziehenden Juden aufgekauft und in großen Säcken nach Klettenberg geschafft wurde, wo man es einschmolz, mit Kupfer vermischte und wieder neu ausprägte. Der Graf wurde deswegen mehrfach, aber vergeblich, verwarnt. Da beschwerte der Kurfürst Ernst August von Hannover sich beim Kaiser, der die Sache untersuchen ließ; aber einen Erfolg hatte dieser Schritt auch nicht. Da griff die Hannoversche Regierung zur Selbsthilfe. Sie befahl ihren Beamten und Forstleuten Ln der Nähe Klettenbergs den Personen aufzulauern und sie anzuhalten, die Silber dahin oder ausgeprägtes Geld von dort zurückschafften. Längere Zeit war alle Wachsamkeit der Beamten vergebens; endlich entdeckten sie einen verdächtigen Zug und griffen ihn an; aber gräflicher- seits hatte man sich vorgesehen. Denn als beide Teile kaum begonnen hatten, mit Knüppeln und Steinen handgemein zu werden, erschien plötzlich ein Trupp gräflicher Reiter und nötigte die Hannoverschen Beamten, unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Die Hannoversche Regierung berichtete diese Vorgänge an den Kurfürsten von Brandenburg mit dem dringenden Ersuchen, das Unwesen endlich und gründlich abzustellen. Bald traf auch die Antwort ein, daß der Befehl erteilt sei, die Heckemünze zu Klettenberg aufzuheben. Mit dem Jahre 1691 nahmen die Heckemünzen des Grafen von Sayn-Wittgenstein ihr Ende.
Nur ungern hatte der Große Kurfürst dem Grafen von Sayn-Wittgenstein die Grafschaft überlassen. Er fing auch bald Verhandlungen mit ihm an, um die Grafschaft wieder zu erhalten; sie führten jedoch nicht zum Ziele. Besonders war der Kurfürst darüber erbittert, daß der Graf die Güter schlecht verwaltete. Auch machte der Graf Schulden auf die Grafschaft. Am meisten aber kränkte es dem Großen Kurfürsten, daß der Graf zu Klettenberg (1672) eine Münze einrichtete, die ganz geringwertiges Geld, sogenannte „Heckemünzen" prägte, die bald in ganz Deutschland verrufen waren. Das schlechte Geld, das kaum den halben Wert hatte, den es haben sollte, wurde in der Umgegend in Umlauf gesetzt. Das erregte in den angrenzenden Ländern große Unzufriedenheit, besonders bei der Regierung in Hannover,- denn es war ermittelt worden, daß vorzugsweise das vollwichtige Harzer Silbergeld umgeprägt wurde, das von umherziehenden Juden aufgekauft und in großen Säcken nach Klettenberg geschafft wurde, wo man es einschmolz, mit Kupfer vermischte und wieder neu ausprägte. Der Graf wurde deswegen mehrfach, aber vergeblich, verwarnt. Da beschwerte der Kurfürst Ernst August von Hannover sich beim Kaiser, der die Sache untersuchen ließ; aber einen Erfolg hatte dieser Schritt auch nicht. Da griff die Hannoversche Regierung zur Selbsthilfe. Sie befahl ihren Beamten und Forstleuten Ln der Nähe Klettenbergs den Personen aufzulauern und sie anzuhalten, die Silber dahin oder ausgeprägtes Geld von dort zurückschafften. Längere Zeit war alle Wachsamkeit der Beamten vergebens; endlich entdeckten sie einen verdächtigen Zug und griffen ihn an; aber gräflicher- seits hatte man sich vorgesehen. Denn als beide Teile kaum begonnen hatten, mit Knüppeln und Steinen handgemein zu werden, erschien plötzlich ein Trupp gräflicher Reiter und nötigte die Hannoverschen Beamten, unverrichteter Dinge wieder abzuziehen. Die Hannoversche Regierung berichtete diese Vorgänge an den Kurfürsten von Brandenburg mit dem dringenden Ersuchen, das Unwesen endlich und gründlich abzustellen. Bald traf auch die Antwort ein, daß der Befehl erteilt sei, die Heckemünze zu Klettenberg aufzuheben. Mit dem Jahre 1691 nahmen die Heckemünzen des Grafen von Sayn-Wittgenstein ihr Ende.
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== Friedrich der Große in unserer Heimat ==
== Friedrich der Große in unserer Heimat ==
Im Jahre 1754 kam Friedrich der Große auf der Reise durch seine Länder auch in die Grafschaft Hohenstein. Er war über den Harz gefahren, wo die Wege für ihn geebnet worden waren und kam über Stiege auf der alten Poststraße (bei der Nordhäuser Talsperre) von Petersdorf her in unsere Gegend. Als er auf der Höhe bei Harzrigi war, ließ er halten und sah sich Nordhausen aus der Ferne an. Dann fuhr er aber nicht auf die Stadt zu, sondern durch die Gumpe an der Stadt vorbei. Es war ihm nicht recht, daß Nordhausen nicht preußisch, sondern eine freie Reichsstadt war. Er wollte die Domäne Salza besuchen und fuhr in der Nähe des Schurzfells durch die Zorge. Hier soll ihm nun, wie die Sage erzählt, ein Rad am Wagen zerbrochen sein. Er mußte aussteigen, bis der Schaden vom Schmied in dem heutigen Schurzfell ausgebessert war.
Während dies geschah, ging der König im Freien umher, und da er Durst bekam, ließ er sich Bier bringen. Er wollte das Bier bezahlen, aber der Schmied weigerte sich, Geld dafür zu nehmen, da er keine Gastwirtschaft habe. „Nun gut", soll der König darauf gesagt haben, „dann sollst du von jetzt an eine haben“. Seit dieser Zeit soll das Schurzfell eine Gastwirtschaft sein.
Von Salza fuhr der König nach Bleicherode. Hier erkannte er unter unter den zusammengekommenen Menschen den Oberstleutnant von Hitzacker aus Ascherode, der ihn in seiner Jugend das Exerzieren gelehrt hatte; er rief ihn zu sich, unterhielt sich mit ihm und nahm ihn mit nach Nohra, wo er aus dem dortigen Gut speiste und übernachtete. Der König war hier sehr vergnügt und spielte auch auf seiner Flöte. Er fuhr dann über Bielen nach Halle zu weiter. Um Nordhausen befahl er herumzulenken, denn er hatte erfahren, daß die Stadt ihm eine besondere Ehrung veranstalten wollte. Doch schoß die Stadt mit ihren Kanonen, als sie seinen Wagen von ferne vorbeifahren sah.
== Friedrich Christian Lesser ==
In Nordhausen führt die Lesserstiege von der Neustadtstraße nach der Neuen- und der Rautenstraße, und an dem Pfarrhause der Jakobikirchengemeinde ist eine Lessergedenktafel angebracht. Wer war Lesser und welche Bedeutung hat er für Nordhausen?
Er war Prediger, Naturforscher, Geschichtsschreiber und Erbauer der Jakobikirche.
Friedrich Christian Lesser ist am 12. Mai 1692 in Nordhausen geboren, wo sein Vater Prediger an der Marktkirche war. Auch er wählte diesen Beruf und wurde zuerst Prediger an der Frauenbergerkirche und dann 1741 an der Jakobikirche, an der er bis an sein Ende 1754 gewirkt hat.
Da er kränklich war, rieten ihm die Ärzte, sich häufig Bewegung in der freien Natur zu machen. Das tat er auch, und auf den Spaziergängen, die er recht weit ausdehnte, lernte er seine Heimat genau kennen. Täglich sah man ihn wandern und Pflanzen, Insekten und Steine mit sich nach Hause schleppen. Was er fand, beschrieb er auch, und es erschienen zahlreiche naturkundliche Schriften von ihm.
Wie die Naturgegenstände, so sammelte Lesser auch geschichtliche Nachrichten über Nordhausen. Daraus ist die erste Nordhäuser Chronik hervorgegangen, die er im Jahre 1740 unter dem Titel „Historische Nachrichten von Nordhausen" herausgab. Noch heute ist das Buch für die Geschichte Nordhausens wertvoll, wenn es auch in bezug auf Form und Darstellung veraltet ist. Im Jahre 1860 wurde es durch Professor Förstemann umgearbeitet und erweitert.
Lesser ist auch der Erbauer der Jakobikirche. Die alte Kirche, die bereits 450 Jahre gestanden hatte, war so baufällig geworden, daß eine Ausbesserung nicht mehr viel nützte. Vor einem Neubau scheute sich aber sowohl der Magistrat als auch die Kirchengemeinde, weil das Geld fehlte. Aber Lesser ließ sich dadurch nicht abschrecken. In Halle, wo er studiert hatte, war er mit August Hermann Francke (1663–1727) bekannt geworden und hatte gesehen, wie dieser seine Stiftungen ohne eigene Mittel, allein im Vertrauen auf Gott, ins Leben gerufen hatte. Dies Vorbild gab ihm Mut, ein Gleiches zu wagen. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit an der Jakobikirche fing er an, den Neubau der Kirche zu betreiben. Schließlich erlangte er auch die Zustimmung des Magistrats. Aber woher das Geld nehmen? Lesser erließ einen Aufruf zur Einsendung milder Gaben für den Kirchenbau. Er hatte damit einen solchen Erfolg, daß im Jahre 1744 die alte Kirche abgebrochen und bereits am 14. Juli desselben Jahres der Grundstein für die neue gelegt werden konnte. Aber mit dem Fortschreiten des Baues wuchsen auch die Schwierigkeiten. Lesser war unermüdlich tätig. Alle Pläne und Entwürfe, alle Lieferungen und Rechnungen gingen durch seine Hand. Und immer fehlte das Geld. Der Magistrat genehmigte eine Sammlung in der Stadt. Auch fanden sich stets Gönner, die Geld sandten, oft, wenn die Not am größten war. Der Herzog von Braunschweig gestattete, daß von den Ruinen des Klosters Walkenried Quadersteine für billigen Preis geholt werden konnten, freilich zum Schaden des Klosters. Endlich nach unsäglichen Schwierigkeiten war der Bau vollendet; am 12. Oktober 1749 konnte die neue Kirche eingeweiht werden. Das war der glücklichste Tag Lessers.
== Nordhausen wird eine preußische Stadt. 1802 ==
Bis zum Jahre 1802 nannte Nordhausen sich eine freie Reichsstadt. Als im Kriege mit Napoleon das linke Rheinufer an Frankreich abgetreten werden mußte, sollten die deutschen Fürsten, die dort Land verloren hatten, anderweitig entschädigt werden, besonders mit Gebieten der geistlichen Fürstentümer und mit den bisherigen freien Reichsstädten. Da bekam Preußen in unserer Heimat die früheren freien Reichsstädte Goslar, Mühlhausen und Nordhausen, das Gebiet des Bistums Hildesheim und die mainzischen Gebiete Erfurt und das Eichsfeld. So wurde Nordhausen eine preußische Stadt.
Am 2. August 1802 nahm Preußen Besitz von der Stadt.
Das war ein bedeutungsvoller Tag für die Bewohner und lockte viele Neugierige herbei. Schon früh um 6 Uhr gingen die Leute vor die Stadt, etwa in die Gegend der heutigen Schützenstraße, wo sie die aus der Richtung von Bielen herkommenden Preußen beobachten konnten. Sie brauchten nicht lange zu warten. Bereits um 7 Uhr kam ein Trupp Husaren herangesprengt, an der Spitze ein Offizier, der auf dem Rathause die Ankunft des Generalleutnants v. Wartensleben meldete. Sofort wurden alle Mitglieder des Rats hierhergeladen. Um 8 Uhr erschien v. Wartensleben und überreichte dem Versammelten Rat das Königliche Patent vom 6. Juni über die Besitzergreifung der Stadt. Gegen 9 Uhr zog dann die preußische Besatzungstruppe in einer Stärke von etwa 1500 Mann in die Stadt ein,- sie besetzte die Tore und die Hauptwache<ref>Auf dem Lutherptatz vor dem Riesenhaus, nach der Jüdenstraße zu, Schönau gegenüber, 1819 abgebrochen.</ref> und stellte vor der Hauptwache 2 Kanonen auf. Die Stadtsoldaten, 49 an der Zahl — sie trugen weiße Uniform mit roten Aufschlägen, — wurden entwaffnet; 12 davon wurden als diensttauglich in das preußische Heer eingestellt, die andern als untauglich entlassen, davon waren 2 im Alter von 60 und 2 im Alter von 58 Jahren. Dann wurden vom Rathause die Stadtwappen abgenommen, an dessen Stelle der preußische Adler gesetzt ward; ein Gleiches geschah an den Toren. Ebenso wurde das Besitzergreifungspatent des Königs am Rathause, an den Kirchtüren, an den Stadttoren und an den größeren Gasthöfen angeheftet. Endlich wurden die städtischen öffentlichen Kassen versiegelt.
Ihren Abschluß erhielt die Einverleibung der Stadt erst im folgenden Jahre durch die Huldigung in Hildesheim.
Sitz der Regierung von Nordhausen, Mühlhausen, Erfurt und dem Eichsfelde war zuerst Heiligenstadt und von 1804 ab Erfurt.
Der erste preußische König, der Nordhausen besuchte, war Friedrich Wilhelm III., der am 1. Juni 1805 mit seiner Gemahlin, der Königin Luise, auf einer Reise von Magdeburg über den Harz von Ellrich her hier vorbeikam und am Grimmeltore vor dem Gasthause „Zu den 3 Linden" hielt, wo umgespannt wurde. (S. Gedenktafel an dem Gasthause.)
== Rückzug der Preußen nach den Schlachten bei Jena und Auerstedt durch unsere Heimat am 16., 17. und 18. Oktober 1806 ==
Die preußische Armee war nach den unglücklichen Schlachten von Jena und Auerstedt vollkommen zersprengt; an verschiedenen Punkten, bei Sömmerda, Buttstedt (bei Weimar), Erfurt trafen sich einzelne Haufen. General Wartensleben führte die bei Weimar und Büttstedt gesammelten Truppen am 15. Oktober nach Frankenhausen und von da an demselben Tage noch weiter nach Nordhausen, wo er um Mitternacht anlangte. Am anderen Morgen stand seine Schar schon wieder zum Abmarsch bereit, als der König durch Nordhausen kam; er bezeichnete Magdeburg als allgemeinen Sammelpunkt, darum marschierte Wartensleben über Ellrich nach Benneckenstein weiter, wo er die folgende Nacht über blieb.
Der Fürst Hohenlohe erreichte mit einem Teile seiner geschlagenen Armee am Abend des 15. Oktober Sondershausen. Hier sammelte er noch einzelne versprengte Haufen, so daß er etwa 10000 Mann bei sich hatte, die er am folgenden Tage nach Nordhausen führte. Am Nachmittage des 16. Oktober kam er hier an. Die Wartenslebenschen Truppen hatten die Stadt bereits verlassen. Trotzdem war aber das Gedränge in Nordhausen über alle Maßen groß, als Hohenlohe einrückte. Es war unmöglich, den Bedürfnissen einer solchen Menge, die sich immer noch durch neue Ankömmlinge vergrößerte, schnell genug abzuhelfen. Dazu begann die Zucht der auf der Flucht durcheinander und in Unordnung geratenen Abteilungen sich schon zu lockern; die ausgestellten Schildwachen in den Straßen wurden nicht mehr geachtet; man drang z. B. mit Gewalt in die Bäckerläden und plünderte. Um weiteren Unfug zu verhüten, wurden sämtliche Mannschaften bis auf zwei zur Besatzung bestimmte Bataillone aus der Stadt entfernt und in die umliegenden Dörfer verlegt.
Andere Trümmer der geschlagenen Armee, etwa 10000 Mann, erreichten, ebenfalls über Sondershausen kommend, Nordhausen erst am 17. Oktober kurz vor Mittag. Ihr Führer war General Kalckreuth, unter dessen Oberbefehl auch Blücher mit einer Kavallerieabteilung stand. Als sie in Nordhausen eintrafen, hatten die Hohenloheschen Truppen die Stadt schon geräumt. Scharnhorst, der in der Nacht vorher ebenfalls in Nordhausen angekommen war, hatte für alle hier durchkommenden Truppen eine Rückzugslinie auf Magdeburg entworfen. Es sollten vier Wege benutzt werden; die Hohenloheschen Truppen sollten über Stolberg marschieren; ihr Sammelpunkt war Petersdorf. Andere Truppen sollten über Ilfeld und Hasselfelde, weitere über Ellrich nach Benneckenstein und die schweren Geschütze mit einer Kavalleriebedeckung über Scharzfeld, Herzberg und Osterode um den Harz herumziehen.
Als Kalckreuth von Sondershausen her hier in Nordhausen eintraf, standen die Hohenloheschen Truppen bereits an ihrem Sammelplatz bei Petersdorf. Für den weiteren Rückzug wählte Kalckreuth die Straße über Ilfeld und Hasselfelde. Er gedachte gegen Abend zwischen 5 und 6 Uhr den Marsch dahin fortzusetzen. Die Garden wurden in der Stadt einquartiert, die übrige Infanterie lagerte sich zwischen Nordhausen und Crimderode, die Blüchersche Kavallerie und die reitende Artillerie biwakierte auf den Feldern südlich der Stadt nach der Helme zu.
Die Nachhut der preußischen Truppen, geführt vom Prinzen August von Preußen, einem Verwandten des Königs, erreichte Nordhausen erst um 1 Uhr. Ihr folgte der Feind auf dem Fuße. Schon diesseits Sondershausen hatten vier französische Reiterregimenter mit reitender Artillerie die preußische Nachhut erreicht und trieben sie vor sich her. Kaum hatten die letzten Preußen die auf den Helmefeldern lagernde Kavallerie und Artillerie erreicht, als auch schon die Franzosen auf den südlichen Höhen bei Sundhausen erschienen und die ersten Kanonenschüsse gegen Nordhausen sandten. Das war etwa um 2 Uhr nachmittags. Nun wurden alle Truppen aus der Stadt gezogen,- die Infanterie nahm Stellung aus den Höhen im Norden der Stadt östlich der Zorge bis über Crimderode hinaus. Prinz August besetzte mit seinen Truppen den Südeingang der Stadt, namentlich die Siechenbrücke, die einzige Brücke damals hier über die Zorge,- am Taschenberg, am Sundhäuser Tor, bei der Siechenbrücke, bei der  Rothleimmühle, auf dem Kuhberg und weiter nach Crimderode zu standen Kanonen. Es entwickelte sich nun ein lebhafter Geschützkampf; französische Kugeln pfiffen von der Helme herüber, und preußische Kanonen antworteten. Zwei Stunden dauerte das Gefecht. Langsam rückten die Franzosen näher, und langsam zogen die preußischen Führer eine Batterie nach der anderen zurück. Sie hatten nicht die Absicht, die Stadt gegen den Feind zu verteidigen; sie wollten nur die Franzosen aushalten, damit die preußische Infanterie sich in Sicherheit bringen konnte. Die Stadt wurde von den Franzosen genommen. Der allgemeine Verbandplatz und das Lazarett befanden sich im Siechhof, die Toten wurden auf dem benachbarten Landgrabenwege in Massengräbern beerdigt.
Blücher erhielt den Auftrag, den Schutz der schweren Artillerie zu übernehmen, die Scharnhorst am Mittag schon über Ellrich nach Scharzfeld vorausgeschickt hatte. Es stand Blücher zu diesem Zweck noch ein halbes Bataillon Infanterie und seine Kavallerie zur Verfügung; alles übrige hatte bereits den Rückzug bewerkstelligt. Heftig vom Feinde verfolgt, eilte Blücher, dem sich auch Scharnhorst angeschlossen, hatte, mit der kleinen Bedeckung den Batterien nach, die einen ansehnlichen Vorsprung gewonnen hatten. Erst gegen Mittag des anderen Tages wurde Scharzfeld erreicht.
Fürst Hohenlohe hatte während des Kampfes bei Nordhausen mit seinen Truppen bei Petersdorf gestanden. Den Abzug der Heeresteile im Zorgetal hatte er nicht bemerkt; erst als er durch ausgesandte Offiziere davon Kenntnis erhielt, trat auch er den Rückzug an und gelangte abends um 10 Uhr nach Stolberg.
Höchst mühselig gestaltete sich der Marsch der Kalckreuthschen Truppe durch das Ilfelder Tal über Hasselfelde nach Stiege. Durch das Tal ging damals nur ein schmaler Waldweg; die jetzige Straße nach Hasselfelde ist erst 1848 angelegt. Die Truppe kam in der Nacht ganz auseinander, und erst am folgenden Vormittag langten einzelne Haufen nach und nach in Stiege an.
Den abziehenden Preußen folgten die Franzosen nach. Nordhausen war mit feindlichen Truppen angefüllt, doch die meisten lagerten im Felde, da das Wetter schön war. In das Lager wurden Betten und Nahrungsmittel aus der Stadt und den benachbarten Dörfern geschleppt. Noch in der Nacht des 17. Oktober mußte Nordhausen 100 fette Ochsen, 100 Faß Branntwein und eine große Menge Brot an die Truppen liefern. Die Marktkirche wurde gebraucht als Magazin für Heu, Stroh, Hafer und Branntwein, die Blasiikirche als Brotmagazin, die Domkirche als Pferdestall, in der Petrikirche wurden gefangene Preußen untergebracht. Überall lagen weggeworfene Waffen und Gepäckstücke. In der Barfüßerstraße lagen einige vollbeladene Pulverkarren, deren Achsen gebrochen waren; nachts schafften die umwohnenden Bürger die gefährliche Ladung teils in die dortige Wasserkunst, teils in den alten Mauerturm auf dem Spendekirchhof, der seitdem im Volksmunde vielfach „der Pulverturm" genannt wird.
== Aus der Zeit des Königreichs Westfalen ==
Im Jahre 1807 bildete Napoleon aus den von Preußen genommenen Ländern nebst Braunschweig und Teilen von Hannover das Königreich Westfalen, das er seinem jüngsten Bruder Jerome gab. Kassel war die Hauptstadt. Das Königreich zerfiel in acht Departements, die ihren Namen nach den bedeutendsten Flüssen und Gebirgen erhielten. Unsere Gegend gehörte zum Harzdepartement, das vier Distrikte umfaßte, nämlich: Heiligenstadt, Nordhausen, Duderstadt, Osterode a. H. Jeder Distrikt zerfiel in Kantone, zu dem Distrikt Nordhausen gehörten neun Kantone, nämlich: Nordhausen, Wechsungen, Pustleben, BLEICHERODE, Pützlingen, Sachsa, Ellrich, Benneckenstekn, Neustadt. Der Hauptort des Harzdepartementes war Heiligenstadt, hier wohnte der Präfekt; an der Spitze eines Distriks stand der Unterpräfekt, dem Kanton stand ein Maire vor. In Heiligenstadt war auch das oberste Gericht, das Kriminalgericht; in den Hauptstädten der Distrikte, also in Nordhausen, Duderstadt und Osterode, waren Zivilgerichte.
Die westfälische Regierung wußte wohl, daß man ihr nur widerwillig gehorchte. Darum hatte sie überall Späher, die jeden Ungehorsam und jede mißliebige Äußerung zur Anzeige brachten. Besonders verschärfte sie ihre Aufmerksamkeit zu Anfang des Jahres 1813. Die Maires mußten sogar Bericht über die Gesinnung der Einwohner ihres Orts erstatten. Aber die Tage der Fremdherrschaft waren gezählt. In Rußland war Napoleons Macht gebrochen. Schon Anfang Dezember 1812 kamen die ersten Franzosen durch Nordhausen zurück. Anfang Januar 1813 liegen hier mehr als 3000 Verwundete; sie werden im Siechhofe verbunden, die Toten in der Landgrabenstraße — damals noch freies Feld — beigescharrt. Am 12. April erscheinen hier schon preußische Soldaten; es war der Wachtmeister Weiß mit 3 Husaren vom Korps des Freischarenführers Major v. Hellwig. Diese vier Mann traten so keck auf, daß der westfälische Platzkommandant sich gefangen nehmen ließ und die ganze westfälische Besatzung durch das Grimmeltor aus der Stadt floh. Freilich mußten die kühnen Husaren am folgenden Tage Nordhausen wieder verlassen, da 200 westfälische Reiter ankamen, um die Herrschaft Jeromes wieder zu befestigen. Kaum waren diese wieder abgezogen, da rückten am 15. April, es war der Gründonnerstag, auch schon Russen in die Stadt ein. In der Nacht zogen diese in der Richtung nach Bleicherode weiter, wo die westfälischen Reiter in Garnison standen. Diese waren ebenfalls gegen Nordhausen vorgerückt, und am frühen Morgen kam es zwischen Russen und Westfalen am Schern zu einem Gefecht. Als die westfälischen Reiter sorglos von Pustleben her über den Berg kamen, stürzten die Russen, die in einer Senkung versteckt gelegen hatten, sich auf sie, nahmen 103 Reiter mit 4 Offizieren gefangen und brachten sie nach Nordhausen.
An demselben Tage machte der russische General bekannt, daß nachmittags 3 Uhr auf dem Kornmarkt ein westfälischer Spion (es war ein Schneider Hartmann aus Ellrich) erschossen werden sollte. Auf Fürsprache des Superintendenten Förstemann zu Nordhausen, der nachwies, daß der Schneider kein Spion, sondern vom Magistrat zu Ellrich abgeschickt worden sei, um Erkundigungen einzuziehen, wurde der Unglückliche begnadigt. Nur eine fürchterliche Tracht Prügel bekam er.
Besonders hatte man es auf einflußreiche Personen in der Grafschaft abgesehen, die als Preußenfreunde bekannt waren und ihre vaterländische Gesinnung nicht genug verbergen konnten. Am 16. Mai wurden sie als Gefangene nach Kassel abgeführt. Dies Schicksal traf die Pastoren Plieth zu Salza, Panse zu Hesserode und Bötticher zu Pützlingen, ebenso auch den Oberamtmann Tauber zu Wollersleben und den Förster Kleemann zu Salza. Am meisten war Plieth verdächtig. Er wird im Sträflingsanzug in strenger Haft gehalten; absichtlich zögert man seine Aburteilung hinaus. Endlich wird das Todesurteil über ihn gesprochen. Da naht plötzlich die unerwartete Rettung. Wenige Tage vor der festgesetzten Erschießung gelingt der Handstreich eines Kosakenstreifzuges gegen Kassel, der König Jerome entflieht, und den Gegangenen gelingt es in der Verwirrung zu entkommen. Im Sträflingsanzug machte Plieth den Weg von Kassel nach Salza zu Fuß. Wund und todmüde kam er hier an, wo ihm die Bevölkerung allgemeine Teilnahme entgegenbrachte.
Nach der Überrumpelung Kassels streiften preußische und russische Truppen durch unsere Heimat. Die Bande der Fremdherrschaft lockerten sich allmählich. Der Präfekt des Harzdepartements schreibt selbst am 13. Oktober: "Ein Zustand der Gesetzlosigkeit fängt an, um sich zu greifen, die Abgaben bleiben fast durchweg unbezahlt, die Verfügungen unbefolgt und die Ortsbehörden wagen es nicht, Strenge zu gebrauchen; 5 Tage darauf wurde Napoleon schon bei Leipzig geschlagen; am 26. Oktober verließ Jerome Kassel für immer. Das Königreich Westfalen hörte damit auf zu bestehen, wenn es auch dem Namen nach noch einige Tage fortdauerte. Das Siegesfest der Schlacht bei Leipzig konnte daher auch erst am 14. November in Nordhausen gefeiert werden. Am 18. November wurden die preußischen Adler wieder an der Grenze aufgerichtet, die westfälischen Siegel und Amtsbezeichnungen abgeschafft. Am 26. November nannte sich das Haupt der Stadt Nordhausen wieder Bürgermeister, und aus dem Unterpräfekt ward wieder ein Landrat. Nordhausen und die Grafschaft waren wieder preußisch.
== Aus der Zeit des Befreiungskrieges ==
1. Nach dem Aufhören des Königreichs Westfalen trat wieder die frühere Einteilung unserer Heimat an die Stelle der westfälischen. Die Gebiete von Nordhausen, der Grafschaft Hohenstein, dem Eichsfelde, von Mühlhausen und Erfurt wurden wieder vereinigt und bildeten das 3. Departement der Provinzen zwischen Elbe und Weser und wurden von einem Landesdirektor, der in Heiligenstadt seinen Sitz hatte, verwaltet. Der ehemalige Distrikt Nordhausen wurde wieder in seinen früheren Stand gesetzt; an seiner Spitze stand seit 1813 der Landrat v. Arnstedt aus Großwerther.
2. Vor allen Dingen galt es nun, in den Bürgern das Vaterlandsgefühl, das unter der westfälischen Herrschaft gedämpft worden war, wieder wach zu rufen und zu stärken und den beginnenden Befreiungskampf militärisch vor- zubereiten. Schon unmittelbar nach der Schlacht bei Leipzig war der Major v. Hellwig in Nordhausen eingerückt und hatte am 23. Oktober einen „Aufruf an meine deutschen Brüder" erlassen. Darin heißt es: „Auf, deutsche Brüder! Der Augenblick ist gekommen, wo das Hochgefühl das deutsche Herz durchströmen muß. Die übermütigen Franken erlagen unter den für deutsche Freiheit kämpfenden Schwertern. Beeilt euch, mitzuwirken im heiligen Kampfe! Die deutsche Rechte euch zu bieten, kam ich hierher. Schließt euch an mich an. Rasch muß das Werk begonnen werden. Säumet nicht, eure paniere mit den unsern zu vereinigen, und wem es für jetzt unmöglich ist, dem Rufe zu folgen, der warte, bis die Sturmglocke das Zeichen gibt. Dann ströme das Volk herbei und freue sich des Glücks, Anteil zu nehmen am heiligen Werk.
Wer aber zurückbleibt in dem Augenblick, wo es Germaniens Freiheit gilt, der bleibe daheim. Sein Name ist — Schwächling, sein Los ist — Schande! Ein Deutscher ist er nicht!"
Dieser Aufruf lockte zahlreiche Freiwillige aus allen Orten unserer Heimat herbei, so daß Major v. Hellwig 1 Offizier und 40 Mann zu ihrer Ausbildung in Nordhausen lassen mußte.
3 Tage später, am 26. Oktober, erließ Rittmeister v. Hagen ebenfalls einen Aufruf zur Bildung eines freiwilligen Jägerkorps zu Pferde, dem auch viele Jünglinge folgten.
Ihr Hauptaugenmerk richteten die Behörden aber auf die Bildung der Landwehr. So schreibt der Landrat: „Um bei den großen allgemeinen Anstrengungen, die zu Deutschlands Rettung und Selbständigkeit gemacht werden, nicht zurückzubleiben, so ist es Zeit, daß auch in der hiesigen Provinz zur Errichtung der Landwehr vorgeschritten und alles zum Eintreten in den großen Kampf vorbereitet wird, der Heil und Segen für unsere Nachkommen erwarten läßt; Landwehrpflichtig waren alle Mannschaften von 17—40 Jahren. Schon Ende Dezember fand in Nordhausen die Musterung statt; die tauglichen Mannschaften wurden in das Ersatzbataillon des 2. Elblandwehr-Bataillons in Nordhausen eingestellt. Schwierigkeiten bereitete die Ausrüstung. Teilweise mußten die Krieger aus Gemeindemitteln mit Uniformen und Waffen versehen werden. Auch freiwillige Beiträge wurden reichlich gespendet.
Während Jünglinge und Männer von 17—40 Jahren vor dem Feinde ihr Leben in die Schanze schlugen, taten auch die in der Heimat zurückgebliebenen Dienstuntauglichen und die Männer von 40—60 Jahren das Ihrige, um das Vaterland im Falle der Not zu beschützen; sie bildeten den Landsturm. Der Kommandeur des Landsturms in der Grafschaft war der Major v. Hihacker in Ascherode. Jeden Sonntag Nachmittag wurde eifrig geübt. Eine Uniform war zwar auch gewünscht, aber nur die wenigsten besaßen eine. Auch mit der Bewaffnung sah es schlimm aus; manche hatten wohl einen Säbel oder ein altes Gewehr, die meisten dagegen waren nur mit einer mit Eisen beschlagenen Pike bewaffnet. An Begeisterung und Vaterlandsliebe stand aber auch der Landsturm nicht hinter den Frontkämpfern zurück.
Aber auch die weibliche Bevölkerung brachte Opfer für das Vaterland. Bereits im Februar 1814 wurde in Nordhausen wie auch in der Grafschaft Hohenstein ein Frauenbund zur Unterstützung hilfsbedürftiger Familien der Landwehrmänner gegründet. Er lieferte hauptsächlich Bekleidungsstücke, wie Hemden, Jacken, Leibbinden, Handschuhe, Strümpfe, sowohl für die im Felde stehenden als auch für die in dem Lazarett zu Nordhausen liegenden Vaterlandsverteidiger. Für die Verwundeten wurden vorwiegend Verbandstoffe geliefert. Daneben bildete sich 1814 auch noch ein Mädchenverein in Nordhausen, der Beiträge in barem Gelde oder in feinen Handarbeiten, die verkauft werden sollten, entgegennahm.
== Dorothea Pichelt, eine Kämpferin in den Befreiungskriegen ==
Dorothea pichelt ist am 26. April 1790 als Tochter des Weißgerbers Pichelt im Hause Lohmarkt Nr. 18 zu Nordhausen geboren. Schon als Kind zeigte sie einen lebhaften Geist und große Furchtlosigkeit. Öfter hat sie, selbst noch ein Kind, Gespielen, die in den Mühlgraben gefallen waren, mit eigner Lebensgefahr den Fluten entrissen. Der Mühlgraben diente zu der Zeit noch als Pferdeschwemme, und da die Brennereibesitzer in Nordhausen damals auch noch Landwirtschaft betrieben, wurden täglich Pferde in den Mühlgraben geritten. Dorothea Pichelt sah dem Treiben von ihrem Elternhause zu, machte sich selbst mit den Pferden zu schaffen und lernte bald reiten. Als junges Mädchen sah sie am 1. Juni 1805 König Friedrich Wilhelm III. und die Königin Luise vor den „drei Linden“. Das Bild der liebreizenden Fürstin blieb ihr unvergeßlich und erregte in ihr glühende Verehrung der hohen Frau. An den Ereignissen, die dem Ausbruch des Krieges vorangingen, nahm Dorothea lebhaften Anteil. Da das einmal wöchentlich erscheinende "Nordhäuser Nachrichtsblatt" wenig Neues brachte, bemühte sie sich um Nachrichten bei den durchreisenden Fellhändlern, die in ihr Haus kamen.
Nach der unglücklichen Schlacht bei Jena 1806 und der Flucht des preußischen Heeres, von dem ein Teil seinen Rückzug über Nordhausen nahm, bemächtigte sich des Mädchens eine große Niedergeschlagenheit, und oft bedauerte sie ihrem Bruder gegenüber, kein Mann zu sein und nicht mitkämpfen zu können. Der Tod der von ihr heißgeliebten Königin Luise steigerte ihre trübe Stimmung. Erst der Aufruf Friedrich Wilhelms III. an sein Volk erfüllte auch sie mit neuer Hoffnung. Sie bekam ihre alte Fröhlichkeit wieder; aber eines Tages war sie spurlos verschwunden, ohne ihren Angehörigen irgend eine Mitteilung gemacht zu haben. Auch einen größeren Geldbetrag hatte sie mitgenommen, um, wie sich später herausstellte, sich davon ein Pferd, Uniform und Waffen zu kaufen und in ein östlich der Elbe gebildetes Freikorps als Dragoner einzutreten. Als ihr Regiment später einmal durch Nordhausen gekommen ist, soll sie sich den Ihrigen als Vaterlandsverteidiger vorgestellt haben.
Als Soldat hat sie während des ganzen Feldzuges in Deutschland und Frankreich öfters Beweise ihrer Tapferkeit und Unerschrockenheit gegeben. So hat sie mit noch zwei anderen Dragonern in einem Gefecht ihren unter die Feinde geratenen Schwadronsführer herausgehauen, wofür sie eine Denkmünze bekommen hat.
Nach dem Einzüge der Sieger in Magdeburg hat sie dem Wachtmeister ihrer Schwadron gesagt, daß sie ein Mädchen sei. Diese Mitteilung erregte natürlich große Überraschung und gab dem Kommandeur, dem sie sofort gemeldet wurde, Veranlassung, die soldatischen Tugenden sowie die Vaterlandsliebe der Dorothea Pichelt öffentlich zu rühmen.
Später soll sie einen Feldwebel geheiratet und in glücklicher Ehe in Magdeburg gelebt haben. In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts soll sie dort gestorben und auf dem Garnisonfriedhofe in Magdeburg begraben worden sein. Genaueres über ihr Leben nach den Befreiungskriegen weiß man nicht.
Am 18. Oktober 1913 ist an ihrem Geburtshause in Nordhausen eine Gedenktafel angebracht.
== Unsere Heimat vor hundert Jahren ==
Im Jahre 1812 schildert der Präfekt des Harzdepartements seiner Regierung in Kassel den Distrikt Nordhausen. Folgendes sei daraus hervorgehoben:
„Der Charakter der Bewohner ist gut, ruhig und zum Fleiße geneigt.<br>Die Vermögensumstände sind im allgemeinen nur sehr mittelmäßig, denn wenn auch die Stadt Nordhausen einige reiche und mehrere wohlhabende Einwohner besitzt, so ist dagegen der größte Teil arm. Die Wohlhabenheit verliert sich immer mehr, so daß in einigen Jahren, wenn die gegenwärtigen Verhältnisse noch fortdauern sollten, nur noch sehr wenige dieser Klasse zu finden sein werden. Die Hauptnahrungszweige bestehen in Ackerbau und Viehzucht, zudem besonders zu Nordhausen im Branntweinbrennern, Handel mit Früchten mit der Nachbarschaft, in Wollenweberei und Lohgerberei auf dem platten Lande und zu Bleicherode.
Der Tagelohn ist in der Stadt Nordhausen gewöhnlich 6-7 Gr., auf dem platten Lande nur 5-6 Gr.
Der Zustand der Landwirtschaft ist im ganzen genommen gut. In Nordhausen und auf den größeren Gütern ist die Stallfütterung größtenteils ein- geführt, aber nicht bei dem Bauersmann wegen Mangel an Futter und Streustroh und besonders, weil er sich noch nicht von dem Nutzen überzeugen will.
Bei Weizen ist das Erzeugnis vom Scheffel Aussaat im Durchschnitt 4-5 Scheffel, Roggen 5-6 Scheffel, Gerste 6-7 Scheffel, Hafer 7-8 Scheffel, Kartoffeln 8-12 Scheffel.
An Manufakturpflanzen wird nur und zwar hauptsächlich in den Cantons Pustleben, Großwechsungen, Pützlingen und Bleicherode der Flachs zum Handel gebaut, in den übrigen Cantons nur wenig, nicht einmal zu eignem Gebrauche hinreichend. Auch leidet der Boden nicht wohl einen stärkeren Anbau, und es dürfte dermalen der vermehrte Anbau um so weniger rätlich sein, als der Handel mit Linnen jetzt gänzlich darnieder liegt.
Tabak, Krapp, Weid werden gar nicht gebaut, Hopfen ganz unbedeutend an einigen Orten. Hanf wird nicht gebaut; Rübsamen wird in den mehrsten Ortschaften lediglich zur eignen Consumption gebaut, nur die größeren Güter bauen zum Verkaufe. Runkelrüben werden hier zwar, jedoch hauptsächlich auf größeren Gütern und zum Viehfutter gebaut. Zichorien werden nicht gebaut.
Gartenbau und Obstzucht werden nur in den Cantons Nordhausen, Großwechsungen, Pustleben, Bleicherode und Pützlingen mit gutem Erfolg betrieben.
Die Wiesen im Canton Ellrich sind gut und mehr als hinreichend, so daß an andere Cantons noch verkauft werden kann.
An Rindvieh hält jeder Landwirt soviel, als er ausfüttern kann, da der Gewinn so einleuchtend ist, und die Zahl des Viehes wird nicht leicht vermehrt werden können, wenn man sich nicht mehr als bisher auf den Anbau der Futterkräuter und Verbesserung der Wiesen durch Düngemittel legt. Der Bestand war im Jahre 1811: 159 Stiere und Bullen, 336 Zug- und Mastochsen, 6899 Kühe und 2746 Rinder und Jungvieh. Nur in einzelnen Cantons gibt man sich mit Pferdezucht ab, die im ganzen unbedeutend ist. Bestand: 3824 Pferde über 3 Jahre, 991 Füllen, 24 Esel.
Die Schafzucht ist im guten Stande, und der jetzige Preis der feinen Wolle hat viel zur Veredelung beigetragen. Die Wolle ist nach Maßgabe sehr verschieden. Indessen ist doch die Landwolle nicht schlecht und wird zu Tüchern, Strümpfen und Flanellen verarbeitet. Der Distrikt zählt 48 261 Schafe.
An Schweinen wird im Durchschnitt soviel gezogen, als der Landmann zu eignem Bedarf nötig hat. Bestand 12 530.<br>Die Bienenzucht ist ganz unbedeutend. 1466 Stöcke.<br>Die Ziegenzucht ist unbedeutend.<br>Die Federviehzucht ist im ganzen hinreichend und gewährt dem Landmann einen nicht ganz unbeträchtlichen Beitrag zum Unterhalte.
Noch im Jahre 1806 war die Leinweberei durch 675 Arbeiter betrieben; seit dieser Zeit und seit der Handel ins Stocken geraten, hat diese Anzahl sich vermindert. Der Handel mit ihnen wird besonders nach Hamburg und seewärts betrieben; seitdem aber die Sperre herrscht und die neueren Erzeugnisse eingetreten sind, stockt dieser Handel, der das meiste Geld einbrachte, ganz und gar.
Baumwolle wird nicht verarbeitet.
Die Branntweinbrennerei ist der Hauptnahrungszweig der Stadt Nordhausen.
Die Ölfabrikation ist in Nordhausen und im Canton Großwechsungen sehr bedeutend. In den übrigen Cantons wird hauptsächlich zum eignen Bedarf Öl geschlagen. Der Wert des jährlichen Fabrikats kann in den 2 ersten Cantons auf 300 000 Taler, in den übrigen Cantons überhaupt auf 30000 Taler angenommen werden. Der Handel mit Ölen hat eher zu als abgenommen, da der Tran fehlt.
Zichorie<ref>Zichorien baute zuerst Schreiber an; um 1820 entstand die Zichorkenfabrik an der Stolberger Straße. Tabakfabriken waren um 1800 schon einige kleinere vorhanden; größere entstanden später: Die von Hanewacker 1815, von Knies 1818, von Kneifs 1827, von Reddersen 1836.</ref> Tabak, Zucker, Stärke und Puder werden nicht fabriziert.
Die Wollenweberei ist hier nur wenig im Gange; in Nordhausen sind nur 2 Fabriken, die einige 40 Stühle innehalten und einige Meister, die für eigene Rechnung arbeiten. Sodann befindet sich in Bleicherode die ansehnliche Tuchfabrik des Herrn Müller, wo gegen 60 Stühle im Gange sein sollen, und endlich in Ellrich 16 Tuchmacher, welche Flanelle und grobe Tücher Herstellen. Der Absatz war in vorigen Zeiten weit besser als jetzt.
Leder wird in Nordhausen, Ellrich und Blekcherode bereitet. Es beschäftigen sich 250 Menschen damit; der Umsatz wird sich auf 75-80000 Taler belaufen.
Seife und Lichter werden nur zum Bedarf gemacht. Das Material (Talg) wird aus dem Distrikt und aus Magdeburg bezogen.
Porzellan, Steingut usw. wird nicht gemacht, wohl aber werden gewöhnliche Töpferwaren, Ziegel und Kalk zum Bedarf des Distrikts gebrannt.
Das Verhältnis in Rücksicht der Töpferwaren mag ungefähr das nämliche des ehemaligen sein, nur in Ansehung der Ziegel und des Kalks hat es sich verändert, da wegen Mangels an Geld nicht mehr soviel gebaut wird als sonst.
== Eisenbahnen in unserer Heimat ==
Wie wenig Bedeutung man bei uns vor 100 Jahren den Eisenbahnen beilegte, geht daraus hervor, daß die damalige Zeitung in Nordhausen, das „Nordhäuser wöchentliche Nachrichtsblatt" weder den ersten Eisenbahnzug in England (1825), noch die Eröffnung der ersten Eisenbahn in Deutschland (von Nürnberg bis Fürth, 1855) erwähnt. Erst als im folgenden Jahre, 1856, der Plan auftaucht, von Bremen über Lüneburg und Hannover eine Bahn bis nach Braunschweig zu bauen, erwacht auch hier die Teilnahme. Und 1837 ist es dem Büchsenmacher und Mechaniker Eichler von hier bereits gelungen, eine Lokomotive herzustellen; in dem „Nordhäuser wöchentlichen Nachrichtsblatt" wird angezeigt: „Donnerstag abends 7 Uhr wird die gewöhnliche Konzertmusik mit Tanzvergnügen im Saale des Herrn Reichenbach (Riesenhaus) stattfinden, wobei Herr Eichler den von ihm verfertigten Dampfwagen (Lokomotive) sehen und verschiedene Male fahren lassen wird." Demnach hat unser Eichler noch vor Borsig, der bekanntlich 1841 die erste Lokomotive baute, die Bauart des „Dampfwagens" gefunden.
Ebenso hat ein anderer Nordhäuser, Dr. August Kramer, Lehrer am Gymnasium, einen elektrischen Telegraphen und ein elektrisches Eisenbahnläutewerk erfunden, ehe die Eisenbahn nach Nordhausen kam. Seine Erfindung wurde auch bei vielen Eisenbahnen damals (1850) eingeführt, und er hatte einen großen Nutzen daran, so daß er sich oben an der Promenade ein prächtiges Haus bauen konnte (jetzt das Haus mit der Uhr, Wallrothstraße); es war neben der „Hoffnung" dort das erste.
Im Jahre 1846 tauchte der plan auf, eine Eisenbahn von Halle über Nordhausen nach Kassel zu bauen. Nach langen Verhandlungen beginnt endlich die Magdeburg-Leipziger Bahngesellschaft den Bau, und am 10. Juli 1866 konnte die Teilstrecke Halle-Nordhausen eröffnet werden. Die Bahn war eingleisig, täglich verkehrten in jeder Richtung 2 Züge, je einer vormittags und einer nachmittags. Ein Jahr später, am 9. Juli 1867, ist die Strecke bis Ahrenshausen fertig, und erst 1872 konnte die ganze Linie bis Kassel dem Verkehr übergeben werden.
Die zweite von Nordhausen ausgehende Bahnstrecke, von Nordhausen bis Northeim, mit Anschluß an die Hannoversche Südbahn, konnte bereits 1869 eröffnet werden. In demselben Jahre wurde auch die Bahn Nordhausen-Erfurt in Betrieb genommen. Diese Eisenbahnen gehörten Privatgesellschaften; verstaatlicht wurde die Halle-Kasseler Bahn 1875 und die Nordhausen-Erfurter 1887.
Für den Verkehr durch den Harz ist die Kleinbahn Nordhausen-Wernigerode mit Abzweigung nach dem Brocken wichtig; sie ist 1899 eröffnet. Durch sie ist Nordhausen zu einem wichtigen Ausgangspunkt für Reisen in den Harz geworden. An diese sogen. „Harzquerbahn" schloß sich 1905 die Bahn von Eisfelder Talmühle nach Stiege zur Verbindung mit der Gernröder Eisenbahn, die das Selketal erschließt.
Von der Nordhausen-Northeimer Bahn zweigt sich in Ellrich die Bahn nach Zorge und von Walkenried die Bahn nach Braunlage, die sogen. Südharzbahn, ab.
== Wachstum der Bevölkerung in Nordhausen ==
1790 = 5000 Einwohner<br>1800 = 8000<br>1828 = 10 000<br>1849 = 14 000<br>1861 = 17 000<br>1880 = 26 000<br>1890 = 27 000<br>1900 = 28 000<br>1910 = 32 000<br>1925 = 35 000
== Anhang ==
=== Sagen aus der Heimat ===
==== Das Achtuhrläuten vom Petriturm ====
<ref>Ein Nordhäuser Geschichtschreiber berichtet, daß infolge des Brandes im Jahre 1610 allabendlich um 8 Uhr auf dem Petrikirchturm die Beiglocke geläutet wird.</ref> Vor langen Jahren hatten die drei Töchter einer vornehmen Familie in Nordhausen sich im Walde, der vom Harze bis nahe an die Stadt reichte, verirrt. Es wurde Abend, und immer konnten sie den Heimweg nicht finden. Da wurde ihnen bange in dem dunkeln Walde, der gar kein Ende nehmen wollte; denn es gab damals noch Wölfe dort, und sie fürchteten, von ihnen zerrissen zu werden. Da hörten sie, wie es vom Petriturme acht Uhr schlug. Sie gingen dem Schalle nach und kamen nun bald in die Stadt. Aus Dankbarkeit stifteten die Eltern eine Summe Geld, daß jeden Abend um acht Uhr geläutet werden sollte, damit keiner wieder in Gefahr käme, den Heimweg nach der Stadt zu verfehlen.
Wenn später einmal der Türmer den Glockenschlag versäumte und nicht gleich zu läuten anfing, erhielt er wohl von unsichtbarer Hand einen gewaltigen Schlag auf die Backe, und eine Stimme, wie aus dem Grabe, rief ihm zu: Wäre es schon halb auf Neune, bräch' ich dir so Hals als Beine.
==== Das Kreuz in der Mauer am Neuen Wege ====
In alter Zeit wohnte am Neuen Wege ein Handwerker mit seiner Frau. Sie hatten einen Sohn von 16 Jahren, der half seinem Vater in der Werkstatt. Aber seitdem bei ihnen ein Geselle gearbeitet hatte, der wohl schon durch die ganze Welt gekommen war und viel erzählen konnte, träumte er nur noch von fremden Ländern und sehnte sich hinaus in die weite Welt.
Da hörte er eines Tages die Trommel rühren: ein fremder Offizier warb Soldaten an für den Krieg. Das war eine Gelegenheit, die Welt kennen zu lernen. Er ließ sich anwerben und zog frohen Mutes hinaus, wie sehr auch die Mutter weinte und der Vater ihm zum Bleiben zugeredet hatte.
Die Jahre vergingen. Von ihrem Sohn erhielten die Eltern keine Kunde. Sie selbst waren alt geworden; zu verdienen gab es nicht viel. Der sie hätte unterstützen und für sie hätte sorgen können, lebte wohl nicht mehr. Kümmerlich schleppten sie ihre Tage dahin.
Eines Abends spät trat ein Reisender in feinen Kleidern bei ihnen ein. Da die Tore der Stadt schon verschlossen waren, konnte er keine Herberge mehr aufsuchen, und er bat die alten Leute, ihn die Nacht über zu behalten; es solle ihr Schade nicht sein, er habe Geld genug, und dabei zeigte er ihnen eine wohlgefüllte Geldtasche.
Die beiden Leute nahmen ihn gerne auf; die Frau mußte ihm noch ein Essen zurechtmachen, an dem sie auf seinen Wunsch teilnahmen. Dabei erzählte er ihnen von fremden Ländern und von seinen Kriegssahrten. Er habe viele Beute machen können und sei reich geworden; jetzt reise er zu seinen Eltern, die es nun in ihren alten Tagen gut haben sollten. Sie würden ihn aber kaum wiedererkennen, da er so lange fortgewesen sei.
Unter solchen Gesprächen war es spät geworden; die Frau bereitete ihm eine Lagerstätte, und sie wünschten ihm eine gute Nacht.
Aber in den beiden Alten war ein unheimlicher Gedanke aufgetaucht; das viele Geld, das sie bei ihrem Gast gesehen hatten, hatte ihren Sinn verwirrt. Sie beschlossen, ihn zu töten und zu berauben. Die Frau brachte einen Kessel voll Ol zum Sieden, und das gossen sie dem Schlafenden in den Mund. Als er nun tot war und sie ihm die Kleider vom Leibe rissen, bemerkten sie an der linken Seite über dem Herzen ein dunkles Mal: ein solches Zeichen hatte auch ihr Sohn an derselben Stelle gehabt. Und nun fielen ihnen auch noch andere Merkmale auf: schaudernd erkannten sie, daß sie ihren eigenen Sohn ermordet hatten.
Am andern Morgen stellten sie sich der Obrigkeit, und bald darauf wurden sie hingerichtet.
In der Stadtmauer aber, gegenüber dem Hause, in dem der Mord geschehen war, wurde zur Erinnerung an die gräßliche Tat ein Kreuz von Steinen eingemauert.
==== Der Teufel im Kohnstein ====
Früher hatte der Teufel im Kohnstein eine Schatzkammer. Wer sich ihm verschrieben hatte, konnte die Tür dazu öffnen. In der Kammer lag ein feuriges Buch, und darin standen auch die Namen sehr vieler Nordhäuser. Nun war einst zu Nordhausen ein Mann, der hatte sehr viele Schulden, und seine Gläubiger drängten ihn unbarmherzig, ja, es wollten ihm zwei davon das Haus über dem Kopf verkaufen lassen. Da ging der Mann betrübt umher. Und so begegnete ihm der Teufel, der ihn fragte, was ihm fehle. Als er s nun erzählt hatte, wollte ihn der Teufel mit sich führen; der Mann ließ sich auch endlich herbei, mit zu der Schatzkammer zu gehen. Da ihm nun der Teufel sagte, wenn er sich in das feurige Buch schriebe, so könne er so viel Geld erhalten, als er wolle, sprach er: so will ich morgen wiederkommen und mich unterschreiben. Das war der Teufel zufrieden. Als aber der Mann wegging, hatte er schon einen Blick in das brennende Buch geworfen und auch die Namen der beiden Gläubiger darin gelesen. Wie er nun nach Nordhausen kam, ging er sogleich zu seinen Gläubigern und sprach: „Jetzt kann ich das Geld erhalten, das ich euch schulde; aber da ihr euch einmal dem Teufel verschrieben habt, so laßt es euch doch lieber von ihm selbst geben. Da flehten ihn die Gläubiger an, sie nur nicht zu verraten und schenkten ihm soviel Geld, als er nur mochte.
==== Der Tanzteich bei Niedersachswerfen ====
Bei Niedersachswerfen, an dem Woffleber Wege, liegt am Fuße des Mühlberges ein Teich, der Tanzteich genannt; davon geht folgende Sage: Wo jetzt der Tanzteich ist, hat ehemals eine Schenke gestanden. 2n diesem Wirtshause wurde alle Sonntage getanzt, schon bevor am Nachmitag der Gottesdienst zu Ende war. Da zog einmal ein Gewitter herauf und hielt über der Schenke. Doch die wilde Gesellschaft wollte nicht aufhören zu tanzen und zu lärmen. Ja, einer ging in seinem Frevelmute so weit, daß er sagte: „Hört einmal, wie der liebe Gott mit Bierfässern rollt!" Indem fuhr ein Blitz mit einem furchtbaren Donnerschlage hernieder, und die Schenke versank mit allen, die darin waren. Aus dem Abgrund aber quoll ein dunkles, schwarzes Gewässer herauf, das den Tanzteich bildet.
==== Der Glockenguß zu Stolberg ====
Am Hardtwald bei Steigertal steht ein alter Stein, Ln den eine Glocke und eine Keule eingehauen sind. Was mag er bedeuten?
Zu Stolberg wohnte einst ein gar geschickter Glockengießer, und weit und breit erklang von manchem Turm ein liebliches Geläute, das aus seiner Werk-- statt hervorgegangen war. Nun bestellte auch die Stadt Stolberg bei ihm eine Glocke, und voller Freude darüber, daß er seinem Heimatsort ein Werk seiner Hände hinterlassen konnte, machte er sich an die Vorbereitung zum Guß, um eine Glocke herzustellen, die alle andern, die er geschaffen hatte, weit übertreffen sollte. Aber diesmal wollte ihnen der Guß, soviel er auch sann und suchte, durchaus nicht nach Wunsch gelingen.
Verdrießlich unterbrach er seine Arbeit und machte sich auf, um seinen Vater, der ein berühmter Glockengießer in Nordhausen war, um Rat zu fragen. Seinem Gesellen aber befahl er, auf den Tag seiner Rückkehr alles zur Wiederaufnahme des Gusses bereitzuhalten. Damit war der Geselle nun bald fertig, und er sann und zerbrach sich den Kopf, warum dem Meister, mit dem er schon so manche schöne Glocke gegossen hatte, diesmal die Arbeit nicht gelungen war. Nach langem Grübeln glaubte er den Grund erkannt zu haben, und er arbeitete rastlos Tag und Nacht, um den Meister freudig zu überraschen, und siehe, der Guß gelang vortrefflich.
Doch jetzt mischte sich in seine Freude auch die Besorgnis, ob der Meister seine Eigenmächtigkeit gutheißen werde, und er beschloß, ihm entgegenzugehen und ihm alles zu gestehen. Er traf ihn am Hardtwalde bei Steigertal, wie er sich da niedergelassen hatte, um ein wenig auszuruhen. Verwundert schaute der Meister auf, als er den Jüngling ihm entgegenkommen sah, und erkundigte sich nicht ohne Besorgnis, wie es zu Hause stände. Da konnte der Geselle das Geheimnis nicht länger bewahren, und er erzählte, wie alles gekommen war, und daß die Glocke nun fertig und wohlgelungen zu Hause stehe. Je weiter er sprach, desto dicker schwollen dem Meister die Zornesadern; die Scham, von seinem Gesellen übertroffen worden zu sein, wurde zur grimmigen Wut, und ohne zu wissen, was er tat, sprang er auf, ergriff seinen Knotenstock und versetzte dem Jüngling einen so gewaltigen Hieb über das Haupt, daß er lautlos zusammenbrach.
Als er den unglücklichen Gesellen blutüberströmt am Boden liegen sah, da erwachte er aus seinem Zorn: das Entsetzen ob der gräßlichen Tat packte den starken Mann, und von Gewissensangst gejagt, eilte er von dannen. Doch bald kehrte er um und lief denselben Weg wieder zurück: vielleicht war der Unglückliche noch zu retten, der Blutstrom noch zu stillen. Vergebliche Hoffnung — er lag starr und kalt, mit gebrochenem Auge da.
Nun irrte er die ganze Nacht unstät und flüchtig im Walde umher. Als der Morgen anbrach, wurde er ruhiger: er wußte, was er zu tun hatte. Erging nach Stolberg und stellte sich dem Gerichte, und da er alles eingestand, bedurfte es keiner langen Untersuchung,- er wurde zum Tode verurteilt und nach der Hinrichtung an der Stelle eingescharrt, wo er zum Mörder geworden war.
Zum ewigen Andenken an diese Tat wurde an der Mordstelle der Stein errichtet.
==== Die Nachtmusik ====
Lustige Musikanten aus Kelbra beschlossen einmal, dem alten Kaiser eine Nachtmusik darzubringen. In der Mitternachtsstunde gehen sie im Mondenschein den Berg hinauf und langen gerade um Mitternacht oben an. Eben schlägt unten im Dorfe die Glocke zwölf, als sie losblasen. Beim zweiten Stücke kommt die Prinzessin mit einem Lichte in der Hand tanzend auf sie zu und winkt ihnen zu folgen. Der Berg tut sich vor ihnen auf, und mit klingendem Spiele ziehen sie der Prinzessin nach mitten in die unterirdische Herrlichkeit hinein. Essen und Trinken wird ihnen reichlich aufgetischt, und sie lassen sich^s gut schmecken; doch hätten sie gern auch etwas von den Schätzen gehabt, die rings in großer Menge umherlagen. Aber niemand bot ihnen etwas an. Endlich, als der Morgen graut, brechen sie wieder auf; der Kaiser winkt ihnen recht freundlich zu, und die Prinzessin reicht jedem einen grünen Busch zum Andenken. Als sie wieder aus dem Berge heraus und im Freien angelangt sind, werfen sie die Büsche, die sie ehrenhalber angenommen haben, fort und lachen und schelten über solch ein kaiserliches Geschenk; nur einer behält den Busch und will ihn zum Andenken aufheben. Als er nach Hause kommt, überreicht er seiner Frau scherzend den Busch und gewahrt auch in demselben Augenblicke, daß der Busch nicht mehr leicht ist, und daß alle Blätter und Zweige sich in gediegenes Gold verwandelt haben. Schnell liefen die andern auf den Berg zurück, um ihre fortgeworfenen Büsche zu holen; aber sie waren fort. Ihr Mißtrauen hatte sie betrogen.
==== Die Löwenburg bei Bleicherode ====
Auf der Löwenburg bei Bleicherode wohnte ein Ritter, der einen Löwen im Wappen führte und daher auch der Löwenritter genannt wurde. Sein hochmütiges und stolzes Wesen machte ihn bei jedermann unbeliebt. Dazu kam, daß er raubte und plünderte, wo nur immer Beute in Aussicht stand. Der Hochmut des Vaters war auch auf seine einzige Tochter, die sich durch große Schönheit auszeichnete, übergegangen. Kein Freiersmann genügte ihr; der eine war ihr nicht reich, der andere nicht schön genug, und so kam es, daß sie unvermählt blieb.
An gewissen Tagen sieht man das Fräulein in roten, lang herabwallenden Haaren, mit weißen Kleidern angetan, einen Schlüsselbund an der Seite, auf der Löwenburg umherwandeln und nach ihrem Erlöser ausschauen. Wenn dieser kommt, wird sie ihn in den unterirdischen Palast führen und ihn mit den seit Jahrhunderten gesammelten Schätzen beschenken.
Nach einer anderen Sage ist die Schlüsseljungfrau auf der Löwenburg verzaubert und harrt auf ihre Erlösung. Wer die blaue Wunderblume, die alle sieben Jahre am Johannistage blüht, findet, kann sie erlösen. Mit der schönen Jungfrau werden ihm auch unermeßliche Schätze an Gold und Silber zufallen.
==== Der wilde Jäger ====
Ein Schäfer hütete bei Bleicherode seine Herde. Als er einst nachts in -er Bucht lag und nicht schlafen konnte, vernahm er plötzlich ein wildes Rufen und lautes Hundegebell in der Nähe. Gespenstische Retter, mit langen peitschen in den Händen und von großen Hunden gefolgt, jagten in sausendem Galopp durch die Luft dem nahen Walde zu. Der Schäferhund schloß sich dem Zuge seiner Kameraden an. Kaum hatte er sich entfernt von der Herde, so wurde eine Pferdekeule aus der Luft mit den Worten herabgeworfen:
:Hast du mit helfen jagen,<br>sollst auch mit helfen knagen.
Der Schäfer suchte sich des unwillkommenen Geschenkes zu entledigen und warf die Pferdekeule wett weg; aber sie kehrte immer wieder auf ihren ersten Lagerplatz zurück. Endlich brachte er sie über die Flurgrenze, und nun blieb sie verschwunden.
==== Der Römerstein ====
Südlich von der Eisenbahn, die an Sachsa vorbeifährt, nicht wett vom Bahnhof Tettenborn in der Richtung nach Osterhagen zu, ragen zackige Felsen empor, die wie die Trümmer einer verfallenen Burg aussehen. Das ist der Römerstein. Vor Zeiten wohnten hier Riesen, während drüben in dem weißen Alabaster des Sachsensteins mächtige Zwerge mit ihrem König hausten. Vor diesen Zwergen schwebten die ungeschlachten Riesen in solcher Furcht, daß sie die Felsburg austürmten, um vor ihnen sicher zu sein.
Einst durchschweifte ein Riesenjüngling, Romar geheißen, den Wald und fand unter einem Baume schlafend eine wunderschöne Jungfrau; es war Ruma, des Zwergkönigs jünste Tochter. Staunend blieb er stehen,- da schlug sie die Augen auf und wollte fliehen. Doch Romar sprach ihr freundlich zu,- so blieb sie und fand bald Gefallen an dem Jüngling. Sie trafen sich nun öfter und konnten nicht mehr voneinander lassen, obgleich sie wußten, daß sie zwei feindlichen Mächten angehörten. Aber sie liebten sich so sehr, daß sie Mann und Frau wurden und jahrelang heimlich in glücklicher Ehe lebten.
Eines Tages saßen sie traulich beisammen und freuten sich des Spieles ihres munteren Knaben. Da stand plötzlich der Zwergkönig vor ihnen. Sein Antlitz war bleich, sein Haar weiß wie das Gestein, vom Scheitel war ihm eine Helle Kristallkrone emporgeschossen. Zornig rollten seine kleinen Augen, als er in dem Gemahl seiner Tochter einen Sohn des Riesenlandes erkannte,- und ohne auf die flehentlichen Bitten seiner Tochter zu achten, rief er eine Schar dienstbereiter Zwerge herbei, die den Jüngling über die Grenze des Zwergenreiches peitschten. Den kleinen Sohn zerschmetterte er an der Felswand; seine Tochter aber schloß er in eine feste Höhle tief im Innern des Berges ein und ließ den Eingang durch boshafte Kobolde bewachen.
Die unglückliche Ruma versuchte auf jede Weise ihre Rettung. Sie verwandelte sich in eine Wassernixe und suchte als Quelle an das Tageslicht zu kommen, um zu ihrem Gatten zu gelangen, und eine ganze Reihe tiefer Löcher zeugt von ihren Anstrengungen. Aber stets schleuderte der erbarmungslose Vater sie in das Innere des Berges zurück. Von den vielen Tränen, die sie dort vergossen hat, heißt die Höhle, worin sie eingekerkert war, noch heute Weingartenloch, die Höhle des Weinens. Einmal glückte es ihr, den trauernden Romar, der sie überrall suchte, wiederzusehen. Der Ort, wo das geschah, heißt jetzt noch Nixei.
Endlich nach langen Jahren war es ihr gelungen, unter der Erde so weit vorzudringen, daß sie die Grenze des Zwergenrelchs weit überschritten hatte, und nun trat sie ungehindert als mächtige Quelle zutage. Rhume heißt zu ihrem Andenken der Fluß, der aus der Quelle entsteht.
Nach Romar aber wurde die Riesenburg der Römerstein genannt.
==== Die Zwerge vom Sachsenstein ====
Einst lebten in dem Sachsenstein bei Sachsa Zwerge. Ihre Wohnungen waren die Zwerglöcher, kleine, überwölbte Höhlen in dem Kalkfelsen. Sie waren immer munter und guter Dinge und machten gern Musik. Auch haben sie unter sich Hochzeit gehalten und Kindtaufe gefeiert und dazu Reisbrei gegessen, und es ist dabei sehr lustig hergegangen im Sachsenstein. Ein Schäfer, der einst in der Nähe die Schafe hütete, hörte die Musik und räumte mit seinem Hakenstocke vor den Zwerglöchern auf. Da hat er die Zwerge und die Zwergmusikanten alle gesehen, ist auch eingeladen worden, an der Festlichkeit teilzunehmen. Das hat er sich nicht zweimal sagen lassen und hat sich mit zu ihnen gesetzt,- er ist auch unversehrt wieder aus dem Sachsensteine herausgekommen.
Mit den Menschen standen die Zwerge sich gut und erschienen häufig bei ihnen auf Hochzeiten und Kindtaufen. Mit leise trippelnden Schritten kamen sie dann herein und setzten sich mit an die Tafel. Stückchen um Stückchen verschwand vom Braten und Kuchen. Die Hochzeitsleute sahen sich an, nickten und lächelten: „Die guten Zwerge!" Keiner aber konnte sie erblicken,- denn sie hatten ihre Nebelkappen angetan, die machten unsichtbar.
Wenn die Menschen duldsam gegen sie waren, so erwiesen sie sich hilfreich und dankbar und verrichteten für sie manche Arbeiten. So brachen einmal Maurer Steine am Sachsenstein. Da kamen abends die Zwerge daher und sagten zu ihnen, sie möchten jetzt nur heimgehen, ihr Werkzeug dalassen, sich um nichts kümmern und ihnen am anderen Morgen Brot mit- bringen, dann solle die Arbeit schon getan werden. Das taten die Maurer auch, kamen am anderen Morgen wieder, legten das Brot vor den Sachsenstein und brauchten auf die mittgebrachten Wagen nur die Steine aufzuladen, die die Zwerge losgebrochen hatten.
Sehr gern aßen sie Erbsen; kein Erbsenfeld ringsumher war vor ihnen sicher, und man hotte sie oft darin schmatzen wie die Schweine, ohne daß man sie sah. Darüber wurden die Menschen dann böse. Äm wenigsten mochten die Frauen sie leiden; sie beschuldigten die Zwerge, daß sie ihnen ihre hübschen Kinder raubten und ihnen dafür häßliche unterschöben. Auch brach das Zwergvolk wohl einmal ln ganzen Haufen in die Bäckerläden in Sachsa und Walkenried ein und stahl Brote. Da ritt ein Mädchen den Leuten, daß sie Kümmel ins Brot backen sollten,- das konnten die Zwerge nicht vertragen und wurden krank davon. Von der Zeit an wurde kein Brot mehr ohne Kümmel gebacken, und nur wenige Zwerge, die Kümmelzwerge genannt wurden, konnten es essen. Da beschlossen die Zwerge, auszuwandern.
Mit voller Musik zogen sie in Sachsa ein und versammelten sich vor dem Rathause. Weil sie den Sachsaern für das Wohlwollen, das sie ihnen bewiesen hatten, dankbar sein wollten, fragten sie diese: »Wollt ihr ein ewiges Bergwerk haben oder von einem jeden von uns einen Pfennig?" Da antworten die Leute zu Sachsa: »Von jedem einen Pfennig" Nun wurde ein leeres Scheffelmaß auf dem Markte vors Rathaus htngestellt. In langer Reihe zogen die Zwerge vorbei, und jeder warf, kling, kling, seinen Pfennig in das Scheffelmaß, daß es über und über voll wurde.
Seit dieser Zeit hat man keinen Zwerg wieder in Sachsa gesehen.
==== Die Zwerge im Erbsenfelde ====
Ein Bauer bei Osterode hatte ein Feld Erbsen, das wurde ihm jede Nacht bestohlen und zertreten. Er stellte Wache dabei, aber niemals sah man die Diebe. Eines Tages klagte er dies seinem Nachbar, und der sagte: »Das tun gewiß die Zwerge. Mach einmal ein langes Seil und zieh es rings um das Erbsenfeld; dann knalle mit der peitsche und klappere und lärme, so eklen sie fort, und dabei fällt gewiß dem einen oder dem anderen, wenn er unter dem Seil wegschlüpft, die Nebelkappe ab; dann kannst du sie sehen."
Der Bauer tat, wie ihm der Nachbar geraten hatte. Und als er des Nachts mit seinen Leuten knallte und lärmte, da stürzten die Zwerge Hals über Kopf aus dem Erbsenfelde, und bei der Gelegenheit verloren mehrere die Kappe vom Kopf und wurden gefangen genommen. Sie bettelten und flehten, der Bauer möge sie doch loslassen,- aber der wollte nicht. Da versprachen sie ihm endlich ein ganzes Fuder Gold,- er müsse aber vor Sonnenaufgang kommen und es holen. Der Vorschlag gefiel dem Bauern, und er ließ sie los bis auf einen, den er fragte: »Wann geht denn eigentlich bei euch die Sonne auf?" Der Zwerg wollte erst nicht mit der Sprache heraus,- da er aber nicht anders fort sollte, so antwortete er endlich: »Um zwölf." Der Bauer ließ ihn los und sagte: »Danke schön, werde mich zur rechten Zeit einfinden."
Nun eilte der Bauer mit den Knechten nach Haus und fuhr mit einem vierspännigen Wagen hin nach dem Felsen, wo die Zwerge hausten. Als er draußen anhielt, hörte er, wie sie spielten und dabei sangen:
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„Dat is gut, dat is gut,
dat dat Büerken nich weit,
dat de Sunne um twölwe upgeiht."
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Der Bauer lachte, daß er's doch wußte, und pochte an. Sie öffneten, und als er sich nun demnach zu rechter Zeit gemeldet hatte, zeigten sie ihm ein abgeschundenes Pferd, das sollte er aufladen und mitnehmen. Ärgerlich darüber, daß sie ihn angeführt hatten, fluchte er und wollte es liegen lassen; doch besann er sich und dachte;
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„Wat mehr is as 'ne Lus,
dat nümmt man midde na Hus —
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als er zu Hause aber ankam und die Hunde füttern wollte, da hatte er einen großen Goldklumpen auf dem Wagen.
Schnell fuhr er nun wieder zurück, um auch das andere zu holen. Doch alles war verschwunden, Höhle und Pferd, und er mußte leer nach Hause fahren. Er hatte indes immerhin soviel Gold, als er mit seinen Kindern und Kindeskindern nur gebrauchen wollte.
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