Wie Nordhausen 1806 geplündert wurde

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 Ich war junger Student in Göttingen, da überraschte mich am 19 Oktober 1806 mein Freund Gerlach durch die Schreckensnachricht, Nordhausen sei von den Franzosen geplündert und verheert. Seiner Aufforderung, mit ihm heimzueilen, widerstand ich nicht eine Minute. Ihn drängte die Sorge um die Mutter und Schwester, mich die um Eltern und 2 Brüder, welche in der Oberstadt ein Haus bewohnten.

 Sollte ich sagen, die Reise wäre mir unangenehm gewesen, so bliebe ich nicht bei der Wahrheit. Immer war es doch eine Reise, ja wahrscheinlich eine abenteuerliche Reise, und welchem kräftigen Jünglinge käme die je ungelegen! —

 Die Collegia waren ja noch nicht angegangen, und waren sie es, wie leicht hofften wir, im ersten Viertels des Lebens stehend, solche Lücken zu füllen, besonders, wenn das Gewissen durch so wichtige Motive beschwichtigt ist, wie ich sie hatte. Gerüstet mit eisenfester Gesundheit, freiem, fröhlichem Herzen, Lust zum Wandern und zu Abenteuern, wie hätte mir der Ruf dahin, wo mir so viele Herzen entgegen schlugen, unangenehm sein können? Die Sprache der großen Nation konnte ich geläufig plappern, was hatte ich von Freund und Feind zu fürchten? Aus Vorsicht nahmen wir nur so viel Geld mit, als wir notdürftig brauchten; doch steckte mein Freund von seiner Sommerernte einen noch vorrätigen doppelten Louis als Reserve in der Not in die Uhrtasche. Uhren, Ringe und andere Liebhabereien der Plünderer ließen wir hier und suchten auch nicht durch die Kleidung aufzufallen. Gleich am Göttinger Hainberge ereignete sich ein Unfall. Mein Freund glitschte im lebhaften Gespräch aus und zerriß das Beinkleid der Länge nach überm Knie. Hätten wir klassisch gebildeten Leute auch klassisch geglaubt, so würden wir nach diesem Omen umgekehrt sein, aber uns focht es nicht an. Da diese offene Wunde nicht nur den Anstand verletzte, sondern bei dem kühlen Oktoberwetter auch inkommodierlich war, so kehrten wir in Kerstlingerode ein, den Schaden zu bessern, allein in Ermangelung eines Schneiders kam nach langer Beratung kein besseres Mittel zu Tage, als daß ein großes leinenes Pflaster aufgelegt und mit großen Stichen befestigt wurde; was uns bis Duderstadt vielen Stoff zum Lachen gab, besonders, wenn uns Leute begegneten. Nach einem ermüdenden Marsche in der scharfen Luft kamen wir mit der Dämmerung nach Duderstadt, und da war der Bruder Studio allezeit wie im Himmel. Wem von Euch Nordhäusern, Thüringern, Schwarzburgern, aus beiden Grafschaften Hohenstein und Eichsfeldern schlägt nicht das Herz höher und fröhlicher, wenn ihr der wirtlichen „Tanne" und unserer guten alten Mutter, der Frau Wachtmeister Eickemeyer, gedenkt, wo Haus, Küche und Keller alles geben, was dem Burschen wohltut! Die gute Frau wurde sogar sehr böse, als wir ihr eine Uhr zum Pfände lassen wollten, daß wir ihr nicht zutrauten, sie hielte uns für ehrliche Herren. Wohl kein Student