Waisenhaus

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Das ehemalige Waisenhaus im September 2013.

Das Waisenhaus ist ein großes, zwei Stockwerke hohes Fachwerkgebäude mit Dachreiter in der Waisenstraße. Seit 1928 wird es als Verwaltungsgebäude der Stadt Nordhausen genutzt.

Ende des 19. Jahrhunderts architektonisch als „ganz unbedeutend“[1] eingestuft, gilt das Waisenhaus heute als Sehenswürdigkeit von Nordhausen

Geschichte

Hier stand einst das Wohnhaus des wohlhabenden Pfarrers der Marienkirche im Altendorf Johannes Richard Otto, welches in der großen Feuersbrunst am 23. August 1710 abbrannte. Eine unversehrte aus dem Brandschutt gezogene Bibel – sie wurde zum täglichen Gebrauch in der Erkerstube auf einem Tisch aufbewahrt – wurde vom Pfarrer als ein Zeichen aufgenommen, daß das Haus künftig dem Dienste Gottes zu weihen sei. Die sogenannte „Brandbibel“ wird heute in der Flohburg ausgestellt. Mit Bewilligung und unter Beihilfe des Rates, sowie öffentlicher Spenden wurde darauf ein Waisenhaus errichtet.

Zitat Im 23. August des Jahres 1710 ist zu Nordhausen eine furchtbare Feuerbrunst ausgebrochen, bei welcher zugleich das ziemlich große Haus des Predigers Johann Otto von Grund aus zerstört ward. Es gehörte selbigem eigenthümlich und lag zwischen dem Walkenriederhofe und Steinbackhause. Als man aber am folgenden Tage die Brandstätte aufzuräumen begann, fand man in dem glühenden Schutte eine deutsche Bibel, welche Otto nebst andern Büchern auf seinem Tische stehen gehabt hatte, unversehrt, nur am Schlosse waren einige unbedeutende Flammenspuren sichtbar. Durch diese wunderbare Erhaltung seiner Bibel fand sich Otto so ergriffen, daß er den Ort gleichsam als von Gott selbst geheiligt betrachtete und den Entschluß faßte, die Brandstätte zur Ehre des Höchsten einer Frauenanstalt und namentlich einem Waisenhause zu widmen. Der Rath ging auch auf seinen deshalb gemachten Vorschlag ein und das noch jetzt bestehende Waisenhaus ist in Folge davon erbaut worden. Zitat
                    — Johann Georg Theodor Grässe: Sagenbuch des preussischen Staats. Vol. 1, Glogau, 1868. Seite 359

Im Oktober 1715 wurde mit dem Bau der Hintergebäude begonnen und am 17. September 1716 schritt der erste Waisenvater mit neun Kindern in feierlichem Zug in das neue Heim. Voran ging ein Schüler, der auf einer Zinnschüssel die Bibel trug. Am 2. November 1717 wurde das neu erbaute Gebäude eingeweiht.[2]

Die 1808 eingegangene Verbindung des Waisenhauses mit einer Freischule, wurde 1824 erweitert. Alljährlich erschien ein „Wohlthaten-Verzeichniß“ des Waisenhauses. In der Anstalt waren im Jahr 1874 34 Knaben und 23 Mädchen als Zöglinge untergebracht. Als Waisenhausverwalter und Erzieher war ein Volksschullehrer angestellt, welcher auch im Gebäude wohnte. Die Gesammtterwaltung mit der Waisenhauskaffe wurde bei dem Magistrate geführt; zur Inspection gehörten der Oberprediger der Stadt und die Pfarrer zu St. Blasii und St. Petri. Letzter Waisenvater war der Lehrer Arthur Krieghoff.

Am 31. Dezember 1927 wurde das Waisenhaus nach 214-jährigem Bestehen geschlossen und seitdem von der Stadtverwaltung Nordhausen genutzt. 1939 wurde das Gebäude zur „Luftschutzhauptschule“ umgestaltet und mit Unterrichts- und Unterkunftsräume für auswärtige Kursteilnehmer ausgestattet. Während des Zweiten Weltkrieges trug es den Namen „Haus des Reichsluftschutzbundes“.

Seit Ende der 2010er Jahre steht das Gebäude zum Verkauf. Zusammen mit dem Waisenhaus wird 2021 das Dach erneuert.[3]

Literatur

Siehe auch

Externe Verweise

Einzelnachweise

  1. Julius Schmidt: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Nordhausen. Seite 202
  2. NordhausenWiki: Chronik der Stadt Nordhausen
  3. Neues Dach für Walkenrieder Hof und Waisenhaus, Thüringer Allgemeine, 24. Dezember 2020.