Vom Königlichen Domänen-Amt Woffleben

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Textdaten
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Autor: Theodor Fleischmann
Titel: Vom Königlichen Domänen-Amt Woffleben
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aus: Nordhausen-Harz und Goldene Aue
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1974
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Eintrag in der GND: [1]
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Vom Königlichen Domänen-Amt Woffleben
Von Th. Fleischmann


In zahlreichen Büchern, Schriften und Abhandlungen wird von der Befreiung der Bauern berichtet, also jenes Standes, der einst zu dem geplagtesten unseres Volkes gehörte. Es waren nicht nur die weit über 300 verschiedenen Landesherren und Fürsten, deren finanzielle Sorgen er zu mindern hatte, sondern auch ihre Satelliten höherer und niederer Art, die ihn als melkende Kuh und williges Ausbeuteobjekt zur Verzweiflung oder an den Bettelstab brachten.

Schon Kaiser Karl der Große (768 bis 814) stellte mit der Errichtung „des Heerbannes“ - zu dem außer Grafen, Rittern und Bischöfen alle Bauern mit einem Grundbesitz von über 4 Hufen Land gehörten - besondere Anforderungen an die Bauern. Danach war jeder freie Bauer verpflichtet, im Ernstfälle ausgerüstet mit Waffen und Lebensmitteln zu erscheinen und oft sogar Pferd und Wagen mitzubringen. Um sich von solchen Lasten frei zu machen, trat man seinen Grundbesitz an den Grundherren ab und nahm ihn als „Lehn“ wieder zurück. Der Grundherr tat dies nicht ohne eine oftmals drückende Gegenleistung: der Bauer mußte Getreide und Vieh liefern und Geld obendrein bezahlen. Langsam und sicher nahm die Zahl der freien Bauern ab, während die Macht der Grundherren wuchs.

Eine Besserung trat für den Bauern zur Zeit der Kreuzzüge (12. u. 13. Jahrhundert) ein, also in jenen langen Jahren, da viele Fürsten, Grundherren, Ritter und Geistliche ausgezogen waren, um Palästina von der Herrschaft der Türken zu befreien. Damals waren die zurückgebliebenen Frauen wegen des Mangels an Arbeitskräften froh, wenn sie für die anfallende Feldarbeit von den Freien und Unfreien nicht im Stich gelassen wurde. Viele Unfreie folgten auch dem Ruf des „Deutschen Ritterordens“ und siedelten wieder als Freie in den gewonnenen Gebieten des Ostens.

Der Bauer, der alle diese günstigen Möglichkeiten nutzte, erreichte damals einen bis dahin nie gekannten Wohlstand. Seine Felder brachten durch die überall verbreitete „Dreifelderwirtschaft“ reichlichere Ernten. In oft prunkvollen Gewändern und mit Waffen versehen, erscheint er auf Veranstaltungen und zeigt sich dort selbstbewußt den nicht selten ärmeren Rittern.

Verschiedene Gründe führten im 14. und 15. Jahrhundert zu einer stetigen Abwärtsentwicklung der Bauern, die oft in einer grenzenlosen Verarmung endete. Das ewige Auf teilen des väterlichen Besitzes unter den Kindern nach des Vaters Tod hat manchen an den Bettelstab gebracht. Eine Abwanderung in die Ostgebiete war wegen der Rückschläge des Ordens kaum noch möglich und auch die Städte wehrten sich gegen die Aufnahme der Armen vom Lande, weil sie eine Belastung für die Gemeinden bedeuteten.

Wer nichts oder nur wenig hatte, war gezwungen, Leibeigener 'mit traurigen Folgen zu werden. Adlige und Ritter, sehr oft hoch verschuldet, erhöhten ihr „Gefälle“, vermehrten die Schuldenlast des kleinen Mannes, so daß dieser schließlich froh war, wenn ihm der Grundherr seinen Besitz für wenig Geld abkaufte und ihn in seine Dienste nahm. Es war die Zeit des „Bauernlegens“. Wer dann noch etwas besaß, hatte kaum Zeit, es zu bewirtschaften, denn 4 bis 5 Tage in der Woche war er verpflichtet, mit seinem Vieh die Flur seines Herren zu bearbeiten.

Einsichtige Deutsche versuchten vergebens, das Los der Bauern zu bessern. So kam es, wie es kommen mußte. In den großen Aufständen des Jahres 1525 hofften die Bauern, das unerträgliche Joch abzuschütteln, wobei es zu Gewalt und Plünderung und Zerstörung kam. Gerade unsere Heimat war Zeuge dieses großen Ringens. Sie besitzt in der Ruine Walkenried einen anklagenden Zeugen jener turbulenten Zeit. Der Schrecken und die Greueltaten, vor allem aber die überall sichtbaren Burgruinen auf den Bergen, so auch in unserer engsten Heimat die Ruine Hohenstein, waren für manche Verantwortlichen eine Mahnung, endlich die Vernunft walten zu lassen. Das dauerte aber noch einige Zeit.

Besonders eingetreten für die Belange des Landvolkes sind im Laufe der späteren Jahrhunderte die preußischen Könige, unter ihnen Friedrich II., der Große, der „alte Fritz“. Schon sein Vater, König Friedrich Wilhelm I. - auch der Soldatenkönig genannt - suchte bei einem Besuch in Woffleben nach dem „Bauernschinder“ Fahrenholz, der sich aber rechtzeitig aus dem Staube gemacht hatte und dann niemals wieder in Woffleben erschienen ist. Das von Friedrich im Jahre 1754 erlassene Dienstreglement für das Domänenamt Woffleben und seine Vorwerke Herreden, Hörningen, Gudersleben und Salza brachte einen großen Fortschritt, da es genau angibt, was jeder dienstverpflichtete Bauer zu leisten hat und was er für seine .Arbeit bekommen muß. Übertretungen seitens der königlichen Beamten werden bestraft. Jede Willkür nach der einen oder der anderen Seite hat er damit unterbunden. Neben dieser Dienstanweisung gab es noch ein genaues „Prästationsregister“ (Leistungskatalog), das noch um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert Gültigkeit hatte. Erst um 1840 herum dürfte es mit der endgültigen Bauernbefreiung außer Kraft getreten sein.