Rahmendaten zur Geschichte der Nordhäuser Heimatfreunde e. V.

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Als am 3. Oktober 1990 die Teilung Deutschlands mit der Wiederherstellung der staatlichen Einheit ihr Ende fand, sah sich auch ein Verein am Ziel seines mehr als 40 Jahre langen Weges angelangt, der aus der Not der Trennung heraus und in dem Bekenntnis zur Unteilbarkeit der mitteldeutschen Heimat in Westdeutschland entstanden war. Er war beim Amtsgericht Hannover eingetragen unter dem Namen

Nordhäuser Heimatfreunde e. V.
– Heimatbund für den Südharz –

Für die Nordhäuser, die nach 1945 in ihrer zerstörten Heimat verblieben waren oder erst nach dem Kriege hier geboren wurden, vollzog sich seine Entwicklung (– soweit sie überhaupt um seine Existenz wußten –) wie das Wachsen eines Seitentriebes an einem alten Baum - von den einen mit Argwohn, von den anderen mit Hoffnung beobachtet, für beide gleich aber in einer unerreichbar scheinenden Ferne.

Für jene ehemaligen Einwohner von Nordhausen jedoch, welche entweder schon vor oder nach Kriegsende einen großen Teil ihres Lebens, wenn nicht den größten, aus den unterschiedlichsten Gründen, viele unter dem Zwang politischer Widrigkei ten oder gar wegen Gefährdung an Leib und Leben, fern ihrer Heimat verbrachten oder verbringen mußten, wurde dieser Verein zur Ersatzheimat, in der nach 1945 nicht nur die gesellschaftliche Verbindung untereinander und über die trennende Grenze hinweg wiederaufgenommen und gefestigt wurde, sondern wo durch treue Pflege Nordhäuser Wesens und Brauchtums der Geist und die Kultur der tausendjäh rigen Stadt auch in der Fremde bewahrt wurden.

Die Heimatvereinigung bestand nach dem 3. Oktober 1990 noch weitere 15 Monate fort. Sie stiftete den größten Teil ihres Vereinsvermögens sozialen und kulturellen Einrichtungen in ihrer Patenstadt Bad Sachsa und in Nordhausen, u.a. dem Stadt archiv und dem Meyenburg-Museum, bevor sie sich nach Erfüllung ihrer Aufgabe auf mehrheitlichen Beschluß der Mitgliederversammlung am 31. Dezember 1991 selbst auflöste.

In der folgenden tabellarischen Übersicht 1948 - 1991 sind markante Daten und Ereignisse aus der Geschichte der Heimatvereinigung zusammengestellt worden, um ihr Bild der Nachwelt zu erhalten, denn - von welcher Seite her man sie auch betrachtet - diese Lebensdaten eines deutschen Vereins, der nicht nur einer unter vielen war, sind ein Dokument der deutschen Teilung und zugleich ein nicht unbedeutender Teil der Nordhäuser Geschichte.

1948

Eine kleine Zahl Nordhäuser, die durch Kriegsfolgen wie Verlust von Wohnung, Hab und Gut, Verfolgung und Flucht heimatlos geworden sind oder erst spät aus der Kriegsgefangenschaft kommend nicht nach Hause zurückkehren können, treffen sich bei ersten Zusammenkünften in Braunschweig und Wolfenbüttel. Sie verabreden, solche Zusammenkünfte möglichst regelmäßig zu wiederholen und einigen sich auf Braunschweig als ihren „Hauptsitz".

Martini 1949

Heinz Sting, Carl Friese und Walter Ewald fassen den Entschluß, alsbald noch mehr Landsleute aus Nordhausen und der Grafschaft Hohenstein, die sich aus ähnlichen Gründen in den Westen abgesetzt haben, zusammenzuführen. Das erste Rundschreiben trägt das Datum des 28. November 1949

1950

Erstes größeres Treffen in Königskrug bei Braunlage. Gemeinsame Wanderung zum Achtermann, etwa 60 Teilnehmer, darunter Otto Kruse sen. und Frau, die im Auto mit dem altvertrauten Firmenzeichen Grimm & Triepel aus Witzenhausen/Werra angereist waren.

1951

Zweites Treffen in Königskrug. Gemeinsame Wanderung nach Braunlage, bereits über 100 Teilnehmer.

1952

Drittes Treffen, diesmal jedoch in Hohegeiß — unmittelbar an der Zonengrenze. Während all dieser Jahre finden Martinifeiern und zwanglose Zusammenkünfte von Nordhäusern und Grafschaftern in kleineren Kreisen in Goslar, Northeim, Wolfenbüttel und Bad Sachsa (Ravensberg) statt. Seit 1952 befindet sich die Geschäftsstelle der Nordhäuser Heimatfreunde in Hannover.

Martini 1952

Gelegentlich der Martinifeier in Northeim erfolgt die Gründung der Heimatvereinigung „NORDHÄUSER HEIMATFREUNDE" nunmehr mit Wirkungsbereich über das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland.

1953

Erstes Treffen im Kurort Bad Sachsa, der als ständiger Tagungsort der „Nordhäuser Heimatfreunde” ausersehen wird. Der Verein verfugt inzwischen über 700 Familienanschriften von ehemaligen Nordhäusern und Südharzern, die nun meist in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind. Bis zum Jahre 1955 steigert sich diese Zahl auf über 1.000.

1954

Heinz Sting gründet mit einigen gleichgesinnten Heimatfreunden aus Mitteldeutschland die

„Hilfsgemeinschaft Mitteldeutschland e . V. ”

Bildung von sogenannten „Packgemeinschaften" im ganzen Bundesgebiet. In Hannover steht der Paketversand in die Deutsche Demokratische Republik innerhalb des Packkreises der Nordhäuser Heimatfreunde unter der Leitung von Anne-Marie Vasel. Ihr obliegt die Verteilung der zugeteilten Waren auf die einzelnen Pakete, das Einpacken und der Versand sowie die Abrechnung der Portokosten. Bis 1976 erfolgt der Paketversand dreimal im Jahr, dann bis 1990 zweimal. In den ersten Jahren werden jedesmal etwa 150 Pakete an Bedürftige, meist alleinstehende Rentnerinnen und Rentner in Nordhausen und Umgebung verschickt, zuletzt „nur” noch ca. 75. Nach Anne-Marie Vasels Tod (1979) setzen die Nordhäuser Frauen in Hannover unter dem besonderen Einsatz von Ursel Hartung dieses Werk fort.

3. April 1955

Anläßlich der 10. Wiederkehr des Tages, an dem Nordhausen durch britische Bombenangriffe zerstört wurde, findet in Hannover eine Gedenkfeier in der Marktkirche sowie anschließend eine feierliche Kranzniederlegung in der Trümmerkirche St. Aegidien, nun Gedächtnisstätte, statt, wo Heinz Sting die Gedenkansprache hält.

April 1955

Die Nordhäuser Heimatfreunde bekommen ihre offizielle Zeitung. Die Nummer 1 der „Nordhäuser Nachrichten" wird von Hannover aus an Nordhäuser und Südharzer in aller Welt verschickt. Herausgeber ist Heinz Sting.

4. September 1955

In der Stadtmitte Bad Sachsas, an der Schulstraße, nahe der ev. Kirche, wird im 10. Jahre der deutschen Teilung der

Nordhausen-Mahnstein

errichtet. Aus diesem Anlaß hält neben Heinz Sting der Bad Sachsaer Bürgermeister Hermann Döbrich eine historische Ansprache. Der wuchtige Findling trägt auf der Vorderseite als Inschrift die Worte Ernst Moritz Arndts:

Das ganze Deutschland soll es sein!

und auf der Rückseite: „Im 10. Jahre der deutschen Teilung errichtet beim Nordhäuser Heimattreffen am 4.9.1955 in Bad Sachsa"

September 1955

Beginn der alljährlichen Treuefeuer nahe der Zonengrenze, zunächst auf dem Burgberg östlich von Walkenried gegenüber Ellrich (damals DDR), danach bei Tettenborn, schließlich regelmäßig auf dem Knickberg oberhalb Bad Sachsas.

1956

Beginn regelmäßiger Gemäldeausstellungen Nordhäuser und Südharzer Malerinnen und Maler. (Vorläufer des späteren Nordhausen-Zimmers).

1959

10. Jahrestreffen der Nordhäuser und Südharzer in Bad Sachsa mit großer Gesamtdeutscher Kundgebung im Kurpark unter maßgeblicher Beteiligung des Kuratoriums Unteilbares Deutschland.

1961

Der Bau der Berliner Mauer am 13. August betoniert die Spaltung Deutschlands. Das Heimattreffen der Nordhäuser und Südharzer in Bad Sachsa wird von diesem unfaßbaren Ereignis überschattet.

1964

Die Nordhäuser und Südharzer Heimatfreunde begehen in großem Rahmen ihr Heimattreffen in Bad Sachsa.

1965

erscheint das von Heinz Sting herausgegebene Buch (295 S.) „Das 1000-jährige Nordhausen und der schöne Südharz”

1966

Einrichtung des ersten Nordhausen-Zimmers im Hause des Kurgastes in Bad Sachsa und Übergabe an die Öffentlichkeit durch den Bad Sachsaer Bürgermeister Dr. Mittendorf.

1967

Die Nordhäuser Heimatfreunde feiern während der Heimattage in einem großen Festakt die 40. Wiederkehr der Tausendjahrfeier mit einer Ansprache von Richard Brick. Die Festrede hält - als ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen und zugleich als 1. Vorsitzender des Heimatbundes - Heinz Sting.

1970

15 Jahre nach seiner Errichtung in Bad Sachsas Stadtmitte bei der ev. Kirche muß der Nordhausen-Mahnstein dem im Kurort ständig wachsenden Verkehr weichen. Er wird in den Kurpark - auf einen schönen Platz neben dem Konzertpavillon — versetzt.

am 15. Dezember 1970

verstirbt der verdiente Nordhäuser Heimatfreund, Ehrenmitglied des Heimatbundes, Fabrikant Otto Kruse sen. im Alter von 82 Jahren in Unterrieden.

10. September 1972

Die Stadt Bad Sachsa übernimmt die Ehrenpatenschaft für die Nordhäuser Heimatfreunde. Das Original der Patenschaftsurkunde, unterzeichnet von Bürgermeister Kuhfittig und Stadtdirektor Krüger, wurde der Stadt Bad Sachsa bei Auflösung des Nordhausen-Zimmers im Dezember 1991 zurückgegeben und wird seither dort zum Zeichen der bleibenden engen Verbindung zwischen Bad Sachsa und Nordhausen verwahrt.

1972

Das Nordhausen-Zimmer erhält weitere wertvolle Originalgemälde von privaten Stiftern.

September 1973

25 Jahre Heimatvereinigung der Nordhäuser und Südharzer - ein bundesweit beachtetes Jubiläumstreffen in Bad Sachsa, das umso größere Aufmerksamkeit findet, als es sich nicht um eine Landsmannschaft handelt, sondern um die Vereinigung der im Westen ansässigen Bürger einer Stadt und ihres Kreises.

2. März 1975

Museumsdirektor i.R. Dr. Friedrich Stolberg, bekannter Höhlenforscher, Mitglied des Ehrenbeirates der Nordhäuser Heimatfreunde, verstirbt im Alter von 82 Jahren in Goslar.

Juni 1975

Nordhäuser Heimatfreunde treten zum ersten Mal voller gespannter Erwartung gemeinsam mit der Hilfsgemeinschaft Mitteldeutschland e.V. unter der Leitung von Heinz Sting eine Reise nach Berlin an.
Die ersten drei Berlin-Besuche erfolgen mit dem Flugzeug, da eine Anreise auf dem Landwege für viele Besucher zu gefährlich bzw. unmöglich gewesen wäre, da sie — wie wir heute wissen - zu Recht befürchten mußten, vom MfS auf dem Transitwege durch die DDR abgefangen zu werden.
Die Berlin-Fahrten werden in den folgenden Jahren — organisiert von Gerhard Donnerberg - noch mehrfach durchgeführt und sind für die Teilnehmer immer wieder ein unvergeßliches Erlebnis.

Am 6. März 1976

wird Heinz Sting, ehemaliger Oberbürgermeister der Stadt Nordhausen, Gründer und 1. Vorsitzender der Nordhäuser Heimatfreunde, durch einen plötzlichen Tod aus seinem Leben, seinem rastlosen Streben, aus unermüdlichem Einsatz für die Einheit seines deutschen Vaterlandes herausgerissen. Kurz vor Vollendung seines 72. Lebensjahres erliegt er in Hannover einem Herzversagen.

April 1976

Bei der Gedenkstunde am Nordhausen-Mahnstein spricht Dr. Helmut Sting, der Bruder des Verstorbenen, die Abschiedsworte. Mit dem Tode von Heinz Sting geht eine Ära - nicht nur des Heimatbundes — zu Ende, die vornehmlich von seiner starken Persönlichkeit, seinem kämpferischen Mut und seinem selbstlos zupackenden Wirken für das Gemeinwohl geprägt war.

April 1976

Maria Sting, die Witwe von Heinz Sting, übernimmt an Stelle ihres verstorbenen Mannes sofort die Schriftleitung und Redaktion der „Nordhäuser Nachrichten“

September 1976

Dr. Hans Günter Hartmann wird von der Mitgliederversammlung zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt und tritt damit die Nachfolge Heinz Stings an. Ihm zur Seite stehen die bereits amtierenden Peter-Otto Kruse als 1. stellv. Vorsitzender und Gerhard Donnerberg als 2. stellv. Vorsitzender.

Januar 1977

Das Ehepaar Gustav und Hilde Kaestner übernehmen auf Vorschlag Walther Reinboths sen. die Betreuung des Nordhausen-Zimmers in Bad Sachsa.

3. April 1977

Enthüllung einer Bronze-Gedenktafel für Heinz Sting, die am Nordhausen-Mahnstein in Bad Sachsa angebracht worden ist. Gedenkansprachen von Dr. H. G. Hartmann, P.-O. Kruse und dem stellv. Bürgermeister von Bad Sachsa, K. 0. Wienikke. Die Inschrift der Ehrentafel lautet:

EINZ STING
1904-1976 ehem. Oberbürgermeister
der Stadt Nordhausen/Harz
Dem Gründer und Vorsitzenden der Nordhäuser Heimatfreunde e.V.
Heimatbund für den Südharz
in ehrendem und dankbaren Gedenken

Am 5. März 1977 verstirbt Walter Ewald, Mitbegründer der Heimatvereinigung, nach langer, schwerer Krankheit im 79. Lebensjahre in Braunschweig.

September 1977

„1050 Jahre Nordhausen” Glanzvolles Jubiläumstreffen der Nordhäuser in Bad Sachsa mit außerordentlich großer Beteiligung. Das Nordhausen-Lied wird auf diesem großem Heimattreffen zum ersten Mal gesungen. Den Text des Nordhausen-Lied schrieb Walther Reinboth sen., die Melodie Walter Schlette. Walter Schlette erlebte die Uraufführung seines Liedes nicht mehr, er war am 17. Juli 1977 im Alter von 73 Jahren in Bielefeld verstorben.