Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission in Goslar

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Autor: Hans Silberborth
Titel: Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission in Goslar
Untertitel:
aus: Preußen und Hannover im Kampfe um die Freie Reichsstadt Nordhausen
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1936
Verlag: Verlag Theodor Müller
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Erscheinungsort: Nordhausen am Harz
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III.
Preußens Ansprüche auf Nordhäuser Stadtflur
und die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission
in Goslar


Nordhausen hat seit alters eine sehr kleine Stadtflur gehabt; ursprünglich gehörte nur ein winziges Gelände außerhalb der Stadtmauern zu dem Territorium der Reichsstadt. Selbst die Vororte außerhalb des Beringes wie die Neustadt, Grimmel, auf dem Sande, Teile des Altendorfes standen nicht auf Nordhäuser Reichsboden. Die eigene Feldflur Nordhausens war ganz klein, obwohl Nordhäuser Bürger im Besitze schöner Liegenschaften waren. Erst verhältnismäßig spät und unter großen Anfechtungen und Opfern konnte die Stadt ihr Territorium ausdehnen, bis man schließlich rund 6000 Morgen reichsstädtischen versteinten Besitz zählte.[1] Die großen Grafen rings um die Stadt, erst die Honsteiner, später die Stolberger und die Schwarzburger verhinderten eine größere Besitzergreifung. Ihnen gegenüber war es ein erster geringer Erfolg, daß der Stadt im Jahre 1315 eine kleine Abtretung zu erringen gelang. Welches Gebiet damals reichsstädtisch wurde, ist nicht genau auszumachen; es bleibt aber nur die Annahme übrig, daß damals die westlichen Vorstädte, also das Gebiet am Sande, unter den Weiden, Grimmel in das Stadtgebiet einbezogen wurden.[2]

Im 15. Jahrhundert nahmen die Auseinandersetzungen um die Stadtflur die Form von jahrzehntelangen Kämpfen mit den Grafengeschlechtern an, bis am 19. April 1466 der Versuch einer großen Bereinigung gemacht wurde und die Stadt für 4000 Gulden die ganze noch heute gültige Flur im Norden, Osten und Süden samt der peinlichen und bürgerlichen Gerichtsbarkeit erwarb, wenn auch das Kirchhofholz in Norden unter dem Harzrigi und die Grenze nach Vielen hin im Südosten zu Zwistigkeiten noch mancherlei Anlaß bot. Die Reibereien mit den Grafen wurden übrigens erst im Jahre 1485 endgültig beigelegt, und erst danach erhielt der Vertrag vom Jahre 1466 dauernde Anerkennung.[3]

Eine ähnliche Lösung im Westen der Stadt gelang nicht. Hier besaßen die Honsteiner die Flur bis an die Zorge. Bei der Erdleitung im Jahre 1372 erhielt die Linie Honstein-Clettenberg als östliche Grenze die Linie von der Ditfurt beim Schurzfell auf der Ellricher Landstraße entlang — etwa die heutige Kastanienallee — bis ans Altentor, dann die Zorge entlang nach dem Siechhofe vor Nordhausen, von da nach der Rodebrücke an der Helme. Lehnsherrn der Honsteiner für Clettenberg aber waren die Halberstädter Bischöfe. So wurde z. B. in einem bei unseren Streitigkeiten mit Preußen häufig angezogenen Lehnsbriefe Ernsts, des Administrators der Kirchen zu Magdeburg und Halberstadt, für den Grafen Hans von Honstein aus dem Jahre 1480 auch die eben genannten Grenzen festgesetzt. Unter die Gerechtsame der Grafen fiel auch noch die Aufsicht über das Jungfrauenkloster im Altendorfe, das einst in Bischoferode auf Honsteinschen Boden gegründet, dann aber 1294 ins Altendorf verlegt worden war.[4] So standen erhebliche Ländereien, etwas über 2000 Morgen guten Bodens zwischen der Zorge im Osten und der Helme im Westen und Süden, die ganze sogenannte Helme- oder Wertherflur, unter der Oberhoheit der Honsteiner, obwohl die Aecker und Wiesen im Besitz von Nordhäuser Bürgern waren.

Als dann im Jahre 1464 die Vogtei, welche die Honsteiner innehatten, pfandrechtlich auf Nordhausen überging und die Nordhäuser also in dem Gebiete, wo die Bürger ihre Liegenschaften hatten, auch die Gerichtsbarkeit ausübten, behaupteten sie bald, das Gebiet sei städtisches Territorium.[5] Dadurch mußte es natürlich zu Streitigkeiten zwischen der Stadt und den Grafen kommen, die 1523 sogar zu einem Prozeß vor dem Reichskammergericht in Speyer führten. Natürlich nahm der Prozeß kein Ende, und schließlich ließen sich die altersmüden Honsteiner am 24. Mai 1543 auf einen Vertrag ein, durch den sie für 1500 Gulden ihre Hoheit an der Helmeflur an Nordhausen abtraten bis auf die Werthermühle an der Salza. Ueber diese Mühle behielten sie Lehnshoheit und Zins, und so ist denn die Mühle später auch bis 1802 preußisches Lehen gewesen.[6] Außerhalb der Helmeflur lag noch das Lindei, auf dem Nordhäuser Bürger auch Ländereien hatten, das aber nie hoheitlich zu Nordhausen gehört hat.[7]

Dieser Vertrag vom Jahre 1543 hat dem Lehnsherrn der Honsteiner, dem Bischof von Halberstadt, nicht zur Genehmigung vorgelegen. Er hatte gar keine Kenntnisse davon, so daß 1557 und 1583 Halberstadt in Lehnsbriefen sogar die Honsteiner, die dagegen keinen Einspruch erhoben, weiterhin wie einstmals auch mit der Helmeflur belehnten.

Nun starken im Jahre 1593 die Honsteiner aus; ihr Besitz fiel an die verschiedensten Herrn.[8] Jedenfalls mußte sich Nordhausen 1593 im Besitze der Helmeflur glauben; Halberstadt aber mußte annehmen, daß die Flur in sein Lehnsbereich und nicht in das des Kaisers gehörte. Das Bistum Halberstadt war damals in Administration der Braunschweiger, und diese belehnten mit den Halberstädtischen Afterlehen natürlich ihre Sippe, so daß am 13. August 1595 Herzog Heinrich Julius von Braunschweig und danach Friedrich Ulrich von Braunschweig mit der Grafschaft Clettenberg-Lohra belehnt wurden. Diese kümmerten sich kaum um die Grenzziehung, und deshalb blieb von 1595 bis 1648 Nordhausen ziemlich unangefochten im Besitze der Helmeflur. 1648 im Westfälischen Frieden wurde Halberstadt aber den brandenburgischen Hohenzollern zugesprochen, und diese waren lebhaft an dem, was ihnen zustand, interessiert. So begannen bald die Streitigkeiten um die Helmeflur zwischen Brandenburg und Nordhausen.

Diese Helmeflur ist im Jahre 1709 genau aufgenommen worden. Ihre Grenze begann am Siechhofe, ging die Straße nach Werther entlang, bog aber alsbald in den Schleifweg ein und ging dann auf die Rodebrücke über die Helme zu. Dann war die Helme aufwärts die Grenze bis etwa östlich von Hesserode. Von hier bezeichneten fünf Grenzsteine die Grenze gegen Hesserode hin bis zur Schleifmühle an der Salza wenig unterhalb der Ortschaft Salza. Dann ging die Grenze genau östlich bis unfern der Zorge, blieb aber westlich der Zorge und folgte ihr aufwärts in 30–50 Meter Entfernung vom Flusse bis kurz vor das heutige Schurzfell. Die Salza floß vom Orte Salza bis zu ihrer Einmündung in die Helme durch diese Flur. An ihr lagen für Nordhausen wichtige Mühlen, da in ihnen auch die Hesseröder und Werther Bauern z. T. mahlen lassen mußten. Es waren die Schleifmühle, die Steinmühle, die Pfortmühle, die Oelmühle, die Walkemühle, die Papiermühle, die Martiner Mühle, die Groß- und Klein-Werther-Mühle, letztere beide nicht zur Nordhäuser Hoheit gehörig.

Viel Sorge machte im Südwesten die Helme der Stadt Nordhausen und den Dörfern Klein-Werther und Hesserode. Sie war schlecht reguliert und überschwemmte bei Hochwasser häufig die Felder. 1705 wurde deshalb, wesentlich auf die Forderung der Nordhäuser hin, der sogenannte neue Helmegraben angelegt, der heutige Lauf der Helme. Aber auch dieser neue Helmegraben hatte noch manche Mängel, so daß Preußen 1710 zu neuen Wasserarbeiten gezwungen war, welche die Wiesen und Aecker einiger Nordhäuser Bürger schädigten. Jedenfalls ist der alte Helmelauf seit 1715 wasserlos.[9]

Laut Artikel XI § 2 des Osnabrücker Friedens erhielt also Brandenburg das ehemalige Bistum Halberstadt. In einer zur Klarlegung der Verhältnisse von Seiten Preußens verfaßten Schrift aus dem Jahre 1710 heißt es deshalb: „... bis selbige (nämlich die Helmeflur) durch den Westphälischen Friedensschluß, qua feudum fuit Halberstadiense una cum eo pertinentibus bonis et juribus etc. irrevocabiliter in das Durchlauchtigste Curhaus Brandenburg kommen, non obstante, nec vigorem habente ulla contradictione, quae a quoquam in contrarium moveri posset.“

Bis 1700 hatten die Hohenzollern die Grafschaft Clettenberg-Lohra den Grafen von Wittgenstein überlassen. Aber schon der Große Kurfürst hatte die Halberstädter Lehnsakten durchprüfen lassen und daraufhin auf die Helmeflur Anspruch erhoben. Doch war man sich zunächst noch im unklaren, was Brandenburg eigentlich beanspruchen könne, bis die dringend nötige Regulierung der Helme, welche durch ihre Unfluten wieder und wieder sowohl die Nordhäuser Bürger wie die zu Brandenburg gehörenden Hesseröder Bauern schädigte, den Fall aufrollte. Die Grenze ging nämlich, wie Nordhausen behauptete, genau in der Flußmitte entlang. Deshalb wollte Nordhausen zwar seine Seite zu regulieren übernehmen, die Kosten für die andere Seite müsse aber die brandenburgische Regierung in Ellrich tragen. Um deswillen ging Nordhausen sogar an Kursachsen, das im 17. Jahrhundert die Schuhhoheit über Nordhausen besaß, und an den Kaiser. Da das nichts nützte, versuchte man es mit Unterhandlungen in Berlin. Im Frühjahr 1696 ging der Ratsherr Martin Kegel nach Berlin, um über die Flußregulierung zu verhandeln.[10] Er erreichte nichts; im Gegenteil: Danckelmann war ungnädig, weil sich die Stadt gleich beschwerdeführend an den Kaiser gewandt habe. Er mußte erst vom Hohnsteiner Steuerdirektorium über den Fall Bericht einfordern. Dadurch wurde Brandenburg aufmerksam auf die Grenzziehung und erklärte allmählich, daß ja die ganze Helmeflur als Halberstädtisches Lehen anzusehen sei und deshalb Brandenburg gehöre. Sein Streit mit der Reichsstadt Nordhausen und die Besetzung der Stadt durch Preußen taten ein Uebriges. Wirklich aufgerollt wurde die Flurfrage aber erst 1705, als die Flußregulierung unumgänglich wurde. Zugleich mußten damals die Nordhäuser Bürger, die Pächter der Groß- und Klein-Werther-Mühle waren, eine neue Belehnung nachsuchen, das mußte bei Preußen geschehen. Und da tauchte die Frage auf: Warum müssen diese Mühlen, die an der Salza auf angeblich Nordhäuser Boden liegen, die Belehnung bei Preußen nachsuchen? Der preußische Schultheiß Röpenack in Nordhausen und der preußische Landeshauptmann von Ramee in Ellrich forschten nach, ließen auch in Halberstadt bei ihrer Vorgesetzten Behörde die alten Urkunden durchsehen, und diese Nachprüfung ergab nun 1705, in der Zeit, wo die Streitigkeiten zwischen Preußen und Nordhausen auf ihrem Höhepunkt angelangt waren, daß Preußen die gesamte Helmeflur hoheitsrechtlich beanspruchen konnte. Ohne Genehmigung der Lehnherrn hatten 1543 die Honsteiner die Gemarkung verkauft, sie blieb später mehrfach in ihren Lehnsbriefen erwähnt, also war der Kauf null und nichtig. Die Helmeflur, das gesamte Stadtgebiet Nordhausens westlich der Zorge, gehörte als Halberstädter Lehen zu Preußen. Preußen war nicht gewillt, diese Beute fahren zu lasten. Daß freilich im ganzen Reiche kein Reichsstand an die Rechtmäßigkeit der preußischen Ansprüche glaubte, war klar nach den Eingriffen, die sich Preußen sonst in die Rechte der Freien Reichsstadt erlaubt hatte.

Diese Vorgeschichte der Helmeflur mußte zum Verständnis der späteren Auseinandersetzungen zunächst erörtert werden. Die recht ungünstigen Verhältnisse im Jahre 1706, die damals höchst gespannte Lage zwischen Preußen und dem Reiche ließen Preußen allerdings noch zuwarten. Als dann aber 1707 eine kleine Besserung eintrat, packte Preußen zu. Anfang des Jahres 1707 wurden die Müller aus sämtlichen Mühlen an der Salza zur Huldigung nach Ellrich zitiert,[11] und am 8. August 1707 wurde die erste allgemeine Vorladung zur Landeshauptverwaltung nach Ellrich verfügt. Preußen zeigte an, daß die gesamte Helmeflur und die Altendorfer Pfarre als Rechtsnachfolgerin des Altendorfer Klosters unter preußische Hoheit gehöre. Preußen stehe das Recht zu, die Pfarrer einzusehen und zu entsetzen sowie Rechnung ablegen zu lasten; die Aecker der Flur aber und die Mühlen an der Salza und Helme gehörten „in das Hohensteinsche Katastrum“. Die Jurisdiktion über den Strich Landes werde nach der Grafschaft gezogen. Die Besitzer der Gerechtsame, Aecker und Wiesen sollen zu ihrer Schuldigkeit angewiesen werden.

Auf Grund dieses Erlasses sollten am 13. Oktober 1707 sich alle Besitzer beim preußischen Obersteuerdirektorium in Bleicherode melden und ihre Besitzungen zur Besteuerung angeben. Die Abgabe in der Feldflur sollte auf den Morgen im Monat 3 Pfennig betragen.

Nordhausen hatte eben erst am 28. Juni 1707 ein gnädiges kaiserliches Schreiben erhalten. Sogleich wandle es sich natürlich, sich heftig beschwerend, abermals an seinen Oberherrn und legte ihm diesen neuen unerhörten Eingriff Preußens dar.[12] Ebenso wandte man sich an den Niedersächsischen Kreis, und Anton Ulrich konnte nicht anders, als in einem Briese an den König in Preußen das Vorgehen eine „Enormität dieses zudringlichen, gewaltsamen Procedierens“ nennen. Er bat als Kreisdirektor den König, der Hohensteinschen Regierung ein derartiges Vorgehen gegen einen Mitstand des Kreises zu verbieten. Am 8. Februar 1708 rechtfertigte sich Preußen den ausschreibenden Fürsten des Niedersächsischen Kreises gegenüber mit einer historisch-rechtlichen Darlegung. Preußen ziehe nur die Konsequenz aus dem, was es 1648 zugesprochen erhalten habe.

Doch bei der langsamen bürokratischen Arbeit des absolutistischen Staates, in welchem keiner die Verantwortung tragen wollte und alles die Centrale regeln mußte, folgten die Ereignisse nur in langen Intervallen auseinander. Als Kaiser und Reich mobil gemacht wurden, hüteten sich die Provinzialinstanzen, irgendetwas aus eigene Verantwortung zu unternehmen. Berlin mußte alles entscheiden. So ging die Ernte des Jahres 1708 vorüber, und die Nordhäuser Bürger dachten gar nicht daran, Abgaben nach der preußischen Steuerdirektion in Bleicherode zu zahlen. Endlich, am 8. September, hatte sich die preußische Regierung entschlossen, nochmals ein Patent anschlagen und dadurch zur Anmeldung beim Kataster auffordern zu lassen. Ganz wenige Nordhäuser leisteten Folge. Deshalb geschah am 30. Dezember 1708 die dritte Vorladung nach Bleicherode unter Androhung der Entziehung der Grundstücke und Mühlen.[13] Damit jedem Besitzer der Ernst der Situation gehörig zu Gemüte geführt werde, hefteten preußische Gendarmen am 27. Oktober das Vorladungspatent an die Klein-Werthermühle, bei der als direktem preußischem Lehen nicht die Gefahr bestand, daß die Bekanntmachung sofort wieder abgerissen wurde.

Diesen preußischen Maßnahmen gegenüber verbot der Nordhäuser Rat den Bürgern das Erscheinen in Bleicherode und wendete sich am 31. Oktober beschwerdeführend an den Kaiser, den Niedersächsischen Kreis und an Hannover. In Hannover und beim Kaiser wurde Bürgermeister Ioh. Günther Hoffmann im November, Dezember und Anfang 1709 auch persönlich vorstellig. Daraufhin schrieb Hannover an Nordhausen, man möchte wegen der geraubten Feldmark den Mut nicht sinken lassen, und am 10. Dez. stellte es als Verhaltungsgrundlage 10 Punkte heraus. Punkt 10 forderte den Widerstand der Bevölkerung gegen jeden preußischen Zugriff. Sollte Preußen etwa das von Nordhausen 1543 den Honsteinern gezahlte Kaufgeld für die Feldflur anbieten, so sollte Nordhausen die Annahme des Geldes ebenso verweigern, wie es das mit dem Pfandschilling für Vogtei und Schulzenamt getan habe?) In dieser Antwort und Resolution Hannovers auf die Vorstellungen Hoffmanns erscheint in Punkt 2 zum ersten Male von hannöverscher Seite als bester Ausweg der Abkauf der Aemter. „Daß die Stadt Nordhausen sich zur Reluition des dortigen Schultheißen- und Vogteiamtes gegen Erlegung eines gewissen Stück Geldes erklärt, findet man sehr recht und diensam, und wird ratione modi dafür gehalten, solches Erbieten könne am füglichsten in einem Memorial an Ihre Kaiserliche Majestät geschehen und darin gebeten werden, es bei dem Kgl. Preußischen Hofe dahin zu richten, daß selbige angenommen werden möge.“

Hier in Hannover wurde mit dem Nordhäuser Gesandten auch abgemacht, daß dieser Anfang 1709 wieder nach Wien gehen und dort mit dem Hannöverschen Residenten von Huldeberg zusammen die Dinge vorwärtstreiben sollte, ferner daß Hannover seinen ganzen Einfluß auf Braunschweig und damit auf den Kreis geltend machen wollte. Schließlich wurde noch als Gegenmaßnahme gegen des Schultheißen Röpenack Bemühungen, eine preußische Partei in Nordhausen herzustellen und Mitglieder dieser Partei in den Rat zu bringen, beschlossen, daß bei der Ratswahl am 6. Januar 1709 der Hannöversche Hauptmann Offney, dessen Familie ja in Nordhausen ansässig war, als Bürgermeister in Nordhausen aufgestellt wurde.

Um schnellere Hilfe zu erlangen, als sie vom Kaiser zu erwarten war, fand sich Hoffmann damals auch in Stade am Sitze der schwedischen Regierung für Bremen und Verben ein und in Wolfenbüttel beim Herzog von Braunschweig, der zusammen mit Schweden die Direktion des Niedersächsischen Kreises innehatte. Der Herzog Anton Ulrich von Braunschweig, sonst kein Freund Hannovers und mit Preußen liebäugelnd, war damals im November 1708 unter dem Drucke Hannovers nicht abgeneigt, der Stadt die Kreishilfe zuzusagen. Nicht unter gleicher Einwirkung persönlicher Beeinflussung faßte Schwedens Kanzler Güldenstern in Stade seine Entschlüsse. Schwedens Verhältnis zu Preußen begann gerade damals gespannt zu werden. Friedrich I. in Preußen hatte nämlich auf Grund alter Erbverträge mit Mecklenburg und aus Grund damals neu getroffener Abmachungen, die auch zu einer dritten Ehe des Königs mit der Schwerinerin Sophie Luise führten, Titel und Wappen von Mecklenburg angenommen. Karl XII. von Schweden als Vormund der Strelitzer Herzöge protestierte dagegen und nahm keine preußischen Schriftstücke an, die mit dem Mecklenburgischen Titel versehen waren. So war auch der diplomatische Verkehr zwischen der schwedisch-stadischen Regierung und Berlin schwierig. Diese Mißstimmung zwischen Schweden und Preußen hätte Güldenstern wohl dazu verführen können, dem Herzoge von Braunschweig in dem Versprechen der Kreishilfe für Nordhausen beizupflichten. Güldenstern war aber praktischer Politiker genug, um die Unbehilflichkeit der gesamten Kreisverfassung einzusehen. Warum sollte man sich mit einem Beschlusse, der nachher doch nicht zur Durchführung gelangte, lächerlich machen! Deshalb stellte Güldenstern zunächst am 28. November 1708 dem Braunschweiger ein Vorgehen gegen Preußen anheim; am 19. Dezember ließ er sich aber eindeutig vernehmen, daß Schweden als Kreismitglied gegen Preußen keine „Tathandlungen“ beabsichtige, sondern nur seinen Gesandten in Berlin angewiesen habe, wegen Nordhausen vorstellig zu werden. Damit hatte Schweden wohl die Exekutivmöglichkeiten der Organe des Heiligen Römischen Reiches richtig eingeschätzt.[14]

Immerhin konnte Hoffmann bei seiner Rückkehr aus Niedersachsen dem Rate wohl mitteilen, daß die Freunde zur Unterstützung bereit seien und daß man es daraufhin mit dem Widerstände gegen Preußen wagen könne. Am 21. Dezember 1708 ließ der Rat an den üblichen öffentlichen Bekanntmachungsstellen ein Plakat anschlagen, das den Bürgern verbot, vor dem Steuerdirektorium in Bleicherode zu erscheinen und das ganz allgemein zum Widerstände aufforderte. Offney wurde als Bürgermeister für die Wahl vom 6. Januar 1709 aufgestellt. In diesem Falle war Hoffmann, der die Wahl aus politischen Gründen durchsetzen wollte, nicht glücklich beraten. Von dem Hauptmann Offney als einem Ratsverwandten, wenn auch seine Familie zu den geachteten Bürgerfamilien Nordhausens zählte, war bisher nie die Rede gewesen, und andere tüchtigere Bürger sollten nun hinter Offney zurückstehen. Das machte böses Blut und schwächte eher die Einigkeit gegen Preußen, als daß der Widerstand dadurch gestärkt worden wäre. Hoffmann überwarf sich um der Bürgermeisterwahl willen zeitweilig sogar mit seinem Kollegen, dem Bürgermeister Paulandt, er drückte aber die Aufstellung Offneys durch.

Gegen dieses feindselige Auftreten Nordhausens entschloß sich Röpenack zu scharfen Maßnahmen. Ein Mann, der offensichtlich nur von Hannover vorgeschoben war, um Preußen das Widerspiel zu halten, sollte nicht Bürgermeister werden. Er verhinderte am 6. Januar 1709 die ganze Ratswahl; der Hauptmann Offney ist nie Bürgermeister geworden. Berlin rechtfertigte dieses Vorgehen gegenüber dem Kaiser. Um ferner den Nordhäusern die Überlegenheit Preußens zu zeigen, ging man auch daran, den letzten Anspruch, den auf die Altendorfer Pfarre, geltend zu machen und lud den Pfarrer Richard Otto am 14. Dezember 1708 vor das preußische Konsistorium nach Ellrich, ein Befehl, der, als Otto nicht erschien, am 6. Februar 1709 mit Androhung von 100 Talern Geldstrafe wiederholt wurde. Endlich wurden auch die angesehensten der Bürger, die in der Helmeflur Besitzungen hatten, die Senatoren Behrens, Riedel und Knochenhauer am 17. und 19. Januar vor das Hohensteinsche Steuerdirektorium zitiert; Repressalien wurden angedroht.

Diese und andere Bedrückungen veranlaßten am 19. Januar 1709 eine neue heftige Beschwerde der Stadt beim Kaiser. Hoffmann ging abermals als Nordhäusischer Gesandter nach Wien. Hannover aber wandle sich am 9. Februar an den Kreis: „Ew. Kgl. Majestät (von Schweden) und Ew. Liebden (Herzog von Braunschweig) haben von Nordhausen selbst gehört, welche Attentate Preußen vorgenommen hat. Solch Jammergeschrei dieser armen Stadt und höchstbedrängten treuen Kreismitstandes geht zu Herzen.“ Der Kreis soll seine Vorkehrungen treffen und Preußen auffordern, Nordhausen in seiner Feldmark nicht zu beeinträchtigen, die Braunahrung der Stadt nicht zu stören und alles in den Stand vor der Okkupierung zu setzen.[15]

Mit der „Braunahrung“ der Stadt hatte es folgende Bewandtnis: Am 28. März 1368 hatte Karl IV. der Stadt Nordhausen das Privileg des alleinigen Brauens im Umkreise von einer Meile gegeben. Bei der zunftgebundenen Wirtschaftsform des Mittelalters war es schwer möglich, vor anderen Mitbürgern zu bedeutender Wohlhabenheit zu kommen. Das war in Nordhausen aber durch die Braugerechtsame möglich, da die Brauer konkurrenzlos arbeiteten. Nordhausens wohlhabende Bürger waren sämtlich Brauherrn. Nach der Reformation war zwar das kaiserliche Privileg vom Jahre 1368 zeitweilig in Vergessenheit geraten, aber selbst Brandenburg mußte sich noch 1666 mit den Vorrechten der Nordhäuser im Brauwesen auseinandersetzen.[16] Diese hatten also im allgemeinen ihr Monopol gewahrt. Konkurrenzlos wie sie waren, hatten sie immer dünneres und schlechteres Bier gebraut, das die Nordhäuser selbst nicht genießen wollten, weshalb sie sich trotz Ratsverbots gern an das gute, volle Bier der katholischen Dombrauerei hielten, die Exterritorialität besaß. Der Eigennutz der Brauer war eben zu groß; man wollte nicht bloß durch die Ausschaltung der Konkurrenz verdienen, sondern auch noch durch die Verschlechterung der Ware, ein Fehler, der über kurz oder lang einen derartigen Widerstand der Abnehmer hervorrufen muß, daß man sich nicht nur gegen die schlechte Ware richtet, sondern auch gegen das Monopol. Durch Monopole wird leicht eine überspannte Habsucht erzeugt. Die Nordhäuser Wirtschaft hat jedenfalls aus dem Kampfe gegen das schlechte Bier im 18. Jahrhundert nichts gelernt. Am Ausgang des 19. Jahrhunderts mußten deshalb die Nordhäuser Branntweinbrenner dieselbe schmerzliche Erfahrung noch einmal machen. Kurz, damals während der preußischen Besetzung machte sich die preußische Verwaltung den Mißmut der Bevölkerung gegen das schlechte Bier zunutze. Gerade die wohlhabenden Brauer waren es ja, die ihre Privilegien aus Eigennutz wahren wollten, und um sie zu treffen, gestattete Röpenack als Schultheiß und Aufsichtsbeamter für den Handel schon seit 1704, daß auch nicht Brauberechtigte Bier ausschenken durften. Dann, seit 1707 kam man auf den Gedanken, in Preußen gebrautes Bier zum Ausschank zu bringen. Es war der Woffleber Amtmann von Bentheim, der sein Dorf emporbringen und bei der preußischen Regierung ein Ansehen gewinnen wollte, der mit Hilfe Röpenacks Woffleber Bier in den Walkenrieder Hof einführte und daselbst ausschenken ließ. Die Bevölkerung kaufte nun das gute Woffleber Bier. Sogleich erhob sich natürlich ein ungeheures Geschrei der brauberechtigten Häuser in Nordhausen, daß Preußen der guten Stadt Nordhausen „die Braunahrung“ fortnehme und sie dadurch an den Bettelstab bringe. So kam zu allen übrigen strittigen Punkten auch noch dieser. Auch wegen dieser Braunahrung wurden schwere juristische Gutachten abgegeben, und die Hallische Juristenfakultät unter Strycks Führung kam zu der Ansicht, daß Preußen in Nordhausen sehr wohl Bier ausschenken dürfe. Dem widersprach der sonst der Krone stets dienstwillige Christian Thomasius, da die Privilegien in diesem Falle einwandfrei das Recht Nordhausens darlegten. Aber auch Thomasius mußte, für ihn sehr bezeichnend, doch sarkastisch feststellen: „Daß die Bürger das unleidliche Nordhäuser Bier, insonderheit wenn sie krank und schwach sind, zur Beförderung ihres Todes zu trinken nicht schuldig sind, ist landeskundig und natürlich.“

Allen diesen preußischen Eingriffen zu begegnen, hielt nun Hannover nach wie vor für seine vordringliche Aufgabe. Ueber- haupt war das Frühjahr 1709 eine Zeit erhöhter diplomatischer und politischer Tätigkeit. Erstaunlich, wie weite Kreise von einer an sich so letztrangigen Sache bewegt wurden, wie es das Schicksal der kleinen Reichsstadt Nordhausen war. Die unbeweglichste Macht, die von den Dingen um Nordhausen berührt wurde, war Braunschweig unter Anton Ulrich. Diesen hatte Nordhausen als einen Mitdirektor des Niedersächfischen Kreises mehrfach um Unterstützung gebeten. Aber statt zu handeln, ließ er sich erst am 14. März 1709 vernehmen, daß „ihre gravamina fast weitläufig mit vielen herben Querelen angesüllt seien“; er könne sie in dieser Form nicht nach Berlin weitergeben und müsse die Nordhäuser deshalb um ein neues Schriftstück ersuchen, das „von allen harten und etwas animeusen Expressionen abstrahieret.“ Allerdings hatte Anton Ulrich mit seiner Ausstellung an den Nordhäuser Schriftsätzen nicht ganz unrecht: Sie slatterten in jenen für Nordhausen so trüben Tagen zu Hunderten an jeden, von dem'man sich Hilse versprach, und enthielten in unendlichen Wiederholungen immer dieselben Klagen, das Kleinlichste in der gleichen Ausführlichkeit wie das Erhebliche und das Unbedeutendste vermengend mit dem Bedeutenden. Doch Nordhausen sah aus der Anschrift des Braunschweigers, daß es von ihm nur wenig zu erwarten hatte und bemühte ihn deshalb zunächst nicht weiter, so daß Anton Ulrich von sich aus am 20. April an die Nordhäuser Darlegungen erinnerte und sie erneut einzureichen drängte, da der Kreis wirklich in Berlin für die Reichsstadt eintreten wolle und jetzt wohl die Möglichkeit gegeben sei, daß Preußen „zur Billigkeit disponiere“. Braunschweigs Haltung im ganzen aber war unlustig.[17]

Ebensowenig war von der anderen Kreisdirektion, von Schweden zu erwarten. Güldenstern hatte im Februar 1709 nur den schwedischen Residenten in Berlin beauftragt, vorstellig zu werden. Dieser hatte mit dem maßgebenden Minister Rüdiger von Ilgen verhandelt und von diesem nur die Darlegung des preußischen Standpunktes bekommen: Soviel Stadtflur, wie Nordhausen behaupte, sei von Preußen nie in Anspruch genommen; die Ratswahl am 6. Januar 1709 mußte gehindert werden, damit nicht Offney, „ein hannoverscher Bedienter“, in den Rat käme. Sollten Uebergriffe preußischerseits vorgekommen sein, was er, Ilgen, für kaum möglich halte, so müßten diese nach genauen Unterlagen untersucht werden. — Mit einer solchen Auskunft aus Berlin kam man auch nicht weiter, und Schweden schlug am 2. März 1709 Braunschweig vor, sie beide sollten versuchen Preußen zu vermögen, daß es Schweden und Braunschweig „zur gütlichen Vermittlung anrufe“; von Bartholdi sollte in Wien dem Kaiser dasselbe erklären.[18]

Diesen Ausweg gab Anton Ulrich nach Nordhausen weiter. Nordhausen lehnte ab. Nicht sie hätten irgendwie nachzuweisen, was ihnen gehöre, sondern Preußen habe zu erklären, warum es sich unrechtmäßig ihre Gerechtsame und Güter angeeignet habe. Einen Vermittler müßte Nordhausen überhaupt ablehnen, da ihm der Kaiser befohlen, ohne seine Einwilligung in keine Verhandlungen einzutreten. Nach dieser Erklärung, die allerdings zeigte, daß von der Stadt nicht das geringste Entgegenkommen zu erwarten sei, zog sich Schweden ganz zurück und erklärte am 19. Juni 1709 seinem Mitdirigenten Braunschweig, da sich Nordhausen auf den Kaiser beziehe, möge auch der Kaiser entscheiden.

Preußen bemerkte die erhöhte Tätigkeit im Interesse Nordhausens und fürchtete Schwierigkeiten. Sein augenblicklicher Agent in Wien, Mörlin, der zeitweilige Vertreter des Residenten Bartholdi, war auf dem Posten, und auch vom schwedischen Gesandten in Berlin wußte ja Ilgen Bescheid, was gespielt wurde. Deshalb glaubte Preußen seine kleinsten Angelegenheiten mit den großen verknüpfen zu müssen. Es ließ nach London und dem Haag hin wissen, England und Holland möchten beim Kaiser intervenieren, daß die kaiserliche Hilfe für die Stadt, wie sie die mehrfachen Hofratsbeschlüsse, so noch zuletzt der vom 10. Dezember 1708, erkennen ließen, unterbliebe, vor allem daß nicht der Kaiser, wie es den Anschein habe, Schweden und Hannover mit der Exekution gegen Preußen beauftrage. England solle auch auf Hannover einwirken. Für solches Eintreten versprach Preußen den beiden Seemächten neuerlich 18 Eskadron Reiter und drei Bataillone Infanterie für den Spanischen Erbfolgekrieg.[19]

Dieses Entgegenkommen glaubte Preußen umso nötiger zu haben, als damals auch Kursachsen gegen Preußen aufgeputscht war. Tatsächlich war auch der sächsische Handel — und sächsisches Gebiet reichte ja im Osten fast bis vor die Tore Nordhausens — durch die in Nordhausen vorgenommenen Zollerhöhungen in Mitleidenschaft gezogen. Ferner sollten auch einige sächsische Untertanen, die Liegenschaften in der Helmeflur hatten, in preußisches Kataster kommen, „wogegen wir uns verwahret und unsern Bürgern als Possessores inhibieret, sich weder zu stellen noch die praetendierte Kontribution abzustatten“. Sachsen hatte wegen dieser Beeinträchtigung sächsischer Untertanen am 11. März 1709 vorsichtig bei Kolb von Wartenberg angefragt und gebeten, Preußen möchte doch nicht mehr Jura beanspruchen, als Sachsen gehabt habe. — Man sieht also wieder und wieder, wie in jenen Zeiten fürchterlichster deutscher Zerrissenheit und der Ohnmacht des Kaisers jeder kleinste Schritt vom Althergebrachten fort Bedenken, Bewegungen, Erschütterungen auslöste, an denen dann lausende ihre Kraft vergeudeten, nur um das alte Gleichgewicht wiederherzustellen. Und das alles in einer Zeit, wo Frankreich und England, letzteres wesentlich mit deutschen Kräften, um die Vormacht über den Erdball rangen.

Preußen hätte diesen sächsischen Einspruch wahrscheinlich auf die leichte Schulter genommen, wenn Sachsen noch so von Karl XII. bedrängt gewesen wäre wie 1706 und 1707. Doch Karl XII. steckte tief in Südrußland, Sachsen war freier und konnte womöglich, auch ein Rivale Preußens in Norddeutschland, in eine nord- deutsch-hannöversche Koalition gegen Preußen eintreten. Deshalb eilte Preußen, diese neuen Schwierigkeiten zu beheben. Schon am 2. April wurde Westphal beruhigt; nicht Preußen, sondern Hannover und Schweden seien die Unruhestifter. Der ganze Handel um Nordhausen wäre längst aus der Welt geschasst, wenn die Stadt dem Ersuchen Preußens Folge geleistet und in Berlin verhandelt hätte.

Am 11. Mai 1709 wandle sich König Friedrich aus Potsdam selbst an den Kurfürsten von Sachsen und legte eingehend den preußischen Standpunkt dar: Nordhausen habe sich bei allen Verhandlungen unglaublich aufgeführt, habe Preußens Minister beleidigt (gemeint ist von Chwalkowsky), alle gütliche Einigung ausgeschlagen, die Jura, die doch „sub titulo satis oneroso aquirieret“ in keiner Beziehung zugestanden. Preußen habe sich nie mehr angemaßt, als Sachsen an Preußen übertragen habe. Wenn Beschwerden über den Bierausschank im Walkenrieder Hose oder über die Katastration eines bestimmten Distriktes vorlägen, so habe das mit dem Schultheißenamte und der Vogtei nicht das geringste zu tun, sondern Preußen habe nur zurückgenommen, „worin uns einige Zeit Eintrag getan“. Des weiteren werden diese Ansprüche Preußens historisch dargelegt. Preußen habe aber, so fährt die Rechtfertigungsschrift fort, nicht nur die Aemter von Sachsen für teures Geld erworben, sondern auch 10 215 Taler, die als ein Wiederkaufsschilling auf Vogtei und Schulzenamt gehaftet hätten, und von denen ihm, Preußen, von Sachsen nichts gemeldet worden, bezahlt, dazu alle aus vereinnahmten Zöllen ausgelaufenen Gelder, so daß 13 212 Taler 12 Groschen herausgekommen seien. Nordhausen habe bei Uebernahme der Aemter durch Preußen in erster Linie auf Rückzahlung dieser Gelder gedrungen; als sie dann aber bezahlt seien, habe es die Annahme verweigert. Da habe denn Preußen die Stadt besetzt; es sei aber selten mehr als eine halbe Kompagnie in der Stadt gewesen, und diese habe nichts beansprucht als Obdach. Nirgends sei ein Schade durch Preußen entstanden, „es müßte denn solcher Schade etwa darin bestehen, daß durch unser Exercitium jurisdictionis denjenigen Bürgermeistern, so vormals durch Mißbrauch ihres Amtes der Justiz öffentlich Gewalt angetan, also daß fast niemand mehr zu seinem Rechte gelangen können, das Handwerk gelegt worden, daß sich aber gemeine Stadt und Bürgerschaft ... vielmehr zu gratulieren hat.[20]

Alle diese Darlegungen an Sachsen und andere Staaten konnten diese doch nicht zu der preußischen Auffassung bekehren. Allgemein, auch in Kursachsen teilte man den Nordhäusischen Standpunkt, daß „entgegen der im Westphälischen Frieden festgesetzten Landesgrenze etliche 1000 Acker Landes — es waren 2100 Morgen — samt der Vorstadt, das Altendorf und 12 an der Salza liegende Mühlen“ — es waren 9 Mühlen, aber einige mit mehreren Häusern — von Preußen unrechtmäßig und unter Anwendung von Gewalt beansprucht würden.

Unter so allgemeiner, zumindest ideeller Teilnahme an seinem Schicksal konnte Nordhausen weiter passiven Widerstand leisten und jede Steuer verweigern. Als nun aber im Jahre 1709 die Erntezeit herankam, bot Preußen in der Nacht vom 7. zum 8. August Bauern aus 6 Dorfschaften auf, von denen sich am hohlen Wege.[21] 40 Bauern mit Flinten, Partisanen und Hacken verborgen halten mußten zum Schutze der anderen, die die Nordhäuser Felder abernteten. Von der preußischen Besatzung war die Mannschaft am Siechentore dreifach verstärkt. Unter diesem Schutze rückten andere Bauern mit Erntegeräten, aber auch mit Gewehren bewaffnet, heran und machten sich an die Arbeit. Dabei hatte man es zunächst nur auf die Aecker einiger wichtiger Personen und Hauptsünder abgesehen, auf die 11 Morgen des Bürgermeisters Weber, auf die Ländereien des Sekretärs Heidenreich und auf die einer Frau Hofmeister. Ebenso mußte die Ernte des Hospitals Martini daran glauben, die, wie die Preußen behaupteten. doch nur die Taschen der Ratsmitglieder füllte.

Auf Webers Lande arbeiteten am 8. August 12 Schnitter; diese wurden von 28 — nach anderen von 50 — Clettenbergischen Bauern, 3 Reitern und 12 Infanteristen vertrieben. Dann schnitten die aufgebotenen Bauern den Roggen und brachten ihn nach Klein-Werther ein. Ein auffichtsführender Amtmann erklärte herbeieilenden Nordhäusern, daß die Ernte nur gegen zwei Taler Strafe pro Morgen, die Exekutionsgebühren und den Schnitterlohn herausgegeben werde. Da gaben denn Heidenreich und die Hofmeisterin nach, Bürgermeister Weber aber verweigerte alles und wurde sein Korn los. Ebenso wurde dem Hospital der gesamte Weizen, die Gerste, der Hafer fortgeführt. Gleich am folgenden Tage beschwerte sich Weber beim Kaiser; ebenso nahm Johann Günther Hoffmann, der ja noch in Wien als Nordhaufens Abgesandter weilte, zu den alten Beschwerden noch die neuen wegen des fortgeführten Getreides auf und reichte am 30. August und 6. September die Klagen beim Reichshofrat ein.

Die schweren Eingriffe des Schultheißen Röpenack hatten während des ganzen Jahres 1709 Bittschriften der Stadt an den Kaiser, Vorstellungen des Agenten Koch beim Hofrat und seit April 1709 auch dringende Bitten Hoffmanns zur Folge. Als nun das „Attentat in der Feldflur“ hinzukam, nahm sich der Kaiser endlich seiner bedrängten Stadt an und ordnete am 17. August und danach nochmals am 19. September eine kaiserliche Kommission zum Schuhe Nordhausens an, zu der er den König von Schweden, den Herzog von Braunschweig und den Landgrafen von Hessen-Cassel berief.[22]

Dieser Auftrag an die drei Souveräne wurde unter demselben Datum durch ein kaiserliches Schreiben dem Könige von Preußen mitgeteilt: Preußen habe die Altendorfer Felder geraubt und viel Gewalttätigkeit begangen. Die Freie Reichsstadt werde dadurch völlig zu Grunde gerichtet. Preußen verfolge ganz irrige und ungegründete Prinzipien. Auch habe Preußen, kaiserlichem Befehl entgegen, seit langen Jahren Besatzung in der Stadt gelassen. Daß dem Hospital St. Martini und dem Bürgermeister Weber Feldfrüchte fortgenommen seien und daß die Regierung in Ellrich Citationen an Stadtbürger erlassen habe, sei der am 17. August ernannten Kommission noch nachträglich mitgeteilt und zur Behandlung übergeben worden. Der Kaiser hoffe aber, daß in diesen Fällen die Hohensteinsche Regierung eigenmächtig gehandelt habe und Preußen das Unrecht wieder gutmachen werde.[23]

Die Kommission bekam den Befehl, dahin zu wirken, daß erstens die preußischen Truppen die Stadt verließen, daß zweitens Preußen alles in den Stand sehe wie vor der Besetzung und daß drittens, nachdem sich Preußen aller seiner Vorteile begeben, über die Jura verhandelt werde, d. h. daß dann juristisch geprüft werde, ob Preußen überhaupt und wie weit es die Gerechtsame in Nordhausen ausüben durfte. Allein der Tenor der kaiserlichen Verfügung bedeutete schon eine ungeheure Demütigung für Preußen; die Vollstreckung hätte ein Staat wie Preußen ohne militärische Gegenwehr nicht über sich ergehen lassen können.

Mit der Einsetzung dieser Kommission hatte Nordhausens Abgesandter in Wien, der Bürgermeister Hoffmann, einen außerordentlichen Erfolg erzielt. Das gewaltsame Vorgehen Preußens in der Nordhäuser Feldflur, das neben Hannover auch Sachsen gekränkt hatte, und die nach der Schlacht bei Malplaquet äußerst günstige Lage des Kaisers verstatteten es, die bedeutendste Militärmacht des Reiches so zu kränken. Damit aber die Kommission schnell und sicher arbeiten konnte, hatte Hoffmann vom Hofrate noch die Abschrift sämtlicher Akten für die Kommission erhalten. Mit diesen bewaffnet, kehrte er im Herbst 1709 aus Wien zurück und nahm im Dezember die Verbindung mit den niedersächsischen Mächten auf.

Natürlich schöpften auch die regierenden Kreise in Nordhausen von neuem Mut, und doch umkreiste auch die Sorge weiterhin ihre Häupter. Niedersachsen hatte seit dem Jahre 1682 keinen Kreistag mehr abgehalten; die wenigen Geschäfte, die noch überstaatlich zu regeln waren, konnten auch ohne große Zusammenkünfte abgewickelt werden. Nun aber wünschten zwei Mächte die Zusammensetzung der Kreisdirektion geändert, und das ging nicht ohne Berufung aller Kreismitglieder. Die beiden Mächte waren Kurhannover und Preußen. Hannover, das 1692 die 9. Kurwürde erhalten hatte, war zweifellos der bedeutendste Staat in Niedersachsen, besonders seit im Jahre 1705 auch Celle mit ihm vereinigt war. Es hatte aber noch immer keinen Anteil am Kreisdirektorium. Ebenso ging es Preußen, das seit 1648 mit dem Herzogtum Magdeburg dem Kreise angehörte und als Rechtsnachfolger der Magdeburger Erzbischöfe Anspruch erhob, im Kreise Mitdirektor zu sein. Während aber Preußen seit Beginn des 18. Jahrhunderts wieder und wieder die Abhaltung eines Kreistages verlangte, bestimmte Hannover, obgleich es selbst gern Kreisdirektor geworden wäre, Anton Ulrich von Braunschweig, den Kreistag hinauszuschieben, um Preußen fernzuhalten. Denn Hannover wünschte alles eher als eine Machterweiterung Preußens in seiner ureigentlichen niedersächsischen Domäne. Was Nordhausen anlangt, so hätte Preußen sicher jede Einmischung des Kreises in seine Angelegenheiten daselbst im Keime erstickt. Nun fragte es sich aber, und das war die eine große Sorge der Nordhäuser, ob die Kreistagung länger hinausgeschoben werden konnte. Hoffmann setzte natürlich alles daran, in Wolfenbüttel und Stade klarzumachen, daß an einer Kreisversammlung niemandem gelegen sein könnte.

Dazu trat eine zweite Sorge. Würde sich die kaiserliche Kommission durchsetzen können? Nur wenn sie nicht bloß schiedsrichterlich, sondern auch machtpolitisch einig war, nur wenn sie ihren Schiedsspruch auch mit Gewalt durchzusetzen bereit war, konnte Nordhausen geholfen werden. Das war aber kaum denkbar. Die beiden mächtigsten norddeutschen Staaten, Hannover und Sachsen, waren nicht zu Schiedsrichtern ernannt worden. Cassel, der eine kaiserliche Kommissar, war ganz unbeteiligt, daher als unabhängiger Richter wohl geeignet, aber nicht als Vollstrecker des Rechtsspruches. Schweden war Preußen wegen Mecklenburgs feind, stand aber sonst in jeder Beziehung am Rande; der Abbruch des Schriftverkehrs mit Preußen konnte die Verhandlungen nur verzögern. Ferner war Schweden nach der Schlacht bei Pultawa in arger Bedrängnis, sein König saß in der Türkei. Warum sollte sich dieser Staat für eine unbedeutende innerdeutsche Angelegenheit übermäßig einsetzen! Braunschweig-Wolfenbüttels Lauheit aber war mehrfach hervorgetreten.

Doch noch andere Gesichtspunkte waren zu beachten. Es lag auf der Hand, daß der Kampf um Nordhausen ein Kampf zwischen Preußen und Hannover war. Abgesehen von der Nordhäuser Sache lagen aber noch eine Unmenge Reibereien zwischen den beiden Staaten vor, bei denen das ehrgeizige Preußen meist den Anlaß gegeben hatte; immer wieder warf Hannover ihm unnachbarliches Verhalten vor, und der Hannöversche Gesandte in Berlin meinte, Preußen fange wegen der geringsten Sache jederzeit Feuer. Fiel nun bei dieser Stellung der beiden Staaten zueinander der Schiedsspruch gegen Preußen aus, so mußte das eine Stärkung Hannovers bedeuten. Das war aber zweien von den drei Schiedsrichtern nicht allzu angenehm. Braunschweig, die ältere welfische Linie, stand dem jüngeren Vetter mehr als kühl gegenüber; es war neidisch auf den Aufstieg der jüngeren Linie. Sollte es ihm den Steigbügel halten, daß es noch stolzer und mächtiger werden konnte! Schweden aber lag mit Hannover im Streit nicht nur wegen der Kreisdirektion, in die Hannover eintreten wollte, sondern wußte auch ganz genau, daß einer der Hauptgegner gegen den Besitzstand der nordischen Macht in Bremen und Verben eben Hannover war. Wenn man diese politische Lage betrachtet, so sah die Lage für Preußen nach Einsetzung der kaiserlichen Kommission gefährlicher aus, als sie tatsächlich war.[24]

Vielleicht hätte Preußen mit einer Handbewegung über die Kommission hinweggehen können. Doch es ist schon oben sestgestellt worden, daß dieses Zeitalter des Absolutismus, so skrupellos kriegerisch es war, doch mit all seiner Verehrung alter Bindungen, Rechtssatzungen, übermachter Verhältnisse ein Zeitalter höchster sormaler Ausgeglichenheit und Würde war. Die Etikette verlangte mindestens die Wahrung des Scheins: Ludwig XIV. raubte das Elsaß nicht mit brutaler Gewalt, sondern baute seine Vogteirechte durch Gerichtshöfe, durch Reunionskammern, aus, ganz ähnlich wie Preußen seinen Anspruch auf die Nordhäuser Feld- flur nicht etwa grob auf die Macht des Stärkeren gründete, sondern auf die tatsächlichen oder angenommenen rechtlichen Verhältnisse früherer Jahrhunderte. Jedenfalls war dieses kriegerische 18. Jahrhundert durchaus nicht so beweglichen, unbeschwerten Geistes in der Behandlung des Völkerrechtes und des privaten Rechtes, wie ihn sich die neueste Zeit, mindestens seit dem Weltkriege, angewöhnt hat. Die Staaten des 18. Jahrhunderts waren sicher nicht heilig, aber doch scheinheilig; heute scheint man sich weder um die Heiligkeit noch um den Schein zu bemühen. Kurzum, das 18. Jahrhundert befürchtete die völlige Anarchie, wenn nicht gewisse althergebrachte Satzungen, Bindungen oder wenigstens Umgangsformen heilig gehalten würden, und nach diesen Satzungen des 18. Jahrhunderts anerkannte Preußen die kaiserliche Kommission und mußte versuchen, nach juristischen Grundsätzen sein Vorgehen zu verteidigen.

Die Hauptlast dabei lag auf den Schultern Christian Thomasius' in Halle, der die Ausübung der Amtsgewalt und die Besetzung der Ländereien rechtfertigen und das gesamte Material für die preußischen Vertreter bereitstellen mußte. Auch mit der leidigen Frage des Ausschankes Woffleber Bieres hatte er sich zu befassen. Hier dachte er aber anders als die Rechtsgelehrten und Kollegen Stryck und Ludewig in Halle, die das preußische Vorgehen auch rechtlich guthießen, während Thomasius es mißbilligte. Thomasius zeigte sich auch hier als ein treuer Untertan, für den das Gottesgnadentum des Herrschers Ausgangs- und Endpunkt eines auf der ratio allein gegründeten Staatsrechtes war, der aber auch meinte, daß die beste Stütze dieses absoluten Königtums die absolute Gerechtigkeit sei. Gern stellte er deshalb seine ungeheure Arbeitskraft seinem Könige zur Verfügung. Wo ihm aber schien, daß das Recht im Interesse des Königs gebeugt wurde, glaubte er, daß solche Handlung gegen das Interesse des Königs geschah. So vertrat z. B. der Landeshauptmann von Ramee in Ellrich die preußischen Rechte nicht streng sachlich. Er meinte, das Nordhäuser Bier sei „ungeheuer ungesund und unschmackhaft“, die Bürger selbst kauften deshalb das preußische Bier gern, weshalb man es ruhig bei dem Ausschank belassen solle. Das war für den Rechtsgelehrten Thomasius natürlich keine logische Schlußfolgerung. Auch der Magdeburger Geheimrat von Plotho, der später Preußen vor der kaiserlichen Kommission zu vertreten hatte, schloß sich der Ansicht Thomasius' an und bat, den Bierausschank aufzugeben. Ilgen suchte schließlich eine mittlere Linie einzuhalten, indem er als offizielle Ansicht Preußens zu vertreten befahl, daß fremdes Bier in aller Freiheit in Nordhausen nicht verschenkt werden dürfe, daß aber der preußische Walkenrieder Hof seine wirtschaftlichen Maßnahmen einrichten könne, wie er wolle, also dort auch Woffleber Broihan ausgeschenkt werden dürfe.

Auch hier bei den Vorarbeiten für die Vertretung vor der kaiserlichen Kommission müssen wir die außerordentliche Arbeitskraft des Thomasius bewundern. Er war seit langem und damals noch immer der erfolgreichste Lehrer in Halle, er vor allem hatte die große Schülerzahl an die neu gegründete Universität gezogen. Er war der Verfasser großer wissenschaftlicher Werke, er kämpfte gegen die verrotteten Kompendien und Kompilationen des 17. Jahrhunderts mit durchschlagendem Sarkasmus, der uns auch in seinen Gutachten Nordhausen betreffend des öfteren begegnet. Er, zunächst abhängig von Pufendorf, wurde damals, im 1. Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts immer selbständiger, gründete eine Schule junger Juristen, der auch Gvttlieb Erhard Titius angehörte, ein Nordhäuser, der Sohn des mehrfach erwähnten bedeutenden Nordhäuser Syndikus Johannes Titius und der Bruder des Nordhäuser Sekretärs Johann Martin Titius. Dieser Gottlieb Gerhard Titius war es, der das Ansehen Thomasiusscher Lehren in Leipzig aufs beste vertrat, dort deshalb lange Jahre nicht befördert wurde, bis man ihn nicht mehr übersehen konnte und ihn der sächsische Minister Graf Flemming in die höchsten sächsischen Richterposten berief.

Neben seiner bedeutenden Lehrtätigkeit und seinem Dienst an der Wissenschaft führte Thomasius großangelegte, zeitraubende staatsrechtliche Untersuchungen für Preußen aus, die auch mit weitschichtigen Reisen verbunden waren. Für Nordhäuser Fragen war er ja schon mehrfach zu Rate gezogen worden. 1710 hatte er ausgiebig in einer auch im Druck erschienenen Schrift das Recht Preußens an der Nordhäuser Feldflur verteidigt.[25] Doch kostete ihn diese Nebenarbeit nur wenig Zeit, die er bei seiner staatsrechtlichen Arbeit über Preußens Anrecht an der Herrschaft Tournhout aussparen konnte. Während er aber noch über diesem Gutachten saß, erreichte ihn schon Agens Auftrag, den Nordhäuser Fall für Herrn von Plotho zu bearbeiten, der Preußen vor der kaiserlichen Kommission vertreten sollte. Dabei handelte es sich nicht einfach um die zuständliche rechtliche Darlegung, sondern es war nötig, die Rechtsverhältnisse bis lies ins Mittelalter zurückzuverfolgen und aufzudecken, eine historisch-rechtliche Arbeit, die für Thomasius höchsten Reiz besaß, aber auch viel Zeit in Anspruch nahm. Dabei muß man nun mehr noch als die Arbeitsleistung die Schärfe des Verstandes und die Klarheit der Beweisführung bewundern, wodurch er aus dem unendlichen Aktenwust das Wesentliche her- ausfand und es immer, wenn auch nicht ohne Weitschweifigkeit, fachgemäß und einleuchtend darstellte. Z. T. wegen der Arbeitsüberlastung Thomasius', der zu den angesetzten Terminen nicht fertig werden konnte, beantragte Preußen im Jahre 1710 auch immer wieder die Hinausschiebung des Verhandlungstermins.

Die kaiserliche Kommission selbst kam bei der Schwerfälligkeit des gesamten Reichsapparates nur langsam in Gang. Wegen der Einsetzung der Kommission änderten sich die Verhältnisse in Nordhausen natürlich nicht im geringsten. Preußen sah sich zunächst nur veranlaßt, unter dem 25. Februar 1710 dem Kaiser nochmals seine Auffassung darzulegen: Preußen nehme die kaiserliche Kommission an, obgleich ihre Berufung nur möglich gewesen sei durch die „falsa narrata“ des unruhigen Bürgermeisters Hoffmann. Preußen sei niemals gewalttätig vorgegangen. Die in Anspruch genommene Feldmark gehöre seit alters zu Hohenstein, und das sei ein Halberstädter Lehen. Die Vasallen seien schuldig, vor dem Gericht des Lehnsherrn zu stehen, also auch die Nordhäuser, soweit sie Besitz im Hohensteinschen haben. Die Bürger hätten sich auch freiwillig gestellt außer dem widerspenstigen Bürgermeister Weber für sich und für das St. Martinshospital, dessen Vorsteher er sei. Nach einigen historischen Darlegungen kommt das Schriftstück darauf, daß das strittige Gebiet 1648 „gegen die Pommerschen Lande“ an Preußen gefallen sei. Wenn in einem solchen Lehen Streitigkeiten vorkämen, so könnten sich die Prozedierenden nicht an den Reichshofrat wenden, wie es von Nordhaufen geschehen sei, sondern die erste Instanz sei das hohensteinsche Lehensgericht, die zweite sei Halberstadt, nicht der Reichshofrat. Auch wegen des Bierausschankes im Walkenrieder Hofe sei Preußen auf Grund eines Privilegiums Friedrichs II. im Recht.[26]

Zugleich mit dieser Rechtsverwahrung beim Kaiser ging Preußen weiter daran, Nordhausen seine Macht fühlen zu lassen. Es wurde die preußische Akzise eingeführt: Alle ein- und ausgehenden Waren mußten versteuert werden; die Holzabgabe, die bisher von jeder ein Tor passierenden Fuhre ein Scheit betragen hatte, wurde verdoppelt. Der preußische Kommandeur verkaufte nach Nordhäuser Aussage das ausgekommene Holz fuderweis.

Sehr unangenehm für die Stadt waren auch die preußischen Werber in ihr, damals 2 Offiziere und 30 Mann.

Im Mai 1710 erfolgte dann eine Beschwerde Nordhausens an Braunschweig, weil Preußen an der Helme einen 50 Ruten langen Graben ausgehoben, die überschüssige Erde auf Nordhäuser Feldmark geworfen und dadurch die Aecker verdorben habe. Ferner tauchte das Gerücht auf, Preußen wolle an der Helme Mühlen anlegen und die Nordhausen gehörigen Mühlen an der Salza ausschalten. Laut alter Gerechtsame müßten aber die Bauern von Werther in den Salzamühlen mahlen lassen. Außerdem dürften an der Helme keine Mühlen angelegt werden, weil dazu eine Aufstauung des Wassers nötig sei, das die Nordhäuser Ländereien gefährde.

Im August 1710 kam dann der große preußische Eingriff wegen der Steuerverweigerung. Am 23. August fiel der Cletten- bergische Amtmann Darre mit Reitern „in Nordhäusisches Gebiet“ ein und ließ die reifen Feldfrüchte fortführen. Den Müllern wurden die Kupferkessel sortgenommen. Pfarrer Otto von der Altendorfer Kirche wurde bei 600 Taler Strafe vor das Ellricher Konsistorium zitiert; es hieß auch, er werde abgesetzt, und an seine Stelle komme der Konrektor Weber aus Ellrich. Wegen dieser Vorladung erhob dann Nordhausen den Vorwurf, Preußen wolle ihm die ganze Altendorfer Vorstadt abnehmen, woran Preußen nie gedacht hatte.[27]

Diese Beeinträchtigungen waren für die Stadt umso schwerer zu ertragen, als in der Nacht vom 23. zum 24. August 1710 am Steinwege eine furchtbare Feuersbrunst ausbrach, die 161 Wohnhäuser und 72 Brauhäuser in Asche legte. Bei diesem Brande habe, so klagten die Nordhäuser, das preußische Militär keine Hand gerührt, während sie selbst herbeigeeilt seien, den preußischen Walkenrieder Hos zu retten. Trotz dieser Hilfe brannte der Hof freilich aus; nur die soliden Mauern blieben stehen und stehen noch heute. Die arme geplagte Stadt mußte sich bequemen, Brand briefe zu schreiben. Hannover zeigte sich, wie stets, als hilfsbereiter Freund. Der Kurfürst gestattete für seine Lande das Ausschreiben einer Kollekte, und statt des erbetenen Eichen- und Tannenholzes zum Wiederaufbau bewilligte er aus seiner Kasse 400 Taler. Wenn aber der Bedars der Oberharzer Gruben es zulasse, sollte Nordhausen auch noch mit Tannenholz beliefert werden.[28]

Unterdes war von der kaiserlichen Kommission immer noch keine Hilfe zu erhoffen. Zudem war zwar Hannover hilfsbereit, der direkte Verkehr mit ihm war aber 1710 zunächst dadurch erschwert, daß der Hauptmann Offney im Januar 1710 verstarb. An seine Stelle trat der gräflich Stolbergische Amtmann Johann Hermann Triseberg in Niedersachswerfen. Dieser stand auf Befehl Hannovers der Stadt durchaus zur Seite, tat es aber als Beamter mehr pflichtgemäß als aus persönlichem Interesse, wie es Ossney, ein Sohn Nordhausens, getan hatte. Bei allen den Bedrängnissen und bei der Aussichtslosigkeit einer Aenderung war es nur natürlich, daß die Zahl der Kleingläubigen und Zweifelnden ständig wuchs. Immer mehr Stimmen in Nordhausen ließen sich vernehmen, die kaiserliche Kommission könne doch nicht helfen, käme jedenfalls nicht voran. Cassel habe zudem sogar abgelehnt, auch aus Hannover stocke die Hilfe. Das Bedauern der den Preußen widerstehenden Bürger über derlei Klagen hielt das ganze Jahr 1710 an; noch am 18. November hieß es: Man sei obdachlos geworden, man solle sich Preußen fügen, das dann wirtschaftlich und sozial helfen werde. Auf Kaiser und Kommission sei nicht zu rechnen.[29]

Preußen blieb also trotz des Einschreitens des Reiches in seiner Behandlung der Freien Reichsstadt konsequent. Dennoch befahl Berlin, alles zu vermeiden, was neue Beschwerden an die Kommission hervorrufen könnte. Die Besatzung wurde auf ein Minimum herabgesetzt; es waren 1710 wenig mehr als 50 Mann in Nordhausen. Der Kommandant hatte sich der entgegenkommendsten Haltung zu befleißigen. Das war gar nicht so leicht, da bei der geringen preußischen Truppenzahl der Stadt wieder eine Bürgerwehr gestattet war, mit der kleine Reibereien nicht aus- blieben. Als dann im Herbst 1710 die Verhandlungen vor der Kaiserlichen Kommission tatsächlich in Aussicht standen, wurde die Stimmung der Bürgerschaft wieder gehobener, die des preußischen Militärs gedrückter. Die städtischen Wachtsoldaten dursten jeden anhalten, auch die Soldaten. Die einflußreichen Bürger vermieden geflissentlich jeden Verkehr mit dem Stadtschultheißen Röpenack und dem Kommandanten, dem Major Christian Barth. Wünsch ten diese amtlich mit den Bürgermeistern zu verhandeln, so waren die städtischen Behörden nie zu erreichen. Am 13. November mußte Barth nach Berlin berichten, die Insolenz der Einwohner wachse immer mehr, „weilen nun in allem behutsam zu gehen sowohl mir gebühret als auch allergnädigst jederzeit anbefohlen.“

Diese Widersetzlichkeiten waren allerdings, wie wir gesehen haben, nicht in allen Kreisen der Bevölkerung vorhanden; besonders die gedrückten Hintersättler waren das preußische Regiment sehr wohl zufrieden. Dennoch ließen auch die ewigen Scherereien mit den aufsässigen einflußreichen Kreisen Preußen allmählich darauf bedacht sein, mit guter Manier aus dem ganzen Handel mit Kaiser und Reichshofrat und Kommission und Niedersäsischem Kreise und Bürgerschaft herauszukommen. Man sah immer mehr ein, daß die Sache von den unfähigen Organen des Reiches nicht bereinigt werden könne, aber auch nicht von Preußen allein. So blieb nur ein Unterhandeln zwischen den beiden Rivalen Preußen und Hannover übrig und der Versuch, unter Ausschaltung aller anderen Potenzen zum Abschluß zu kommen. Deshalb sondierte seit dem Sommer 1710 die preußische Regierung in Regensburg beim Reichstage, im Haag, in Hamburg, kurz, beinahe überall, wo die preußischen Abgesandten mit den hannöverschen gemeinsam arbeiteten, ob nicht die Grundlage für einen direkten Meinungsaustausch gefunden werden könnte. Im November 1710 nahmen die Vorschläge Gestalt an. Da trat Anfang 1711 ein retardierendes Moment ein, das alle versöhnlichen Pläne und Besprechungen noch um mehr als zwei Jahre zunichte machte. Hannover besetzte Hildesheim und Peine.[30]

Endlich kamen nun aber auch die Verhandlungen zur Konstituierung der kaiserlichen Kommission in Gang. Einfach war es nicht, die drei Kommissare zusammenzubekommen, weil die drei beteiligten Länder Schweden, Braunschweig und Hessen-Cassel doch verschiedene staatliche Interessen hatten und verschieden eingestellt waren zu ihrer Umwelt. Der Kommissionsleiter war Schweden. Der schwedische König weilte außer Landes; Güldenstern in Stade hatte alle Verantwortung. Er besaß unbedingt den weitesten Blick, unterzog sich dem kaiserlichen Befehl, hatte aber von vornherein keine Hoffnung, daß die Kommission irgendwelchen Erfolg haben könne. Diese Stimmung klingt aus seinen Schriftsätzen immer wieder heraus. Am 7. Mai schrieb Güldenstern ganz offen an Herzog Anton Ulrich von Braunschweig: Oeffentlich wende man sich preußischerseits zwar nur gegen Ort und Termin der Verhandlungen, tatsächlich aber „gegen den Inhalt der kaiserlichen Kommission“. Deshalb versprach er sich nicht viel Gutes.[31]

Dazu kam, daß zwischen Schweden und Preußen bekanntlich der direkte Austausch von Schriftstücken ruhte, was die Verhandlungen weiter verzögerte. Preußen verkehrte nicht mit dem Kommissions- vorsitzenden, sondern richtete seine Schreiben nur an Braunschweig, das sie dann nach Stade weiterleiten mußte. Wegen dieses freundschaftlichen Verkehrs zwischen Berlin und Braunschweig kam es sogar zu kleinen Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Braunschweig, weil letzteres dem Könige in Preußen die Mecklenburgische Titulatur zubilligte. Der Kaiser gestattete nämlich den Titel auch nicht, und da Braunschweig und Schweden in kaiserlicher Kommission zusammengetreten seien, sei auch, wie Schweden ganz folgerichtig meinte, die beim Kaiser übliche Anrede zu gebrauchen.

Braunschweig-Wolfenbüttel befand sich in keiner beneidenswerten Lage. Es kam allen preußischen Wünschen sehr entgegen; mehrfach beklagte sich Hannover über diese Haltung und gab am 25. Juli 1710 an Baron Grote in Hamburg sogar Anweisung, er solle sich mit dem kaiserlichen Residenten von Schönborn daselbst und mit dem schwedischen Gesandten von Lilienstedt in Verbindung setzen und dem Eintreten Braunschweigs für Preußen entgegenwirken. Andererseits war Braunschweig die rein deutsche Macht im Kreisdirektorium, berufen die Interessen der Mitglieder des Kaisers, also auch Nordhausens, wahrzunehmen. Kompliziert wurde diese Stellung Braunschweigs noch dadurch, daß Preußen und Hannover mit größerem Länderkomplex am Niedersächsischen Kreise beteiligt waren als die dirigierenden Staaten Schweden und Braunschweig und beide Rivalen in die Kreisdirektion hineinstrebten.

Cassel war am unbeteiligsten; es unterzog sich dem Auftrage des Kaisers nicht gern. Zunächst erhob es deshalb Einspruch gegen den Ort der Verhandlungen. Schweden wünschte sie nämlich in Hamburg; Braunschweig und Cassel waren für eine der beiden anderen Freien Reichsstädte des Kreises, für Goslar oder Mühl- hausen. Als man sich dann endlich auf Hamburg als Tagungsort geeinigt hatte, ergaben sich wieder Schwierigkeiten mit der Zustellung des gesamten Aktenmaterials. Eafsel erhielt es von Stade nicht rechtzeitig für Durcharbeitung, wurde ungeduldig und drohte mit Rücktritt. Noch im März 1710 hieß es, Cassel werde sich gar nicht an der Kommission beteiligen. Erst als auf diese Drohung hin Güldenstem den Geschäftsgang beschleunigte, fand sich Ende März endlich die Kommission zusammen. Am 31. März konnte Braunschweig den beiden Prozeßgegnern Preußen und Nordhausen als Ort Hamburg, als Termin den 9. Mai bekanntgeben. Nordhausen ließ sich durch Hoffmann vertreten; seine Instruktion lautete vom 29. April. Doch Hoffmanns mit vielen Kosten verbundene Reise nach Hamburg war vergeblich, weil Preußen nicht erschien. Er konnte deshalb nur mit dem kaiserlichen Residenten Schönborn Fühlung nehmen. Schönborn ließ sich am 17. Mai an die schwedische Regierung verlauten, daß er „dessen (Hoffmanns) gescheute Aufführung und gute Conduite billig zu loben habe.“

Preußen wollte zunächst einmal Zeit gewinnen. Es sah ein, daß sein Ansehen gefährdet war, wenn es vor einem Schiedsgericht, von einer kleinen Stadt gewissermaßen angeklagt, auf der Armensünderbank sitzen müßte. Es nahm deshalb direkte Fühlung mit Hannover auf; außerdem rief es England und Holland zu Hilfe. Doch es bereitete sich damals schon der große Umschwung in der auswärtigen Politik Englands vor, der zum Sturze der Partei Marlboroughs führte; man drängte auf Beendigung des Krieges und hatte deshalb kein allzu großes Interesse mehr an preußischen Kriegsvölkern. Jedenfalls aber versuchte Preußen alles, um Zeit zu gewinnen. Dazu diente ihm auch das Ausspielen der einzelnen Organe des Reiches gegeneinander. Das war ja im alten Reiche überhaupt ein beliebtes Mittel. Wie Nordhausen, je nach dem, sich an den Kaiser oder den Niedersächsischen Kreis oder an einen Reichsstand, an Hannover, oder auch an alle Stände beim Regensburger Reichstage oder an den Reichshofrat oder, wenn der versagte, an das Reichskammergericht in Wetzlar wandle, so betonte jetzt am 15. April 1710 Preußen, es wolle ja gern vor der Kommission erscheinen, aber Nordhausen habe alles beim Kaiser und beim Reichshofrat anhängig gemacht, weshalb Preußen nun auch seine Sache in Wien führen möchte. Dabei bezog sich Preußen auf seinen Brief vom 25. Februar an den Kaiser, der wesentlich unter dem Gesichtspunkt abgefaßt war, der Reichshofrat sei im Streite um die Helmeflur gar nicht zuständig, und deshalb hätte auch gar keine Kommission angeordnet werden dürfen. Da der Hofrat diesen Einwand nicht gelten ließ, sondern den Brief einfach zu den Akten genommen hatte, warf Preußen dieser Behörde Parteilichkeit vor, weil er ständia zwar Nordhausen, nie aber Preußen höre. Da er auf die Vorstellungen der einen Partei nicht eingegangen sei, könne diese sich auch nicht der Kommission stellen, die durch den Kaiser und den Reichshofrat eingesetzt sei.[32]

Ein Hinausschieben des Verhandlungstermins wünschte Preußen aber auch, weil Thomasius noch nicht mit seinem Gutachten bereit war. Er hatte eben erst sein Gutachten über die Zugehörigkeit der Helmeflur abgefaßt; jetzt wurde ihm die Aufgabe, das Material für den ganzen Prozeß bereitzustellen. Dabei hatte er jetzt, nach dem Tode Strycks Dekan der Juristenfakultät, auch in Halle vermehrte Amtsgeschäfte zu erledigen. Auch kam es ihm, wie immer, nicht auf die Behandlung des Einzelfalles an, sondern er wollte das Grundsätzliche herausarbeiten. So ließ er sich am 5. August an Ilgen vernehmen: Er könne sich nicht mit allem beschäftigen. Von Plotho solle die Deduktion machen, was das Schulzenamt, die Vogtei und die Schutzherrlichkeit angehe. „Mein Zweck geht dahin, daß ich durch die unter Händen habenden speciem facti einmal für allemal denen zu diesem Werk künftig zu brauchenden Ministris eine Mühe und etliche Monat Zeit erspare, die sie sonst würden anwenden müssen, sich aus perlustration derer in etliche Rieß Papier bestehenden Akten eine völlige Idee von dieser intrigierten Sache, soviel der Schutz, die Reichsvogtei und das Schultheißenamt betrifft, zu machen, und daß sie durch perlustrierung dieser von mir verfertigten species facti darzu in einem Tage gelangen können.“ Er schließt mit der Bemerkung, Röpenack sei mit einem Aufsatz beschäftigt über das, was Preußen vielleicht nachlassen könne, um zum Ausgleich zu kommen. Der Verhandlungstermin müsse verlängert werden.[33]

Die rein wissenschaftliche Arbeit als Gelehrter und als Docent an der Universität lag Thomasius vor allem am Herzen. Als kontemplative und nicht aktive Natur war sein Arbeitsseld die stille Studierstube, er sträubte sich gegen Aufträge, die ihn an die Öffentlichkeit zogen, wo er dem Verhandlungsgegner Auge in Auge gegenüberstand. Auf königlichen Befehl hatte er, wenigstens als Gutachter, ja schon einmal Nordhausen aussuchen müssen. Jetzt wünschte ihn Ilgen auch als Mitvertreter Preußens vor der kaiserlichen Kommission zu haben. Er lehnte diese Berufung ab, weil sein eigentliches Arbeitsfeld die Universität sei und diese durch seine sonstige Tätigkeit nur Schaden erlitte. Thomasius war ein Mann, dem Ehrgeiz, ja Eitelkeit durchaus nicht fremd war, der aber seine eigene Natur und ihre Stärke und Schwäche zu gut kannte, als daß er sich auf ein Tätigkeitsfeld, und wenn es glänzender als das eines Universitätsprofessors war, begeben hätte. Die ganze Situation in Halle beleuchtet sehr schön ein weiterer Brief Thomasius' an Ilgen vom 12. August: In Halle sei Professor Stryck gestorben. Daher müßten er und die anderen Professoren um so mehr für die Universität sorgen. „Wie aber dies am füglichsten geschehen wird, wenn wir Professores insgesamt fleißig und verträglich sind, auch mit guten Exempeln denen Studierenden vorgehen, also will guter Rat dabei vonnöthen sein, wie man die kleinlichen Anschläge und Intentionen der Uebelgesinnten, die sich äußerlich als Freunde anstellen, ableine, worunter ich billig die rechne, die allhier eine schon ziemlich ausgebreitete Sage publicieren und vermutlich auch an andere Oerter schreiben, daß ich künftig zu Lektionibus publicis et privatis item zu Disputionisbus nicht viel Zeit übrig haben würde, indem S. Kgl. Majestät intentioniert wären, mich zur Direction derer Domänen-Commission, zu der zu Goslar angestellten Reichskommission wegen der Nordhäusischen Affären und zu anderen Negotien, die nur viele Reisen oder andere Distractiones und folglich viele Interruptiones Studiorum verursachen würden, zu gebrauchen.“ Bei solchen Gerüchten würde die studierende Jugend von Halle fortbleiben. Sein Ordinariat erfordere einen ganzen Mann. Er sei untauglich zu anderen Aufgaben, könne nicht mit von Plotho nach Goslar gehen „zu schweigen, daß ich mir getraue selbsten zu tractieren, sondern allezeit anderen übergebe“. Er bäte deshalb, ihn weder zum Mitglied der Domänen-Commission zu machen noch ihn nach Goslar zu schicken.[34]

Trotz dieser Ablehnung entzog sich Thomasius natürlich nicht den Besprechungen, die er notwendig mit Plotho und Röpenack haben mußte. Sie fanden im Juli 1710 statt, und Röpenack drängte dabei, nochmals den Versuch zu machen, gütlich mit Nordhausen zu verhandeln. Er machte deshalb von Halle aus am 18. Juli nach Berlin hin den Vorschlag, Plotho, Thomasius und er wollten nach Nordhausen zur Flurbesichtigung fahren. Thomasius nehme ja schon in der Frage des Bierausschankes einen Nordhausen günstigen Standpunkt ein, vielleicht sei er der richtige Mann, um zwischen Preußen und Nordhausen doch noch zu vermitteln.

Röpenack verkannte dabei sowohl Nordhausen wie Thomasius. Er sah noch immer nicht, daß Nordhausen in keiner Beziehung nachgeben wollte, und er sah nicht, daß Thomasius nicht etwa eine weiche und nachgiebige Natur war, weil er sich in einem Falle auf die Seite Nordhausens gestellt hatte, sondern daß er nur ein Mann von höchstem, unbestechlichem Rechtsgefühl war. Wir werden sehen, daß Thomasius in anderen Fragen Preußen gerade zur Unnachgiebigkeit aufforderte.

Ueberhaupt war Thomasius mit Röpenack als juristischem Beirat nicht recht zufrieden. Röpenack war ein recht brauchbarer Verwaltungsbeamter, sah aber bei rein rechtlichen Aufgaben nicht scharf genug, worauf es ankam. „Hofrat Röpenack hat seiner Majestät Intentionen gar nicht begriffen“, klagte Thomasius. Dennoch leisteten die drei in Halle Beratenden gewissenhaft ganze Arbeit, und so sehr auch Ilgen aus Berlin drängte, — es wurde nichts überhastet, alles Material herangezogen, jeder Punkt erörtert, für jeden Einwand eine Widerlegung gesucht. Es hatte sich schon herumgesprochen, daß der berühmteste Rechtslehrer seiner Zeit für Preußen in der Nordhäuser Angelegenheit zu Rate gezogen sei. Die kaiserlichen Kommissare fragten sich ängstlich, ob wohl Thomasius selbst Preußen vor der Kommission vertreten werde. Denn jeder war der Ansicht, daß seine Ausführungen wesentlich die Entscheidung beeinflussen würden.

Thomasius selbst kam es neben anderem besonders darauf an, nachzuweisen, daß der Kaiser gar keine Kommission gegen Preußen hätte ernennen können, wenn er recht unterrichtet worden wäre. Er wollte den Beweis führen, daß die Behauptungen Nordhausens, auf Grund deren die Kommission ernannt worden war, auf ganz falschen Voraussetzungen beruhten.[35]

Preußen gab weder politische noch arbeitstechnische Gründe an für die von ihm immer wieder beantragte Hinausschiebung des Termins, sondern verschanzte sich nur dahinter, es könne den Prozeß nicht genügend vorbereiten, da ihm die kaiserliche Kommission nicht sämtliche Akten überlassen habe. Schließlich verlangte es sogar, um Zeit zu gewinnen, die Abschrift sämtlicher Akten. Das war unmöglich; aber Preußen erreichte dadurch doch eine Verlegung des Verhandlungstermins vom 9. Mai auf den 17. Juni und dann auf den 27. Juni. Doch auch damit war Preußen noch nicht gedient, so daß Schweden und Hessen-Cassel ungeduldig und schließlich unwillig wurden. Doch Braunschweig anerkannte die preußischerseits angeführten Gründe und setzte schließlich sogar auch das Verlangen Preußens durch, daß in Goslar und nicht in Hamburg verhandelt wurde. Hier wollte man am 15. September zusammenkommen. Doch auch für diesen Termin versagte sich Preußen. Andererseits drängte Nordhausen, das schon im Mai pünktlich in Hamburg angetreten war, dem ansehnliche Kosten aus seiner Vertretung vor der Kommission erwachsen waren, das vor allem aber den günstigen Schiedsspruch haben wollte, um vom preußischen Joche befreit zu werden, — andererseits drängte Nordhausen auf beschleunigte Prozeßführung. Schließlich führte es als Druckmittel sogar an, daß keine Kreistagung, an der ja Preußen so viel gelegen war, stattfinden könne, ehe nicht die kaiserliche Kommission gesprochen und einen friedlichen Zustand im Kreise hergestellt habe, eine tatsächlich erhebliche Herausforderung, die Ilgen am 2. August „ein impertinentes Begehren“ nannte. Daß Nordhausen nichts sehnlicher wünschen mußte als den Beginn der Kommissionssitzungen, ging ja schon aus der kaiserlichen Verfügung hervor. Denn selbst im für Nordhausen ungünstigsten Falle, den vielleicht der große Thomasius durch sein Eingreifen herbeiführen konnte, mußte laut kaiserlichen Befehls die Kommission doch zunächst beschließen: ad evacuandum et restituendem nostram Civitatem in praestinum statum.[36]

Bei allen Klagen oder Wünschen Nordhausens stand Hannover der Stadt treulich zur Seite. Es ließ sich nicht verdrießen, für die Berechtigung selbst der geringfügigsten, ja kleinlichsten Beschwerden einzutreten, so, wenn es Braunschweig am 18. Oktober daran erinnerte, daß Nordhausen durch den großen Brand in solche wirtschaftliche Not gekommen sei, daß die arme Stadt die Ausgaben für den braunschweigischen Kommissar nicht werde tragen können. Eine gewisse Bevorschussung mußte Hannover sowieso leisten, denn die Kassenbestände Nordhausens waren in der Tat arg zusammengeschmolzen.

Die Einsetzung der kaiserlichen Kommission, hinter der keine reale Macht stand, ihr Zustandekommen, ihre Kompetenzen, ihre Vorverhandlungen, der Versuch der Beeinflussung sowohl von Seiten des Klägers wie des Beklagten, der Verkehr der deutschen Staaten untereinander und mit den verschiedenen Organisationen des Reiches müssen uns heute grotesk anmuten. Damals nahmen aber nicht nur die kleinen, schwächlichen Reichsstände wie Nordhausen, denen die Einrichtungen des Reiches letzten Halt, ja letzte Daseinsberechtigung gaben, diesen ganzen Aufwand ungeheuer ernst, sondern — mindestens bis zu einem gewissen Grade — auch die größten Reichsstände wie Preußen. Umsonst tras dieser Staat nicht so außerordentliche Vorbereitungen, die nichts außer acht ließen und den Vorgängen und Abmachungen in grauster Vorzeit nachspürten. Auch daß beide Teile jeden kleinsten Uebergriff, der sich noch kurz vor der Eröffnung der Verhandlungen ereignete, der Mitteilung an die Kommission für wert hielten, beweist, wie wichtig man doch diese kaiserliche Kommission nahm.[37]

Am ängstlichen war der preußische Hofrat und Schultheiß Röpenack. Er hatte alle Anordnungen in Nordhausen getroffen, und wenn das auch auf Befehl seiner vorgesetzten Behörden in Ellrich oder Berlin geschehen war, man konnte ihn doch vielleicht als Sündenbock in die Wüste schicken, wenn die Kommission in Goslar sein Vorgehen verdammte. Röpenack war es deshalb, der sich drehte und wendete und nach einem Ausweg suchte, wie man wohl um die Verhandlungen herumkommen könne. Er war es, der von Plotho und Thomasius immer wieder vorschlug, man möchte doch noch einmal einen Versuch zu gütlicher Einigung machen, von deren Mißerfolg er, der ja nun ein Jahrzehnt die regierenden Herren in Nordhausen und ihre Methoden kannte, selbst am meisten überzeugt sein mußte. Ihm entgegen stand Thomasius, der der Ansicht war, von einem Vergleich könne nun nicht mehr die Rede sein. Die rechtlichen Verhältnisse lägen so, daß Preußen durchaus bestehen könne.[38]

Mochte der Fall Nordhausen contra Preußen aber liegen, wie er wollte, — wir wissen, daß machtpolitische Probleme nie rechtlich, sondern immer machtpolitisch gelöst werden. Und was Preußen und Nordhausen auszumachen hatten, gehörte ganz in das Gebiet der Machtpolitik. Deshalb mußten auch die Verhandlungen der Kommission, als sie endlich am 28. Oktober 1710 in Goslar begannen, zum Scheitern verdammt sein. Goslar hatte sich zur Ausnahme der kaiserlichen Kommission wohl gerüstet. Aus dem Rathause wurden mehrere Gemächer zur Abhaltung der Sitzung bereitgestellt. Joh. Günther Hoffmann, Nordhausens Vertreter, wurde in der befreundeten Reichsstadt gar freundlich ausgenommen; am 3. November ging Nordhausens Dank dafür an Goslar.[39]

Nach dem Empfang waren unendliche Formalitäten zu erledigen, die Titulaturen mußten festgestellt, die Plazierungen der Kommissare und der vorgeladenen Parteien vorgenommen werden. Schweden-Bremen führte den Vorsitz, es hatte Georg Eberhard von Engelbrecht entsandt, Braunschweig war durch Iobst Heino von Heimburg vertreten, Hessen-Cassel durch den alten Wilhelm Vultejus. Der Vertreter Preußens war Geheimrat Ludwig Otto von Plotho, ihn unterstützte Regierungsassessor Riemann; Christian Thomasius hatte es durchgesetzt, daß er nicht nach Goslar zu gehen brauchte.

Nordhausens Schicksal lag in der Hand des einstigen Rechtsanwaltes, jetzigen Bürgermeisters Joh. Günther Hoffmann.[40]

Die Präliminarien hatten solange gedauert, daß erst am 4. November der erste Verhandlungstag war. Von Plotho überreichte sogleich ein Memorial, das aber von der Kommission zurückgewiesen wurde. Darauf betonte er, er habe Befehl, vor der Eröffnung Verwahrung gegen das ganze Verfahren einzulegen, da die Einsetzung der Kommission auf falschen Voraussetzungen beruhe. Der Vorsitzende, Herr von Engelbrecht, erwiderte darauf, die Kommission sei ordnungsgemäß vom Kaiser berufen worden, habe sich nach langen Verhandlungen endlich konstituiert; sie müsse nun die ihr vom Kaiser zugewiesene Aufgabe durchführen. Von Plotho gab sich mit dieser Erklärung zufrieden.

Die weiteren Auseinandersetzungen an diesem Tage Verliesen völlig unbesriedigend. Am Schluß von längeren Ausführungen Hoffmanns erklärte von Plotho, die mündlichen Verhandlungen führten zu Unzuträglichkeiten, es stehe auch dem Könige von Preußen nicht an, so mit einem Vertreter Nordhausens auf gleichem Fuße zu verhandeln. Er bäte deshalb für die weitere Führung des Prozesses um schriftliches Verfahren. Diesem Anträge schloß sich die Kommission an und hatte sich damit für unendliche Weitläufigkeiten entschlossen.

Die lange Zeit vom 5. bis 19. November ging mit formalen Einwänden Preußens hin. Es handelte sich vor allem um die exceptio incompetentiae der Kommission und darum, daß Preußen Hoffmann als Vertreter Nordhausens wegen der ihm mitgegebenen Instruktion beanstandete. In dieser Instruktion stand nämlich, „es werde ihm alles verstattet, was er zu der Stadt Bestem tun und verrichten werde“. Was sollte das heißen: „zu der Stadt Bestem tun“? Tat Preußen nicht alles zum Besten Nordhausens?

Endlich am 19. November war man so weit, daß die Kommission alle Einsprüche zurückgewiesen hatte und zur Sache selbst kam. Preußen sollte Stellung nehmen zu drei Punkten: 1. Es solle alles in den vorigen Stand setzen; in erster Linie sollte es die Truppen aus der Stadt nehmen. 2. Die Jura der Reichsämter sollten untersucht werden. 3. Wegen der strittigen Punkte sollten die beiderseitigen Fundamente gehört werden.

Da dem Vertreter Preußens nichts daran lag, auf den Punkt 1 einzugehen, schob er wieder Formalia vor. Erst am 25. November ließ er sich dahin aus, in der Erklärung vom 19. November sei einiges, was gegen den Respekt seines Kgl. Herrn sei. Er werde noch schriftlich auf das Kommissionsdekret vom 19. November antworten. Das geschah schließlich am 29. November, ohne daß er irgendwie zur Sache Stellung genommen hätte.

So erging dann am 2. Dezember von der Kommission an die preußischen Vertreter der Hinweis: „Sollten aber die preußischen Gevollmächtigten bei ihrer ganz ungewöhnlichen Methode konti- nuieren wollen“, so müßten die Delegierten an den Kaiser und ihre Principale Bericht erstatten.

Endlich am 5. Dezember versuchte in mündlicher Verhandlung der schwedische Vorsitzende die Behandlung von Punkt 1, Abzug der preußischen Truppen, zu erzwingen, mußte aber auch sogleich wieder merken, daß der kaiserliche Auftrag unausführbar war. Die Kommission sragte, ob Preußen dem kaiserlichen Befehle nachkommen wolle; Hoffmann betonte, es könne überhaupt nicht weiter verhandelt werden, ehe nicht der Befehl „alles in den alten Stand zu setzen“, ausgeführt sei. Plotho replicierte jedoch, über diesen Punkt 1 könne man erst zuletzt verhandeln. Die Truppen seien nur zum Schutze der Ausübung der Aemter da. Erst müsse daher festgestellt werden, welche Gerechtsame zu den Aemtern gehörten, dann könnte man den Abzug der Truppen erwägen.

So ging es in Erklärung und Gegenerklärung fort bis zum 19. Dezember, wo beide Parteien morgens um 9 Uhr nochmals vorgeladen waren. In dieser Sitzung war Preußen nur durch Riemann vertreten. Nordhausen versuchte dadurch eine Behandlung des ersten Punktes durchzudrücken, daß es bat, man möchte auf seine einzelnen Beschwerden eingehen und daran feststellen, wie weit man von dem einstigen Zustande unter der Einwirkung Preußens abgekommen sei. Riemann aber legte die Unmöglichkeit, in dieser Form vorzugehen, dar, indem er meinte, zu solchen Feststellungen müßte Preußen erst die Aussagen der hohenstein- schen Beamten einfordern. So blieb nichts weiter als eine Schlußresolution der Kommission übrig:

Die Kommission hat versucht, die kaiserlichen Edikte vvm 17. August und 19. September 1709 durchzuführen. Der Versuch ist gescheitert. Nordhausen verlangt immer wieder, erst müßten die Truppen zurückgezogen werden, dann sei es zu gütlicher Einigung bereit, Preußen dagegen nehme den Vergleichsvorschlag vom 25. März 1706 zum Ausgang und wolle die Truppen zunächst in der Stadt belassen.[41] Die Kommission sieht nicht, wie sie weiterkommen kann. Sie wird dahingehend ihre Souveräne unterrichten und denen die weiteren Entschließungen anheimstellen.[42]

Dieser Resolution wurde am 20. Dezember noch eine Relation angehängt: Der preußische Gevollmächtigte hat keine Erklärung zur Sache abgegeben. Statt dessen ist am 29. November eine rechtliche Vorstellung eingegangen, in welcher nur nichtige Ein- würfe enthalten sind: wegen der Legitimation der Delegierten, ferner ein Protest, weil man die Legitimation Hoffmanns für hinreichend gehalten habe, und endlich ein Protest gegen die Art der Verhandlung, weil man die Hauptsache zu frühzeitig angegriffen habe.

Als ein geringfügiger, aber sprechender Zug dafür, daß dem Römischen Reiche jede Mittel fehlten, auch nur das Unbedeutendste anstandslos zu regeln, sei vermerkt, daß am Schlüsse der Sitzung auch die Frage auftauchte, wer die Kosten für die Kommission zu bestreiten habe. Man hatte zwei Monate lang verhandelt, hatte nicht schlecht gelebt, hatte vom 19. bis 21. November die Arbeit auch einmal durch eine Besichtigung der Zellerfelder Bergwerke, d. h. durch eine Vergnügungsreise, unterbrochen, wobei die kostbarsten Mahlzeiten und Getränke in ungeheurer Fülle verkonsumiert wurden.[43] Als nun die Frage der Bezahlung auftauchte, fand sich keiner, der sie übernehmen wollte. Preußen lehnte rundweg alles ab, da es nicht die Veranlassung zu der Kommission gegeben habe. Hvffmann, den die Kommission an die „aufgegangenen Reise-, Zehrungs- und andere Kosten“ erinnerte, meinte, er erinnere sich wohl daran, habe deswegen auch schon eine Umlage unter der Bürgerschaft Nordhausens erheben wollen; wegen der preußischen Besetzung und wegen des Brandschadens sei aber noch nichts eingegangen. Später ließ dann Nordhausen an jeden Delegierten 100 Taler auszahlen, an jeden Sekretär 10 Taler, um „Erkenntlichkeit einigermaßen zu zeigen“.

Die Auffassung, die man damals von dem Stande der Dinge hatte, kennzeichnet am besten der Bericht, den von Heimburg seinem Herzoge Anton Ulrich von Braunschweig am 22. Dezember zukommen ließ: Der Zweck der Kommission ist nicht erreicht. Heimburg hat versucht, die beiden Mitkommissare zu überreden, dennoch weiterzuverhandeln. Beide haben abgelehnt; erst später, wenn sich neue Verhandlungsgrundlagen ergeben hätten, könne man weiter- sehen. Preußen mußte mitgeteilt werden, es müsse die Sache mit größerem Ernste betreiben. Nordhausen ist zu gütlicher Einigung nur bereit nach der Wiederherstellung des alten Zustandes. Man hat verabredet, am 18. Februar 1711 wieder zusammenzukommen. Im übrigen ist die Kommission „mit vielen irrelevanten, nur zum Aufenthalt der Sache gereichenden Weitläufigkeiten von den preußischen Gevollmächtigten amüsieret.“ Privatim hat der schwedische Abgesandte Herrn von Plotho gesagt, wenn der Grund, die Besatzung herauszunehmen, nur die Befürchtung sei, Hannover könne Truppen hineinlegen, so habe er Vollmacht zu erklären, daß Hannover das nicht im Sinne habe. Ferner hat man Preußen vorgeschlagen, es möchte doch die Aemter so verwalten, wie ein 1655 in Alm erschienener Druck die Kompetenzen von Vogtei und Schulzenamt umgrenzt.[44] Das hat Plotho abgelehnt. Von Plotho hat von einem Sequester gesprochen. Hinsichtlich des Streites um die Aemter ist augenblicklich kein Ausgleich möglich. Alle drei Kommissare haben das Gesühl, daß Preußen Weiterungen mache, damit aus der Sache nichts werde, es aber Gelegenheit habe, der Welt seine Willigkeit zu beweisen.[45]

Obwohl die Kommission am 18. Februar wieder zusammentreten wollte, war man doch allerseits unlustig. Güldenstern erklärte, er könne schwedischerseits nur dann noch einmal einen Delegierten entsenden, wenn die Kommission von vornherein den Abzug der Truppen und die Rückgabe der Feldmark verfüge. Dann müsse sofort über die Ausdehnung der Aemterbefugnisse gesprochen werden. Da Schweden nicht brieflich mit Preußen verkehre, solle Braunschweig diese Bedingungen an Preußen weitergeben.[46]

Auf diesen Vorschlag Schwedens erwogen die Kommissare ein gemeinsames Schreiben an Preußen. Doch war hinterher Hessen-Cassel wieder mit einigen Ausdrücken in diesem Schriftstücke nicht einverstanden. So zogen sich die Verhandlungen allein darüber schon bis über den 18. Februar hinaus. Unterdes hatten aber noch unten zu besprechende Ereignisse alles überholt. Deshalb schrieb auch die schwedische Regierung am 18. März: Alle Vorstellungen bei Preußen seien „verlorene Zeit und Mühe und werde solches schwerlich einige andere Frucht noch Folge haben, als daß die gute Stadt unter der Oppression desto länger werde erliegen müssen.“ Dieser Ansicht schlössen sich trotz eines Schreibens des preußischen Königs Braunschweig und Hessen-Cassel an.

Am 10. April 1711 sandte die Kommission dem Kaiser ihren Bericht ein. Er war für Preußen sehr ungünstig. Preußen habe den Termin für die Sitzungen dauernd hinausgezögert; daherseiman erst im November 1710 zu Verhandlungen gekommen. Nach Schilderung der Beratungen wird darauf hingewiesen, daß Preußen noch während der Kommissionssitzung neue Vergewaltigungen der Reichsstadt vorgenommen habe, denen dann am 5. März 1711 eine neue Besetzung der Stadt die Krone aufgesetzt habe. Die Kommission stellte anheim, was der Kaiser nun zur Abstellung „der erbarmungswürdigen Bedrückung“ tun wolle.

Damit wurden die Akten über die kaiserliche Kommission geschlossen, und als am 17. April 1711 Joseph I. starb, dachte keiner mehr an den kaiserlichen Auftrag.[47]

Schon seit dem November 1710 hatten Hannover und Preußen den einzigen Weg beschritten, der Erfolg haben konnte, nämlich den der direkten Verhandlungen über das Schicksal Nordhausens. Georg Ludwig ließ sich von seinen Geheimen Räten genau unterrichten, worum sich eigentlich die Beschwerden Nordhausens gegen Preußen drehten. Diese führten 14 Punkte auf: 1. Nordhausen habe nie einen Erbschutz, sondern immer einen Wahlschutz besessen. 2. Preußen habe die Aemter eher in Anspruch genommen, als die Pfändungszeit abgelaufen sei. 3. Nordhausen sei mit Gewalt eingenommen worden. 4. Das Rathaus sei mit Gewalt aufgebrochen worden. 5. Preußen habe die Aemter nicht wie Sachsen verwaltet, sondern 6. die Einwohner mit Gewalt vor die Gerichte geschleppt. 7. Die Gerichte maßten sich alle Rechtsprechung unter Ausschluß des Rates an. 8. Alle Cognition in Polizeisachen und Ecclesiasticis sei dem Rate genommen. 9. Die freie Ratswahl sei behindert. 10. Der Scheffelpfennig sei ans Schulzenamt gezogen worden. 11. Die Zölle seien erhöht. 12. Die Braunahrung sei beschränkt worden, indem man Wossleber Bier eingeführt habe. 13. Mühlen, die Vorstadt, die beste Feldmark sei ohne Recht als Pertinenz der Herrschaft Clettenberg entwendet. 14. In Goslar suche man die Restitution durch Einwendungen zu hindern.

Trotz der Schwierigkeit des Falles und trotz der Schwere der preußischen Eingrifse machten sich überall, wo die Residenten der beiden Staaten gemeinsam zu arbeiten hatten, im Haag, in Regensburg, in Hamburg, die Vertreter der Staaten an die Arbeit, um zum Ausgleich zu gelangen. Zwei versöhnliche Briefe, welche die Souveräne am 20. und 29. November 1710 wechselten, schienen Annäherung zu bringen. An Truppen hatte Preußen nur noch einen Kommandeur, einen Leutnant, 5 Unteroffiziere, 2 Tamboure und 50 Mann in der Stadt, und es wollte auch diese demnächst herausziehen, da Hannover das Versprechen gab, die Stadt nicht seinerseits zu besetzen. Einig wurde man sich noch nicht wegen der Ausübung der Jura. Preußen verlangte grundsätzlich keine Beeinträchtigung seiner Rechte; d. h. es wollte auch weiterhin die Gerechtsame der Aemter in seiner Weise auslegen; Hannover wünschte den Schiedsspruch des Kaisers darüber.

Da man hier keine Einigung fand, wurde der Ton wieder reservierter. König Friedrich in Preußen schrieb am 27. Dezember 1710 an den Kurfürsten: „Das (Verlangen des kaiserlichen Schiedsspruches) sinde ich sehr dur“; und am 10. Januar 1711 war man schon wieder bei der beliebten Methode des Hinhaltens angelangt. Preußen lehnte weitere direkte Verhandlungen ab und wollte abwarten, was bei der Goslarer Kommission herauskomme. Da beide Teile wußten, daß dabei gar nichts herauskam, hieß der Verweis Preußens auf die Kommission, daß es keinerlei Veränderungen des bisherigen Zustandes herbeizusühren wünschte. Der hannöversche Resident Heusch in Berlin meinte deshalb am 24. Januar 1711: „Man bleibt bei der alten Leier“.[48] Um nicht ganz unhöflich abzubrechen, sandte Preußen Geheimrat von Plotho von Magdeburg nach Hannover. Dieser unterhielt sich mit den hannö- verschen Ministern auf das Entgegenkommendste. Man fand wegen der Aemter auch die Formel, Preußen solle sie provisorisch verwalten, bis untersucht sei, „wie weit das Exercitium der Königlichen irir-iurir zu erstrecken und sortzusühren sei“. Die Zollstreitigkeiten und anderes glaubte man leicht erledigen zu können. Doch nun verlangte Preußen die Helmeflur als „Pertinenz“ von Llet- tenberg zu behalten; es schien auch hier etwas entgegenzukommen, indem es nicht „pr-oprLetatein der Felder“, sondern nur „gewisse Jura“ behalten wollte. Doch man mochte die Absichten Preußens umschreiben, wie man wollte, — die Formulierungen konnten doch nicht den Wunsch Preußens verdrehen, die Landesgrenze bis unter die Mauern Nordhausens auszudehnen. Das wollte wiederum Hannover nicht zugestehen und ebenso wenig, daß Preußen das Patronatsrecht über die Altendorfer Pfarre beanspruchte.

So war die Verhandlung sehr verbindlich geführt, fie schuf aber doch keinerlei bindende Abmachung. Daher kam auch der Resident Heusch dem Minister Ilgen gegenüber nicht weiter. Am 24. März 1711 schrieb Heusch, es bestände keine Möglichkeit einer Uebereinkunft, weil Preußen seine Truppen nicht eher fortnähme, ehe nicht die Jura völlig gesichert seien. Andererseits ließ am 25. Oktober 1711 Georg Ludwig aus Göhrde klipp und klar seinem Geschäftsträger in Berlin wissen, daß Hannover weiterhin Preußen in Nordhausen nicht dulden könne. Die Aussprache war also steckengeblieben, und die Dinge wurden auch das ganze Jahr 1712 hindurch nicht vorangebracht.[49]

Es war vor allem die politische Entwicklung außerhalb Nordhausens, die den Ausgleich verhinderte. Die Jahre 1711 und 1712 waren geladen mit Spannungen. Die beiden großen Kriege im Westen und Osten Deutschlands hatten längst ihren Höhepunkt überschritten, man fühlte das Ende, es winkte die Beute, und nicht bloß die Feinde standen sich nun gegenüber, sondern auch die bisherigen Bundesgenossen bemißtrauten sich. Hannovers und Preußens Stellung zu beiden Kriegsschauplätzen war recht ähnlich: Gegen Frankreich hatten beide treulich dem Kaiser geholfen, im Nordischen Kriege war ihre Stellungnahme dauernd schwankend. Doch gerade der langsam zerfallende Nordische Krieg mußte sowohl in Hannovers wie Preußens Gebietsstand eingreifen. Westlich der Elbe winkten Bremen und Verben, östlich der Elbe Stettin und Stralsund als Beute. Außerdem versuchten beide norddeutschen Staaten die Wirrungen und Spannungen der Vorfriedensverhandlungen möglichst auszunutzen, um ungestraft hier und dort gewissermaßen am Wege liegende kleine Gebietsfetzen an sich zu reißen. Schon im Januar 1711 verbreitete sich in Nordhausen das Gerücht, hannöversche Truppen seien im Anmarsch auf die Stadt. Die kleine preußische Garnison stand deshalb in höchster Alarmbereitschaft. Es war ein blinder Alarm. Dann aber nahm im Februar 1711 Hannover die franzosenfreundliche Haltung des Hildesheimer Bischofs zum Vorwand, Hildesheim und Peine zu besetzen, und diesmal beließ Hannover, wenn auch vom Oktober an in geringfügiger Stärke, bis zum Jahre 1802 eine Besatzung in der Stadt Hildesheim.

Wir haben schon oben gesehen, wie empfindlich Preußen gegen die Ausdehnung Hannovers am Nordharzrande war, da ihm an dieser Linie zur Verbindung seiner Centrallande mit den westlichen Gebieten außerordentlich lag. Gern hätte es ja schon 1648 Hildesheim selbst in Besitz genommen. Jetzt verwahrte es sich sogleich in Wien, London und im Haag gegen das Vorgehen Hannovers und drohte sogar, alle seine Truppen aus den Kriegsschauplätzen des Spanischen Erbfolgekrieges abzuberufen und sie gegen den Niedersächsischen Kreis aufmarschieren zu lasten. Jedenfalls wollte es, wenn Hannover schon diese wichtige Stadt im Norden des Harzes besetzt hielt, auf keinen Fall Nordhaufen, diesen wichtigen Punkt am Südharzrande, preisgeben. Am 5. März ließ es Truppen marschieren und Nordhausen von neuem stark besetzen. Unter Führung des Generalmajors von Lethmat rückte ein Bataillon Infanterie, vor allem aber Artillerie in die Stadt ein. 10 Geschütze wurden auf dem Kornmarkte inmitten der Stadt massiert und standen ¾ Jahr daselbst immerwährend bereit, ein dauerndes Hindernis für Handel und Wandel. Ein weiteres Regiment in Magdeburg hatte Befehl zum Nachrücken. Die Nordhäuser Bürgerwehr wurde abermals entwaffnet. Das Zeughaus wurde erbrochen, die Nordhäuser Stücke, der Stolz der Bevölkerung, wurden herausgenommen und zur Verteidigung mitverwendet trotz der Versicherung der Nordhäuser, sie seien zu Kriegszwecken noch nie benutzt worden, sondern immer nur zu Fest- und Freudenschießen.

Wie ernstlich Preußen an einen Angriff Hannovers auf die Stadt glaubte, wird daraus ersichtlich, daß Lethmat anordnete, die ganze Stadt in Verteidigungszustand zu setzen. Mauern, Türme, Wälle waren ja ziemlich verwahrlost, hinderten aber doch eine schnelle Keberrumpelung. Dagegen waren im Osten und Südosten der Stadt der Frauenberg, die Neustadt und damit auch das angrenzende Rautenviertel sehr schlecht bewehrt und dadurch von dort aus die ganze Stadt gefährdet. Von Vielen her konnte man beinahe ungehindert in die Vorstädte kommen, sich dort festsetzen und von dort den Bering der eigentlichen Stadt bei den Iuden- türmen und am Rautentore forcieren. Daher befahl Lethmat, das Bielentor durch Pallisaden zu verstärken und „einige Linien“ zu ziehen. Er plante hier eine kleine „Fortreste“. Preußische Ingenieure weilten in der Stadt. Der Rat sollte mit Bauholz helfen und Bauhandwerker stellen. Alle diese Pläne entwickelte Lethmat am 7. März dem Rate; am 9. März ließ der Rat durch Dr. Georg Henning Behrens, den berühmten Arzt und Naturforscher, durch Sekretär Johann Martin Titius und durch den Ratsherrn Johann Christoph Krahmer schärfsten Protest gegen jede Veränderung im Weichbilde der Stadt einlegen. Die Besetzung Hildes- heims gehe sie nichts an, in eine Fortifikation, die nicht von ihnen ausgehe, könnten sie nicht einwilligen, Holz zu Pallisaden sei nicht vorhanden. Es stehe in ihrem Ratseide, daß sie nordhäusisches Geschütz an niemanden ausleihen dürsten, deshalb werde es freiwillig nicht herausgeben. Angeknüpft an diese Stellungnahme zur augenblicklichen Lage waren die alten Beschwerden wegen Einschränkung ihrer Reichsfreiheit. Lethmat verharrte auf seinem Standpunkte, die Schanzen müßten angelegt werden. Das Stückhaus habe er ösfnen lassen, weil er zunächst über die Nordhäuser Geschütze verfügen müsse. Dabei blieb es.

Die Stadt war geplagt genug. Aus dem Brande vom Jahre 1710 erstand soeben erst die Stadt neu, große Opfer mußten für die Neueinrichtung oder Instandsetzung der öffentlichen Gebäude gebracht werden. Dazu hatten die dauernden Prozesse, die Gesandtschaften und Vertretungen Unsummen verschlungen. 1710 hatte man aus der erhöhten Bereitwilligkeit Preußens und Hannovers zu einer Einigung Hoffnung geschöpft, dann verließ man sich wieder auf die kaiserliche Kommission. Und jetzt, wenige Monate später war die Lage schlimmer denn je. Die Erhöhung der Zölle, der Anspruch Preußens auf die Feldmark, die Fortführung des Getreides, der Streit um den Bierschank beeinträchtigten weiter Handel und Wandel. Jetzt brächte die erneute und verstärkte Besatzung neue Unruhe in die Stadt.

Am 10. März 1711 ging eine große Beschwerde an den Kaiser, die darlegte, daß sich die kaiserliche Kommission in Goslar wohl alle Mühe gegeben, daß aber Preußens Advokatenkniffe alles zu Schanden gemacht habe. Wirtschaftlich sei die Stadt ruiniert, 40.000 Taler hätte schon der Kampf gegen Preußen gekostet, sie hätten selbst Geld borgen müssen, um nur die 1500 Gulden für die Verhandlungen vor der Kommission in Goslar aufbringen zu können.

Aehnlich schrieb man an die kaiserliche Kommission zu Händen Schwedens am 7., am 21., am 25. März. Alle Klagen und Hilferufe waren vergeblich. Der Kaiser war, jung an Jahren, am 17. April 1711 gestorben. Die kaiserliche Kommission fand nichts als schöne Worte: Ermahnungen zur Standhaftigkeit, Ermahnungen, keinen Entschluß zu fassen, wodurch die Stadt bei Kaiser, Reich und Niedersächsischem Kreise schwere Verantwortung und „bei ihrer Posterität eine immerwährende Blame sich zuziehen würde;“ kurz Ermahnungen, nichts zu tun, was „der Reichsfreiheit abträglich sei“, bildeten allein den Inhalt des Antwortschreibens.[50]

Allerdings selbst die Ermahnungen konnten in der Stadt wohl ein wenig helfen. Während nämlich draußen in Niedersachswerfen der ewig rührige Hoffmann mit dem hannöverschen Amtmann Triseberg verhandelte, sammelte sich drinnen in der Stadt immer mehr Groll, Mißmut, Verzweislung an. Man hatte es unterlassen, das alte Stadtregiment von seinen Schäden zu befreien, und der Schultheiß Röpenack säumte nicht, den Bürgern immer wieder vorzuhalten, von was für unfähigen, durch Korruption zu Aemtern gekommenen Räten sie regiert würden. Aber immer zahlreicher ließen die Bürger doch auch ohne solche Einwirkung die Köpfe hängen, meinten, die kaiserliche Kommission habe versagt, man solle nicht länger widerstehen, sondern Preußen anerkennen. Röpenacks und Lethmats Versprechungen, daß die Stadt im Verbände des großen preußischen Staates aufblühen, „aller Commerz“ sich heben würde, begann Eindruck zu machen.

Unruhe wurde auch durch die kaiserliche Vakanz in die Stadt getragen. Vor der Neuwahl war zum Reichsvikar der Kurfürst von Sachsen, König von Polen Friedrich August II., der Starke bestimmt. Bald durchliefen Gerüchte die Stadt, Preußen werde sich nun mit Hilfe Sachsens, von dem es ja die Aemter erworben hatte, der Stadt völlig bemächtigen; oder es hieß gar, König Friedrich in Preußen selbst werde Römischer Kaiser, ein Gerücht, das nicht jeder Grundlage entbehrte, hieß es doch des öfteren, es müsse auch einmal ein Protestant Kaiser werden. Am 7. Mai 1711 suchte Georg Ludwig von Hannover, an den sich die Stadt unter dem 21. März, dem 30. April und dem 2. Mai gewandt hatte, alle Gerüchte als haltlos hinzustellen: Das Reich würde wohl sehr unglücklich sein, in dem nach dem Tode eines Herrschers ein jeder tun dürfe, was er wolle. Der Thron werde bald von neuem besetzt; soweit, wie manche sagten, „der König in Preußen werde und müsse Kaiser werden“, sei es noch nicht. Der Magistrat solle verkünden lassen, daß davon keine Rede sein könne. In ihrem Kampfe gegen Preußen trete keine Aenderung ein.[51]

Tatsächlich suchte Preußen aus der sächsischen Reichsstatthalterei Vorteile herauszuschlagen. Am 16. Mai 1711 wandte sich Friedrich aus Potsdam an August II., er möchte eine Kommission anordnen, vor der Preußen „den Ungrund aller Klagen erweisen werde“. Nur durch den Tod Josephs I. sei die Sache vor der alten Kommission unterbrochen worden. Preußen beanspruche nicht mehr, als Sachsen früher gehabt habe. Sachsen antwortete am 26. Juni ausweichend, und als am 24. Juli aus Nordhausen eine lange Beschwerde beim Reichsverweser eintraf, wandle sich am 12. August der sächsische Kurfürst aus Dresden an Preußen mit der Bitte, Preußen möchte „der armen in der Asche liegenden Stadt mit Generosität und Guttat aushelsen und nicht zu mehrem Seuszer Anlaß geben“.[52]

So blieb auch unter der Reichsverweserschast alles beim alten. Allmählich, besonders seitdem Hannover im Oktober 1711 den größten Teil seiner Truppen aus Hildesheim abberufen hatte, milderte auch Preußen wieder den militärischen Druck.

Die Entscheidungen draußen in der großen Welt standen immer näher bevor. Der Spanische Erbfolgekrieg ging zu Ende; Preußen hatte in ihm für das Reich und die Seemächte Großes geleistet, und jetzt ließ sich alles so an, als ob es wie einst 1678 und 1697 betrogen werden sollte. Da begann es, sich Frankreich und Schweden zu nähern. Hannover und mit ihm Graf Schön- born, der kaiserliche Resident in Hamburg und Landkomtur, streuten gegen Preußen übelste Verdächtigungen wegen seiner reichs- feindlichen Haltung aus. „Hannover läßt nicht nach, uns heimlich und öffentlich das gebrannte Herzeleid anzutun,“ ließ man sich in Preußen vernehmen.[53]

Dem Nordischen Kriege gegenüber, der damals alle Länder an der deutschen Nord- und Ostseeküste entlang entflammt war, war Preußen, das alle seine Truppen gegen Frankreich im Felde hatte, fast wehrlos. Polnische und russische Truppen von Osten her, dänische von Westen her bedrohten seine Grenzen. Mit Dänemark verbunden ging Hannover gegen Schweden vor: Bremen, Stade, Verben winkten als willkommene Beute. Am 7. Sept. 1712 eroberten die Dänen Stade. Hannover gewann an der Weser- und Elbemündung an Einfluß. Demgegenüber zeigte sich die preußische Politik schwächlich. Zwar war es endlich 1711 gelungen, den Günstling Wartenberg zu stürzen, der alternde König aber blieb ohne Entschluß. Nur wo sich der Einfluß des Kronprinzen bemerkbar machte, schien allmählich die Hilflosigkeit überwunden zu werden. Aber immer noch, statt große Aufgaben an- zupacken und um deswillen auch einmal Kleinigkeiten zu opfern, hielt Preußen ängstlich an jedem kleinsten Anspruch fest. Manchmal mutet es fast bettelhaft an, wie es desto heftiger und zäher um geringe Vorteile rang, wenn ihm die großen Erfolge versagt blieben. So war es im Frühjahr 1712, als es wirklich so aussah, als ob es um alles gebracht werden sollte, umso entschlosjener, die armselige Nordhäuser Beute zu verteidigen, und drohte wieder die Truppen zu vermehren, als die Reichsstadt sich weigerte, den einst aus 10 Jahre abgeschlossenen Schutzvertrag mit Preußen zu erneuern, da jener Vertrag „vi, rnstu st urrnutu inunu abgezwungen sei.“ Am 26. April 1712 wandle sich die Stadt zum ersten Male mit einer langen Beschwerde an den neuen, im Oktober 1711 gewählten Kaiser Karl VI.[54]

Beilage VIII zu Seite 159. Preußisches Geheimes Staatsarchiv R. 33 n. 147. 2 G.

Beilage nicht Korrektur gelesen, lateinische Texte fehlerhaft

Thomasius'
kurze, jedoch gründliche Deduktion, daß der Tenor des comissorialis der auf imploration des Rats zu Nvrdhausen contra S. Kgl. Majestät in Preußen in puncto der von S. Kgl. Majestät in Polen erhaltenen Jurium der Reichsvogtei und Reichsschultheißenamtes erhaltenen kaiserlichen Commission zu recht nicht bestehen könne, sondern demselben exceptio sub et obreptionis im Wege stehe.

Die Darlegungen des Thomasius sind von Punkt XXVI an wichtig. Von da an sind sie deshalb gekürzt wiedergegeben. Punkt I—XXV enthalten im wesentlichen die Darlegung der historischen Entwicklung bis zum Jahre 1707. —

XXVI. Der Auftrag der Kaiserlichen Kommission. Thomasius hat die Akten von der Kaiserlichen Kommission nur für kurze Zeit erhalten, hat deshalb nicht alles einsehen können.
XXVII. Der Reichshofrat. 1700 schon hat der Hofrat die Klagen Nordhausens angenommen, ohne Preußen zu befragen. Darauf hat er Preußen ermähnt, Nordhausen die abgenommene Possession wiederzugeben und Nordhausen in civil- und criminal Jurisdiction nicht zu turbieren. Dagegen hat der Rat vom Reichshoftal nicht erlangt, daß er die Bewilligung zum Schutze Kurbraunschweigs und Celles erhalte. Nun hat auch Preußen seinen Standpunkt dargelegt und am 11. Februar 1703 an den Kaiser berichtet. Der Reichshoftat hat aber auf Seiten Nordhausens gestanden.
XXVIII. Der Reichshofrat ergreift 1704 und 1705 Partei für Nordhausen. Nordhausen hat in Wien geklagt, Preußen wolle die Stadt um ihre Immedietät bringen, hat sogar „unverschämt vorgegeben“, Preußen wolle den Rat absetzen und einen anderen einsetzen. Darauf hat der Hofrat im Dez. 1704 an die Schöppen geschrieben, sie dürften sich an niemanden als den Rat halten; dem Rate sind zwei Patente zugegangen: 1) Die Bürgerschaft ist ermahnt, sich allein an den Rat zu Hallen. 2) Des Rats Widersetzlichkeit, die angebotenen Gelder nicht anzunehmen, ist gutgeheißen. Er solle sich auf keinen Vergleich einlassen. Damals hat auch der Kaiser an den König geschrieben, der Kontrakt zwischen Preußen und Polen sei mangelhaft und unrichtig; die erhandelten Jura sind für illiquid und der vom König genommene Besitz für unzulänglich erklärt. Der Reichshofrat sollte wissen, daß der König in Preußen als Kurfürst solchen Kontrakt vollziehen kann. „Soviel aber das Liquidum der erhandelten Iurium betrifft, ... so hat Kgl. Majestät ratione iurisdictionis civilis et criminalis, item iuris monetae et telonii regulam für sich.“ Nur der Rat ist die Ursache aller Differenzen.
XXIX. Des Rates unbefugte Querelen. Abgesehen von anderem hat der Rat den Streit um die Reichsämter verquickt mit den Kontroversen mit der Ellricher Regierung wegen Katastrierung etlicher Ländereien. Der Rat meint: Je verwirrter und konfuser eine Sache vor Gericht geführt wird, desto mehr bekommt ein voreingenommener Richter Gelegenheit, diese Gelegenheit wahrzunehmen.
XXX. Wiens Parteilichkeit. Preußen dagegen hat I) die Jura cum annexis rechtmäßig. Es hat in Uebereinstimmung mit den Reichsgesetzen gehandelt. 2) Die Jura pro liquidis, des Rats Iurisdiction ist unerweislich als Chimära zu achten. 3) Vögte und Schulzen haben in Nordhausen nicht nur das Dominium, sondern auch possessionura iuriL-dietionis oranimoäu tarn eivilis hvain orimirialik gehabt. 4) Nordhausen hat des Königs Rechte turbiert. Der König hat deshalb 1) nach Wien ein eigenes Handschreiben geschickt; 2) ist der Anwalt Ioh. Gottfr. Mör-lin und 3) Resident von Bartholdi vorstellig geworden.
XXXI. Weiter über den Reichshofrat. 1707 hat der Hofrat sich selbst bemüht, Preußen die wohlerhandelten Jura zu destruieren, indem, obwohl Preußen Appellation vom Gericht zu Nordhausen an das Kaiserliche Gericht zugelassen, der Hofrat dennoch demjenigen, der rein Ludierrtrrin für sich gehabt und Execution derselben erhalten, bei hoher Strafe auferlegt, den oondemnAtum et oxoeutum in zu restituieren. Er hat den widerspenstigen Bürgern indulgiert, richtige Klage vorzubringen, und noch Juli 1709 hat der Hofrat Decrete erteilt, daß das Kgl. Schulzenamt inkompetent sei.
XXXII. lonor eommlsLA-riulis als notwendige Folge von allem. So ist es zum Eonclusum des Reichshofrates gekommen, die Kaiserliche Kommission sei dahin auszufertigen, daß die Immedietät zunächst hergestellt, die Miliz herausgezogen, die Wegnahme der Altendorfer Felder aufgehoben, alles in den alten Stand gesetzt würde. Darauf seien die Jura zu überprüsen und die Rechte Sachsens von denen des Magistrats zu trennen. Ueber die strittigen Punkte seien die Parteien zu hören. Dann sei an den Kaiser zu berichten.
XXXIII. Status controversiae Doch: Der Streit um das Altendorf gehört nicht hinein. — Preußen hat nie eine Tathandlung gegen die Immedietät vorgenommen. Ferner ist die Stadt nie im Besitz der Jura gewesen, also gibt es da nichts wieder-herzustellen. Auch die Einlegung der Miliz kann nicht für eine Tathandlung ausgegeben werden. Auch ist es falsch, daß die Rechte des Rate» beschränkt worden seien. Deshalb kann auch nichts in den vorigen Stand wiederhergestellt werden. Preußen kann nicht einverstanden sein, daß die Rechte von Vogt und Schultheiß unterdrückt werden. Dennoch ist auf einiges hinzuweisen:
  1. Vergl. die genauen Zahlen bei Heineck, Geschichte der Stadt Nordhausen 1802—1914. Tausends. Nordhausen, II, 145
  2. Vergl. Meyer, die Nordhäuser Stadtflur in der Festschrift zum 50jährigen Jubiläum des Nordh. Geschichts- und Altertumsvereins, 1920.
  3. Meyer, a. a. O., 18 f. und ausführlich Silberborth, Gesch. der Freien Reichsstadt Nordhausen, 190 ff.
  4. In dem Lehnsbriefe von 1480 steht: Von der Dittfurt die Landstraße hin bis an das alte Tor zu Nordhausen, das Jungfrauenkloster im Altendorfe mit aller Obrigkeit Pröpste zu setzen und zu entsetzen und Rechnung zu hören, und fort von dem alten Tore das Wasser (Zorge) nieder bis um den Siechhof vor Nordhausen, die rechte Straße auf, die da gehet gen Werther wärts bis an den Schleifweg, der da versteint ist, von dem Schleifwege hin dann über die Anthäufe, von den Anthäufen den Weg hin über das Wasser.
  5. Meyer, 20 ff. — Silberborth, 196. 202 f.
  6. Vertrag bei Meyer, a. a. O., 22 f. Hie und da sind bei Meyer kleine Fehler vorhanden. Es darf nicht heißen 500 Rh. Goldgulden und 100 Joachimstaler, sondern 500 Gulden an wichtigen guten Rh. Goldes und 1000 Gulden in Joachimstalern. Es ist auch die Summe, die auch bei der Auszahlung Preußens an Nordhausen eine Rolle spielt.
  7. Ueber die Hesseröder Koppelweide vergl. Silberborth, a. a. O., 365.
  8. Die Grafschaft Honstein (Hohnstein, Hohenstein) bestand aus mehreren Teilen: 1. Amt und Schloß Honstein. Dieses Amt war Grubenhagensches Lehen, kam aber schon 1412 durch Kauf an Stolberg. — 2. Gericht Allerburg- Bockelnhagen, dazu die Ortschaften Silkerode und Zwinge. — 3. Haus und Amt Bodenstein. — 4. Lauterberg, Andreasberg, Scharzfels. — 5. Haus und Amt Großbodungen. — 6. Hauröden, Uttenrode und Haynrode. — 7. Stift und Kloster Walkenried. — 8. Amt und Haus Lohra, das zunächst Kursächsisches Lehen war, 1571 aber durch neuen Kontrakt gegen ein Aequivalent in der Grafschaft Mansfeld ein Halberstädtisches Lehen wurde. — 9. Haus, Burg und Amt Clettenberg. 1593 wurde dieser Honsteinsche Gesamtbesitz zerrissen; 1. blieb bei Stolberg und gehört ihm noch heute; 2. kam als Hessisches Afterlehen an Schwarzburg-Sondershausen; 3. an Kurmainz, das die Winzingerode damit belehnte; 4. an Grubenhagen (Hannover), wobei es zu Streitigkeiten um die Wüstung Wittigerode kam, die zu Clettenberg gehörte; Grubenhagen nahm sie für Scharzfels in Anspruch; 5. u. 6. fielen als Kursächsische Lehen an Schwarzburg-Sondershausen .7. Kam 1648 an Celle, 1671 an Br.- Wolfenbüttel, 1675 an Sachsen-Gotha, 1694 zurück an Braunschweig-Wolfenbüttel. 8. und 9. haben allein den Namen Grafschaft Hohnstein behalten. 1648 kam das Bistum Halberstadt an Brandenburg und mit ihm als Halberstädtische Lehen auch Lohra und Clettenberg. Vergl. auch Hoche, Vollständige Geschichte der Grafschaft Hohenstein, Halle, 1790, 217 f.
  9. Vergl. den Generalabriß von Otto, Kgl. Pr. Hofkupferstecher in Berlin. „Die Ausmessung ist geschehen auf Ihre Kgl. Maj. in Preußen allergnädigsten Befehl, anno 1709. — Mehrere Abrisse im Besitze Nordhausens, davon einer in Wa 15. — Beschwerden über Flußregulierungen an der Helme 1710 finden sich im Preußischen Geheimen Staatsarchiv a. a. O. Ueber Anlegung des neuen Helmegraben unterrichtet Nordh. Archiv. Wa 16. — Am 30. Oktober 1710 berichtet von Ramäe aus Ellrich an Minister Ilgen. Nordhausens Beschwerde sei nichtig. Nordhausen habe selbst nachgesucht, den neuen Graben anzulegen; das sei 1705 geschehen. Kosten hätten sich auf 300 Taler belaufen, die Bauern der Grafschaft wären zu Diensten herangezogen worden. Einige Aecker hätten durchstochen werden müßen, doch hätten es die Nordhäuser geschehen laßen. Als man bei den Arbeiten aber an die Wiesen der Ratsverwandten Hoffmann und Weber gekommen sei, hätten diese den Kondukt korrumpiert und eine derartige Krümmung im Graben veranlaßt, daß bei folgenden Fluten sich das Wasser daran gestoben hätte und alles wieder überschwemmt wäre. Dieser Mißstand mußte beseitigt werden, und darüber beschwerten sich die beiden nun.
  10. Kegels Bericht vom 8. April 1696. Nordh. Archiv N. F. 852.
  11. Wolfenb. Archiv. V. 11. unter dem 15. Februar 1707.
  12. Pr. St. a. a. O., Nordhausen an den Kaiser 22. IX. 1707. Das Schreiben des Kaisers vom 28. Juni an Preußen bezeichnet der Rat der Stadt Nordhausen als hohe Gnade und Wohltat. Die Bedrückung dauere aber dennoch an; ja, es scheine noch schlimmer zu werden. Preußen wolle ganz neue Grenzen festsetzen, „welche zu dem obersten Stadttore herein in die Stadt, in dem auf die allda nacheinander gelegte Mühlen in einem besonders dazu gemachten Graben laufenden Master (Mühlgraben) hinunter und dann zur Stadt wieder hinaus, und wissen nicht, wo ferner hingehen soll, samt einer darinnen bemerkten großen Feldmark, so mehr als den dritten Teil und beinah die Hälfte unserer Flur in sich begreift.“ Die Freie Reichsstadt solle zu einer Municipalstadt werden.
  13. Namen der Grundstücksbesitzer finden sich in Wa 15 des Nordh. Archivs.
  14. Im Schreiben vom 28. Nov. heißt es: „Unsererseits finden wir zwar, der bekannten Kgl. Preußischerseits angenommenen Meklenburgischen Titulatur halber, wohl gar nicht tunlich, mit Preußen zu verhandeln. Arch. Wolsenbüttel, — Nvrdh. Archiv, N. F. 284.
  15. Wolfenb. Landesh.-Archiv. — Dresden, Hauptstaatsarchiv, 2968. — Nordh. Archiv unsigniert.
  16. Silberborth, a. a. O., 373 ff.
  17. Nordh. Archiv, N. F. 284.
  18. Wolfenb., a. a.
  19. Bericht des Sächsischen Gesandten Westphal. Dresden. 2968.
  20. Dresden, 2968. Brief Friedrich I. wie die meisten von ihm selbst unterfertigten auf feinstem Papier mit Goldschnitt.
  21. Gemeint ist der Feldweg von der Pfortmühle unter dem Holungsbügel entlang nach Hesserode in seiner Abzweigung vom Hauptwege Pfortmühle— Hesserode.
  22. Pr. St. — Landeshauptarchiv Wolfenbüttel. Koch reicht am 8. Februar, 19. April und 2. Mai, Hoffmann am 25. April Bittschriften ein. Am 8. Mai 1709 beschließt darauf der Reichshofrat dem Kaiser zu referieren. Aber erst nach weiteren Bittschriften Kochs vom 4./5. Juni, 28. Juni, 23. Juli, Hoffmanns vom 18. Juli und 24. Juli wird der Hofratsbeschluß vom 6. August 1709 herbeigeführt. Die kaiserliche Kommission wird am 17. August bestimmt. Bürgermeister Weber beschwert sich beim Kaiser über den Llettenberger Verwalter Darre am 22. und 26. August. Spätere Beschwerden werden der kaiserlichen Kommission übergeben.
  23. Pr. St.
  24. Vergl. Löwe, Preußens Staatsverträge aus der Regierungszeit Friedrich Wilhelms I., 67 ff. — Hannover, Staatsarchiv Des 9 Pr. Nr. 34.
  25. Species facti ... in Sachen Sr. Kgl. Majestät in Preußen wider die Kays. freye Reichs-Stadt Nordhausen, die sogenannte Werther- und Helme- Fluhr . . . betreffend. Anno 1710, mense Julio. — Nordh. Archiv Wa 15.
  26. Pr. St. — Wolfenbüttel V. 11.
  27. Beschwerden an Hannover vom 23. VIII., an den Kaiser vom
  28. Nordh. Archiv. N. F. 757.
  29. Nordh. Archiv unsigniert.
  30. Vergl. unten S. 168 f.
  31. Wolfenbüttel a. a. O.
  32. Pr. St. — Wolfenbüttel.
  33. Pr. St.
  34. Pr. St.
  35. Beilage VIII. s. u.: Thomasius kurze, jedoch gründliche Deduktion, daß der Tenor Commissorialis … zu recht nicht bestehen könne, sondern demselben exceptio sub et obreptionis im Wege stehe.
  36. Nordhausens Schreiben an die Kommission vom 20. VIII. 1710.
  37. Auf Nordhäuser Gravamina vom 28. Mai 1710 erfolgte ein preußischer Gegenbericht von erheblicher Bedeutung. S. u. Beilage IX.
  38. Thomasius an Ilgen.
  39. Nordh. Archiv. N. F. 17.
  40. Wolfenbüttel, V. 11.
  41. S. o. S. 114.
  42. Unterzeichnet: Goslar, d. 19. Dez. 1710. Engelbrecht, Heimburg, Vultejus.
  43. Vergl. Silberborth in der Nordh. Zeitung vom 22. Dez. 1935.
  44. Nach dieser Schrift haben die Inhaber der Aemter nur Formalia zu erledigen.
  45. Wolfenbüttel, V. 11.
  46. Brief vom 28. Januar 1711.
  47. Beilage X. Preußens Standpunkt am 13. März 1711. — Die Akten über die Verhandlungen liegen am vollständigsten in Wolfenbüttel.
  48. Hannover, Des 9. Pr. Nr. 34.
  49. Hannöversche und Wolfenbüttler Akten.
  50. Dresden 2968. Nordh. Archiv N. F. 17. N. F. 757.
  51. Nordh. Archiv. N. F. 17.
  52. Dresden, 10 572 Acta, die zwischen Ihr. Kgl. Maj. in Preußen und der Stadt Nordhausen obschwebende Irrungen betreffend.
  53. Dropsen a. a. O. IV. 1. 398 ff.
  54. Als Beilage XI: Beschwerdeschrift des Rats vom 26. April 1712.