Panoramatapeten im „Waldhaus Japan“

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von Dirk Schmidt

Die folgenden Ausführungen wurden wörtlich oder sinngemäß der eingehenden Darstellung des Kunsthistorikers Günter Mühlpfordt, Weimar, „Die klassizistischen Tapeten des Waldhauses Japan“ in Bleicherode entnommen (Beiträge zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis Nordhausen, Heft 1/1986, S. 42-57). Mit ihnen soll eine leichtere Information erreicht werden.

Panoramatapeten allgemein

Die künstlerische Ausgestaltung von Innenraumwänden geht bis in die Antike zurück. In der zweiten Hälfte des 18. Jh. kam die Verwendung von Papier auf. In diese Zeit fällt auch der Anfang der Bild- und Pamoramatapeten. Die bürgerliche Gesellschaft der Epoche der Aufklärung verlangte in der Literatur und der Kunst nach Darstellungen aus der Geschichte und von fernen Ländern. Die Tapetentechnik konnte dem entsprechen. Man konnte größere Papierbogen herstellen (Papier rollen erst ab 1835, Tapetendruckmaschinen ab 1852). Diese Papierbogen wurden von geschickten Handwerkern mit Holzplatten (Model), auf deren Druckseite kleine Ausschnitte (Segmente) der Wanddarstellungen von Spezialisten gestochen oder geschnitten waren, bedruckt. Diese nicht zu großen Platten mussten sehr genau mit der Hand angesetzt und einander angpasst werden. Für eine Bildtapete mit 20 Bahnen (z.B. L´Arcadie) brauchte man 1000-4000 Druckplaten. Letztlich wurden die Papierbogen zu Bahnen passend zusammengeklebt. Die französischen Tapetenmanufakturen waren führend. Sie mussten für die Erstellung solcher Tapeten erhebliches Kapital investieren. Künstler, die den Entwurf des Gesamtpanoramas erstellten, Formstecher, Handdrucker, Material mussten bezahlt werden.

Die noch bestehende Manufaktur Zuber u. Cie in Rixheim/Elsass beschäftigte renommierte französische Kunstmaler als Designer. So stammt die künstlerische Gestaltung der im Japan-Festsaal auf der Langseite zu sehenden Tapete „Arkadien“ von Pierre Antoine Mongin (1761—1827), dessen Gemälde noch heute in den großen Galerien Frankreichs zu sehen sind. Die Tapete „Pferderennen“ auf der Nordseite des Saales wurde vom Kunstmaler Jean Deltil (1791-1863) entworfen.

Die Tapeten im Japan sind in der Grisaille-Technik ausgeführt (grau-in-grau). Es wird bei ihr nur der Farbton Grau auf weißem oder hellem Untergrund) verwendet. Es gibt Techniken mit anderen Grundfarben oder in bunten Farben.

Die Tapeten im Waldhaus Japan

In Deutschland sind nur noch an 17 Orten französische Bildtapeten vorhanden, in Herrenhäusern oder Schlössern. Nicht oder nur gegen Entgelt zu besichtigen. Abgesehen von einer kleineren farbigen Tapete mit Inka-Motiven (Café Inka in Weil am Rhein, Ortsteil Ötlingen) befinden sich Panoramatapeten der Größenordnung des Festsaals im Waldhaus Japan nur in Bleicherode. Kein anderer Ort, der für jedermann unentgeltlich zugänglich ist, besitzt solche Tapeten.

Nur hier sind auch die Tapeten „Arkadien“ und „Pferderennen“ vollständig oder weitgehend im Originalzustand erhalten geblieben. Es ist ungeklärt, wie die Tapeten in „den Japan“ gekommen sind. 1835 wurde der Saalbau errichtet, wenig später müssen die Tapeten aufgehängt worden sein. Wahrscheinlich hat sie der Eigentümer vom Tapetenfabrikanten und –händler Becker in Nordhausen erworben, der mit der Herstellerfirma Zuber u. Cie in Rixheim/Elsass in Geschäftsverbindung stand. Vielleicht wurden sie auch auf einer Auktion in Leipzig ersteigert. Die kunsthistorische Bedeutung der Tapeten war in Fachkreisen stets unbestritten, darüber hinaus hielt sich die Wertschätzung in Grenzen, obgleich es sich um einzigartige Zeugnisse der Kunst der französischen Panoramatapeten handelt. Die Tapeten wurden mehrfach restauriert, jedoch nicht immer sachgerecht. Nach der Wieder- vereinigung 1990 nahm sich das thüringische Landesdenkmalamt mehr und mehr der Erhaltung der Kunstwerke an. Seit 2005 wurden vom Land, von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der Sparkas- senkulturstiftung Hessen-Thüringen und der Kulturstiftung der Kreis- sparkasse Nordhausen Fördermittel gewährt. Die endgültige Restaurierung der Tapete „Pferderennen“ geschah 2008-12. Im Rahmen einer den Saalbau insgesamt umfassenden Sicherungskonzeption pausierte die Arbeit an den Tapeten. 2021 wurden die Bemühungen um Fördermittel wieder aufgenommen. Das Landesdenkmalamt, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz und die Kulturstiftung der Kreissparkasse Nordhausen gewährten Fördermittel für die Restaurierung der ersten fünf der Bahnen der Tapete „Arkadien“ in 2022. Es besteht Hoffnung, dass die Förderung der Restaurierung in den Folgejahren fortgesetzt wird, sodass die Tapete 2025 erneuert sein wird. Restauratorin ist wie bisher Andrea Strietzel, Großwechsungen.