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Die geschichtliche Wahrheit über die Luftangriffe
Nordhausen gedenkt der Katastrophe / Lange hielten sich Legenden
Nordhausen gedenkt der beiden Luftangriffe am 3. und 4. April 1945. Dabei
kamen mehr als 8.800 Menschen ums Leben. Die Zerstörung der ehemals
Freien Reichsstadt war die größte Katastrophe in ihrer tausendjährigen Ge-
schichte. Seit Kriegsende vor 76 Jahren bis nach dem Ende der DDR ist die
historische Wahrheit verfälscht, sind Legenden über die Hintergründe verbrei-
tet worden. Und es gilt heute, neuen Geschichtsrevisionismus zu bannen.
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„Der Feuersturm, der da entfesselt war, donnerte und dröhnte so laut, als stam-me er von bombardierenden Flugzeugen. Die Hitze war so groß, dass in den
meisten Straßen . . . der Asphalt geschmolzen war, dass Flüchtende da und dort eingesunken waren, einige unlöslich und damit zum Flammentod verurteilt“,
beschreibt Rudolf Hagelstange, aus Nordhausen gebürtiger Schriftsteller, das Inferno in seinem Roman „Der Niedergang“ (Seite 254), einer Familienchronik
des Käthe-Kollwitz-Heimes.
„Als die Bewohner des Hauses am Hagentor nach knapp drei Tagen zurückkehr-ten, war die Tausendjährige am Verglühen“, berichtet Hagelstange. „Dass so
genannte ‚Weltanschauungen’ Kriege ausgelöst oder mit verursacht hatten, das wusste man. Aber dass eine alte Kulturnation sich von einem zugelaufenen
Politschwindler und Narren so um ihr Niveau, ihre Maßstäbe betrügen lassen würde, das hatten weder die zeitgenössische Welt noch das betroffene Volk
selbst für möglich gehalten.“
Der Doppelschlag der Royal Air Force geschah am Nachmittag gegen 16 Uhr
des 3. April und am Vormittag nach 9 Uhr am 4. April. An dem Flächenbombar-
dement waren beim ersten Angriff 247 Lancaster-Bomber und 9 Mosquito-Jäger
als Begleitschutz und beim zweiten 243 Bomber beteiligt. Bei der ersten Attacke
fielen 1.216 Tonnen Bomben auf Nordhausen. Es gab keinerlei deutsche Luft-
abwehr, registrierten britische Piloten. Der Flugplatz und die Boelcke-Kaserne
waren von Militär längst geräumt.
Das Ausmaß der Zerstörung sei so groß, fabulierten Historiker am Ort, „wie in
Dresden und Hiroshima“. Enger Horizont, der Köln, Hamburg, Pforzheim und
andere Totalgeschädigte verkennt. Angeblich habe Nordhausen aufgehört, als
„geordnetes Gemeinwesen zu existieren“. Auch das eine maßlose Übertreibung.
In den Stadtteilen südlich der Zorge und nördlich der Promenade waren nur ein-
zelne Bomben gefallen. Schon bald war dort die Versorgung mit Wasser, Strom und Brot wiederhergestellt, liefen Impfaktionen an.
Die schändlichste Verfälschung der geschichtlichen Fakten geschah durch das
SED-Regime. Obwohl im Westen schon wenige Jahre nach den Luftangriffen
detaillierte Angaben bekannt waren, schob Agitprop die Schuld „US-Luftgang-
stern“ zu. Diese Propagandalüge hielt sich noch lange am Gedenkstein neben
dem Alten Rathaus, bis eine neue Gedenkstele errichtet wurde. Unter der Coro-
na-Quarantäne findet wie im Vorjahr keine öffentliche Versammlung statt, aber es können weiße Rosen dort niedergelegt werden.
Wie rigoros die DDR-Diktatur die historische Wahrheit unterdrückte, musste
Dr. Manfred Schröter, erster OB nach der friedlichen Revolution, erfahren. Er
hatte eine heimatkundliche Abhandlung über die Luftangriffe verfasst und von
Experten prüfen sowie von der Zensur durch die Partei-Organe genehmigen
lassen. Dennoch wurde die Veröffentlichung 1985 auf höhere Anordnung verboten und die ganze Auflage eingestampft. Seinen Vortrag im Kulturbund
hatten Stasi-Spitzel belauscht.
Zu den unwahren Behauptungen in den DDR-Jahren gehörte auch der Vorwurf,
Nordhausen sei mehrmals zur Kapitulation aufgefordert worden, aber die ört-
lichen NS-Amtsträger hätten dies abgelehnt; sie hätten „ihre verbrecherische
Durchhalte-Politik“ fortgesetzt. Anfang April hielten sich an der Zorge keine
deutschen Kampfeinheiten mehr auf, nur einige Uniformierte der aus Berlin
verlegten Marine-Verwaltung West. Die Panzer-Spitzen des US-Generals Patton
befanden sich noch im Raum Kassel.
Alliierte Aufforderungen, Nordhausen zur offenen Stadt zu erklären, bestritt
auch Dr. Herbert Meyer, OB bei Kriegsende. Als ich ihm um 1963 in Bad Lau-
berg die Dokumente meiner Recherchen bei der Royal Air Force und der USAF
während meiner Berufsjahre in London und New York vorlegte, erklärte er:
„An die Stadtverwaltung ist bis zu den Luftangriffen niemals eine Aufforderung
ergangen, Nordhausen zur offenen Stadt zu erklären. Ich möchte bezweifeln,
dass sie an Kreisleiter Nentwig (später in Katlenburg) ergangen ist.“
Ins Reich der Legenden gehören auch andere Gerüchte, die bis ins 21. Jahrhun-
dert in manchen Veröffentlichungen noch herumgeistern. Nordhausen wurde
weder wegen der so genannten V-Waffen-Produktion im Kohnstein noch zur
Bestrafung wegen des KZ Mittelbau-Dora bombardiert. Auch die Mär, die Luft-
griffe hätten eigentlich Gotha gelten sollen, das jedoch kapituliert habe, worauf
die Geschwader nach Nordhausen umgeschwenkt seien, ist unhaltbar, weil
militärisch unsinnig.
„Um 8 Uhr war die Unterzeichnung der Übergabeurkunde. Dann musste sie noch zur Befehlsstelle. Aber um 9.08 Uhr klickte der Master Bomber seine Ziel-bomben über Nordhausen aus“, heißt es im Buch „Der Märtyrer“ (Seite 142)
über den Gothaer Stadtkommandanten, Josef Ritter von Gadolla, der festgenom-men, vor ein Standgericht gestellt und erschossen wurde. Übrigens: Die Bom-benangriffe auf Nordhausen waren schon am 2. April vom Alliierten Oberkom-mando SHAEF zur Unterstützung des Vormarsches befohlen worden.
Der Untergang des mittelalterlichen Nordhausen gibt heute noch Rätsel auf.
Wieso wurde die Innenstadt mit den Geschäfts- und Wohnvierteln ausgelöscht,
aber die Industrieanlagen und der Verschiebebahnhof nahezu verschont? Wer-
tete die RAF den ersten Angriff deshalb als Fehlschlag? Warum wurde der Boelcke-Komplex schwer getroffen, obwohl nicht mehr militärisch genutzt und mit KZ-Häftlingen belegt? Das dürfte der Feindaufklärung nicht entgangen sein.
Nordhausen erlitt auf brutale Weise, dass der Krieg zum Auslöser zurückkehrt.
Anfang der dreißiger Jahre lagen die Wahlergebnisse der NSDAP stets über dem
Reichsdurchschnitt. Hitler ließ Warschau, Rotterdam und Coventry bombar-
dieren und wollte englische Städte nach dem Baedeker (Reiseführer) ausradie-ren. Noch am 27. März 1945 schlugen Raketen aus dem Kohnstein im Osten
Londons ein und töteten 134 Einwohner. Insgesamt kamen mehr KZ-Häftlinge
bei der Produktion unter Tage ums Leben als die 20 000 V2-Opfer.
„Die britische Öffentlichkeit hätte es nicht verstanden, wenn die militärische Führung auf Schonung des Gegners geschaltet hätte, wo dieser bis zuletzt
Vernichtung spie“, erinnert Thomas Kielinger in seiner Churchill-Biographie.
Allerdings: Die Zerstörung Dresdens und anderer deutscher Städte kurz vor
Kriegsende habe das Urteil von Engländern verdichtet: „Sie war nicht zu recht-
fertigen.“  Churchill selbst habe in einer Kabinettssitzung gefragt: „Sind wir
denn Bestien? Gehen wir zu weit?“
Von den 110.000 Piloten und Bordschützen der RAF kehrte jeder Zweite vom
Feindflug nicht zurück. Deshalb erhielt Luftmarschall Arthur Harris den Beina-
men Butcher (Schlächter), also wegen der eigenen hohen Verluste, nicht wegen der Opfer unter der deutschen Zivilbevölkerung. Er sah sich um seinen Anteil
am Sieg betrogen und zog sich nach 1945 enttäuscht nach Südafrika zurück.
Sein von der Königinmutter eingeweihtes Denkmal in London blieb umstritten, später eines des Bomber Command wurde oft geschändet.
Einer endgültigen Klärung harrt noch die Zahl der durch die Luftangriffe ums
Leben gekommenen KZ-Häftlinge in der Boelcke-Kaserne. In den zwölf Wo-chen der Belegung sollen dort 3.000 gestorben sein, durch Bomben 1.300 (so
Dr. Jens Christian Wagner, ehemals Leiter der KZ-Gedenkstätte Dora). Davon
sei eine hohe Anzahl schon vorher im Lazarett und Sterbelager an Krankheit,
Entkräftung und Unterernährung erlegen, hatten Augenzeugen bei der Bergung
der Leichen festgestellt.
Die Lehren der Geschichte werden aufs Neue verfälscht, wenn jugendliche Be-
sucher von KZ-Gedenkstätten heute mit der perversen Auffassung indoktriniert
werden, der Tod von Häftlingen sei eingetreten, weil ihre Versorgung durch die
SS damals durch alliierte Luftangriffe verhindert worden sei. Dr. Wagner sah
in einem „Spiegel“-Interview rechtsextreme Hassprediger, konkret AfD-nahe Lehrer, in der Verantwortung.#                                            Manfred Neuber

Aktuelle Version vom 16. Januar 2022, 20:33 Uhr

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