Jahrtausendfeier der Stadt Nordhausen 1927: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Werbungsarbeit wurde von Anfang an modern und großzügig angelegt. Sie hatte den ihrer Art und ihrem Umfang entsprechenden Erfolg. Überall in der Presse des Deutschen Reiches erschienen Artikel oder wenigstens kurze Hinweise. Jeder in Nordhausen abgestempelte Brief trug die Kunde von der Jahrtausendfeier durch die ''Reklamestempel'' „Nordhausen, die tausendjährige Stadt am Harz“ überregional hinaus.
Die Werbungsarbeit wurde von Anfang an modern und großzügig angelegt. Sie hatte den ihrer Art und ihrem Umfang entsprechenden Erfolg. Überall in der Presse des Deutschen Reiches erschienen Artikel oder wenigstens kurze Hinweise. Jeder in Nordhausen abgestempelte Brief trug die Kunde von der Jahrtausendfeier durch die ''Reklamestempel'' „Nordhausen, die tausendjährige Stadt am Harz“ überregional hinaus.
Weitere Marketing-Aktionen waren Briefverschlußmarken und reichsweite Werbezettel. Daneben gab es zwei Festpostkarten (Entwürfe der einheimischen Künstlerin Schmidt-Franken und des Sondershäuser Künstlers Mücke), die während des Festes und später die Kunde vom tausendjährigen Geburtstag der Stadt in die Weite tragen sollten.
Weitere Marketing-Aktionen waren Briefverschlußmarken und reichsweite Werbezettel. Daneben gab es zwei Festpostkarten (Entwürfe der einheimischen Künstlerin Schmidt-Franken und des Sondershäuser Künstlers Mücke), die während des Festes und später die Kunde vom tausendjährigen Geburtstag der Stadt in die Weite tragen sollten.
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Version vom 15. März 2019, 15:58 Uhr

Die Jahrtausendfeier der Stadt Nordhausen fand zwischen dem 27. und 29. Mai 1927 statt.

Vorbereitung

Am 26. Mai 1925 beschloß der Magistrat, die Jahrtausendfeier in das Jahr 1927 zu verlegen. Es war notwendig, diesen Beschluß zu fassen; nicht nur aus dem selbstverständlichen Grunde, daß überhaupt die Feier beschlossen und zeitlich festgelegt werden mußte, sondern auch deshalb, weil die Sachverständigen über den Zeitpunkt der Vollendung der tausend Jahre nicht einer Ansicht waren.

Der Teil, aus dem die Stadt wurde, ist eine Gründung König Heinrichs I. Im Jahre 929 wird der Name Nordhausen zum ersten Male urkundlich erwähnt. In einer weiteren Urkunde von 927 wird die Stadt ebenfalls erwähnt. Der Magistrat beschloß daher, das Jahr 1927 zur Jahrtausendfeier zu bestimmen.

Am 20. Mai 1926 entschied sich der „Jahrtausendausschuß“ dafür, die Tage vom 27. bis 29. Mai zu wählen – nicht nur aus praktischen Erwägungen, sondern auch mit Bezug auf das Datum der maßgebenden Urkunde (13. Mai 927).

Es wurde ein „Ausschuss zur Vorbereitung der Jahrtausendfeier“ – später „Hanptausschuß“ genannt – unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Curt Baller eingesetzt. Die Einzelarbeit wurde von „Sonderausschüssen“ geleistet; diese nahmen ihre Mitglieder nicht nur aus den Angehörigen der Stadtverwaltung, sondern zogen auch geeignete Persönlichkeiten aus der Bürgerschaft als Sachverständige heran.

Die Gliederung und Zusammensetzung dieser Ausschüsse war folgende:

  1. Hauptausschuß: Vors. Oberbürgermeister Dr. Baller
  2. Presse- und Propaganda-Ausschuß: Vors. Bürgermeister Borchardt
  3. Finanzausschuß: Vors. Bürgermeister Borchardt
  4. Festausschuß: Vors. Stadtrat Hensel
  5. Kunstausschuß: Vors. Stadtschulrat Dr. Koch
  6. Sportausschuß: Vors. Stadtschulrat Dr. Koch
  7. Technischer Ausschuß: Vors. Stadtbaurat Rost
  8. Ausschuß für Dekoration u. Beleuchtung: Vors. Stadtbaurat Rost

Neben diesen Arbeitsausschüssen wurde noch ein „Bürgerausschuß“ eingesetzt, der – unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters – die Aufgabe hatte, durch Beteiligung weiter Kreise der Stadt den Kontakt zwischen den arbeitenden Ausschüssen und der Bürgerschaft herzustellen und aufrechtzuerhalten.

In diesen Ausschüssen wurde während des Restes der Vorbereitungszeit die Einzelarbeit geleistet.

Der Hauptausschuß gab die Richtlinien, bewilligte endgültig die Mittel und sorgte für den Zusammenklang der Maßnahmen der bis an die Grenze der Möglichkeit selbständigen Einzelausschüsse. Presse- und Propaganda-Ausschuß und Kunstausschuß hatten das umfangreichste Arbeitsgebiet. Ihre Tätigkeit ging häufig ineinander über.

Werbung

Die Werbungsarbeit wurde von Anfang an modern und großzügig angelegt. Sie hatte den ihrer Art und ihrem Umfang entsprechenden Erfolg. Überall in der Presse des Deutschen Reiches erschienen Artikel oder wenigstens kurze Hinweise. Jeder in Nordhausen abgestempelte Brief trug die Kunde von der Jahrtausendfeier durch die Reklamestempel „Nordhausen, die tausendjährige Stadt am Harz“ überregional hinaus. Weitere Marketing-Aktionen waren Briefverschlußmarken und reichsweite Werbezettel. Daneben gab es zwei Festpostkarten (Entwürfe der einheimischen Künstlerin Schmidt-Franken und des Sondershäuser Künstlers Mücke), die während des Festes und später die Kunde vom tausendjährigen Geburtstag der Stadt in die Weite tragen sollten.

Die Festschrift zur Jahrtausendfeier, die auch als Führer gedacht war, wurde in einer Auflage von 25.000 Stück verbreitet.

Ein Werbeplakat – in einer Auflage von 10.000 Stück – verkündete die bevorstehende Feier.

Schon diese Vorbereitungen beanspruchten zu einem erheblichen Teil die Arbeiten des „Werbeausschusses“ – dieser Name setzte sich durch – und des Kunstausschusses.

Ein großer Erfolg der Kampagne war die Genehmigung vom Reichsfinanzministerium zur Prägung von 100.000 Erinnerungstalern. Es waren kursfähige Dreimarkstücken, deren eine Seite durch Bild und Wort die Erinnerung an das Jahr festhält. Den Entwurf schuf Professor Maximilian Dasio aus München. Es war das zweite Mal, daß die Prägung kursfähiger Münzen für eine Stadt gestattet wurde. Professor Dasio entwarf auch die Bronzedenkmünze, die die Stadt selbst in dem Jubeljahr herausgab. Derselbe Künstler schuf die Ehrengabe der Stadt Nordhausen, die – in Silber und Bronze – als ein Symbol des Dankes und der Anerkennung der Stadt zum ersten Male im Jahre 1927 verliehen wurde. Bescheidener wurden zwei (Meißner) Porzellan-Denkmünzen gefertigt; die eine im schlichten Braun gehalten: als Gabe der Stadt für jeden bestimmt, der während des Jahres ihr Gast war; die andere zeigt die gleiche Prägung, aber golden auf weiß: sie erhielten die Persönlichkeiten, denen die Stadt für die Mitarbeit an der Vorbereitung der Feier oder an ihrer Durchführung zu danken verpflichtet war.

Erinnerungsstein

Ein – nach dem von Dasio für den Erinnerungstaler geschaffenen Entwurf – geformter Erinnerungsstein wurde den Besitzern der Häuser zur Verfügung gestellt, die im Jahre 1927 vollendet wurden.

Bücher

Bereits im Jahre 1911 war durch Oberbürgermeister Carl Contag angeregt worden, für die — damals zeitlich noch nicht festgelegte – Jahrtausendfeier der Bürgerschaft eine neue Geschichte der Stadt Nordhausen zu schenken. Dieser Gedanke wurde ausgenommen und verwirklicht durch das zweibändige Werk Das tausendjährige Nordhausen, das in einer Auflage von 3.000 Stück kurz vor Beginn der Festtage erschien. Die Stadt hat sich mit diesem Werk ein Denkmal gesetzt, wie es wenige Städte besitzen. Die Geschichte der reichsfreien Stadt schrieb Studienrat Hans Silberborth, die der preußischen Stadt Stadtarchivar Hermann Heineck. Dieser fortlaufenden Geschichte wurden Einzelabhandlungen über Sondergebiete angefügt: von Oberbürgermeister i. R. Carl Contag (Nordhausen im Weltkrieg und in der Nachkriegszeit), von Pfarrer Otto Riemenschneider (Die ehemalige Heinrichsburg), von Mittelschullehrer i. R. Heinrich Heine (Geschichte der dramatischen Aufführungen und des Theaters, und Geschichte der Musik), von Museumsdirektor August Stolberg und Dr. Ing. Friedrich Stolberg (Die Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt). So wurde für 1927 ein Werk geschaffen, das schon seit vielen Jahrzehnten als eine Notwendigkeit erkannt war.

Eine Ergänzung stellt das Historische Bilderbuch der tausendjährigen Stadt Nordhausen mit Federzeichnungen von Fritz Teichmüller dar.

Baumaßnahmen

Rekonstruktion Stadttor in der Bahnhofstraße

Die beiden technischen Ausschüsse schufen durch direkte und indirekte Arbeit – auch die Privathäuser wollten im Festjahre sich im Festgewande zeigen — das Stadtbild, das im Mai 1927 präsentiert werden sollte. In allen Stadtteilen wurde alte Fachwerkhäuser restauriert. Die am 2. September 1927 vollendete Wiederherstellung der Finkenburg war dabei das größte Projekt.

Das Magistratssitzungszimmer erhielt zwölf bunte, bleiverglaste Wappenfenster – Geschenke befreundeter Städte. Die Wände wurden getäfelt. Otto und Georg Kruse schenkten ihrer Vaterstadt die Mittel für die Bemalung der Decke (mit heraldischen Motiven) und für zwei Beleuchtungskörper. Der Raum wurde allerdings erst im Juni 1928 vollendet. Auch die Flure des alten Rathauses erhielten bunte Fenster – zwei von ihnen ein Geschenk der Nordhausen-Wernigeroder und der Gernrode-Harzgeroder Eisenbahngesellschaft.

In der Bahnhofstraße – zwischen Hotel Friedrichskron und Hotel Fürstenhof – wurde die Rekonstruktion eines mittelalterlichen Stadttores geschaffen, wo während der Feier zwei Landsknechte Wache hielten.

Sonstige Maßnahmen

Eine Geschichte in Bildern sollte auch der historische Festzug werden, wobei hohe Kosten und Wetterabhängigkeit zunächst Zweifel aufkamen ließen.

Festausschuß, technischer Ausschuß und Ausschuß für Dekoration und Beleuchtung traten mit ihrer Hauptwirksamkeit erst auf den Plan, als das Fest näher heranrückte. Dem Festausschuß lag die Aufgabe der Durchführung der Organisation der Festtage ob; auch der Fackelzug am Abend des 28. Mai wurde von ihm vorbereitet. –

Festtage

Die Tage der Jubelfeier – der 27. bis 29. Mai 1927 – sahen eine große Zahl geladener Gäste, viele auswärts wohnende Nordhäuser und Tausende von Fremden aus dem Reich in den Mauern der tausendjährigen Stadt.

Am Abend des 27. Mai konnte die auf der Ostseite des Neumarktes durch das Stadtbauamt errichtete große Festhalle – ein Holzbau, der bis zum Dezember 1927 staud – die Teilnehmer am Begrüßungsabend nicht fassen. Er gab die Einstimmung zu den beiden Hauptfesttagen.

Ein Festgottesdienst in der Nikolai-Kirche am 28. Mai, 91/2 Uhr, ließ – eingeleitet vom Festgeläut aller Kirchenglocken – den ernsten Grundton der seltenen Feier zuerst erklingen. Superintendent Hammer hielt die Predigt vor gefüllter Kirche. Um II Uhr begann im Stadttheater – Posten in der Uniform der Stadtsoldaten des 18. Jahrhunderts erwiesen draußen die Ehrenbezeugungen –, dessen Blumenschmuck sich dem Raum unaufdringlich anpaßte, die Feierstunde, in der sich die Stimmung dieses tausendjährigen Geburtstages in allen ihren Abstufungen am reinsten verkörperte.

...

Nachklang und Rückblick

Ein Nackklang zur Tausendjahrfeier bildete Beethovens 9. Symphonie und dem Schlußakt der „Meistersinger" am 30. und 31. Mai 1927 im Theater Nordhausen.

Das Volksfest auf dem Neumarkt, das das bekannte Bild des „Rummelplatzes" bot, dehnte sich über die Pfingsttage bis zum 6. Juni aus.

Unerwartet stark war der Widerhall des Festes in der deutschen Presse, daß von den Kritikern positiv aufgenommen wurde.

Besonders die Bilder vom Festumzug sind in der Gegenwart häufig gezeigte Aufnahmen vom Nordhausen vor 1945.