Emdenius-Tieroff-Stein

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Der Emdenius-Tieroff-Stein ist eine Grabplatte, die sich in der 1945 zerstörten Marktkirche St. Nikolai befand und 1966 wieder entdeckt wurde. Danach kam sie an die Nordseite der St.-Blasii-Kirche.

Geschichte

Die Platte besteht aus Muschelkalk, ursprünglich 1,60 m hoch, 1,40 m breit und 20 bis 25 cm stark, wog etwa eine Tonne. Sie stammt aus dem Chor der ehemaligen Marktkirche St. Nikolai und wurde bei Enttrümmerungsarbeiten im Jahre 1966 entdeckt. Die Platte bildete den oberen Abschluß einer etwa einen Meter hohen tonnengewölbten Gruft, in der sich ein ziemlich gut erhaltener Sarg befand. Die Fachgruppe Heimatgeschichte bzw. Bodendenkmalpflege im Kulturbund sicherte den Fund; beteiligt waren Johannes Löffler, Lehrer im Ruhestand; Friedrich König, beschäftigt früher beim ehemaligen Sägewerk Rathsfeld in der Uferstraße und bei Firma Krieger; ferner der ehemalige Gärtnereibesitzer Walter Joedicke und Karl Werther, der wenige Jahre später in die Bundesrepublik ging.

Der Tieroff-Stein wurde ausgebaggert, auf einen LKW geladen und an der St.-Blasii-Kirche abgestellt. Im Sarg selbst wurden nur geringe Knochenreste gefunden, jedoch gut erhaltene Lederschuhe, ein kleines Stück Schädel mit Rudimenten einer Perücke. Unter dem Sarg fanden sich, in eine Vertiefung zusammengelegt, die Gebeine eines kräftigen, hochgewachsenen Mannes. Offensichtlich war in dieser Gruft eine zeitlich auseinanderliegende Doppelbestattung erfolgt. Die Inschrift auf der dann freigelegten Grabplatte bestätigte diesen Befund, und zugleich war geklärt, wer die Toten waren.

Der oberer Teil der Platte ist abgebrochen, vermutlich, als der Stein aus Anlaß der Sanierungsarbeiten der Blasii-Kirche umgesetzt werden musste. 1966 wurde er noch vollständig erhalten an der südlichen Außenfront der Kirche auf gestellt.

Joachim Emdenius

Die Gedenkworte für die ältere Beisetzung, von der die Gebeine noch vorhanden waren, sind in lateinischer Sprache abgefaßt:

„Tumulus viri admodum reverendi et clarissimi Dn Joachimi Emdenii cuius memoria in be-nedictione. Obbiit die octobris decimo anno Christi MDCL.“
Übersetzung: Grab des überaus ehrwürdigen und höchst zu rühmenden Mannes Herrn Joachim Emdenius, dessen Gedenken in Lobpreisung ist. Verstorben am 10. Tag des Oktobers im Jahre Christi 1650.

Durch Johann Heinrich Kindervaters Buch Nordhusa Illustris, einer Sammlung von Kurzbiographien Nordhäuser Gelehrter des 16. und 17. Jahrhunderts, ist bekannt, dass Joachim Emdenius aus Magdeburg stammte, wo er 1595 geboren wurde, seit 1614 Lehrer in Frankenhausen, seit 1620 Diakon an St. Nicolai zu Nordhausen, seit 1623 Pastor an St. Blasii und seit 1626 Pastor Primarius an St. Nicklai war. Er galt wegen seiner Gelehrsamkeit als geschätzte Persönlichkeit.

Unter seiner Leitung fand 1650 in Nordhausen eine große Friedensfeier statt, mit der die Bürger das Ende des Dreißigjährigen Krieges festlich begingen. Kinder und Schüler waren in weiße Hemden gekleidet, trugen grüne Zweige in den Händen und Kränze auf dem Haar. Die Erwachsenen gingen in ihrem besten Sonntagsstaat. Der Festzug bewegte sich auf den Markt vor das Rathaus und rings um die Nikolaikirche, die damals noch ihre zwei Türme besaß. Auf allen Kirchtürmen, auch denen des Domes, läuteten die Glocken. Emdenius ist etwa einen Monat nach dieser Feier verstorben.

Michael Christian Tieroff

Die zweite Inschrift ist in deutscher Sprache abgefaßt. Sie lautet:

„Allhier ruhet der wolehr-würdige u. Andächtige Herr Michael Christianus Tieroff. E wolehrw. Ministeriy allhier Primarius, dieser Kirchen St. Nicolai pfarrherr, Consistoriy Assessor und der Schulen Inspektor ist in Gott Selig entschlafen den 17 September Anno 1682 seines Alters im 51 Jahre“

Michael Christian Tieroff wurde 1631 in Nordhausen als Sohn eines Schwertfegers und Ratsherren geboren, studierte in Jena und promovierte zum Magister, wurde Erzieher am Hofe IHerzogs Ernst des Frommen in Gotha, dann Superintendent der Grafschaft Hohenstein, Pastor an St. Blasii und schließlich Pastor an der Marktkirche St. Nicklai. Am 17. April 1682 verstarb mit 50 Jahren an der Pest.

Die Gruft, die Grabstelle des Pesttoten, war sorgfältig verschlossen und innen mit einem starken Kalk-Anstrich versehen worden. Wie man vermutete, ist auch der Leichnam mit Ätzkalk behandelt worden, woraus sich die fast völlige Auflösung gegenüber der Erhaltung bei Emdenius erklären ließe.

Literatur

  • Peter Kuhlbrodt: Der Emdenius-Tieroff-Stein an der St. Blasii-Kirche. In: Nordhäuser Zeitung, 21./22. Dezember 1991.