Die Pest in Kehmstedt im Jahre 1682

Aus NordhausenWiki
Version vom 16. Dezember 2019, 10:58 Uhr von Vincent Eisfeld (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Die druckbare Version wird nicht mehr unterstützt und kann Darstellungsfehler aufweisen. Bitte aktualisiere deine Browser-Lesezeichen und verwende stattdessen die Standard-Druckfunktion des Browsers.
Textdaten
Autor: Wilhelm Kolbe (?)
Titel: Die Pest in Kehmstedt im Jahre 1682
Untertitel:
aus: Heimatland. Illustrierte Blätter für die Heimatkunde des Kreises Grafschaft Hohenstein, des Eichsfeldes und der angrenzenden Gebiete
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1905 (Nr. 24)
Verlag:
Drucker:
Erscheinungsort:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Digitalisat:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bild
Die Pest in Kehmstedt im Jahre 1682.


 Hatte die Pest in den Jahren 1625 und 26 sämtliche Ortschaften unserer Grafschaft heimgesucht, so beschränkte sie sich in den Jahren 1681 und 82 auf nur 14 Orte derselben. In einigen Ortschaften begnügte sich die schreckliche Seuche mit verhältnismäßig wenigen Opfern. So starben in Trebra 10, in Liebenrode 16 und in Bleicherode verbreitete sie sich nur in der Oberstadt, wo ihr 36 Personen erlagen. Dagegen wütete die Pest in etlichen Dörfern in geradezu unheimlicher Weise und raffte mehr Opfer dahin als in dem großen Sterben von 1626. In Mörbach starben 54, in Kinderode 60, in Uthleben 66, in Sachswerfen 90, in Nohra 110, in Clettenberg und Petersdorf je 150, in Sundhausen 196 und Kehmstedt, das etwa 350 Personen zählte, büßte die Hälfte seiner Einwohner, nämlich 161, ein.

 Im allgemeinen läßt sich auch der Weg verfolgen, auf dem die Pest bis in unsere Gegend gekommen ist. 1679 war sie aus Ungarn nach Wien gelangt; 1680 trat sie in Prag und Dresden und 1681 schon in Eilenburg, Halle und Nordhausen auf. Die freie Reichsstadt hatte sich sorgfältig gegen die andringende Seuche abgesperrt, aber ungeachtet aller Vorsorge und aller polizeilichen Verordnungen hielt der Todesengel schon im August 1681 seinen Einzug. Ein fremder Fleischer brachte die Krankheit in die Stadt und im Laufe des Jahres erlagen ihr 53 Personen. Von Nordhausen aus nahm nun die Seuche ihren Weg aufs Land. Läßt sich dieser Weg auch nicht in jedem einzelnen Falle Nachweisen, so wissen wir von Kehmstedt bestimmt, daß sie von Nordhausen aus ins Dorf gelangte. Das beweist eine im Kirchenbuche befindliche Aufzeichnung von dem damaligen Prediger Reinemann:

 „1682. Merklich ist nun zu gedenken: Am 1. hl. Pfingsttage ist Orthia Klaubers älteste Tochter sehr krank worden, sich hin und her mit dem Kopfe gestoßen und des Abends gestorben, da denn alsobald sich herausgestellt, daß sie in Nordhausen an einem infizierten Orte etwas Leinenzeug möchte gekauft und angezogen haben; hat sich auch darauf alsobald die jämmerliche Contagion eingefunden und hiernach 3, 4, 5 alle Tage hingerissen. Hätten auch alle von Tag zu Tage sollen spezifiziert werden, wo mich die Infektion nicht auch selber überfallen.“

 Orthia Klaubers Tochter war also das erste Opfer der Seuche, dem bald viele andere Nachfolgen sollten, und das Dorf wurde um so härter von ihr betroffen, als 4 Jahre vorher 20 Ackergehöfte nebst der Pfarre durch eine Feuersbrunst vernichtet worden wa.en. Im Juni starben 9; aber schon im Juli waren es 45, und im August steigerte sich die Zahl der Todesfälle sogar auf 71 Im September sank die Zahl auf 30, und in den folgenden Monaten kamen nur noch vereinzelte Pestfälle vor; im Oktober 3 und im November und Dezember je 1. Unter den Opfern zählen wir 41 Kinder und 70 junge Leute, die übrigen waren Eheleute. Das höhere Alter warde weniger in Mitleidenschaft gezogen, eine Erfahrung, die man auch in anderen Orten machte.

 Bis soweit gleicht das Kehmstedter Totenregister allen andern aus jener Zeit; dann aber folgt eine Abweichung, die ich nur hier gefunden habe. Der Pastor Reinemann hat nämlich alle die verseuchten Häuser schematisch zusammengestellt, so daß wir genau ersehen können, wieviel und welche Bewohner gestorben und wieviel am Leben geblieben sind. Diese Zusammenstellung gewährt uns einen tiefen Einblick in das Elend der betroffenen Familien. Ich gebe im folgenden die Aufzeichnungen im Kehmstedter Kirchenbuche wortgetreu wieder:

 „Denkwürdiger Catalogus, wie sie in Summa in einem Hause an der Zahl in diesem 82. Jahre gestorben und noch am Leben blieben. Denen Nachkommen zum Merkmal ausgezeichnet.

Zahl derer, die gestorben. Zahl derer, die am Leben
blieben und die Pest über-
standern.
Hans Gentzel.
1. 2 Töchter, 1 Söhnlein. Er und der größte Sohn.
Hans Koch.
2. 2 Töchter, 1 Söhn-
lein und die Dienst-
magd.
Er und sie.
Christoph Hesse.
3. Sie, 1 Söhnlein, 1
kl. Kind, 1 Magd.
Er, 2 Söhne, 1 Knecht,
1 Magd.