Das tolle Jahr 1848 in unserer Heimat

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Textdaten
Autor: Wilhelm Kolbe
Titel: Das tolle Jahr 1848 in unserer Heimat
Untertitel:
aus: Heimatland. Illustrierte Blätter für die Heimatkunde des Kreises Grafschaft Hohenstein, des Eichsfeldes und der angrenzenden Gebiete
Herausgeber:
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1910 (Nr. 1)
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Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Digitalisat:
Eintrag in der GND: [1]
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Das tolle Jahr 1848 in unserer Heimat.


 K. W. Auch in den Dörfern der Grafschaft Hohenstein rumorte das tolle Jahr. Die Nachrichten über die einzelnen Orte sind durchweg den in dem Königlichen Landratsamt aufbewahrten Akten entnommen.

 Der Schulze von Klettenberg zeigt am 28. März an, „daß in verwichener Nacht die hiesige Pfarrwohnung von mehreren Klettenberger Einwohnern bestürmt worden ist, nachts ½12 Uhr, Fenster, Türen, Möbel und Geschirr zerschlagen und die Gutsherrn werden auch bedroht. Das Volk verlangt hinlängliches Gemüseland für sich. Beschädigt und verunglückt ist aber niemand. Der Hw. Pastor hatte sich mit seiner Familie zeitig entfernt. Höchst nötig haben die Leute das Land, denn sie haben nicht so viel, daß sie sich nur eine Gans, Ziege und dergleichen halten können und das höchst nötige Gemüse zu erzeugen, es wäre daher höchst zu wünschen, wann den Leuten ihr Verlangen gewährt würde, wo sie sich dann zur Ruhe geben würden. Ich bitte daher um kräftigen Beistand, aber so schnell wie möglich, denn der Sturm wird fortdauern". Die Klettenberger drohten, die Pfarre abzubrennen; nur, mit Mühe gelang es dem Pfarrer W. sich durch einen Sprung aus dem Fenster mit seinen Töchtern nach Ellrich zu retten. Wie amtlich zugestanden ist, hatte der Pfarrer „durch sein hartherziges Benehmen bei Einziehung seiner Gebühren" die Wut seiner Pfarrkinder selbst entfacht. Wie das Volk erzählt, soll er in dem Hungerjahre zu bittenden Notleidenden, die Gerste von ihm borgen wollten, geäußert haben: „Ich bin wohl euer Seelsorger, aber nicht euer Gerstenborger". Außer der Pfarre wurden noch die Besitzungen der Oberamtleute S. und D. gestürmt. Sofort wurden von den Nordhäuser Jägern ein Offizier und 15 Mann nach Klettenberg geschickt und später wurden 7 Männer aus dem Dorfe verhaftet.

 Der Schulze Steinmüller von Tettenborn berichtet am 18. März: „Sämtliche Einmietlinge haben gestern Abend eine Versammlung gehalten und in derselben den Entschluß gefaßt, in einer schriftlichen Eingabe die hiesige geistliche Behörde aufzufordern die von ihnen jährlich zu entrichtenden Naturalabgaben an Broten und Aczidenzen ins Zukünftige zu erlassen und erwarten Antwort bis Mittag, verlangen außerdem von dem Hauptmann von Tettenborn ½ Morgen Land und drohen auf den Gute alles zu demolieren". Der Landrat schickte dem Schulzen 1 Gefreiten und 6 Jäger der 4. Jägerabteilung.

 In Holbach wurde ein Angriff auf den Herrn von Zeuge befürchtet, es wurden deshalb 1 Oberjäger und 6 Mann in das Dorf geschickt.

 Aus Ascherode wird am 29. März mitgeteilt, „daß die Zügellosigkeit im Kreise Worbis bereits einen Grad erreicht hat, der alles fürchten läßt. So haben gestern aus 5 Gemeinden sich alle Männer vereinigt, sind nach Hainrode zu den Herrn von Bulzingslöwen gezogen, haben die Haustür eingeschlagen, haben die Herren gezwungen mitzugehen oder zu fahren nach Worbis, wo sie das Gericht ebenfalls wahrscheinlich gezwungen haben, eine Verhandlung über Entsagung der Zins und Lehnsrechte aufzunehmen, wenigstens ist die enige agevorherschon dagewesen. Dabei hat es an den gröbsten Beleidigungen, die sich gar nicht wiederholen lassen, nicht gefehlt. Aehnlich lautet der Bericht aus Buhla und Heynrode, der die Zahl der Tumultuanten auf 600 schätzt. Am 28. März abends 10½ Uhr ist ein Kommando von 1 Offizier und 20 Mann nach Buhla abgegangen, um von da die Eichsfelder Grenze zu beobachten resp. Einfälle von dort abzuhalten.