Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803

Aus NordhausenWiki
Version vom 13. August 2021, 18:00 Uhr von Vincent Eisfeld (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „. . .“ durch „…“)
Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803
Reihe Schriften der kriegsgeschichtlichen Abteilung im historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
Band-Nr. 25
Autor Gerhard Meissner
Herausgeber Walter Elze
Verlag Berlin : Junker & Dünnhaupt,
Erscheinungsjahr 1939
Umfang 106 Seiten
Preis 4,80 ℛℳ
Stand: 21. Juni 2016
Digitalisat: Scan (PDF, 13 MB)
Editionsrichtlinien:
  • Der Text enthält keine Fußnoten. Das Digitalisat ist hingegen vollständig.
  • Der Text wurde teilweise Korrektur gelesen und spiegelt somit keinen endgültigen Bearbeitungsstand wider.



DAS KRIEGSWESEN
DER
REICHSSTADT NORDHAUSEN
1290–1803


VON

GERHARD MEISSNER



1939
J U N K E R UND D Ü N N H A U P T   V E R L A G / B E R L I N



Vorwort

In der vorliegenden Arbeit wird erstmalig versucht, das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen zusammenfassend darzustellen. Es kam dem Verfasser darauf an, einen Begriff von dem Wesen, dem Sinn und der Eigenart des Nordhäuser Kriegswesens zu gewinnen. Es sollten Entwicklung, Aufbau und Veränderung der Kriegseinrichtungen gezeigt, die Stadtgeschichte von den Kriegseinrichtungen her beleuchtet und die Wirkung der bewaffneten Macht auf die Bündnisse und Verträge dargelegt werden. Daher wurde soweit überhaupt möglich das gesamte Kriegswesen in die Untersuchung mit einbezogen. Es ergab sich daraus Auswahl und Auswertung der Quellen, Anlage und Aufbau der Arbeit:

Der zeitliche Rahmen der Arbeit vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts bis zum Jahre 1803 war durch die geschichtliche Entwicklung Nordhausens gegeben, das in diesem Zeitraum Reichsstadt war. Es blieb die Zeit vor dem Privileg Rudolfs von Habsburg vom 1. November 1290), das im wesentlichen die reichsfreie Stellung Nordhausens begründete, unberücksichtigt, da ausschließlich das von Rat und Bürgerschaft bestimmte Kriegswesen dargestellt werden sollte. Der zeitliche Abschluß der Arbeit war durch das Ende der Reichsfreiheit Nordhausens am 25. Februar 1803 gegeben.

Die Gliederung der Arbeit geschah nach sachlichen Gesichtspunkten. Sie boten die Möglichkeit, Entwicklung und Wandlung des städtischen Kriegswesens überhaupt vom Mittel-alter bis in die Neuzeit mit aller Deutlichkeit und Klarheit aufzuzeigen. Nordhausen galt als Musterbeispiel, doch wurde vielfach auf die Verhältnisse anderer Städte, im besonderen Mühlhausens in Thüringen, verwiesen. Es ergab sich so eine klare Herausstellung von Eigenartigem und Allgemeinem. Die Arbeit dient damit sowohl der Lokalgeschichtsforschung, als auch der allgemeinen Erforschung des Stadtkriegswesens.

Die Quellen zur vorliegenden Untersuchung sind nur zum geringeren Teil veröffentlicht. Es war daher ein eingehendes unmittelbares Quellenstudium in den Stadtarchiven von Nordhausen und Mühlhausen notwendig. Für die gewährte Unterstützung bei der Forschung in den Archiven sage ich den Herren Stadtarchivaren Dr. F. Stolberg und Dr. E. Brinkmann meinen Dank.

Aus der Arbeit im Stadtarchiv Nordhausen und aus der Notwendigkeit, einen großen Teil der Urkunden durchzusehen, entstand als zweite Arbeit das „Nordhäuser Urkundenbuch II“. Eine große Anzahl von Urkunden kann daraus als Ergänzung für die Darstellung des Kriegswesens der Stadt Nordhausen dienen.

Zu den wichtigsten Quellen der Arbeit gehören die Nordhäuser Statuten von 1280-1290, 1308, 1350 und 1470 (Qu. Nr. 63), das „Rauhe Buch“ (Qu. Nr. 32), das Inventarium magistrorum telorum (Qu. Nr. 6) und Lessers Historische Nachrichten (Lit. Nr. 46).

Die Beilagen zur Arbeit sind im besonderen als Ergänzung der Darstellung der Wehrverfassung gedacht, in der auch der Schwerpunkt der Arbeit liegt.

*

Zum Schluß sei mir gestattet, denen zu danken, die durch Anregung und Förderung die vorliegende Arbeit mit Rat und Tat unterstützt haben. Vor allem schulde ich Dank den Herren Professoren Dr. W. Elze und Dr. R. Holtzmann, den Referenten der Arbeit. Mein weiterer Dank gebührt der Stadtverwaltung von Nordhausen, die durch großzügige Unterstützung die Herausgabe der Arbeit ermöglichte.

I. Kapitel: Das Befestigungswesen

Die Befestigung gehört zu den Grundelementen des mittelalterlichen städtischen Lebens. Sie bestimmt das Wesen der Stadt. „Die deutsche Stadt des Mittelalters“ sagt Gengier, „war in ihrer äußeren Erscheinung eine Schutzstätte wider Feindeseinfall und Befehdung, daher ihrem ureigensten Wesen nach eine wehrhafte Örtlichkeit.“

Die Befestigungen waren Eigentum des Stadtherrn. Seit den Karolingern, wahrscheinlich auch schon unter den Merowingern, war das Recht, Befestigungen zu errichten und zu unterhalten, anderen die Befestigungserlaubnis zu übertragen und Befestigungen, die ohne Erlaubnis errichtet worden, zu brechen, eine Funktion der Wehrhoheit des fränkischen Staates. Im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert gelangte das Befestigungsrecht in die Hände der weltlichen und geistlichen Fürsten, und vieler Städte. In dem Kampf um das Befestigungsrecht fand das Ringen der Städte nach Selbständigkeit und Freiheit seinen bezeichnendsten Ausdruck.

Viele Städte kamen schon im dreizehnten Jahrhundert in den Besitz des Befestigungsrechtes. So übten u. a. Köln und Worms seit der ersten Hälfte, Basel, Mühlhausen, Rostock und Straßburg seit der Mitte und Erfurt und Nordhausen seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts das Befestigungsrecht aus. In jener Zeit war die Befestigungstechnik zum Hauptbestandteil der Kriegskunst und der Besitz von Befestigungswerken fast gleichbedeutend mit politischer Macht geworden.

In Nordhausen stehen nach dem ersten erhaltenen Stadtrecht aus den achtziger Jahren des dreizehnten Jahrhunderts die Stadtbefestigungen unter der Aufsicht des Rates. „Hebet sich ein gezok in dirre stat“ heißt es Artikel 133, „swelch unsere bürgere sich vnderwunde keines tores ader tormes an der muwern … wer daz tete ane des rates lobe ir ieclich vnser burger gibt sechs phunt vn rumet zwei iar. Damit hatte die Stadt den durch die Zerstörung der Burg und die Vertreibung des Vogtes und der Reichsministerialen geschaffenen Zustand zur Besitznahme der Stadtbefestigungen benutzt.

Trotz der Rückkehr des Vogtes am Ende des Jahrhunderts beginnt Nordhausen selbständig den Neubau und die Erweiterung der Stadtmauer. 1299 tauschen „Thilomanuus de Elrich et Fridericus de Sangerhusen magistri consulum“ und die übrigen 16 „consules ciuitatis'‘ mit der Kapelle „Sancti Egidii Veteris Valve“ Land und Gebäude wegen der Erweiterung der Stadtmauer. Der Vogt hat auf die Stadtbefestigungen keinen Einfluß mehr. „Swi der stat were zubricht“, so meldet das neue Stadtrecht, „edir steine von der were werfit di git zhen Schillinge.“

In der Stadt entsteht ein eigenes Befestigungswesen. Zur Durchführung und Aufsicht aller Befestigungsarbeiten setzt der Rat zwei Ratsherren ein. Sie bieten die Einwohner zum Mauerbau auf, fordern von bestimmten Dörfern und Bauern der Umgegend Fronfuhren. „Ouch sal eyn iclich besezzin rat“, heißt es im vierzehnten Jahrhundert, „vort wanne he be-stetiget wirt zcwenne man kiesen vnder on, die da vordem alle iar die da steyne vuren von den dorfern die da phiegen des iares steyne zu der stat zu vurene vnd welch besezzen rat des nicht entete vnd di zcwene nicht da zu stelten vnd hilden, daz di steyne geuort worden von disen nachgeschreben dorfern, so solde io der man in deme rate sines eygenen geldis eyne mark an di stat geben, er he von deme rate kome.“ Im vierzehnten Jahrhundert entstand eine Behörde für das Befestigungswesen: Das Bauamt. Es wurde von den Baumeistern geleitet. Zu Zeiten lag auch die Aufsicht über die Befestigungen in den Händen der Kriegsmeister.

Die Einwohner der Stadt hatten sowohl am Mauerbau als auch an den Befestigungsanlagen in der Stadtflur zu arbeiten. Außenbefestigungen legte Nordhausen erst im fünfzehnten Jahrhundert an. Als 1464 die Honsteiner Grafen bezweifelten, daß die Stadt das Recht zur Anlage von Befestigungen außerhalb der Stadtmauer habe, konnte Nordhausen diesen Angriff auf einer Gerichtssitzung vor Herzog Wilhelm von Sachsen zurückweisen. Der Nordhäuser Bürger Hans Seher sagte aus: „Er habe nie anders gehöret, den das Northusen einen eigenen freyen flur … und dürfe schiege, Rennenbeume, graben, zingeln, schrancke zu hütten, borgfrieden und ander festenunge nach ihrer ebenunge und bequemlichkeit daruffe und darinne machen … Er habe selber von gehorsams, gebots und geheiß wegen des raths zu Northusen gegraben und gehulffen …“ Ein anderer Nordhäuser Bürger, Hans Gaßmann, sagte: „Er könne wohl gedenken, daß die von Northusen machten graben, zingeln und schiege von Crimilderode bis an die Gumpe und das was, da die Herschafft von Stolberg den Honstein innahm.“

Mit demselben Grafen entstand 1529 erneut Streit über die Befestigungen im Stadtgebiet. Unter anderen Zeugen wurde damals der Reichsschultheiß Leonhard Busch vernommen. „Er gedencke“, sagte er aus, „dass bey Graff Hanssen von Honstein Zeiten der graben von der Saltza an bis an die poliermühlen von nuwen ausgeworfen und gemacht ist. Man sehe noch täglich, dass der Rath zu Northusen alle jar zwischen Hesserode nicht weit vom Lindau mit wellenholtz und andere ihre warth bessern und daselbst warth und hut halten lasse.“

Die Pflicht der Bürger am Bau der Befestigungen zu arbeiten findet sich in vielen Städten. Die Göttinger Bürger hatten z. B. das sogenannte „Meinwerk“ zu leisten. Sie wurden der Reihe nach dazu ausgehoben. Die Versäumnis wurde mit einer Geldbuße belegt. In Goslar wurden auch die Schüler zum Meinwerk herangezogen. In Danzig waren die Bürger zum „Scharwerk“ verpflichtet. Jeder Bürger wurde von den Ordnungen gemahnt, ein- oder zweimal in der Woche mit seinem Gesinde zum Scharwerk zu gehen. Die wehrfähige Bürgerschaft Quedlinburgs war ebenfalls bei der Anlage von Stadtbefestigungen beteiligt. Doch meldet eine Ratsrechnung schon für 1485, daß die Hauptleute der Stadtbezirke „gravemester und gravearbeter“ zur Herstellung einer „lantwer“ annehmen und ihnen Lohn zahlen sollen. In Hildesheim und Danzig konnten die Bürger die persönliche Pflicht durch eine Steuer ablösen. 1671 erließ der Danziger Rat eine „Ordnung, wor-nach sich die verordneten Bürgere bey Einforderung, der gemeinen Schaarwercks Gelder zu richten haben.

Um das Gebiet, in dem die Stadt das Recht hatte, Befestigungen anzulegen, genau abzugrenzen, sorgte sie für die Kenntlichmachung ihrer Grenzen. „Ein ixlich radt“ bestimmt das Stadtgesetz des fünfzehnten Jahrhunderts, „sal alle iar eyns zcusschin ostern vnde pfinxten den flur bereyten: welch ratli daz liesze, so solde eyn ixlich rathman eyne margk an die stat gebin ane alle gnade. Ouch sal der rath den flur alzo er vor-steynet ist, besehen, graben, uffworffe, siege, czingeln vnde falleboume laszen bessern, fertigen vnde in beuelicheme wessen vnde besserunge behalden.“ Der Besitz des Befestigungsrechtes gestattete Nordhausen zu allen Zeiten den Ausbau seiner Befestigungen. Der erste steinerne Mauerbau um 1300 ist der sichtbarste Ausdruck für den Beginn der städtischen Selbständigkeit. Denn es ist klar, betont auch Rütimeyer, daß derjenige, der Herr der Stadtbefestigung ist, zugleich die politische Beherrschung der Stadt in Händen hat.

Seitdem baut Nordhausen die zur Erhaltung seiner städtischen Freiheit notwendigen Stadt- und Flurbefestigungen aus. 1365 wird die Befestigung der Vorstädte begonnen, wozu sich die Stadt 1368 die Einwilligung des Kaisers holt. Um 1400 entsteht ein großer Teil der Flur- und Grenzbefestigungen: Der „neue Graben“, der „lange Graben“, der „Landgraben“, der „Nordschlag“, und mehrere Warttürme. Seit 1436 baut Nordhausen seine Stadtmauer weiter aus, verstärkt die Flurbefestigungen. Der Kaiser gibt seine Zustimmung - Es entstehen innere und äußere Tore, die Stadtmauer erhält Zinnen und Türme. 1441 wird das Töpfertor stark befestigt und die Stadtmauer von dort bis zum Barfüßertor dreifach, vom Rautentor zur Kuttelpforte zweifach aufgeführt. In der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts hatte Nordhausen vier große Tore mit acht Tortürmen, zwei Pforten, 25 halbrunde und 4 eckige Türme in der Hauptmauer und in der äußeren Mauer 10 starke Bollwerke. 1480 wird die äußere und innere Stadtmauer noch erhöht. 1484 haben beide Stadtmauern 73 Zinnen, Türme und Tore. 1589 wird der sogenannte Oßwaldsche Turm errichtet. Im siebzehnten Jahrhundert besonders während des Dreißigjährigen Krieges wird die Stadt im Innern durch Ketten und Schlagbäume gesichert. In einem Verzeichnis der Bauherren von 1642 heißt es darüber: „Schloß am Schlage an Wolf Volckmars hause, bei Andreä Heils jun. hause, bei Anton Schielers hause, am Barfüßerthore, uf der Töpferbrücken, zwischen den Töpferthoren, an der Töpferbrücken, über dem Rautenthore, in der Hütergassen, am eusersten Bilenthore, am eusersten Suntheuser-thore, vorm Ähren, in der Newstadt gegen der Meusen hause, beim Seigerthore, ibidem unterm Seigerthore, an der Siechenbrücken, im Siechenthore, am inwendigen Siechenthore, an Georg Riedels hause, unter der mauren bey der Kottelmühlen, vor dem Newenwegesthore, 2 Schläge vor den Pallisaden außer dem Newenwegesthore, vor dem Grimmelsthore, an der Nieducken, in der Rosengassen, vor dem Altenthore, am Kruckthore, an der Scherfgassen, unter dem alten Seigersthore, vor dem Barfüßerthore. Summa 33 Schläge.“ 1710 und 1712 werden die Haupttore verstärkt, das ausgebrannte Töpfertor wieder errichtet, so daß ein „erfahrener General-Lieutenant“ berichtet Bohne „damahls en passant geurtheilet, wenn die Stadt Nordhausen dergleichen Rondel in quanto et quali noch mehr hätte …, so könnte die Stadt sich noch wohl eine Zeitlang wieder ankommende Stürme schützen und aufhalten.“ 1734 stellt Nordhausen die Stadtmauer vom Töpfertor bis zur Stiege neu her und 1739 und 1740 werden die Gräben des Frauenberges mit spitzen Pfählen neu besetzt. So bleibt bis ins achtzehnte Jahrhundert das Befestigungswesen ein lebendiger und wichtiger Teil des Nordhäuser Kriegswesens.

II. Kapitel: Die Wehrverfassung

Die Wehrverfassung Nordhausens ist das Ergebnis ständiger Abwehrkämpfe der Stadt. Dauernde Bedrohungen zwingen, die Mittel des Stadtstaates und die Kräfte des Volkes zur Erhaltung der Freiheit zu mobilisieren. Die Bürger übernehmen die Stadt­ verteidigung, die Geldmittel gestatten die Annahme von Söld­ nern und den Ausbau einer Artillerie. Die Einwohner bilden neben den Söldnern eine Miliz. Es kommt zur Bildung einer Wehrverfassung.

Die Nordhäuser Wehrverfassung entwickelt sich seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Sie ist ein Abbild der Stadtverfassung, wie der in ihr herrschenden Ideen und der Wesensart seiner Bürger. In ihr findet die kriegerische Ordnung des Stadtstaates ihren verfassungsmäßigen Ausdruck, offenbart sich der höchste Lebenswille seiner Bürger. Sie ruht auf genossenschaftlicher Grundlage. Alle Mitglieder des Rates nehmen an Wehrfragen teil. Sie entscheiden über die Rüstung der Stadt, das Aufgebot der Bürger und über die Werbung der Söldner.

Söldner sind in Nordhausen schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts nachzuweisen. Im Honsteiner Krieg 1368-69 dienen der Stadt 40 Söldner. Sie werden am Kriegsende abgedankt. Erst seit dem fünfzehnten Jahrhundert hält die Stadt eine ständige Söldnertruppe. Wesentliche Bedeutung hat aber das Söldnerwesen in Nordhausen nie erlangt. Im fünfzehnten Jahrhundert unterhält Nordhausen 100 bis 200 Söldner. Vor­ übergehend steigt die Stärke im sechzehnten Jahrhundert bis auf 200 Mann. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert beträgt die Stärke durchschnittlich 50 bis 100 Mann.

Die eigentliche Kriegsstärke der Stadt beruht auf dem Bürger­aufgebot. Es wird im fünfzehnten, sechzehnten und siebzehn­ ten Jahrhundert gegliedert. Die Gliederung geschieht nach Stadtbezirken und Innungen. Bei Kriegsfall erfaßt die Miliz fast 20 vom Hundert der Bevölkerung. Zur Nachtwache am Tor oder auf der Mauer werden die Bürger bis ins siebzehnte Jahrhundert gebraucht. Sonst steht die Miliz in ruhiger Zeit nicht unter Waffen. Seit 1661 besteht sie aus vier Kompagnien. Die Gesamtstärke schwankt zwischen 800 und 1000 Köpfen. Sie zerfällt im fünfzehnten Jahrhundert in die Festungsmiliz und in die zum Auszug bestimmte Miliz; dazu tritt am Ende des Jahrhunderts eine Artilleriegruppe. Seit 1420 dienen Schützen­ brüderschaften der Erhaltung der Wehrfreudigkeit der Bürger. Insgesamt umfaßt die bewaffnete Macht Nordhausens durch­ schnittlich 1000 bis 1200 Köpfe.

a) Die Kriegsbehörden

Der Stadtstaat Nordhausen entwickelt entsprechend dieser Vielgestalt der Kriegsmacht Kriegsbehörden.

Die oberste Kriegsbehörde für das gesamte Kriegswesen ist zu allen Zeiten der Rat. Er erläßt Wachvorschriften, bestimmt die Musterung der Bürger, beschließt über Anschaffung von Kriegsmaterial. Er nimmt Söldner an, erläßt Kriegsartikel. Beschränkt ist seine Macht in der Entscheidung über Krieg und Frieden. Er muß dazu das ganze Volk befragen. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert leisten die Offiziere und der Fähnrich vor dem sitzenden Rat den Treueid. Vor demselben Rat schwören die Büchsenmeister im siebzehnten Jahrhundert: „Das ich dem Rathe und Gemeinheit der Stad Northausen trawlich dinen, Wie ein redlicher Buchsenmeister thun sol - und der Stad mit Pulvermachen trawlich und wol vorwaren - Und was ich an Pulver mit Geschütz und Furrath bey der Stad unterricht werde und finde, das ich das nymermehr, weil ich lobe, keinen Menschen ausgeschlossen, dem Rath vormelden wil trawlich und eigentlich, Wil mich auch bey meynem Sold genüge lassen, Man wolt mir den vorgutt Willen zulegen …

Die Söldner als ständige kleine Kampftruppe unterstehen dem Rat, keiner Sonderbehörde. Die beiden regierenden Bürgermeister haben die Befehls- und Strafgewalt. 1443 rief der Bürgermeister Oveckborn den Hauptmann Ulrich von der Nesse mit seinen Leuten in die Stadt, um ihm Befehle für sein Verhalten im Kampf gegen die Herzoge Otto, Heinrich und Ernst von Braunschweig zu geben. 1482 entfernte sich der Stadthauptmann Seifert von Bülzingsleben mit drei Söldnern gegen den Befehl der Bürgermeister aus der Stadt. Die Bürgermeister verlangten die sofortige Rückkehr. Da er nicht erschien, entließ der Rat diesen Stadthauptmann.

Der gesamte Rat bestimmt und ernennt die Offiziere der Miliz. Er ordnet die Abgrenzung der Stadtbezirke für die militärische Gliederung der Bürgerschaft. Er bestätigt die Wahl der Schützenmeister der Schützenbrüderschaft.

Der Eintritt in die befestigte Stadt ist in Zweifelsfällen nur mit Erlaubnis des regierenden Bürgermeisters gestattet. In außergewöhnlichen Fällen tritt der Rat zusammen. So versammelt sich 1551 der Rat und lehnt den Einlaß sächsischer Truppen ab. 1717 erläßt der Rat ein Edikt für die Wachen an den Toren und Pforten. „E. Wohledler Magistrat ernster Befehl“ heißt es, „daß die Wachen an Thoren und Pforten … sowohl auf bevorstehendem Jahrmarkt, als nachher jedesmahl auf die Frembden und Durchreisenden fleißige Acht haben, solche umständlich examiniren und befragen, die Pässe und Kundschaften zur Untersuchung in denen Thoren und Pforten abfordern, und nach Befinden dem regierenden Bürgermeister, einreichen …“

Für das übrige städtische Kriegswesen entstehen eine Anzahl von Sonderbehörden. Sie werden ehrenamtlich von zwei bis vier Ratsherren geleitet. Die wichtigste Behörde ist das Pfeilamt. Ihm untersteht die Verwaltung des gesamten bürgerlichen Kriegswesens. Nachzuweisen ist dieses Amt seit 1470. Es reicht in seinen Anfängen bis ins vierzehnte Jahrhundert zurück. Für die Stadtbefestigungen besteht ein Bauamt seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts. Am Ende des siebzehnten Jahrhunderts entwickelt sich das Wachtamt aus der Kämmerei. Es sorgt für die Erhaltung der Stadtkompagnie durch die Einnahme des bürgerlichen Wachtgeldes. Der Ältestenrat, der seit 1375 besteht, überwacht alle Behörden des Stadtstaates und das gesamte städtische Kriegswesen. Seine Bedeutung entspricht der eines Kriegsrats.

Der Kriegsrat ist die den Städten vornehmlich eigene Form der Kriegsbehörde. Er ist im Mittelalter meistens ein für den Notfall eingesetzter Ausschuß. Seine Mitgliederzahl ist nicht feststehend. Sie ergibt sich aus der dem Kriegsrat gestellten Aufgabe. 1392— 93 wurde in Straßburg ein Kriegsrat von sieben Mitgliedern eingesetzt. 1445 wird in Basel ein Kriegsrat von dreizehn Mitgliedern gebildet. Oft wurde der Kriegsrat nach der Anzahl seiner Mitglieder benannt. Augsburg hatte 1372 und 1422 einen „Rat der Sieben“ . In Rottweil gab es einen „Neuner Rat“.

Die Zusammensetzung des Kriegsrats entsprach den inneren politischen Verhältnissen der Städte. So setzte sich in Straßburg der „Rat der Sieben“ aus fünf Rittern, Knechten, Bürgern und Handwerkern, einem Meister und einem Ammanmeister zusammen. Der „Neuner Rat“ in Basel 1406 zählte den Bürgermeister, den Oberzunftmeister, einen Ritter, zwei Achtbürger, zwei Ratsherren von den Zünften und zwei Meister zu seinen Mitgliedern. In Danzig bestand der Kriegsrat 1573 aus einem Bürgermeister, drei Ratsherren, zwei Schöffen und vier Mitgliedern der dritten Ordnung. Der Kriegsrat hatte der Stadt einen Eid zu leisten.

Als ständige Behörde erscheint der Kriegsrat in der Neuzeit. In Danzig besteht von 1624 bis 1793 ein ständiger Kriegsrat. Der Nordhäuser Kriegsrat ist schon seit dem ausgehenden Mittelalter als eine ständige Behörde anzusehen, da der Ältestenrat die Funktion eines Kriegsrats dauernd üben konnte.

Der Ältestenrat ist in seiner doppelten Funktion als politische und militärische Behörde der sichtbarste Ausdruck einer Wechselwirkung zwischen militärischer und politischer Gestaltung der städtischen Lebensordnung. Durch ihn wird die Art der militärischen Führung bestimmt, die Einheit und Stärke der militärischen Gewalt bedingt. Er ist im besonderen bei drohenden Kriegen für den Verteidigungszustand der Stadt verantwortlich. Dieser Forderung entspricht seine Machtbefugnis. Sie umfaßt alle Zweige des Kriegswesens: Die Aufsicht über die Befestigungen, die Zeughäuser und die Munition, die Besetzung der Tore und Mauern, „da sich ein jeder vorkommendenfalls zu finden lassen hat“ , hieß es 1622.

Mitglieder des Ältestenrats waren die Bürgermeister und die Viermänner. Seine Struktur macht es wahrscheinlich, daß er die kunktion eines Kriegsrats schon im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ausübte. Nachzuweisen ist sie erst für den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts. Am Beginn des Dreißigjährigen Krieges lag die Rüstung der Stadt in den Händen des Ältestenrats. Am 14. April 1619 heißt es, „haben die Herren Ehesten beschlossen zu bestellen:

  1. einen Lieutenant,
  2. die gekorne Kriegsleute in den Handwerken zu fordern,
  3. nach dem Zeugmeister zu Cassel zu schreiben, der die Geschütze fassen soll.
  4. Bley und Pulver zu kauffen,
  5. öffentlich anzuschlagen, daß ein jeder sich einheimisch halten soll,
  6. 30 Soldaten unter den Bürgern zu werben,
  7. die Rüstung zu schaffen“.

Es liegt nahe bei der Bedeutung des Kriegsrats für das Kriegswesen der Stadt und dem Mangel an Überlieferung in Nordhausen, einen Blick auf die Nachbarstadt Mühlhausen zu tun. Die wichtigste Kriegsbehörde war in Mühlhausen im siebzehnten Jahrhundert das Kriegsamt. Ihm unterstand das gesamte, städtische Kriegswesen. Die Leitung lag in den Händen der vier Kriegsmeister. Ihre Pflichten waren:

  1. Bei Durchzügen und Einquartierungen Aufsicht und Verhandlungen im Namen der Stadt zu führen;
  2. Den städtischen Kontingenten zur Reichs- und Kreishilfe als Kriegskommissare zu dienen;
  3. Tag und Nacht die Wachen zu überprüfen:
  4. Die Stadtsoldaten anzunehmen und zu entlassen, die militärische Strafgewalt auszuüben;
  5. Den Bürgerausschuß einzuberufen, die Bürgeroffiziere zu ernennen, Besichtigungen und Waffenübungen anzusetzen;
  6. Bei Tumult und Aufruhr mit der Militärmacht die Ruhe

wiederherzustellen.

Zur Erfüllung ihrer Pflichten standen den Kriegsmeistern drei bis acht Kriegskommissare zur Seite. Diese bildeten zusammen das Kriegsamt. Die Beschlüsse des Kriegsamts mußten den „Senioribus“ zur Begutachtung vorgetragen werden. Damit war die Einheit der politischen und militärischen Führung gesichert. Die Durchführung der Beschlüsse lag in der Hand des Kriegsamts. Den Vorsitz im „Consilio militarii“ führten die Kriegsmeister. Die militärischen Strafen wurden in gemeinsamer Sitzung beschlossen. „Am 21. März 1620“ , berichtet das Kriegsamtsbuch, „sindt von den Krigsherrn ettliche Bürger vom Ausschuß vndt Soldaten in Straff genommen, Vmb daß sie bei währenden Convent vnterschiedlichen die Wache negligenter gehalten, verschlaffen vndt sonsten Verbrechung gethan.“ Die geworbenen Soldaten schwören vor dem Kriegsamt: „Ihr sollet geloben und schwehren, daß E. E. Rath allhir ihr getreu, hold und gewärtig seyn, dessen Nutzen und bestes suchen, Schaden und Nachtheil aber abwenden, auch als ein redlicher Soldat zu denken und defendirung der Stadt welcherley allen Vorfällen worzu ihr commandiret werdet, euch gebrauchen lassen und dabey weder Leib noch Leben scheuen, denen Befehlen denen die Krieges- und Militair-Sachen besorgenden Herrn Bürgermeister folge thun, denen euch Vorgesetzten Obern und Subaltern Oficiers gehorsam und respect erweisen, in Werbungs Sachen euch nicht einmischen, noch den Werbeoficiers Laute bringen, noch darzu andere gebrauchen und durch diese von denselben einige Vergeltung vor euch annehmen und bedingen und euch in eurem Dienst treu, unverdrossen und unverdrißlich wie solches einem Gott und ehrliebenden rechtschaffenen Soldaten eignet und gebühret, verhalten wollet.“ Die Sitzungen des Kriegsamts fanden den Umständen nach statt. Im ersten Vierteljahr 1620 wurden am 3., 4., 11. Januar, dann erst wieder am 1. und 21. März Sitzungen abgehalten. Am 3. Januar 1620 beschloß der Kriegsrat: 1. Die Dörfer verteidigungsfähig zu machen, 2. die Wachen an den Toren strenger durchzuführen, 3. reitenden Erkundungsdienst im Stadtgebiet einzurichten, 4. einen Stadtkapitän zu werben, 5. Mäntel für den Bürgerausschuß auszugeben, 6. Hellebarden an die Untertanen auszuteilen, 7. Musketen den Bürgern zu verkaufen, 8. Pulver, Lunten und Blei auszugeben, 9. Einen zweiten Trommelschläger (für den Notfall) anzunehmen.

Verwaltung und Aufsicht über das städtische Kriegswesen waren in Mühlhausen im Kriegsamt vereint. In Nordhausen führte der Ältestenrat die Aufsicht, die Verwaltung war dem Pfeilamt übertragen.

Die Pfeil- oder Kriegsmeister leiteten das Pfeilamt. Ihnen unterstanden der Marstall und die Zeughäuser. Es gehörte zu ihrer Aufgabe, die Bürger für die Verteidigung der Stadt zu liedern. Sie zogen mit dem Aufgebot in den Kampf. Sie führen Rechnung über Verbleib, Verleihung oder Ausgabe von Waffen und Pulver. Sie verteilten die Geschütze auf die Tore und Türme der Stadt. Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert beaufsichtigten sie auch die Verteidigungsanlagen der Stadt. Der Rat erließ Verordnungen, nach denen sie sich zu richten hatten. Ihnen waren die „greber“ unterstellt, die den Stadtgraben in Ordnung hielten. Im fünfzehnten Jahrhundert hatte der Rat verordnet: „Keynn greber sali vorthenn grabenn, es werde yme dann vonn denn krigesmeistern beuolen.“

Im Marstall unterstanden den Kriegsmeistern der Marstallmeister, der Futtermeister und zwei bis drei Knechte. Am Ende des vierzehnten Jahrhunderts standen 20 bis 30 Pferde auf dem Marstall. Darunter waren auch Pferde für die Söldner“. Das Verleihen der Pferde war deshalb an die Erlaubnis der Befehlshaber der Miliz und der Söldner geknüpft. „Der pferde soll man nymands“ heißt es in den Stadtgesetzen „eir sie geystlich ader wertlichst Stands lihen, dan mit wissen vnd voworth der zcweyer Rathsmeistere vnd Krigmeistere.“ Die Kriegsmeister im besonderen sollten darauf achten, daß der Futtermeister zu rechter Zeit und genügend futtert, daß die Kämmerei Hafer einkauft und für Stroh sorgt, die Schmiede den Pferden gute Eisen unterschlagen. Ohne Erlaubnis der Kriegsmeister durfte kein Pferdezeug erneuert oder bestellt werden. „Die krigesmeistere“ heißt es in einer Bestimmung von 1445, „sollen vnder sich eynigk werden, das ye eyner aus ynen des tages eyns vff dem stallen sint vnd zcusehen auch ob gebrechen worden oder werdenn wollen, vorhuthen …“ Über Kauf und Verkauf von Pferden, Neuanschaffungen usw. hatten die Kriegsmeister jährlich Bericht zu erstatten.

Für die Aufbewahrung des Pulvers und der Geschütze standen dem Pfeilamt mehrere Orte in der Stadt zur Verfügung. Im fünfzehnten Jahrhundert dienten dazu das sogenannte Pfeilhaus, die Sankt-Georgs-Kapelle und der Marstali. Seit dem 16. Jahrhundert wurde für die Unterstadt das „Wachthaus vor dem Vogel“ als Zeughaus benutzt. Zur Besorgung des Artilleriewesens nahm die Stadt Büchsen- und Zeugmeister an. Sie unterstanden dem Pfeilamt. 1484 war Hans Schugkelin bestallter Büchsenmeister. 1619 wurde Stephan Sollstedt städtischer Büchsenmeister. Er hat, heißt es im Ältestenratsbeschluß, „anno 1620 im Oktober 7 Falckenetstücklein uff die Axe zu bringen, mit Rädern zu versehen, das sie im November können beschossen werden“. Man nahm, wenn es die Not erforderte, auch Schlosser als Büchsenmeister in Dienst. So beschlug 1619 der Schlosser Hans Götze drei Falkonettstücke.

Die Verteilung der Waffen und Kriegsgeräte auf die Verteidigungsanlagen der Stadt war Aufgabe des Pfeilamts. Der größte Teil der Waffen und Kriegsgeräte lag auf den Toren und Türmen der Stadt. 1484 lagen auf dem alten Tor 7 Steinbüchsen, 1 Karrenbüchse mit ihren Steinen, 2 Armbrüste, 1 Wippe, 16 Hakenbüchsen und übriges Kriegsgerät, auf dem inneren Töpfertor 1 kupferne Steinbüchse, 1 eiserne Steinbüchse, 13 Hakenbüchsen, 3 Armbrüste und 2 Wippen mit vielem Kriegsgerät. Von 73 Türmen und Toren der Stadt waren im selben Jahr 65 Verteidigungspunkte mit Waffen und Kriegsgerät aus den Zeughäusern der Stadt belegt. Allein in den Vorstädten lagen 1484 51 Hakenbüchsen, 57 Armbrüste und 4 Geschütze. Auf den Türmen der Innenstadt waren im gleichen Jahr 80 Hakenbüchsen, 48 Armbrüste und 16 Geschütze.

Auch die Geschützgießerei unterstand dem Pfeilamt. Das älteste selbstgegossene Geschütz der Stadt stammte aus dem Jahre 1458. Es war der „Schnellundebaldedavon“ , der im Register der Kriegsmeister als „Slange“ bezeichnet ist.

Die Verteilung der Waffen, die sogenannte „bestellunge der thore unde thorme“ , hatten die Kriegsmeister zu bestimmen. Sie überprüften halbjährlich alle Kriegsgeräte auf Toren und Türmen und erstatteten dem Rat Bericht darüber. Gleichzeitig mußten sie die Tore und Türme selbst nachsehen. 1668 berichten sie, daß alle Tore und 10 Türme „baufällig sind. 1669 erinnern sie erneut, daß es „höchst nöthig“ sei, die Tore auszubessern. Nach der Besichtigung verteilten sie die Bürgerartilleristen auf die Türme der Stadtmauer. Je nach der Bestückung betrug die Stärke der Besatzung 2 bis 10 Bürger. 1491 waren auf den Schützenturm 4 Bürger bestellt: Hans Bogen, Hans Kapmann, Hans Zymann und Curdt Magkenrod, auf dem Töpfertor 10 Bürger. Auf 46 Stadttürmen waren 1491 163 Bürger zur Bedienung der Waffen bestimmt. In der Neustadt wurden 6 Bürger zu Büchsenmeistern ernannt. Für die Geschütze in dem Büchsenhaus von Sankt Georgen waren 1491 20 Bürger bestimmt. „Volgen die zu denn büchsenn seint verordint“ heißt es im Inventarium magistrorum telorum. Zu der Erfurtischin buchsen: Hans Knechten, Hans Roden, Claus Palhelm, zcue langen slangen: Heinrich Zymann, Caspar Bötticher, zcue andern slangen: Joccof Steler, Dittrich Brun, zcue eyner lotbuchsen: Johann Specht, Heinrich Eigesmann. zcue eyner Steynbuchsen: Hans With, Bastian Golmann, zcue andern Steynbuchsen: Hans Pfeffer, Heinrich Holz, Zur dritten Steynbuchsen: Heinrich Holme, Hans Clar, Zur virden Steynbuchsen: Steffan Bach, Hans Trische, Tile Schröter, Zur fünften Steynbuchsen: Heinrich Richenberg, Heinrich Westfal. 1535 betrug die Stärke der Büchsenschützen 164, der Armbrustschützen 1754 und der Geschützbedienung 45 Köpfe. Die Berichte des städtischen Pfeilamts über den Waffenbestand der Stadt bestehen in den Jahren 1484 bis 1545 aus drei Teilen. Sie umfassen:

  1. Die vorhandenen Waffen in den Zeughäusern und auf den Wehrtürmen;
  2. den Pulvervorrat in den städtischen Zeughäusern;
  3. die Ausbesserungen, Neuanschaffungen und Verleihungen von Waffen.

Die Berichte wurden in das „Inventarium magistrorum telorum“ eingetragen. „Desglichin sollen die pfilmeistere“ , heißt es 1470, „ouch mit des rathis czeychin alle geschutcze vnde gezcugk zcu yren ammechte dynen vnde gehören, ouch alle woffen vnd geschutcze vff den thoren vnde thormen, philhusen. muren vnde wo si daz haben, zceichene, in eyn register beschrebin, vnde vorzceychent yren nachkomen geben, antwerten vnde bewiesen bie der selbigen buesze.“ 1486 berichteten die Kriegsmeister über 33 neue Armbrüste, 10 neue Hakenbüchsen. 1487 wird die Ausgabe von 3 Hakenbüchsen an Heinrich Moler und Karl Weber berichtet. Einem Knecht des Hauptmanns waren 30 Armbrüste ausgegeben. Die Verleihung und Ausgabe von Waffen und Kriegsgerät konnte nur mit Wissen des Rates geschehen. In den Statuten von 1470 heißt es: „Wer ouch des rats geschutcze, puluer, buchsen, pfile, kryge, gortel, helme dir welcherley das were, bedorffet ane des rats loube, der gebit zcwo margk. Treit adir nemmet er osz vomme thore addir thorine ane des rats loube, so gebit her die selbige buesze. Thut er ane kuntschafft vnde heymelichen, man rechent oz ome vor dube.“

Das Pfeilamt war mit der Durchführung der Gliederung und Überwachung des Bürgeraufgebots beauftragt. Die Kriegsmeister waren als Leiter des Pfeilamts Befehlshaber der Miliz. Sie zogen mit den Bürgern in den Kampf. Als die Stadt 1433 keinen Stadthauptmann hatte, ritt der Kriegsmeister Heinrich Wechsung auf Befehl des Rates mit 12 Söldnern aus, um „den frunden von Halbirstat“ zu helfen. Ein Kriegsmeister führte die bürgerliche Schlachtordnung an.

Mit der Verwaltung des Marstalls, der Zeughäuser und der Überwachung und Leitung des Bürgeraufgebots war das Pfeilamt neben dem Ältestenrat die wichtigste Kriegsbehörde Nordhausens.

Am Ende des 17. Jahrhunderts entstand das Wachtamt. Es wurde von drei Ratsherren, zwei Akademikern und einem Handwerker verwaltet. Dem Wachtamt lieferten die Einwohner das Wacht- und Feuerwachtgeld sowie die Reichskriegssteuer ab. Es zahlte dafür die Löhnung der Stadtsoldaten, die Waffenausbesserungen und die Kosten der Uniformierung. Das Wachtamt konnte gegen die Aufnahme eines Stadtsoldaten den Einwohner vom Wachtgeld befreien. 1736 nahm Gottfried Ehrenfurt den Musketier Frankenstein auf und wurde dafür vom Wachtgeld befreit. Am 1. Juli 1736 erhielt ein Bürger folgenden „Quartierzettel“: „Johann Christian Tolle logiret den Stadtsoldaten Baumler und hat gegen Vorzeigung dieses monatlich zgl. Freyheit an Wache Gelder, dato an Nordhausen den 1 ten Julii 1736.“ Das Wachtamt bestand bis zum Ende der Reichsfreiheit Nordhausens.

Die einzelnen Kriegsbehörden der Stadt besitzen keine Selbständigkeit. Sie sind im wesentlichen ausführende Organe des Rates. Sie unterstehen alle unmittelbar dem gesamten Rate. Auch der Ältestenrat konnte wichtige Entscheidungen nur mit der Zustimmung des Rates treffen. Seine Stellung als Kriegsrat betreffend, hatten die Mitglieder zu schwören, „ … daß ich auch der Stadt Geschütze und Wehren ohne Vorbewußt und Einwilligunge der andern Räthe nicht verleihen wolle, das schwöre ich …“ Die Mitglieder der Kriegsbehörden gehören gleichzeitig dem Rat ah. Es besteht daher in den Kriegsbehörden eine enge Verbindung der Stadt- und Kriegsverfassung. Das Fortbestehen der gleichen Kriegsbehörden durch Jahrhunderte zeugt für ihre Bewährung. Ein Versagen wird von keiner Behörde überliefert.

b) Aufbringung und Gliederung der bewaffneten Macht

1. Die Bürgerliche Streitmacht

Der Aufbau der Kriegsmacht bestimmte sich aus der Größe und Stärke, der politischen Lage und wirtschaftlichen Kraft der Städte. Diesen Gründen gemäß entschieden sie über die Art ihres Heeress.

Danzig baute im 17. und 18. Jahrhundert sein Söldnerheer verzichtete auf die Aufstellung einer Landmiliz. Mühlhausen entschied sich für die Miliz. Es maß neben der Bürgeriliz der Landmiliz aus seinen Dorfschaften große Bedeutung bei.

Seit der Erringung der Wehrhoheit entwickelte Nordhausen in erhöhtem Maße eine eigene Kriegsmacht. Ihre Aufbringung erfolgte durch Werbung und auf der Grundlage allgemeiner Wehrpflicht. Solange Nordhausen Reichsstadt war, bestanden beide Arten nebeneinander. Der ersten Art entsprach die Söldnertruppe, der zweiten die Miliz.

Entwicklung und Gestaltung der Wehrpflicht sind aufs engste mit der städtischen Freiheit verknüpft. Durch sie erlangt die Wehrpflicht erhöhte Bedeutung und wird zum tragenden Grund, der durch die Freiheit möglich gewordenen städtischen Lebensordnung. Sie dient der Verteidigung und Bewachung der Stadt und des Stadtgebiets. Der Rat erläßt dazu Bestimmungen.

Die frühesten gesetzlichen Bestimmungen über die Wehrpflicht der Bürger betreffen die Waffenpflicht. Der Bürger mußte jederzeit seine Waffen im Hause bereit haben: „Ein iclich vnse borger“ , hieß es 1308, „sal sine wapen habe hette he der nicht, swenne der rat vinme get, die git fvmf Schillinge vnde swi sine wapen vorliet vf sogetane zit alse di rat vmme get, di git di selben buze.“

Nordhausen hat bis ins 18. Jahrhundert hinein Wehrgesetze erlassen. Sie waren den verschiedensten Abwandlungen unterworfen. Die Bestimmungen über die Waffen und Ausrüstung wechselten entsprechend den technischen Veränderungen. 1470 bestimmten die Statuten, „eyh iclich bruwer sal habin synen eygen harnasch, nemelichen Jagken, Pantczer, Ysernhut, Brust, Schortcz, Koller adir blechkrayn vnde eyne haken-buchsen, als yme gesatczt ist.“ Dagegen hieß es 1616: „Ein jeder Brauwer soll sein Mussqueten, Gabeln, Pantulier und Schutzen-Röcklein und was ansonsten dazugehörig habenn, die Geschoß und Zunt- Fläschlein am Pantulieren allenthalben voll Pulver habenn und stetig zu Tage und zu Nacht damit gefaßt seyn.“ Die Stadt verlangte vom Bürger, daß er sein Gewehr gebrauchen könne. Im sechzehnten Jahrhundert hat sie dazu Übungen angesetzt. In der Wehrverordnung hieß es: „Und sollen sich alle Büchsenschützen und denen Büchsen zugeschrieben sint, mit denselben Iren Büchsen auch aller zugehörenden Notturft genugsam und voll gerust zu den Übungen geschickt und wol vorsehen finden lassen.“ Im siebzehnten Jahrhundert hatten sich „die langen Spießer mit Spießhosen und Rüstungen, die Schlacht-Schwertirer mit Rüstung und die Musquetirer mit Pantelier, Sturmhauben und Schutzenrocken“ zu Übungen einzufinden.

Die Schwierigkeiten der Erhaltung der Selbständigkeit werden siebzehnten Jahrhundert für den Stadtstaat immer größer. Er trifft Maßnahmen gegen die bald nach dem Dreißigjährigen Krieg aufkommende Waffenuntüchtigkeit der Bürger. „Bey manchen ehrlichen Bürger sich aber befindet“ heißt es in einem Brief der Schützenherren 1667, „daß er zwart das schuldige Gewehr hat, darmit aber gar nicht oder doch wenig umbzugehen weiß, wie <Ee Erfahrung bey dem vorgehabten Exercitio gegen Anno 1661 … mehr alß zu viel an den Tag gegeben.“ Der Rat errichtet eine Schützenkompagnie „daß uff bedürfenden Nothfall und ereigneter Folge, Sie derer Obrigkeit assistiren und als Stadt und Land defendiren helfen können“.

Um die Voraussetzungen für die Wehrpflicht zu erhalten, erläßt der Rat Bestimmungen gegen den Verkauf der Waffen. In einem öffentlichen Anschlag des sechzehnten Jahrhunderts heißt es: „Ingleichermaßen und bey gemeltem Ernst gebieten wir, das sich ein Ider in derselben Zeit widder und mit dergleichen Were, als er vorkauf ft, es sey an Harnisch oder anderm geschickt mache bey vier Marek. Und vorbieten eynem Idern bey den Pflichten, damit er uns vorwant ist, das nymand keyne Wehre aus der Stadt ane unsers des Radts Erlaubnis verkauften sal. Wer darwider handelt, der sol ane Gnaden gestraft werden.“ Stets hält der Rat die Bürger zum Besitz eigener Waffen an. Neben den Statuten, die den Waffenbesitz zur Pflicht machen, mahnen öffentliche Anschläge bis in das achtzehnte Jahrhundert daran. „Wann dann die hiesige Stadt löbliche Policey-Ordnunge“ heißt es 1667 „und darauf abgelegte Bürgerliche Pflicht einen Jeden Bürger dahinn verbindet, ein fertig Rohr sambt Kraut und Loth in seinem Hauße stets zu halten, damit auf Erfordern er damit parat erscheinen und die schuldige aufwartung leisten könne …“* Von diesen Bestimmungen war kein Bürger ausgenommen.

Suchte man einerseits den Waffenverkauf der Bürger zu verhindern, so war andererseits durch Gesetze dafür gesorgt, daß die Waffen ohne ihre Schuld nicht aus ihren oder ihrer Familie Händen kamen und darüber hinaus der Gemeinde erhalten blieben. Diesem Zweck dienten vor allem die erbrechtlichen Bestimmungen über das sogenannte „Heergewäte“ „Sterbit ein man, edir ein vrowe“ , heißt es in den Statuten 1308, „gerede noch hergewete endoruen su nimanne gebe, di wile daz or ein lebit, nach orme Iibe sollin di nesten erben di gerade vnde daz hergewete teyle glich mit anderer varndir habe“. Diese Bestimmung betraf jeden Bürger, der verpflichtet war, eigene Waffen zu halten. Sie gilt bis in die Neuzeit, läßt sich für Nordhausen bis in das siebzehnte Jahrhundert nach weisen.

Die Bürger mußten entsprechend ihrem Vermögen und der sich daraus ergebenden Steuerzahlung Waffen halten. Die Stadtgesetze des fünfzehnten Jahrhunderts unterscheiden vier Gruppen. „Wer vort me zcu Northusen eygen hus hat edir hi wonet, der sal sine wapen haben“ bestimmten die Statuten 1470, „Wer drier Mark wert gutis verschozzet, der sal haben eyne schopen, Isenhut wapenhenschu, eynen spiz und eyn swert. Wer des nicht enhette, der vorluset vunf Schillinge an di stat. Wer cen mark wert gutis verschozzet, der sal haben panzcir, Isenhut, wapenhenschu, eyne schopen, eynen crayn, eyne tarschen, eynen spiz vnd eyn swert. Wer des nicht enhette der vorluset cen Schillinge. Wer drizzcigk mark verschozzet, der sal haben redeliche wapen, eyne schopen, crayn, grusenir, schoz, eyne swebische plate, eyne tarschen, eynen spiz vnd eyn swert. Ouch mag eyn man wol haben eyn panzir vor grusenir vnd vor schoz. Wer des nicht enhette, der vorluset eyn phunt. Wer sexszcik mark verschozzet, der sal haben redeliche wapen, eyne schopen, crayn, grusenir, schoz, beingewant mit roren, eyne swebische plate, tarsche, Isenhut, heim, wapenhenschu, eyne gleuenie edir spiz vnd eyn swert. Wer des nicht enhette, der vorluset eyne mark. Ouch mag eyn wol haben eynen schilt vor eyne tarsche.“ Die ärmeren Bürger hatten sich von den Zeughäusern Waffen zu holen.

Die Einhaltung der Bestimmungen ließ der Rat durch die Kriegsmeister überwachen. Die Aufsicht über die Bewaffnung der Bürger geschah im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert durch den sogenannten „Umbgang des Ratis“ , der in der Regel zweimal im Jahre stattfand, seit dem sechzehnten Jahrhundert bei den Musterungen der Bürgerschaft. Bei der Musterung am 2 Februar 1622 prüften die Kriegsmeister, „ob die Gewehr in nöthiger Bereitschaft seind“ . Eine weitere Prüfung der Bewaffnung und Ausrüstung der Bürger fand am 29. Februar 1660 statt.

Die Wehrpflicht umfaßte alle Bürger der Stadt. In Kriegszeiten erweiterte sie sich zur Erhöhung des Widerstandes auf alle wehrfähigen Einwohner der Stadt. „Wan man zcu storme lutet vnde di viende vf deme velde sin“ heißt es 1350, „so sal niman zcu vuz vzloufe noch i'ite sunder eyn iclich man he si cristen eder iude sal gewapent zcu sine houbit luten kome di in der stat gesatz sin da on hine bischeiden ist vnde sal den uolge vnde tu waz su on heizen, wer des nicht tete der uerlore eyne marg kegen den rat zcu buzze.“ Eine Altersgrenze nach unten oder oben gab es nicht.

Die Ableistung der Wehrpflicht konnte durch persönliche Dienstleistung, durch Stellung eines Vertreters, nach der Höhe des Vermögens geschehen. Die persönliche Dienstleistung bestand in Feldzügen außerhalb der Stadt, im Wachehalten an den Toren und auf der Stadtmauer und in Arbeiten an den Befestigungen der Stadt und des Stadtgebiets. S eit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts werden Kriegszüge der Nordhäuser Bürger außerhalb der Stadt und ihres Gebietes nachweisbar. 1306 zogen Nordhäuser Bürger mit denen von Erfurt und Mühlhausen zur Belagerung der Wartburg bei Eisenach. 1313 kämpften Nordhäuser mit denselben Städten in Thüringen gegen den Landgrafen. Der Felddienst der Bürger erstreckte sich nur auf kurze Zeit. 1306 kehrten die Nordhäuser Bürger vor Beendigung der Belagerung der Wartburg heim, da sie ihnen zu lange dauerte.

Für den Kampf außerhalb der Stadt erließ der Rat Schlachtordnungen. Sie boten die Möglichkeit, Angriffe auf Nordhausen wirksam abzuweisen. Sie teilten den Nordhäuser Heereszug in das Panier und den Haufen. Gegliedert war von beiden nur das Panier. Seine äußere Form war die eines Keils. „Anno 1430 ist die pannier bestellt“ , heißt es in einer Schlachtordnung, „Zu dem panier zu halden zu felde by dem fußvolck ist gekohrn Kerstian Koch. Die Spitze sollen drei sein. Darnach sind fünf geschickt. Darnach sieben. Uff der rechten syten by der panier sollen neun personen sein und uff der lincken syten bie der panier zehn personen. Ein und zwenzig sollen die panier decken. Hiernach und umme sol der gantze hauffe folgen, ginder dem hauffen, die dy liite zusammen treiben, sollen syn zu pferde: Heinrich Schmidt, Günther von Berga, Hans von Brakei. Hinder dem hauffen sollen syn sechs Knechte … Es sollen bey den Reisigen sein ein Krigsmeister, der soll mit einem hauptmann erkennen und rathen das beste. Gleiche Ordnungen hatte der Rat 1442 und 1452 erlassen. Im sechzehnten Jahrhundert sind Auszüge der Bürger nicht mehr nachzuweisen.

Als zweite Art persönlicher Dienstleistung verlangte die Stadt vom Bürger den Wachtdienst. Im Wachtdienst lag der Schwerpunkt der bürgerlichen Wehrpflicht, er war die „Hauptbestimmung der Stadtbürger“. Bis in das siebzehnte Jahrhundert blieb der Wachtdienst eine persönliche Pflicht. In einer Wachtordnung vom 23. Juli 1640 bestimmte der Rat: „Weilen auch vors Vierde der Rath der Bürgerschaft ins gewehr unndt gute Verfassung zu setzen gemeint haben sie mit allen fleiß dahin zu sehen, daß solches ohn verlangt erfolge, unndt dardurch der Stadt conservatio befestiget werden. Da etwa wegen annäherung der Armeen der Stadt gefahr Zuwachsen, oder sonsten was wichtiges zu der Stadt nachttheil vorfallen würde, Haben sie zu vigiliren, mit dem Rath sich zu vernehmen unndt der Stadt unndt der Guarnison conversatio aufs Eußerste unndt beste ihnen angelegen sein lassen.“ Erst im achtzehnten Jahrhundert wurde die Wachtpflicht in eine allgemeine Steuerpflicht umgewandelt. Die Stadtsoldaten standen Wache. Wer seinen Schoß nicht zahlte, und seiner Wachtpflicht nicht nachkam, war aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. „Vz swelchem hofe nicht schozzit noch enwachet noch in alle wis borger recht het da en sal niman inne hole noch hole lazze sin gesinde …“ , heißt es in den Statuten von 1350.

Die Pflicht, die Stadt befestigen zu helfen, bildete die dritte Form der persönlichen Dienstleistung.

Durch die Forderung persönlicher Dienstleistungen bis ins siebzehnte Jahrhundert hat Nordhausen den Gedanken der allgemeinen Wehrpflicht vom Mittelalter bis in die Neuzeit bewahrt. Kraftvoll und lebendig hat er sich in der Wehrordnung der Reichsstadt bis zum Ende der Reichsfreiheit erhalten können.

Die Gliederung der bürgerlichen Streitmacht erfolgte in den Städten des Mittelalters nach Bezirken oder Personalverbänden. Es werden deshalb drei Gruppen unterschieden, die Ergebnisse des Kampfes zwischen den Zünften und den Geschlechtern sind:

  1. Hatten die Patrizier sich die Gewalt gesichert, gliederte sich das Bürgeraufgebot nach Bezirken.
  2. Waren die Handwerker zur Macht gelangt, bildeten die Zünfte die Grundlage für die militärische Gliederung.
  3. Wurde keine endgültige Entscheidung errungen, geschah die Gliederung nach beiden Systemen.

Auch in der Gliederung der bürgerlichen Streitmacht Nordhausens kam der sozialpolitische Machtkampf am Ende des vierzehnten Jahrhunderts zum Ausdruck. 1375 erhoben sich die Handwerker gegen den Rat. Es gelang ihnen die Vertreibung der Patrizier. Der neue Rat setzte sich aus den Mitgliedern der neun Innungen und aus den Vertretern der Stadtviertel zusammen. Doch bildete sich bald ein neues Patriziat in Nordhausen, so daß die Innungen und Geschlechter nebeneinander im Stadtregiment waren. Demgemäß geschah die Gliederung der bürgerlichen Streitmacht auf der Grundlage von Bezirken und Innungen. Aus ihnen ergänzte sich das Bürgeraufgebot. Die Gliederung entsprach zu allen Zeiten dem sozialen, wirtschaftlichen und geistigen Leben. Sie wurde geändert, sofern sich die innere Struktur der städtischen Lebensordnung veränderte.

Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert diente die Vierteleinteilung nur der städtischen Verwaltung. Militärisch gliederte sich das Bürgeraufgebot in 21 bis 23 Rotten. Sie waren nach Straßenzeilen geordnet. Die Innungen bildeten zum Teil eigene Rotten. Die Stärke der Rotten betrug 15 bis 43 Mann mit je 2 Rottmeistern. Die Bürger der Altstadt bildeten 13 Rotten, die der Vorstädte 10 Rotten. Die Namen der Rotten sind erstmalig 1491 überliefert. Sie trugen die Namen ihrer Schutzheiligen. Diese Gliederung des Bürgeraufgebots bestand bis zum Jahre 1525. Mit der Einführung der Reformation in Nordhausen fand eine Neugliederung der bürgerlichen Streitmacht statt.

Im sechzehnten Jahrhundert bestand das Aufgebot Nordhausens aus den vier Vierteln der Innenstadt, den vier Vorstädten und den Kriegsleuten der Innungen. Die Namen der Bezirke waren:

Neuewegs-,
Altendorf-,
Töpfer- und
Rautenviertel
Frauenberg,
Neustadt,
Grimmel und
Altendorf.

Das erste grundlegende Zeugnis für die Verwendung der Stadtviertel zur Gliederung des Aufgebots enthält die Wachund Feuerordnung des Jahres 1569. Sie trifft eine endgültige Regelung der Vierteleinteilung. Über die Grenzen und Umfang der Innenstadtbezirke heißt es: „Nachdem auch in Außteilung der Virtel eine gantze große Vngleichheit gehalten, Als ist disse Vngleichheit nunmehr geendet vnnd eine gleiche Theilung aller vier Virtel gemacht dergestalt: Es soll das Newewegsvirtel angerechnet werden ahn Bürgermeister Johann Hoffemanns Mithause vnd sich enden an Melchior Hesseler. Daß Altendorfsvirtel sol sich anheben an der Probstei vnd sich wenden ahn Curt Konemund. Töpfervirtel sol sich anheben ahn Michel Meienburgen vnd sich enden ahm Schlüntzberge ahn Valtin Oswalts Mithause. Rauttenvirtel sol angehen am Krawels Mithause bis ahn den Buchbinder auf dem Kornmarckte.“ Damit hatte Nordhausen die Vierteleinteilung auch für die militärische Gliederung der Bürgerschaft durchgeführt.

Qas erste Auftreten der Bezirkseinteilung in Städten als Grundlage für die militärische Gliederung ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Für das Reich weisen die ältesten Zeugnisse in das Ende des zwölften Jahrhunderts, für Italien in die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts. In dem Libro di Montaperti von 1260 ist für Florenz die Bezirkseinteilung in Sechstel überliefert. Zu jedem Sechstel der Stadt gehörte auch ein bestimmtes Sechstel des Stadtgebiets. Eine ähnliche Gliederung findet sich in Mühlhausen im fünfzehnten Jahrhundert. Die Stadt zerfiel in das Bliden-, Jakobs-, Neuleben- und Hauptmannsviertel. Auch das Stadtgebiet war in vier Teile geteilt. Jedem Stadtviertel entsprach ein bestimmtes Landviertel. In Quedlinburg war die Stadt in Sechstel geteilt. Sie waren nach den Hauptstraßen benannt und hießen „Hüten“.

Die Verwendung der Bezirke als Grundlage für die militärische Gliederung einer Stadt geschah aus verschiedenen Gründen. In Danzig brachte der Dreizehnjährige Krieg den Wandel, in der Verwendung seiner „Quartiere“. In Königsberg erwog man bei der Vorbereitung zum Krieg eine gleiche Änderung In Nordhausen war die militärische Neugliederung der Bürgerschaft Ausdruck einer neuen protestantischen Lebenshaltung.

An der Spitze eines Viertels stand in Nordhausen der Viertelmeister. Die Anzahl der Rotten in einem Viertel betrug 9 bis 15 mit je einem Rottmeister. 1622 erhielt jedes Viertel noch drei Korporale, die den Viertelmeister unterstützten. Die Innungen hatten sogenannte „Kriegsleute“ aus ihren Reihen zu wählen, die den verschiedenen Vierteln zugeteilt wurden Bei der Musterung 1622 stellten die

Gewandtschneider 2 Kriegsleute
Schneider 7 -.-
Wollweber 6 -.-
Bäcker 7 -.-
Schmiede 8 -.-
Krämer 5 -.-
Kürschner 8 -.-
Schuster und Gerber 12 -.-
Knochenhauer 6 -.-
Leinweber 6 -.-
Wagener 2 -.-
Böttcher 2 -.-
Seiler 1 -.-
Töpfer 2 -.-
Fischer 2 -.-
Zimmerleute -.-

Neben den Handwaffen, die die Innungsmitglieder selber besaßen, unterhielten einige Innungen auch größeres Geschütz. So hatten die Gewandtschnitter im siebzehnten Jahrhundert drei lange Büchsen, eine Steinbüchse, drei Pulverflaschen. Die Krämer hatten 1595 fünf Langrohre, 1685 drei lange Büchsen, eine Faustbüchse, drei Pulverflascheu. Die wehrhafteste Innung bildeten die Schuhmacher. Sie waren verpflichtet, bei Aufläufen oder Stürmen auf die Stadt als erste auf dem Platz zu erscheinen. Ihr Schuhhof war dafür vom Wachtgeld befreit.

Die Aufgaben der Viertelmeister waren doppelte. Politisch unterstanden sie den Viertelherren zur Erledigung von Verwaltungsaufgaben, militärisch den Kriegsmeistern. Sie waren keine Ratsherren. Die Zahl der Viertelmeister schwankte für das Viertel zwischen ein bis zwei. 1569 heißt es in der Wachtordnung: „Es sollen auch in jedem Virtel zwene Befelhaber ader Virtelsmeister geordent werden, denen die anderen in den Virteln zu folgen sollen vorpflicht sein.“ Bei der Musterung am 2. Februar 1622 hatte jedes Viertel nur einen Viertelmeister. Die Viertelmeister hatten die Kriegstiichtigkeit der Bürger zu überwachen, sie unterstützten den Stadtleutnant bei der Ausbildung der Bürger. Ihren Befehlen war unbedingt Gehorsam zu leisten. „Soll ein jeder Burger und Einwohner allhier“ heißt es in den Kriegsartikeln 1615, „seiner uns, dem Rathe, geleisteten Eydes-Pflicht hiermit ermahnet und erinnert seyn, unsern, des Raths, und gemeiner Stadt Schaden und Nachtheil zu wenden und dagegen den Frommen zu befördern, alles nach eines jeden besten Vermögen, dan auch dem verordneten Lieutenant und seinen zugeordneten andern Befehlhabern aus den Virteln, soweit sich ihr Befehl dieses Exercitii halber erstrecket, zu jeder Zeit, es sey bei Tag oder Nacht, wie sichs zutragen möchte, gehorsam leisten und ingemein allerwege aller gebühr, wie einem ehrlichen Manne wohl anstehet erzeigen und verhalten; Welcher darinnen bruchig und ungehorsam befunden, soll nach unserm, des Raths, Erkäntnis gestrafft werden.“

Nach dem Dreißigjährigen Krieg gab man dem bürgerlichen Aufgebot eine militärische Organisation. Grundlage blieben die acht Bezirke der Stadt. Die Wehrpflichtigen zweier Bezirke wurden zu einer Kompagnie zusammengefaßt. „Die 1. Compagnie, heißt es in einem Verzeichnis von 1661, „bestund in dem Newenweges- und Altendorfs-Vierthel und hatte die gelbe Fahne …, die 2 . Compagnie bestund in dem Töpfer- und Rauten- Vierthel und führte die weiße Fahne …, die 3 . Compagnie bestund im Frawenberge und Newstadt und hatte die roth und weiße Fahne . . die 4. Compagnie bestund in der Knochenhauerwache, Grimmei und Altendorf, hatte die schwartze und gelbe Fahnen …“ Eine Uniformierung des Bürgeraufgebots hat Nordhausen nicht durchgeführt.

Die Stärke der Kompagnien lag zwischen 200 bis 270 Mann. Jeder Kompagnie waren ein Kapitän, ein Leutnant, ein Fähnrich und ein Führer zugeordnet. Diese auf den Stadtbezirken gegründeten Bürgerkompagnien blieben bis zum Jahre 1802, dem Ende der städtischen Reichsfreiheit, erhalten. In den Frei- und Reichsstädten ist, soweit sie noch im Besitz uneingeschränkter Freiheit im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert waren, eine gleiche Entwicklung festzustellen. 1646 teilt Danzig „die Bürgerschafft dieser Stadt in vier Regimenter und acht und vierczig Fehnlein, die Vorstädtischen aber in ein Regiment und zwelff Fehnlein, davon ein jedes Quartier seine absonderlichen Farben und Zeichen“. Am 19. Juni 1704 erläßt Mühlhausen über den „Bürgeraufzug“ eine Verordnung, die im wesentlichen im achtzehnten Jahrhundert gültig blieb. „Waß gestalten Vor nunmehro 5 Jahren zu folge E. Hoch Edlen und Hochweisen Raths Schlusses das Wohllöbliche Kriegesamt nach abgeschaffter voriger Unordnung des Burger Auffzuges eine newes Reglement und Austheilung der gantzen Bürger schafft, denen Recessen und Statuten gemeß, in drey Compagnien abgetheilet gemacht und denenselhen Endes unterschriebene Personen zu Oberofficirern mit freywilligem Versprechen der Immunität des Wachgeldes und anderer Recreation gegen ihre Mühe constituiret hat.“

Die Kriegstüchtigkeit des Nordhäuser Aufgebots begann trotz der militärischen Neugliederung nach dem Dreißigjährigen Kriege zu sinken. Die militärische Gliederung fand nur noch Anwendung hei den Paraden zur Kaiserhuldigung. In ihnen lebte der Gedanke einer allgemeinen Wehrpflicht fort. Die gesamte männliche Bürgerschaft leistete in Waffen, militärisch gegliedert, den Huldigungseid. Am 16. Juli 1717 nahm der Reichsgraf von Metzsch in Nordhausen die Huldigung für Kaiser Karl VI. an. „Hierauf ging der Marsch durch die Neustadt, Ähren und Rauten-Gasse auf den Marckt, und wurde Ihro Excell … durch eine Compagnie Reuterey begleitet. Bey dieser war Rittmeister Hr. Zacharias Offney. Lieutenant Hr. Johann Christoph Pauland. Cornet. Mons. Joh. Gottl. Hoffmann. Wachtmeister Hr. Ehrich Lerche, und Quartiermeister Hr. N. Hagenmeister. Sonst waren die Straßen, wodurch Ihro Excell. kamen mit 4 Compagnien Bürgern auf beyden Seiten besetzt. Die erste aus dem Neuwegs-Viertel, darbey waren Capitain Hr. Conrad König, Gilden-Meister derer Gewandtschnitter. Lieutenant Hr. Joh. Mich. Eilhard. Erster Fähndrich Hr. Heinrich Eilhard, Handwercks-Meister von denen Gewandtschnittern, welcher eine weiße Fahne trug. Anderer Fähndrich Hr. N. Grünert, welcher eine rothe Fahne führete, 6 . Corporals, 4 . Führer, 4. Fourier-Schützen, und 2 . Tambours. Die andere Compagnie aus dem Töpfer und Rauten-Viertel, führete eine gelbe Fahne, dabey waren Capitain Herr Joh. Herrn. Münter, Gilden- Meister unter denen Gewandtschnittern. Lieutenant Herr Carl Christian Neunhahn, Gildenmeister der Krahmer-Gilde. Fähndrich Herr Christian Ibe, Handwercks-Meister der Tuchmacher- Gilde. Adjutant Herr Johann Christoph Eisentraut, Organist am Frauenberge, 6 . Corporals, 4. Fourier-Schützen, 2 . Führer und 2 . Tambours. Die dritte Compagnie aus der Neustadt und Frauenberge führete eine gelbe und schwartze Fahne, dabey Waren Capitain Herr Just. Andr. Ludwig. Lieutenant Herr Joh. peter Gebser, Handwercks-Meister derer Sattler. Fähndrich Herr Johann Ernst Schwan, 6 . Corporals, 4. Fourier-Schützen, l Führer, 16. Granadiers, 2. Tambours. Die vierdte Compagnie aus dem Loh-Marckt, Grimmei und Altendorff, führete eine rothe und weiße Fahne, dabey waren Capitain Herr Joh. Phil. Riemann. Lieutenant Herr Joh. Friedr. Urbach. Fähndrich Herr N. Uhrbach im Altendorff, 6 . Corporals, 5. Fourier-Schützen, 1 Führer, 4. Granadiers, 4. Zimmer-Leute, und 2. Tambours. Bey dieser und voriger Compagnie war Adjutant Herr Johann Peter Techt. Den gantzen Aufzug der Bürgerschafft commandirte Herr Johann Christian Tölcke, als Major.“

2. Das Söldnerwesen

Neben der bürgerlichen Streitmacht entwickelte sich in Nordhausen seit 1300 ein städtisches Söldnerwesen. Die ursprüngliche Verpflichtung aller Bürger zu unbeschränkten Kriegsdiensten konnte nicht durchgeführt werden. Das Fehdewesen und Raubrittertum forderte ununterbrochene Kriegsbereitschaft und Auszug der Bürger. Dem stand Handel und Gewerbe entgegen. Die Stadt nahm Söldner an. Ein weiterer Grund für die Einführung des Söldnerwesens lag in den Bündnissen, die Nordhausen schloß. Oft war die Stadt genötigt, den Bundesgenossen eilig militärische Hilfe zu bringen, sie gebrauchte dazu Söldner.

Bis in die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts hielt Nordhausen — erst nach Bedarf, später ständig — eine Kampftruppe. Seitdem warb die Stadt nur Söldner zur Erfüllung ihrer Kontingentspflicht. Erst im achtzehnten Jahrhundert hielt die Reichsstadt ständig eine Kompagnie von 50 Stadtsoldaten, die den Grundstock für das zur Reichsarmee zu stellende Kontingent bildeten.

Aufbau und Gestaltung des Söldnerwesens lagen in der Hand des Rates. Er übte selbständig das Werbungsrecht aus. In Quedlinburg durfte der Rat keine Söldner werben. „We willen ok hinfur heißt es in der Unterwerfungsurkunde vom 9. August 1477, „ane unsir gnedigen frowen und oren nachkomen eptisschyn wetten und willen … vor uns die stede insunderheit keynen eygen hovetmann upnehmen noch holden sunder uns unser gnedigen frowen und ores stiffts howetmann halden.“

Die Aufgaben der Söldner waren in der Zeit von 1300 bis 1550 verschiedene. Sie hatten für Ruhe und Sicherheit im Stadtgebiet zu sorgen und sich zum Geleit von Warenzügen gebrauchen zu lassen. Sie mußten der Stadt den fast dauernden Fehdekrieg führen. Nicht selten wurden die Söldner in Erfüllung einer Bündnispflicht Städten, Herren und Fürsten geliehen. Waren sie einmal längere Zeit in der Stadt, dienten sie ausschließlich als Besatzungstruppen der Festungsanlagen. Als Nordhausen im achtzehnten Jahrhundert wieder eine ständige Söldnertruppe hielt, diente sie als Wache an den Toren und als Kontingent für die Reichsarmee.

Daneben hielt die Stadt zu allen Zeiten noch besondere Söldner, die man im siebzehnten Jahrhundert „Officianten“ nannte. Sie bewachten die Stadt und das Stadtgebiet. Sie waren die eigentliche Ratspolizei. Im achtzehnten Jahrhundert übernahmen die Stadtsoldaten einen großen Teil ihrer bisherigen Aufgaben. Die Offizianten bestanden aus den Vorsetzern oder Oherwächtern, den Wächtern und den Flurschützen. Verteilt waren sie auf die Stadttore und Mauern und auf die Warten im Stadtgebiet. Sie sind seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts nachzuweisen. Der Yorsetzer wurde im siebzehnten Jahrhundert vor dem Rat vereidigt: „Das ich meines Dienstes der wache fleißig warten und uff die gänge und stunden der wächter gute achtung halten auch die gefangen getreulichen und zu rechter Zeit mit speisen warten und nicht vorseumen, auch den gefangen keine Hülffe ader gelegenheit steur: loos und ledig zu werden: thun lassen wyll, Auch getreulichen meiner Herren Wache und Wichfastengeld fordern, manen und ueberanthworten wil, Und holen was ich zu rechte holen sali und machen was ich zu rechte machen sali. Auch des Raths gebott vleißig ausrichten und bestellen wyll, Was mir auch ingeheim beuohlen das zuuorschweigen das nymandt es zuuor warnen. Von Raths wegen kein geld einzunehmen, In Spaltung und Hadder fride zugehieten darüber zu halten, fernieder Muthwillige und Übertreter in Hafft zunehmen. Hirinne nicht ansehen, gunst, ungunst, freundschaft noch anderes, Sündern mich am Dienst zuuorhalten wie einem fleißigen Vorsetzer gebürtt und wol anstehet. Das schwere ich …“ Im siebzehnten Jahrhundert betrug die Zahl der Offizianten 55 bis 60 Köpfe.

Von größerer Bedeutung als diese Offizianten sind für das städtische Kriegswesen die eigentlichen Söldnertruppen. Die Werbung der Truppen unterstand dem Rat. Im Mittelalter warb die Stadt sogenannte „Wepener" und „Schutzen , in der Neuzeit „Musquetiere“ . Die Werbung der Soldaten geschah auf verschiedene Weise:

  1. Boten Hauptleute mit einer Anzahl von Söldnern ihre Dienste an.
  2. Boten Soldaten selbst ihre Dienste an.
  3. Erfolgte sie durch öffentlichen Trommelschlag in der Stadt.

Die ersten beiden Werbungsformen waren zu allen Zeiten üblich, die letzte Form herrschte vorwiegend im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert. Werbeoffiziere sandte Nordhausen nicht aus. Das Werbungsrecht stand innerhalb des Stadtgebiets nur dem Rat zu. 1742 holte sich Kaiser Karl VII. die Einwilligung des Rates zur Werbung in Nordhausen.

Die Aufbringung der Söldner geschah meistens nach der deutschen Werbungsart. Für Offiziere und Mannschaften rechnete die Stadt den Soldmonat zu 30 Tagen. Die Offiziere erhielten alle Monat den letzten Tag, die Mannschaft aber alle 10 Tage monatlich dreimal am 10., 20. und 30. ihren Sold.

Die Söldner stammten vornehmlich aus Mitteldeutschland. Im achtzehnten Jahrhundert standen auch Deutsche aus Schlesien und Preußen im Dienste der Stadt. 1795 warb die Stadt 43 neue Soldaten an. Sie stammten vorwiegend aus Mittel- und Ostdeutschland. Die „Liste der Nordhäuser Compagnie“ nennt:

Bohne aus Nordhausen
Grimmeishäuser „ Quedlinburg
Kalwitz „ Querfurth

Während 1734 nur 12 vom Hundert der Soldaten aus dem Stadtstaat Nordhausen stammten, stieg die Zahl 1794 auf fast 25 vom Hundert. Eine entsprechende Erscheinung findet sich in Danzig, wo 1760 von 114 Mann 55 aus Danzig selbst stammen. Auch in Mühlhausen war die Mehrzahl der Stadtsoldaten aus der Mühlhäuser Gegend.

Fremden Werbungen trat der Rat von Nordhausen durch Verbote entgegen. Schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts heißt es in den Statuten: „Ein ieclich vnser burger der si hufs vn hüte sich uor glubede vn uor eiden di da gen uffe werten ader uf kein gezok daz vf vnser burger ge swer den eit oder solch glubde tut der gibt sechs phunt vn rumet zwei iar vz deme wicbilde.“

Die Söldner wurden im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert durch den Treueid in die Dienstpflicht genommen. „Das wir den bürgern zcu Northusen“ , schworen sie 1470, „getruwe vnde gewere syen, getruwelichin dynen, der stat vnde borger schaden warnne vnde bewaren wollen Vnde den vinden das leydeste thun, daz wir können vnde mögen, daz nicht laszen durch liep noch durch leit, durch gifft adir gäbe; vnde waz wir Sache itzcunt haben adir in der cziit vnsers dinstes gewinnen zcu der stat, deme rathe adir den rethen, borgern adir metewonern vnde den dy on zcu steyn zcu vorteydingen, daz wir nergen andirst zceyhen adir fordern wollen, weder geistlich noch wertlichin, adir ymandis von vnsern wegen, danne hyr zcu Northusen vorme wertlichin gerichte adir vorme rathe adir rethen vnde waz dar obir erkant, gesprochin adir gescheyden wert, dar ane woln wir gancze gnvge haben vnwedderruflich ane geuerde . . ,“ Im sechzehnten Jahrhundert war zu diesem Eide noch hinzugesetzt: „Man sali alle wege, so eynn dyner auffgenommen werdit, Vorhalte, ab sichs begebenn worde, das man yn ader die dyner in fromde lande ader herfart schigken worde, das sich eyner dyner alsdann, vmb sollichenn solt, als n ynen gibit, sich des zcoges nicht weddern, nach enniche nuwerunge des soldes halbenn anzchienn, sundern bie des Rathes willekore vnd erkentnis mit cleychunge vnd solde bliben lassen.“

Das Verhältnis der Stadt zu ihren Söldnern und die Stellung der Söldner im Stadtstaat waren in den Statuten festgelegt. „Welch soldener“ hieß es 1470 im Artikel 39, „nicht eyn husz sitzcende borger hyr ist, nach schoszet, nach wachet, der sal in aller wiesz geste recht haben. Borget he eyme borger sin guth abe, he sal yn fordere mit gerichte vor der stat gerichte nach der stat rechte: wan an die pfandunge, dye ensal he nicht thun, he en gehe erst vor den rath vnde kundige esz ome; so sal der rath gebiete deme soldener, daz her bynnen vierczen tagen deme bürgere gelde syn gut adir zcu hant rechter teydinge pfley. Thut der soldener des nicht, so sal er on pfenden an syner habe adir wo her magk, vnde gebricht deme soldener syner habe, wan syner der rath adir bürgere bedorffen, so sal man yme keynen solt geben nach deme tage. Vor der Annahme hatte der Rat über jeden Söldner Erkundigungen einzuziehen:

„Dv rathluthe sollen keynnen soldener gewinne, sie sollen ge- wisJh eit vnde bürgen die ,b esessen s*in1d von yme nemen … Dem Sölner, der seinen Dienst zu Pferde leisten wollte, war es zur Pflicht gemacht, spätestens in 14 Tagen ein Pferd zu beschaffen, andernfalls er keinen Sold erhielt. Über die Höhe des Soldes und des Lösegeldes bestimmten die Statuten des vierzehnten Jahrhunderts: „Man sal eyme houbit manne des iares zcu ostern geben nvn eien tuches eynes langen vnd eyme wepener vier eien eynes langen tuches vnd eyme schützen vunf eien eynes echschen tuches. Wörde ouch eyn soldir geuangen eyn schutzze, der sal man keynen turer losen dan als ture als sin solt ist. Sundern wer eyn houbit man den sal man losen vor zcwenzcik northhusche mark vnd nicht turer.“

Waffen mußten die Geworbenen selber stellen: „Ouch sullen sie sich selbir bisorgen an alle irme gerete daz sie haben sullen“ , heißt es in den Statuten von 1350. Diese Bestimmungen wurden den Söldnern vor der Leistung des Treueids vorgelesen.

Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert geschah die Annahme in gleicher Weise. 1795 ließ der Rat die Stadtkompagnie auf dem Markt antreten und die Kriegsartikel verlesen, „welche E. Hoch Edler und Hochweiser Rath der Kayserl. Freyen Reichs-Stadt Nordhausen für die Unter-Officier und gemeinen Soldaten, des von Ihm zur Reichs-Armee zu stellenden Niedersachssl. Craiss-Contingents als ein bestehendes öffentliches Gesetz zu bestimmen vor nothwendig erachtet hat.“ Darauf leisteten die Unteroffiziere und Mannschaften den Eid: „Daß ich dem löbl. niedersächs. Kreise und dieser Kayserl. Freien Reichsstadt Nordhausen als ein geworbener Soldat jederzeit treu und hold sein, ihnen treulich dienen auch meinen Vorgesetzten Officieren in allen das Commando betreffenden Sachen gehorsam seyn und, mich überal in Marschen, Zügen und Wachen auch Stürmen und Schlachten und allen andern vorfallenden Kriegsverrichtungen wie einem ehrlichen Soldaten eignet und gebühret verhalten und jederzeit fleißig und unverdrossen mich erweisen soll und will, das schwere ich, so war mir Gott helfe.“ Nach dem Eid, so berichten die Annalen 1795, „hat so dann ein jeder ein Exemplar der Kriegs-Artikel durch den Fourier erhalten.“

Besondere Sorgfalt erforderte die Annahme des Stadthauptmanns. Von ihm hing wesentlich die Kriegstüchtigkeit der Söldnertruppe ab. Seine Aufgabe war es, die ständigen Angriffe auf die Stadt zurückzuweisen. Vom vierzehnten bis sechzehnten Jahrhundert nahm Nordhausen Adlige der Umgegend zu Stadthaupteuten an. Man ließ sich auch Stadthauptleute empfehlen. 1442 empfahl Mühl­ hausen der Stadt den Hauptmann Ulrich von der Nesse. 1492 hatte sich die Stadt an Herzog Georg von Sachsen mit der Bitte um Nachweis eines Hauptmanns gewandt. Der Herzog sandte Heinrich von Brucken, den die Stadt auch annahm. Als Nordhausen 1495 darum bat, den Hauptmann noch in seinen Diensten behalten zu dürfen, schrieb Herzog Georg: „ … Wie euch nun gnanter Henrich von Brucken zu geuallen gedynt als wir vns vorsehen vnd wo ir yn lenger an sulichen dinst haben vnd gebruchen wollet, lassen wir gescheen vnd ym des erlaubnis geben — Dann euch gnedigen willen zubezaigen san wir geneigt.

Die Annahme der Stadthauptleute erfolgte auf Grund eines Dienstvertrages, der sogenannten Bestallung. Sie legte die gegenseitigen Verpflichtungen fest, unter denen die Stadt den Hauptmann und dieser den Dienst annahm. Die Bestallung setzte den Dienstgrad, die Dienstzeit, den Sold, das Losegeld, den Anteil an der Kriegsbeute fest und verlangte vom Haupt­ mann ständige Dienstbereitschaft, unbedingten Gehorsam und bei Streit mit der Stadt oder den Bürgern Unterstellung unter das Stadtgericht. Die Bestallung wurde durchschnittlich auf ein Jahr geschlossen. Nach Ablauf dieser Zeit stand es beiden Teilen frei, den Dienstvertrag zu erneuern. Dadurch hatte die Stadt die Möglichkeit, Hauptleute schon nach einem Jahr zu entlassen, wenn sie sich in der Abwehr der Angriffe auf Nord­ hausen nicht bewährten.

Die Bestallung wurde doppelt ausgeführt. Sie wurde auf Per­ gament oder Papier geschrieben. Die eine Ausführung Unter­ zeichneten und besiegelten die Bürgermeister und der Rat, die andere der Hauptmann. Durch Unterschrift und Austausch wurde die Bestallung zur Urkunde und erhielt Rechtsgültigkeit. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert geschah die An­ nahme durch die Kapitulation, das „Offen-Patent“ und den Revers. Die Stadtofficiere erhielten die vom Rat Unterzeich­ nete Kapitulation und dazu das Offen-Patent als Ausweis ihrer Stellung“. Die Stadt behielt die andere Kapitulation und den von den Offizieren unterschriebenen Revers. Die Ausstellung dieser Bestallungsurkunden stand nur dem Rat zu. Bei der Überreichung des Offen-Patent hatte der Hauptmann im acht­ zehnten Jahrhundert folgenden Eid zu leisten: „Daß ich Einen Hochedlen und Hochweisen Rathe dieser Kayserl. Freyen Reichs Stadt Nordhausen getreu und gewehr seyn, und als angenom­ mener Stadthauptmann denen mir anjetzo vorgelesenen Punc- ten so meiner Bestallunge werden inseriret und was mir son­ sten wird anbefohlen werden in allen nachkommen und solchen mich jedesmahl gemäß bezeigen wolle, das schwöre ich, so wahr mir Gott helfe.“

Fünf Jahrhunderte hindurch hat Nordhausen Bestallungen ausgestellt. Die älteste erhaltene Bestallung stammt aus dem Jahre 1432, die letzte liegt vom Jahre 1795 vor. Die Bestal­ lungen der neueren Zeit sind mehr gegliedert in einzelne Ar­ tikel aufgeteilt. In den wesentlichsten Punkten bleiben sie sich zu allen Zeiten gleich.

Der Reichsstadt stand die freie Entscheidung über die An­ nahme der Offiziere zu. Nicht der Adel, sondern allein die Tüchtigkeit entschied bei der Annahme. In älterer Zeit über­ wog der Adel. Von den 28 bekannten Stadthauptleuten von 1324 bis 1555 waren 23 adlig und 5 bürgerlich. Vom sech­zehnten bis achtzehnten Jahrhundert wurden bürgerliche Offi­ziere bevorzugt. Von 1570 bis 1802 dienten der Stadt 4 adlige und 12 bürgerliche Offiziere. Nordhausen nahm auch eigene Bürger zu Offizieren an. 1407 war Hans Aigenrodt Stadthaupt­ mann, der später 1423, 1426 und 1429 Bürgermeister der Stadt war. Andere Bürger, die der Stadt als Offiziere dienten, waren Hermann Windolt 1426, Heinrich Brackei 1494, Kaspar Tümmer, ein Ratsherr, 1690, Joh. Christ. Tölcke 1720 und von 1727 bis 1736. Die Dauer der Dienstzeit der Stadtoffiziere lag zwi­ schen ein bis neun Jahren, erst im achtzehnten Jahrhundert stieg sie auf 12 und 18 Jahre. Eine Ausnahme bildete in älterer Zeit John von Stockhausen, der der Stadt von 1521 bis 1532 als Hauptmann diente. „Ich John von Stockhusen, so bestä­ tigte er 1432, „Bekenne mid dissem offen briue für mich mein Erben vnd ydermenniglichen nach dem ich den Erbarn vnd Weisen dem Radt der Stadt Northusen etzliche Jahre für einen Heuptman gedineth vnnd von meiner Schwachheit wegen ge- bethen mich des dinstes zuerlassen. Szo mir dan gemelte der Radt alle meine vorschriben ierlichen besoldung von anfang bis zum ende meines dinstes … vergnügt vnd entricht haben …“ Unter ihm sank das Söldnerwesen der Stadt zur Bedeutungslosigkeit.

Vom vierzehnten bis zum siebzehnten Jahrhundert führten die Offiziere den Hauptmannstitel. Seit dem Dreißigjährigen Krieg verlieh die Stadt vornehmlich nur den Titel eines Stadt­ wachtmeisters und eines Leutnants. Ausnahmen geschahen, wenn die Stadt ihre Freiheit und Selbständigkeit im besonderen zum Ausdruck bringen wollte. 1643 bittet der Leutnant Valen­ tin Scharf „auch den titul eines Stadthauptemanns bei Vorstel­ lung der Stadtofficirer vnd Bürgerschafft: weil ein Lieüt. zu Pferde, welches er gewesen, auch wohl einen Stadthauptmann bedeuten kann, auch solcher titul ihme dem Lieüt. in E. wohl Hochw. Rhat Verschickungen mehr autorität vnd sonderlich in conversatione bey der Generalität bessere audientz, Ehr vnd consequenter gueter expedition gibt . . ,“ „Der titul eines Haubtmanns war die Antwort des Rats, „soll ihm in Ansehung der Stadt gegeben werden.“ 1795 hieß es, daß Gottlieb von Meyer zum Kapitän angenommen, da er als Hauptmann „allbereits gestanden und weilen ein Capitain einer Reichsstadt wohl gebühret“.

Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert wurde das Söld­ nerwesen der Stadt zu einem Teil durch die zu leistende Reichs­ und Kreishilfe mitbestimmt. Nordhausen hatte als Reichs­stadt ein Kontingent zur Reichsarmee zu stellen. Mit den Städ­ ten Goslar, Göttingen, Lübeck, Hamburg und Mühlhausen war Nordhausen dem niedersächsischen Kreise zugeteilt. Aus der nachbarlichen Lage der Reichsstädte Goslar, Mühlhausen und Nordhausen ergab sich ein gemeinsames Handeln in allen Kriegsangelegenheiten, die das Reich und den Kreis betrafen. Seit der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts wird ein enges Zusammengehen der drei Reichsstädte nachweisbar. „In der bekanten Reichs-Matricul de anno 1521“, heißt es in den Nordhäuser Kriegsakten, „ist Nordhausen mit 70 Mann zu Fuß angeschrieben worden oder 312 Rhein. Gülden. — Weil sie aber außer ihren Ringmauern mit keinen Dörfern oder Landgütern versehen, und obiges Quantum abzutragen ohnmöglich gewesen, ist anno 1545 et 1551 auf damaligen Moderation Tagen 40 Mann erlaßen und die Stadt auf 30 Mann zu Fuß oder 120 fl. moderi- ret worden. Wobei Uns Mühlhausen und Goslar assistiret.“

Die Städte rüsteten gemeinsam die für die Reichsarmee geworbenen Söldner aus. Sie stellten 1735 zwei Kompagnien zu 100 Mann. Jede Kompagnie bestand aus „1 Capitain, 1 Lieute­ nant, 1 Fendrich, 2 Sergeanten, 1 Feldwebel, 1 Fourier, 1 Capi­ tain d’ armes, 3 Corporals, 2 Tambours, 5 Gefreyten und 82 Ge­ meinen“ . Eine Kompagnie rüstete Mühlhausen, die andere Goslar und Nordhausen aus. Sie setzten eine gemeinsame Uni- formxerung fest. „Was derer Unteroffieier und Gemeinen ihre Montour anlanget“, heißt es in den Abmachungen zwischen den Madien so bekämen selbige: Ein Rock und Camisol wobev jedoch denen Unterofficiern etwas besser Tuch als denen Ge­ meinen zu geben, auch die Ermel und Aufschläge des Rockes ein wenig mit einer silbernen Gase Tressen zur distinction zu be- setzen wäre. Die Munition und Proviantwagen „sollen mit rothen Wachstuch mit weißen Extremitäten bezogen, an jede Seite aber das Stadt Wapen gemahlt werden“ . Die Flinten muß­ ten weiße Beschläge haben, „die Bajonette breit und die Spon- dons der Ober-Offic.ers von guten Stahl, hell polirt, worauf ein Adler gezeichnet; jedoch nicht angelaufen . . ,“ Für beide Kompagnien beschlossen die Städte eine gemeinsame Fahne an­ zuschaffen, „daß solche halb gelb und halbschwarz mitten ein gülderner Adler eingedrucket, jedoch ohne Devise und Nahmen verfertiget werden müste, jedoch wäre keine goldene Frange daran nöthig.“ In gleicher Weise verabredete man die Bedin­ gungen der Kapitulationen, die mit den Offizieren zu schließen waren. Die Städte versprachen sich bei der Werbung gegensei­ tig zu unterstützen. Die „Marsch-Route" der beiden Kompag­ nien zur Reichsarmee wurde festgelegt.

In Nordhausen bildeten den Kern der aufzustellenden Kon­ tingentstruppe ein Teil der Stadtsoldaten. Bei den 40 Söldnern, die Ende Januar 1735 abmarschierten, waren 21 Stadtsoldaten. Von den restlichen 19 stammten 14 aus der Nordhäuser Gegend. Am 28. Januar hatte die Stadt Werbung und Ausrüstung been­ det. Am 31. Januar 1735 trafen sich die Goslarer und Nord­ häuser Teile der Kompagnie bei dem Mühlhäuser Dorfe Soll­ stedt, „wo die Fahne entrollet und die Officiers sowohl als die Gemeinen in Gegenwart derer Goßlar. und Nordhäus. Deputa­ ten zur Fahne folgend geschworen haben: Ihr sollet schwören zu Gott einen bürgerlichen Eyd, daß Ihr bey dieser der Kayserl. Freyen Reichsstadt angeworbenen Compagnie und derselben gegebenen Fahne unter denen euch Vorgesetzten Officieren und deren Gebietern Commaudo . . . treu, gehorsam und gewärtig seyn, dero bestes suchen und befördern, Schaden und Nach­ theil ab Kehren und wenden, in Märschen und sonsten allent­ halben Euch nach gegebener Ordre folgen, denen Krieges Arti- culn, so Euch werden vorgelesen werden, getreulich nachkom- men, in Zügen, Belagerungen, Scharmützeln, Treffen und Schlachten Euch mannhaft und tapfer erweisen, vor eure Fahne bis auf den letzten Blutstropfen streiten, von selbiger und Euch vorgestellten Officieren nicht abweichen, noch selbige verlassen, den Feind aber nach allem euren Vermögen abtreiben, überwin­ den und besiegen helfen, keine Meuterey, Unruhe oder Auf­ wiegelung, es sey unter was für praetext oder Ursache es wolle, erregen, noch da die erreget würden, denenselben beypflichten. vielmehr, was Ihr davon bemerken würdet, redlich und ohn- gesäumt anzeigen und mit keinem Feinde oder verdächtigen Personen correspondiren, sondern überall Euch wie redlichen Officiren und Soldaten eignet und gebühret verhalten wollet, solches alles sollet Ihr geloben und Schwören.“

Die letzten Söldner warb Nordhausen für das Reichskontingent 1795. Die Liste „der Nordhäuser Compagnie, welche den 16. Februar 1795 vin hier zur Reichsarmee an Rhein nach Mainz abmarschiret ist, enthält 1 Capitain, 1 Chirurgus, 1 Feldwebel, 1 Fourier, 1 Frey Corporal, 2 Corporals, 2 Tambours, 2 Fourier-Schützen, 6 Gefreyte und 56 Mousquetiers.“ Die Werbung und Aufstellung des Kontigents war in der üblichen Form geschehen: „Die Mousquetiers von Nr. 13 bis 56“, meldet eine Nota dazu, „sind seit Johanni 1794 neu angeworben worden, die anderen aber sind von der hiesigen Compagnie ausgehoben, wovon die übrigen als ein depot zurück geblieben sind.“

III. Kapitel: Die militärischen Bündnisse und Verträge

Seit dem Anfang des vierzehnten Jahrhunderts schloß die Reichsstadt Nordhausen militärische Bündnisse und Verträge. Sie dienten allgemein der Sicherung ihrer Rechte und Freiheiten, im besonderen der Verstärkung der städtischen Kriegsmacht, der Erhöhung ihrer Schlagkraft. Sie wurden durch die politische Lage der Stadt bestimmt.

Die Reichsstadt Nordhausen war politisch von drei Kreisen umschlossen. Den inneren Umkreis, der unmittelbar an das Stadtgebiet grenzte, bildeten die Honsteinschen Lande. Sie reichten vom Ostabhang des Eichsfeldes im Westen bis vor die Tore von Sangerhausen im Osten und von den südlichen Harzbergen im Norden bis tief in das Thüringer Becken im Süden. Um 1200 entstand die Grafschaft Stolberg im Nordosten aus diesen Landen und 1356 erbten die Schwarzburger Grafen das Gebiet Honstein-Sondershausen südlich der Wipper. So bestand der innere Umkreis aus den Grafschaften Honstein, Stolberg und Schwarzburg. Der mittlere Umkreis entstand durch die Landgrafschaft Thüringen und nach 1483 aus den gesamtwettinischen Landen im Osten und im Süden, im Westen durch die braunschweigischen Herzogtümer, später vornehmlich durch Hannover und im Nordosten durch Brandenburg-Preußen. Den äußeren Umkreis bildete das Reich mit dem Kaiser. Militärische Bündnisse und Verträge ging Nordhausen mit Grafen, Herren, Fürsten und Städten ein. Die Entscheidung über den Abschluß irgendwelcher Militärverträge lag in der Hand des Rates als der obersten Kriegsbehörde. Im Mittelalter stellte die militärische Macht die Stadt gleichberechtigt neben Grafen, Fürsten und Herren. Sie ermöglichte Bestimmung und Einfluß auf die Art der Verträge, die Dauer, die Pflichten und Vorteile. Als mit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die militärische Macht der Fürsten überwog, konnte die Reichsstadt keine Bündnisse oder Verträge mehr schließen, in denen sie gleichberechtigter Teil war. Sie begab sich militärisch und politisch in den Schutz von Landesfürsten. Es werden demgemäß drei verschiedene Arten militärischer Verträge unterschieden:

  1. Verträge, die ein militärisches Bündnis begründeten.
  2. Dienstverträge, die einseitig nur der Verstärkung der bewaffneten Macht Nordhausens dienten.
  3. Schutzverträge, durch die eine fremde militärische Macht den Schutz der Stadt übernahm.

Das erste militärische Bündnis schloß Nordhausen am 16. Januar 1303 mit Mühlhausen. 1304 kam es zu einem erweiterten Bündnis zwischen Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen. Die Absicht dieses Bündnisses war Kampf und Widerstand gegen die Forderungen der Thüringer Landgrafen. Diese militärische Verbindung der drei Städte blieb in fast ununterbrochener Folge bis 1481 bestehen. „Durch den Kampf mit dem thüringischen Landgrafen“ , sagt Gebser, „zu dem Gemeinsamkeit der Interessen die Städte zwang, erhielt ihr Bund eine erhöhte Bedeutung, wurde ein politischer Machtfaktor, dessen Einfluß noch gesteigert wurde durch seine fast zweihundertjährige Dauer.“ Für Nordhausen blieb dieses Bündnis die Grundlage für alle weiteren militärischen Verträge. Oft hat die Stadt in Verträgen Kriegshilfe gegen „ydermenniglich“ versprochen, ausgenommen blieben neben dem Reich stets Erfurt und Mühlhausen.

Nordhausen hat außerdem Bündnisse mit den Herzogen von Braunschweig, den Landgrafen von Thüringen, den Grafen von Honstein, Stolberg, Schwarzburg und Gleichen geschlossen. Der Abschluß dieser Bündnisse erfolgte auf Grund eines Bündnisvertrages. In ihm legte man die Bedingungen und Umstände seiner Gültigkeit fest.

Verschiedene Zwecke lagen den Bündnissen zugrunde. Weitaus am meisten nennen die Verträge als Zweck die Erhaltung der Freiheit und der Rechte. 1371 schließen Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen ein Bündnis mit den Grafen von Honstein, Stolberg, Schwarzburg und Gleichen. Als Zweck nennen die Städte in ihrem Vertrag: „daz dy vorbenannten herren vnd wir in allen vnsen eren, fryheyd, herschafft, gewonheyd, gerichte vnd rechte hüben sullen … daz wir vnd dy vnsern sullen vnd wollen getruwelichen myd vnsern liebe vnd gutem ane alle argelist beholffin sin vnd helfen den egenanten grauen vnd hem vnd den iren vff alle dy, dye yn vnd den iren gewalt edir vnrecht tvn wollen edir teten zeu doryngen in dem lande.“ 1444 stellen die Schwarzburger und Stoberger Grafen als Zweck des Bündnisses fest: „Auch raden vnd globen wir vnd vnser erbin incrafft disses brifes, daz wir irer Stad Northusen vnde burger gemeinlichen bie allen iren friheiten, rechten, gewonheiten vnd gnaden behalden vnd lassen wullen ouch vorteidigen, da sie vom Heiligen Riehe mit begnadet sind. So sullen sie desselben glich widerumb vns vnd alle di vnsern auch lazen bie allen friheiten vnd rechten, gewonheiten, so wir dann auch mit begnadet vnd begabet sind vnd als wir die bie vnsern eldern vnd vorfaren herbracht vnd behalden haben . . ,“ Kürzer und bestimmter war der Zweck in dem Bündnis der Grafen von Honstein mit Nordhausen 1331 genannt, in dem es hieß: ,, … zu helfene kein allir viende zu al orme rechte binnen doserne lande, ….“ Nur für einen bestimmten Zweck war das Bündnis zwischen Herzog Otto von Braunschw'eig, der Stadt Einbeck und Nordhausen geschlossen, wenn es in dem Vertrag des Herzogs von Nordhausen heißt: „So dat soe vns schullen helpen mit reyseghem houewerke vppe oren eygenen koste vnde euenture weder den genanten ern Albrechte vnd alle, de der feyhede mit ome to donde hebben …“ Die Zeitdauer der Bündnisse schwankte zwischen zwei bis zehn Jahren. Die Honsteiner Grafen schlossen 1331 mit der Stadt ein Bündnis auf 2 Jahre. 1348 verbanden sich Erfurt, Mühlhausen und Nordhausen für 7 Jahre zu gemeinsamen militärischen Handlungen. Zwischen Landgraf Friedrich und der Stadt war das Bündnis von 1342 kauf 6 Jahre festgesetzt und 1371 schlossen die 3 Städte mit den vier Grafenhäuseru ein Bündnis auf 10 Jahre.

Die Verträge legten meistens für alle Teilnehmer am Bündnis die zu leistende Kriegshilfe fest. 1415 versprach Nordhausen, Erfurt und Mühlhausen „zeehin mannen mit gleuien vnd fumff schuczen“ . Mühlhausen wollte „zcwenczig mannen med gleuenyen … vnd med fumff schuczen wole gezeugeter lute“ , Erfurt mit „vierczig mannen mit gleuenien … vnd zcwenczig schuczin wol geczugeter lute“ … kommen. Landgraf Friedrich von Thüringen versprach 1351 „met zeehen schuczen wol gezugeter lute“ Nordhausen militärische Hilfe zu leisten.

Dem Herzog Otto von Braunschweig und der Stadt Einbeck hatte Nordhausen versprochen „theyn gewapende schütten kegen Osterode edcr Einbecke“ zu legen. Für Unterkunft und Verpflegung der Truppen hatte derjenige zu sorgen, der Hilfe erbat. „Wer ouch den andirn ledit zu siner Hulffe“ heißt es in dem Bündnis von 1371, „myd eyner zcal der lute, dem sal man von stund ane, wen her des vormant wirt, redeliche komen ane argelist vnd wann der körnet, der laden ist, so sal man om vnd sinen luten geben brot, hier, kuchenspise, futer, hufslag vnd nicht phantlosunge.“ War ein gemeinsamer Kriegszug verabredet, hatte jeder für sich selbst zu sorgen. „Wo man aber vngeladen zu samene komet, da sal yederman sines selbes kost han“ , heißt es im gleichen Vertrag.

Die Verteilung der Beute wurde genau festgelegt. In dem Bündnis mit dem Landgrafen Friedrich von Thüringen 1351 hieß es: „Worde ouch eyn strit, da wir selber eder eyn herre von vnser wegn eder vnser houptman inne weren vnd hülfe vns got, daz wi di vromen nemen an gefangen, so sullen wir den besten gefangen der da gefangen wirt zu vore vz nemen. Dar nach sullen die egeschreben borger von Northusen den besten gefangen der nest deme ist ouch zu vore vznemen. Die andern gefangen sal man teyln nach manczal vnser vnd der vorgenanten burger lute, di wir beydersiet mit helmen in dem strite haben. Aber andern fromen, den man da nemet an rossen pferden harnasche vnd andern dingen, sal man teylen nach manzcal der lute, die wir beydersiet gewapent haben in dem strite. Gesche aber, daz di burger von Erford vnd von Molhusen ouch in dem strite met vns weren, So sullen nach vns die Burger von Erford den besten, dar nach die burger von Molhusen den besten vnd nach den di burger von Northusen den besten gefangen ouch zu vore vz nemen die andern gefangen dar nest sulle wir alle met eyn ander teyln nach manzcal der lute, di wir vnd di obgenanten burger vnd stete alle met helmen in dem strite haben. Aber andern fromen den man danne dar nemet an rossen, pferden, harnasche, sal man teyln nach manzcal der lute, die wi alle gewapent in dem selbin strite haben. Waz vesten gewunnen worde vm die ist iz also geret: W.ere daz die selben vesten von vns zcu lehene gingen, so sullen si bi vns vnd vnser herschaft bliben. Ginge su aber von vns nicht zcu lehene, so solde man su brechen, iz were dan daz wir eyns andern da mete zu tune met eyn ander zu rate worden.“ Den Schaden, den die einzelnen Bundesteilnehmer durch einen Kriegszug erlitten, sollten sie selber tragen. „Vnser islik schal synen schaden“ heißt es 1434, „wo he den entfenget vnd numpt sulues dragen …“ Die Städte machen 1348 untereinander aus: „Aber schaden sal yederman, wie er den enpfet selber tragen.“ Oft war auch in den Verträgen ausgemacht, keinen Sonderfrieden zu schließen. Herzog Otto von Braunschweig versprach 1434 der Stadt: „Ok enschullen noch enwyllen wir vns mit dem genanten ern Albrechte nicht affricliten, sonen noch vreden ane der genanten vnser besunderen vnd leuen frunde van Nordhusen wyllen vnde wyszen.“

Neben den Bündnissen schloß Nordhausen noch Dienstverträge zur Verstärkung seiner Kriegsmacht. Es verpflichtete Adlige aus der näheren und weiteren Umgebung der Stadt, im Kriegsfall zu Hilfe zu kommen. Als Gegenleistung zahlte die Stadt einen Sold. Die Dauer der Dienstverpflichtung richtete sich nach der Übereinkunft mit dem Rate der Stadt. Im Kriegsfall brauchte der Adlige nur nach ausdrücklicher Aufforderung der Stadt zu Hilfe zu eilen. „Vnnsernn frundlichenn dinst zcuuor“ , heißt es in einer solchen Aufforderung Nordhausens, „gestrengir lieber, wir fugen uch wissen, daz vns itczund mergliche vnnde treffliche warnunge zcu komen vnnde vorgefallen sint der halben ist vnnser meynunghe, das ir ane alle sinnen vnd vszebleiben vff duszen Sontag schiersten zcu Husz kommen wollit, daß vordem wir gemeine …“ Nordhausen schloß Dienstverträge im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert. 1314 und 1324 mit den Grafen von Beichlingen, 1344 mit den Honsteiner Grafen, 1365 mit Johann von Peyn, 1381 mit Seifert von Bülzingsleben, 1467 mit Ernst von Honstein u. a. m. Die Dauer der Dienstverträge lag zwischen ¼-4 Jahren. Die Truppenzahl war nicht immer festgesetzt. 1381 versprach Bülzingsleben nur, die Stadt „festiglichen czu vorteydingene“ . Dagegen versprach Johann von Peyn 1365 „czen mannen met hüben guter wol geczugter lute io der man met dren pherden“ .

Der Sold war verschieden und richtete sich sowohl nach der Länge des Dienstes, als auch nach der Anzahl der Mannschaft, die gestellt wurde, Johann von Peyn erhielt „Czen schock zcal cross“ und im Falle eines Krieges einen Sondersold. Bülzingsleben erhielt einen Jahressold von „virczig letige marg sachssen geldes“ , Ernst von Honstein 1467 jährlich „vier liundirt schogk“ . Die Verpflegung der Mannschaft hatte die Stadt zu übernehmen.

Vor dem Antritt des Dienstes hatten sich die Dienstleute einer Musterung vor dem Rat zu unterziehen. „Wanne wir in di Stat körnen“ , hieß es 1365, „So sal man mir vnd miner geselleschaft vnse phert vnd rustunge schätzen lazen als mogelich ist. Weres ouch daz ymant in miner geselleschaft were der sine phert nicht wolde schätzen lazen als mogelich were, deme solde die burger nicht pflichtig sin solt zu gebene.“

Der Dienstmann hatte ferner das Versprechen zu geben, gegen alle Feinde der Stadt Hilfe zu leisten. Ausnahmen mußten vorher festgelegt sein. In dem Vertrag mit Ernst von Honstein 1467 hieß es: . . dann sollin vnde wollin wir bynnen den nehysten vierczen tagen des selbigen vihent werden, derselben vihende ergeste wissen vnde thun mit den vnsern so wir forderst können vnde mogin Yssgeslossen den Hochgebornnen fürsten vnde Hern Hern Wilhelm Hertzogen zcu Sachsen, lantgraue in Doringen vnde marcgraue zcu miessen vnsern gnedigen liebin Hern, die Edilin wolgebornnen von Swartzborgk vnde Stalherg … der vihent sollen vnde wollen wir nicht werden …‘‘

Die Dienstverträge boten der Stadt jederzeit die Möglichkeit, ihre Kriegsmacht zu verstärken. Über ihre Ausfertigung und ihren Abschluß beriet der Rat in seiner Gesamtheit. Man legte mit dem Dienstmann gemeinsam die Punkte des Vertrages fest. Der Rat stellte den Dienstvertrag aus, der Dienstmann gab der Stadt den sogenannten „offenbrief“ . Beide waren auf Pergament geschrieben und gesiegelt. Am Ende der Dienstzeit hatte der Dienstmann seinen Vertrag der Stadt zuriickzugeben. Die Anlage dieser Verträge blieb in den zwei Jahrhunderten, in denen Nordhausen Dienstverträge ausstellte, gleich.

Fünf Jahrhunderte hindurch schloß Nordhausen Schutzverträge. Der erste erhaltene Schutzvertrag stammt aus dem Jahre 1302, der letzte ist vom Jahre 1703. Bedeutung und Inhalt des Schutzvertrages wurden im Laufe der Zeit gewandelt. Dementsprechend sind zwei Gruppen zu unterscheiden.

  1. vom Anfang des 14. Jahrhunderts bis 1482,
  2. von 1482 bis 1703.

Im vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert ging Nordhausen Schutzverträge mit den Landgrafen von Thüringen und Hessen, den Herzogen von Sachsen und Braunschweig, dem Bischof von Hildesheim und den Grafen von Honstein, Stolberg und Schwarzburg ein. Die Stadt schloß zu gleicher Zeit mehrere Schutzverträge. Dadurch machte sie sich von dem militärischen Schutz eines einzelnen Fürsten oder Herren unabhängig. 1359 schloß Nordhausen mit dem Grafen von Honstein einen Schutzvertrag auf zehn Jahre, 1360 mit den Schwarzburger Grafen auf drei Jahre, 1367 mit den Landgrafen von Thüringen auf drei Jahre, 1368 mit dem Herzog von Braunschweig über vier Jahre, 1436 Schutzverträge mit dem Landgrafen von Hessen und dem Bischof von Hildesheim über sechs und drei Jahre.

Den Verträgen nach sind für die Zeit des vierzehnten und fünfzehnten Jahrhunderts zwei verschiedene Formen des Schutzes zu erkennen.

  1. Der Schutz gilt nur in dem Territorium des Landesherrn.
  2. Der Schutz wird auch auf Stadt und Stadtgebiet erweitert.

Die erste Form des Schutzes war militärisch von geringerer Bedeutung. Sie sollte vor allem den Warenzügen der Reichsstadt Sicherheit bieten. Die zweite Form bedeutete militärischen Schutz und Sicherheit für das gesamte Gebiet Nordhausens. „Also daz wir die gnanten von Northusen mit sarnpt ierer Stad, luten vnd vnder saszen"‘, versprach 1469 Herzog Wilhelm von Sachsen, „durch vnnsre lannde, slosz, stete, dorfferer, straszen, gericht vnd gebiete mit vehden ader an vehden in keiner wiese, … beschedigen laszen, Sündern sie, ire Stad, Bürgere, Inwoner vnd die yren getrulich schützen … dorczu wir sie ouch gegen eyn iglichen gegen dem yn des nod were, so sie vns das verkündigen, verteydingen sullen vnd wullen …“

Im Gegensatz zu den Bündnis- und Dienstverträgen dient der Schutzvertrag ausschließlich defensiven Zwecken. Der Herr oder Fürst kommt der Stadt zu Hilfe, wenn sie angegriffen wird. Er leistet ihr Hilfe gegen jedermann mit Ausnahme gegen das Reich und den Kaiser. Die Stadt zahlt dafür ein Schutzgeld, das sogenannte „Verspruchgeld“ . Von 1359 bis 1369 erhielten die Grafen von Honstein jährlich „50 lotige marc“. Nach dem Vertrag von 1367 bekamen die Landgrafen von Thüringen jährlich „70 lotige mark silbirs“. 1436 forderte der Landgraf von Hessen jährlich „50 gude Rinsche gülden“. Irgendwelche Ansprüche auf Hoheitsrechte gab der Schutzvertrag dem Fürsten nicht.

Die Stärke und Art des militärischen Schutzes wurde nicht festgelegt. Man versprach ganz allgemein, die Stadt „mit aller macht oder wie nod sein wurde getrewlich und gleich vnsern eygen Landen, Luten vnd vnderthanen zu schützen vnd verteidingen“.

Der Wandel der Machtunterschiede zwischen dem Schutzfürsten und der Schutzstadt seit der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts hatte auch allmählich Bedeutung und Inhalt des Schutzvertrages gewandelt. Die sächsischen Herzoge änderten das gegebene Verhältnis zwischen sich und der Stadt Nordhausen zu ihren Gunsten. Sie verlangten Heeresfolge. Schon Herzog Wilhelm von Sachsen hatte wiederholt militärische Hilfe von Nordhausen verlangt. „Ir wollet vns …“ schrieb er 1454, „lihen guter vnd redelicher gewopenter schützen mit sechs pferden vfs rustigest vnd die vff dornstag nach Quasimogeniti tzu macht in das futter gein wissenfels schicken.“ Am 7. Juli des gleichen Jahres forderte er: „ … Ir wollet uch mit hoffluten vnd susse mit allen den uwern mit pferden wagen harnasch geschutze vnd allen Sachen darnach schicken vnd rüstigen ab Wir ubirczogen vnd uch anruffen worden …“ Als mit dem Tode Wilhelms sich die gesamtwettinische Macht in den Händen von Ernst und Albert vereinigte, nahmen diese in dem ersten Schutzvertrag, den Nordhausen nun mit dem Gesamthause schloß, die Verpflichtung der Stadt zur Heeresfolge auf. „Vnns gein allermenniglich geynn weme wann vnd wu vnns des not sein wirdet“ hieß es in dem Vertrag von 1482, . . nach irem allerbestenn vormugen zu vnnserm erfordernn getrewlich zuhelffenn vnnd beizusteen …“

Von 1482 bis 1687 ging Nordhausen nur mit Sachsen Schutzverträge ein. „Es gelang Sachsen“ sagt Gebser, „alle anderen Mächte von dem Schutz auszuschließen.“ Nordhausen konnte den Schutz nicht mehr suchen, sondern er wurde ihm aufgezwungen. Die Form des Schutzvertrages wurde mehr und mehr unwahr. Mit aller Deutlichkeit zeigen dies die Vorgänge, die zum Abschluß des letzten Schutzvertrages führten. 1697 hatte Brandenburg das Reichsschultheißen- und Reichsvogteiamt in Nordhausen von Sachsen erworben, und strebte danach, auch einen Schutzvertrag mit der Stadt zu schließen. Nordhausen wandte sich aber, da Sachsen keinen Wert mehr auf den Abschluß eines Schutzvertrages mit der Stadt legte, nicht an Preußen, sondern an Hannover. 1702 war Hannover zum Abschluß bereit und am 23. Dezember unterschrieb Herzog Georg Ludwig den Schutzvertrag. Doch bevor es zur Auswechslung der Urkunden kam, schritt Preußen ein. König Friedrich I. zwang Nordhausen mit militärischer Gewalt zum Abschluß eines Schutzvertrages. Am 7. Februar 1703 ließ er die Stadt besetzen. „Morgens früh um 3 Uhr“ heißt es in dem Bericht Böhnes, „kommen etzliche grenadirs voran über den gefrorenen Teich vor das Siechenthor marschiret, endlich die sämtlichen Trouppen, schlagen das Thor und Schloß auf, werfen den Thorwirth … zu Boden, nehmen ihm die Thorschlüssel, dringen zu dem Thor sämtlich ein setzen sich auf den Markt und Kornmarkt in positur, und zwar allhier 2 metallene Stücke gleich nach Herrn D. Fromannen Hause gerichtet, etzliche schlagen die Wache unter dem Rathhause auf, prügeln den Vorsteher … erbärmlich, nehmen ihm die Schlüssel ab, andere öffnen das Wag-Hauß gewaltsam und nehmen beyde Oerter ein durch ihre Besatzung.“ „Auf des Ohristen Begehren“ heißt es an einer anderen Stelle des Berichts, „hat Senatus durch die Raths-Diener von Hauß zu Hauß sämtlichen Bürgern ansagen lassen, ein jeder sein Gewehr mittags umb 12 Uhr vor sein des Obristen Quartier auf dem Korn-Marckt … zu bringen …“

Am 9. Februar nahmen die Truppen auch das Zeughaus in Besitz. Nordhausen war damit vollständig entwaffnet. Am 10. März mußte die Stadt mit dem König in Preußen einen Schutzvertrag auf zehn Jahre schließen. In der Stadt blieb eine ständige preußische Besatzung. Damit war Nordhausen in starke militärische Abhängigkeit geraten. Doch gelang es der Stadt mit Hilfe des Kaisers und des Kurfürsten von Hannover eine Erneuerung des Schutzvertrages mit Preußen zu verhindern. Friedrich Wilhelm I. verzichtete am 22. Mai 1715 auf alle Anrechte in Nordhausen und verkaufte für 50 000.— Taler Vogtei und Schultheißenamt an die Stadt. In der Bestätigung des Kaisers über den Verkauf heißt es im Eingang, daß Preußen und Hannover „alle ansprüche, worauß die vorgenohmene differenzien entstanden, niedergelegt, die preußische besatzung abgeführet, und erwehnte Stadt nunmero in ihren freyen reichsimmediaten ruhestand (!) hinwiederumb gesetzet …“ Bis zum Ende der Reichsfreiheit schloß Nordhausen keine militärischen Verträge mehr.

Schlußwort

Zum Schluß der Untersuchungen sei auf einige Ergebnisse hingewiesen, die über den Rahmen von Nordhausen hinaus für die historische Städteforschung Bedeutung haben. Die auf germanischer Grundlage ruhenden Einrichtungen des mittelalterlichen Stadtkriegswesens bleiben in Nordhausen bis zum beginnenden neunzehnten Jahrhundert lebendig. Damit gehören die Wehreinrichtungen sowohl im Mittelalter als auch in der Neuzeit zum Wesen der Reichsstadt. Das Wesen der mittelalterlichen Wehrverfassung bleibt in Nordhausen zu allen Zeiten gewahrt. Hierfür dienen u. a. die vom Mittelalter bis in die Neuzeit fortbestehenden Kriegsbehörden als Beispiel. Die Gliederung des Bürgeraufgebots in Kompagnien ist nur ein äußerliches Zugeständnis an die neue Zeit.

Die Kriegsverfassung des Stadtstaates Nordhausen kann Beispiel für die Erfassung der gesamten Volkskraft zum Zweck der Landesverteidigung sein. Wir verweisen auf die bürgerliche Dienstpflicht, in der die allgemeine Wehrpflicht zu allen Zeiten Grundprinzip bleibt. Nordhausen gehört damit zu jenen historischen Erscheinungen, die den Gedanken allgemeiner Wehrpflicht in ununterbrochener Folge von der sächsischen Kaiserzeit bis fast zu den Tagen von Scharnhorst und Gneisenau lebendig erhalten haben.

In der Wehrverfassung finden die allgemeinen Grundsätze der städtischen Lebensordnung ihren Niederschlag. Das zeigt die Einordnung der Wehrmacht in die städtische Gesamtverfassung. Führung und Befehlsgewalt liegen in der Hand des Rates. Dadurch ist eine innere Übereinstimmung von militärischer und politischer Ordnung erreicht. Darüber hinaus besteht eine Wechselwirkung zwischen der militärischen und politischen Gestaltung des städtischen Lebens. Die politische Ordnung prägt ein ihr entsprechendes militärisches System aus. Es besteht in der Reichsstadt Nordhausen in der kleinen, schlagbereiten Berufstruppe, dem „Operationsheer“ und der Bürgermiliz, der Verteidigungstruppe.

In dem Kriegswesen offenbart sich eindeutig der Verfall des mittelalterlichen Stadtstaates seit dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts. Die Auswirkung dieses Verfalls ist für Nordhausen am deutlichsten in dem Aufhören der militärischen Bündnisse und der Wandlung der Schutzverträge zu erkennen. Als politisch und wirtschaftlich zu kleines Gebilde befindet sich die Stadt den Territorien gegenüber im Nachteil. Sie kann kein stehendes Heer im Sinne der absolutistischen Territorien halten. Sie gilt nicht mehr als Bundesgenosse. Militärisch und politisch gerät sie in Abhängigkeit. Das zeigen die Schutzverträge seit dem sechzehnten Jahrhundert. Die Stadt tritt in den Hintergrund. Diese Entwicklung entspricht vielen Städten. So konnte es geschehen, daß die Wehrgeschichtsforschung überwiegend sich den Kriegseinrichtungen der Territorien zuwandte, das Stadtkriegswesen weniger beachtete. Deshalb sei zusammenfassend hervorgehoben, daß gerade die Städte — als Beispiel weisen wir auf Nordhausen — in wesentlich höherem Maße als die Territorien zu einer vollkommenen und lehrreichen Auswertung ihrer volklichen und staatlichen Machtmittel für die Landesverteidigung gelangt sind. Daß sie auch ihre Wehrbereitschaft in einem allgemeineren als etwa nur im nordhäusischen und mühlhäusischen Sinne verstanden, zeigt die Rede eines Mühlhäuser Kriegskommissars an die Bürgerschaft vom 21. Dezember 1620, in der es heißt: „… daß wir nach dem Exempel vnserer seeligen Vorfahren das Vaterlandt sampt weih, kindern, haus undt Guth vorthedigen, dabey Leib und Leben mitt Ehren auffsetzen undt also das denkwürdige Lob der berühmten T e u t s e h e n N a t i o n noch ferner nach eußerster müglichkeit vermehren helffen möchten.“

Beialgen

Hauptmannsbestallung 1432
Offenbrief des Wedekind von Ußler für den Rat der Stadt Nordhausen.
14. Mai 1432.
St. A. N.: II Na 17 fol. 21 r.

Ich Wedekint von Uszler Bekenne in dusseme kegenwertigen uffin briffe vor alle den, die ou sehen, hören edir lesen, das ich mich mit den Ersamen Wisen luten, dem Rate vnd den Reten der Stat Northusen voreynet vnd vortragen habin, oen zcu dynen als eyn Houptman Ein iar, das angetreten had uff den Suntag Jubilate nestuorgangen vor datum dusses briffes. Vnde sal in dynen mit dren pherden mit eyme Schuttzen vnd mit eyme knechte, die sal Ich alle selbist beköstigen vnd dy pherde selbist futtere vnde besorge mit huffslage vnd mit allem gezcuge. Darumme sollin Su mir zcu solde geben Andirthalb hundirt Rinsche gülden. Weres abir das Ich an deme selbin dinste darneddirleyge edir gefangen worde, da got vor sy, So sullin Su mich losen vor sulche Summen geldes, alse der solt ist vnd nicht thurer. Vszgeslossin ap Ich mynes eygen gewerbes rette. So sal ich mich selbist vor ebenthure mit mynen knechten vnd pherden vnde nicht der Rad zcu Northusen. Vnde wanne Ich mich von on scheyde vnd mit uszrichtunge geschin ist sulches mynes soldes, So sal vnde wil ich deme Rate zcu Northusen eynen briff gebin, das Su mich genczlichen entrichtet vnd Ich mich gutlichin von on gescheiden habe. Vnde Su furdir vmme nichtis mer wolle beteydinge, noch nymant von myner wegen. Das rede Ich also stete vnde gancz zcu haldene ane alle argelist vnde geuerde. Des zcu eyme bekentnisse habe Ich myn Ingesegel gedrucket ynnerwennig an dussen uffin briff, Der gigebin ist Noch Christi gebürt Virtzenhundirt Iar vnde darnoch in deme Czweyvndedrissigesten Iare an der Mittewochin noch deme Suntage Jubilate.


Eines Ehrbarn Rathes der Reichsstadt Nordhausen Ordnung wegen des
Krieges-Exercitii 1615

Wir Bürgermeister und Rath der Stadt Nordhausen fügen unsern Burgern und Einwohnern zu wissen, ob wir wohl des löblichen Niedersächsischen Creyses Abschieden sowohl, auch darauf erfolgten unterschiedlichen Erinnerung zu folgen unsern Bürgern und Einwohnern auferlegen lassen sich mit ihren Gewehren also gefaßt zu machen, das sie jederzeit geschickt erscheinen können, dabey auch nicht zweifeln, es werden sich dieselbe als gehorsame Unterthanen solch Mandaten gemäß verhalten und mit ermelten Gewehren versehen haben:

So erinnern wir uns doch hiebey, das der meiste theil unserer Burger solche Gewehre, wie sich» gebühret, nicht führen und nützlich gebrauchen können, derowegen die Herren Ehesten neben uns vor gut ansehen und geschlossen den Ehrsamen und Mannhafften Caspar Bernhardt uf 6 Monath zum Leutenant dergestalt anzunehmen, das er gedachte unsere Burgerschafft dieselbe Zeit über, wie sie sich im Kriegswesen, in Schlacht- und andere gemeinen Kriegsordnungen schicken, ihre Gewehren, lange Spießen, Musqueten und andere recht führen nützlich gebrauchen, damit erzeigen und verhalten mugen, exerciren und abrichten und in Ordnung bringen soll, damit sie in vorfallender euserster Noth: die Gott gnädiglich verhüten wolle: sich erzeigen, wie sichs in solchen Fällen gebühret, und nützlich gebrauchen lassen können; haben ihm auch zu solchen Exercitio mehr Befehlighaber zugeordnet und gewisse Articul verfassen lassen, darnach sich ein jeder Burger gemäß verhalten soll, und lauten dieselben wie folgt:

1. Soll ein jeder Burger und Einwohner allhier seiner uns, dem Rathe, geleisteten Eyde-Pflicht hiermit ermahnet und erinnert seyn, unsern, des Raths, und gemeyner Stadt Schaden und Nachtheil zu wenden und dagegen den Frommen zu befördern, alles nach eines jeden bestem Vermögen, dan auch dem verordenten Lieutenant und seinen zugeordenten andern Befehlhabern, soweit sich ihr Befehl dieses Ecercitii halber erstrecket, zu jeder Zeit, es sey hei Tag oder Nacht, wie sichs zutragen möchte, Gehorsam leisten und ingemein allewege aller Gebur, wie einem ehrlichen Manne wohlanstehet, erzeigen und verhalten; welcher darinnen bruchig und ungehorsam befunden, soll nach unsern, des Raths, Erkänntnis gestraft werden.

2. Soll ein jeder vor allen Dingen sich des greulichen Fluchens, Schändens und Lästerns des Allerheiligsten Namens Gottes und seines Hochwürdigen Sacraments, dadurch seine Göttliche Allmacht zum höchsten erzürnt und allerhand schwere Straffen und Unglück verursachet werden, mit allem Fleiß enthalten, bei des Gefängnis und sonsten nach Gelegenheit ander ernster Straffen.

3. Ein jeder Bürger soll mit seiner ihm zugeordneten Gewehr als die langen Spießer mit Spießhosen und Rüstungen, die Schlacht-Schwertirer mit Rüstung und die Musquetirer mit Pantelier, Sturmhauben und Schutzenrocken beneben allen andere Zubehörungen zu jeden Gewehr gefast seyn zu jeder Zeit, entweder uf unsere, des Raths, Dienern, oder der verorndten Ratmeister erfordern, es sey Tages oder Nachts, des Sonntags oder in der Wochen, wie es die Zeit und Gelegenheit geben werden, zu erscheinen, und soll keiner ohne sonderliche Erlaubnisse der Lieutenants außen bleiben, auch keine Entschuldigung, die Ettwan dem Ratmeister uf Erfordern anzeigen wolle, von ihm angenommen werden, sondern er soll uf Erfordern alsobald folgen, und ob er einige Ehehafften hette, dieselbe dem Lieutenant anzeigen und von denselben selbst Erlaubnis erlangen, bei Straff eines Orthsthalers.

4. Als soll auch ein jeder Bürger selbst zu erscheinen und sich zum Exercitio zu stellen schuldig seyn und keinem, das er einen Jungen oder Handwerks-Gesellen oder sonsten jemandes an seine Stadt schicken wolle, zugelassen und nachgegeben werden, auch keine Entschuldigung, außer Leibes Ehehafften angenommen werden und statt haben; wer dawider handeln und sich hierinnen ungehorsam verhalten würde, der soll nach unser Erkenntnis nach Gelegenheit des Ungehorsams ernstlich gestrafft werden.

5. Des Vollsaufens und sonderlich, wenn er zum Exercitio erfordert, alldieweil offtmals daraus ein Unglück erfolget, soll sich menniglich enthalten und dessen unsern und meiden. Würde aber jemand sich hierüber nicht enthalten, soll er nicht allein mit Gefängnis gestrafft werden, besonders da ihm selbst einiger Schade daraus erwachsen möge, mag ihm denselben selbst zumessen, und oh dadurch einem andern Schaden entstünde, soll er denselben, so hoch derselbe zu befinden sein wird, zu gelten und zu tragen schuldig sein und darneben auch sonsten, nach Gelegenheit des Schadens, andern zur Abschew und Exempel ernstlich gestrafft werden.

6. Im Hinausziehen zum Exercitienplatz soll ein jeder Musquetier Geschoß samt dem Zunt-Fläschlein am Pantelier voll Pulvers haben, bei Straff 3 Groschen, so dasselbe also bei ihme nicht befunden wurde. Dargegen aber keiner seine Mußqueten geladen tragen, vielweniger im Hinaus- oder Hereinziehen, weder in der Stadt noch in den Vorstädten oder sunsten in der Zugkund Schlachtordnung ehe nicht schießen und sein Geschoß vergeblich verplatzen, bis der Lieutenant zu schießen anzeigen und befehlen wird; wer darüber handeln wird, soll dem Profosen ans Regiment geloben und nach unserm, des Raths, Erkänntnis gestrafft werden.

7. So soll auch niemand bei dem Exercitio sein Mußquet mit Kugeln, gedreheten oder gekeueten Papier oder sonsten gefährliche Weise laden und damit schießen. Würde aber einer also betroffen, der soll als ein Mutwilliger und freventlicher Beschädiger und Mordthäter gehalten werden und ohne alle Gnade am Leibe und nach Gelegenheit diesfalls auch am Leben gestrafft werden.

8. Dargegen andere, so zum Exerciren nicht verordent sind, sondern nur alleine um Zusehens willen hinauskommen, sollen sich nicht allein des Exercier-Platzes zur Verhinderung derer, so im Exercitio seyn, besondern alles Schießens gäntzlich enthalten. Wer dawider handeln wird, dem soll nicht allein das Rohr genommen, sondern er soll auch das Regiment geloben und dann von uns, dem Rathe, darum ernstlich gestrafft werden.

9. In der Zug- und Schlachtordnung soll ein jeder sein Glied recht und gleich halten und keiner aus der Ordnung gehen, damit sein Glied nicht zertrennet werde, und was ihm von dem Leutenambt oder seinen zugeordenten Befehlighabern daselbst gebothen wird, treulich leisten und halten und weder mit Worten, vielweniger mit Wercken, uf einigerley Weise denselben nicht widersetzig machen und an ihnen vergreifen. Würde aber einer oder mehr sich hinwieder sperren und guthlicher Einsage und Geboth nicht folgen, auch sein Glied nicht recht halten, der soll mit Gewalt dazu angetrieben werden und was ihme als dann mit Schlagen oder sonsten ernsthafter Weise widerfahren und begegnen möchte, mag er ihn Selbsten zumessen, und soll deswegen kein Klage von ihm gehöret werden oder angenommen. Wolte auch einer gegen den Leutenant und seinen Zugeorndten sich thätlicher Weise zur Wehre stellen, soll er dem Profosen ans Regiment geloben und soll alsdann als ein vorsetzlich Widerstreber unsern Befehls ernstlich gestrafft werden.

10. Also auch keiner wider den andern alten Haß oder Neid, es beruhe von Scheltworten, Schulden oder sonsten, woher es wolle, daselbsten fechten, anthun noch eyfern, sondern was einer wider den andern hat, solches zu recht und ordentlich geburlichen Mittel an Orth und End, do sich gebühret, ausfechten soll.

11. Es soll auch ein jeder in der Zug- und Schlachtordnung auch bey dem Exercitio, so lange es wehret und biß sie von dem Leutenant wieder heimgeführet werden verwarten und ohne sonderliche Erlaubnis des Lieutenants daraus und davon nicht weichen und von sich selbst darvon und anheims gehen bey Straffe 3 Groschen.

12. Und soll ein jeder zwischen dem Exercitio und sonsten jährlich und alle Zeit sein Gewehr an Harnisch, an langen Spießen, Schlacht-Schwertern und Unterwehren, desgleichen die Musquetirer ihre Musquete, Gabeln Pantuliern, Schutzen- Röcklein und was sonsten allenthalben dazu gehörig, fein sauber und rein halten, die Geschoß und Zunt-Fläschlein am Pantulier jederzeit voll Pulver haben und stetig zu Tage und zu Nacht damit gefast seyn, damit er uf Erfordern und sonst im Fall der Noth, so Gott der almächtige gnädig verhüten wolle, zu folgen geschickt und bereit seyn, also das er mit Ehren und nicht mit Schimpf und Spott bestehen möge.

13. Es soll auch ein jeder Bürger sein Gewehr, so er bey diesem Exercitio angenommen und geführet, es seyen Harnisch, Schlachtschwerter, lange Spieße, Mußqueten mit Pantulier und andere zu jeder Gewehre zugehörigen Rüstungen, wenn der Lieutenant nach verlaufener Zeit, sein Amt mit Exercitio verrichtet hat, bey sich in guter Verwahrung auch fein sauber und rein und allerdings zum Zuge gefaßt sein und halten, davon außerhalb der Stadt nichts verleihen, vielweniger verkauffen, verpfänden oder sonsten in andere wege von Abhanden bringen:

Denn wenn und zu welcher Zeit Untersuchung geschieht und einer oder der andere damit dergestalt, wie gedacht, nicht gefaßt seyn und sein Gewehr mit ihrer Zubehörung nicht bey handen haben wird, der soll darum mit Ernst bestrafft werden. Befehlen demnach hirmit ernstlich allen unsern Bürgern und Einwohnern, das sie sich vorgeschriebener Ordnung und Artikeln nach in allen Punkten gemeß Vorhalten, dawider nichts, weder heimlich noch öffentlich fürnehmen, sondern denselben und was etwan ferner zur Verbesserung für gut angesehen und angeordnet werden möchte, gestraks nachleben.

Insonderheit nachdem sich etliche unter der Bierzeche, wenn sie die Nasen begossen und sonsten von diesem Exercitio schimpflicher und spöttischer, höhnischer weise zu reden sich unterstanden und noch unterstehen, das sie sich desselben gantz enthalten; ihr schimpfiren, bis ihnen davon zu reden erlaubt und nachgelassen, einstellen und unterlassen; mit dieser angehefteten Verwarnung, do einer oder der ander, wer der auch sey, wider die vorgeschriebenen Artickul handeln und auch von dem Exercitio und Abrichtung der Burgerschafft schimpflich zu reden sich gelüsten lassen würde, das der- oder dieselben ernster Straffe gewärtig seyn soll, davor sich ein jeder wird zu hüten wissen. Urkundlich haben wir zu Ende dieser unser Stadtsecret unden ufdrucken lassen.

Actum Nordhausen, den 17. Martii Anno 1615.


Hauptmannsbestallung 1795
Stadtarchiv Nordhausen: 1 T 51.
C a p i t u l a t i o n
mi t d e m H e r r n H a u p t m a n n v o n M e y e r
2 1. J a n u a r 1 7 9 5.

1.

Wir Burgemeistere und Rath der Kayserlichen Freyen Reichsstadt Nordhausen, urkunden und bekennen hiermit, daß wir, indem wir bey Unserer zugegenwärtigen Reichs-Kriege in natura zustellender Contingents-Mannschaft, den vormals in Königl. Großbrittanischen und Churfürstl. Braunschweig-Lüneburgischen Kriegesdiensten als Hauptmann allbereits gestandenen Herrn Gottlieb von Meyern zum Capitain derselben angenommen und bestellet mit Ihm auch dabey zugleich nachfolgende Punctation und Capitulation festgesetzet und abgeschlossen haben. Und zwar ist Uns hierbey bedungen und von Unterzeichneten Herrn Capitain von Meyern auch zugesaget worden, daß er Ihro Römisch Kayserliche Majestaet und dem Heil. Römischen Reiche, wie auch Hochlöbl. Niedersächsl. Crayse und ins besondere hiesiger Stadt Nordhausen, und Uns Bürgermeistern und Rathe derselben jederzeit trey, hold und gewärtig seyn, Unser Bestes nach allem Vermögen suchen und befördern helfen, Schaden und Nachtheil aber hingegen abwenden, und zu verhindern sich beeifern auch hoher angeordneter Reichs-Generalite und deren untergeordneten Commando in allen Militair-Angelegenheiten, bey bevorstehender Campagne gehorsamlich geloben solle und wolle. Und da Ihm die gesammte voritzo zu solcher Reichs-Krieges-Armatur in natura zustellende Contingents-Mannschaft zu 73 Köpfen an Unter-Officieren, Gefreyten, Spielleuten und Mousquetieren, nebst einen Feldscheerer, nachdem an Ihro, des Herrn Reichs-general-Feld-Marschalls Herzogs von Sachsen- Teschen, königl. Hoheit, bereits eingesandten Ausweise, in completten Stande, völliger Montur, und allein nötigen Zubehör an Gewehr und Feldgeräthschaften nebst einem Rüstwagen, 4 dazu bestimmten Zug- und übrigen Pack-Pferden, auch dazu gehörigen Geschirre nach der ihm darüber besonders zu zufertigenden, und von Ihm zu unterzeichnenden Designation geliefert, diese Mannschafft aber so wie überhaupt alles dieses auch ferner auf der Stadt Kosten erhalten wird; so verspricht, da es nunmehr mit nechsten zum Ausmarsch kommen muß Herr Capitain von Meyer

2.

auf solchem so wie überhaupt für immer gute Aufsicht auf selbige zu führen und die ernste Vorsorge zu tragen, damit alle Excesse möglichst vermieden niemand belästigt, und nirgends zu gegründeten Beschwerden Anlaß gegeben auch aller Orten alles nach Billigkeit oder reglementsmäßiger Vorschrift behörig vergütet und berichtiget werden möge auch demnechst für die Erhaltung alles dessen möglichste Obsorge zu tragen, insbesondere aber der ihm anvertrauten Mannschafft sowohl, in als außerhalb der Guarnisonen aller Orten bestmöglichst und getreulichst vorzustehen solche pflichtmäßig zu conservieren, und in coinpleten guten Stande zu erhalten zu suchen auf deren Unterhalt sowohl in Felde als Guarnison auf das Bestmöglichste Bedacht zu nehmen, auch dafür Vorsehung zu treffen, damit das etwanige schadhaft werdende Gewehr, so wie auch alles übrige an Fuhrwerk und Bagage also gleich hinwieder in guten Stand gesetzet werden es auch der Mannschafft selbist für hinkünftig an Schuhen, Strümpfen, Gamaschen mit andern nötigen kleinen Montirungsstücken so wenig, als wenig an Patronen, Kugeln, Pulver, Flintensteinen und sonstigen Zubehör gebrechen möge; Ihnen auch ihre bestimmte Löhnung, auf das pünctlichste und ohne Verkürtzung auszuzahlen, und mit denen Ihm hierzu, so wie überhaupt zur Unterhaltung dieser Mannschafft und alles dessen was dazu gehörig ist, anvertrauten Geldern auf das Gewissenhafteste umzugehen; solche in stets guter Verwahrung zu erhalten, selbige auch wohl und ihrer eigentlichen Bestimmung gemäß anzuwenden, alle Posten der Ausgabe von denen Fourier oder einem sonstigen Unter-Officier in ein besonderes Buch oder Register eintragen zu lassen, hierüber allenthalben richtige Rechnung zu fertigen, und selbige mit der jedesmaligen Liste der Contingents-Mannschafft auch dazu gehörigen Belegen, an uns auf das promteste, und womöglich für immer von Monat zu Monat, zur Justiiikation anhero einzusenden, bey eintretender Krankheit oder Verwundung eines oder des andern dieser Mannschafft, für deren behörige Abwartung und Cur zu sorgen, auch wo nöthig auf die Zuziehung eines Artztes oder Transportirung derselben ins nechste Lazareth, so wie auch beym etwanigen Abgang der im Medicinkasten vorräthigen Medicamente auf deren Best- und baldmöglichsten Virdersatz Bedacht zunehmen, hierüber allenthalben die behörige Oberaufsicht zu führen und wenn es hinkünftig zu würcklichen Kriegs-Expeditionen kommen wird, in Zügen und Wachten in Schanzen, Stürmen und Schlachten, und bey allen anderen sonstigen vorfallenden Kriegsverrichtungen so wie bey allen und jeden Gelegenheiten, wozu er nur irgend von seinen Vorgesetzten Militair- Chefs commandirt werden möchte, alles dasjenige zuthun, was Ehre und Pflicht erfordern mag, auch wie überall sich so zu verhalten, wie es einem tapfern wackern und Ehrliebenden Offizier und besorgt getreuen Compagnie-Chef eignet, gebühret und wohlanstehet. Und wie nun Herr Capitain von Meyern solches alles eydlich zu bestärken zugesagt, so ist auch

3.

dagegen demselben von Uns accordiret und zugesichert worden, daß er außer der völligen Uniform nebst Degen, Ringkragen und Scherpe, welche er bereits erhalten habe, ingleichen auch dem Gezelte dem Reit- und Packpferden, welche ihm noch ausgehändigt werden sollen, nicht nur allmonatlich, so lange der Krieg dauern, und er in diesem Posten seyn werde, 40 thlr. in Münze an Gage richtig erhalten, sondern auch noch nebenhin auf eben so lange, ihm ein Bedienter in Livree auf öffentliche Kosten unterhalten, auch die Fütterung von sothanen Pferden bonificiret und in Rechnung passiret werden solle. Wie nun solche Soldatesque nebst dem beygegebenen Feldscherer und Fahrknechte seinem Commando und Oberaufsicht, nunmehro übergeben werden wird und es sich von selbst verstehet, daß erstere für immer in behöriger Krieges-Disciplin erhalten werden müßte; so versiehet man sich jedoch

4.

zuernannten Herrn Capitain von Meyern, daß er solche nicht zur Ungebühr sondern vielmehr mit Mäßigung und Ordnung behandeln, und überall, durch sein Benehmen gegen selbige sich Vertrauen und Zuneigung bey ihr zu erwerben und zu erhalten suchen werde. Sollte übrigens wider Verhoffen und ohne sein Verschulden sothane Mannschafft entweder während des Marsches oder in hinkünftigem Standquartier oder Lager durch Desertion Abgang leyden, so wird Herr Hauptmann von Meyern, wenn deren Completirung erfolgen müßte darüber, ob solche Ergäntzung aldort durch tüchtige Mannschaft und vorzüglich durch unbeweibte junge Leute von gutem Gewächs geschehen, oder von hieraus erfolgen müßte, zeitige Nachricht zuertheilen, und das weitere darüber abzuwarten haben. Sollten nun aber dergleichen eydbrüchige Deserteure hinwieder ergriffen werden, so wollen Wir es zwar nach Verhältniß der Umstände seinen Einsichten und Rechtschaffenheit anheim gestehet haben, ob Er solche nach der Strenge des Krieges-Rechts bestrafen zulassen, oder auf gelindere Mittel hierbey zudencken, oder auch denen, welche sich hinwieder selbst zu stellen versichern, und um Pardon ansuchen möchten, solchen zuertheilen, und dabey die verwürckte Straffe ganz oder zum Theil zum voraus zuerlassen, für nöthig rathsam und zweckdienlich erachten möchte; wie Wir nun aber Ihme hierbey, so weit es schicklich seyn will, Gelindigkeit und Mäßigung statt der allzuharten Strenge empfohlen haben wollen; so verhoffen wir auch dabey, daß wenn solche eintreten müsse, sie nicht anders als nach zuvor gehaltenem Krieges-Gerichte und einer von selbigen gefällten Sentenz eintreten werde, versehen Uns auch dabey zugleich zuernannten Herrn Hauptmann von Meyern daß Er, da Er von dem ganzen Zustande der Compagnie beständig hin getreüen Bericht, ohne Rückenthalt und Verheimligung zuthun hat, hierbey für immer wenn die Sache einigen Aufschub gestattet, Uns davon zuvor nähere Eröfnung zuthun und Unser Gutachten und Willens-Meinung darüber einzuholen, auch darnach sich möglichst zu richten, nicht entstehen werde. — Wie Uns nun auch die bestmöglichste Erachtung solcher Contingents-Mannschafft sowohl überhaupt als auch besonders in Hinsicht Unserer schon längst im Dienst gestandener Stadt-Kinder sehr am Hertzen liegt, so ist dieserwegen annoch

5.

von Uns bedungen, und von dem Herrn Hauptmann von Meyern zugesaget worden, daß er keinen der Ihm ins Feld beygegebenen Unter-Officieren, Gefreyten, Spielleute, Gemeinen oder Fuhr- Knechte, noch viel weniger den Feldscheerer, ohne Noth, hinlänglich gegründete Ursache, und Unser Vorwissen entlassen, dannenhero, wenn er solche zu haben vermeinen möchte, zuvörderst an Uns darüber näheren und umständlichen Bericht erstatten, Unsere gemessene desfalsige Ordre abwarten, und sich überall darnach möglichst richten, auch wenn einer der Unter- Officiere verstorben, oder in Action bleiben würde, Er bey Wiederbesetzung einer solchen vacanten Stelle, wegen derjenigen Subjecte, die dazu am geschicktesten und tüchtigsten seyn möchten, Uns, wenn die Sache irgend einigen Aufschub leiden mag zuvörderst Vorstellung thun, und Unsere Wahlzustimmung und Bestätigung darüber abwarten solle und wolle.

Wie Wir nun zu ermeldeten Herrn Capitain von Meyern das Vertrauen hegen, daß er seinen Pflichten hierinnen überall ein hinlängliches und behöriges Gnüge leisten, und von selbst, daß keine gegründete Beschwerde gegen Ihn obwalten, und die Abänderung der Zusage nöthig machen möge, Bedacht nehmen werde; so ist jedoch lediglich unter dieser Voraussetzung demselben annoch

6.

zugesichert worden, daß Er nach wiederhergestelltem Frieden, auch in der Stadt Dienste als Capitain, wenn er sich alsdann mit derjenigen Gage und übrigen Emolumenten, welche sein Herr Vorgänger in diesem Posten zu genießen gehabt habe, und Ihm bereits bekandt gemacht geworden wären, begnügen wolle alsdenn beybehalten und Ihm bey etwaniger Ersparniß in Hinsicht der Schleifen an der Uniform dadurch kein Abbruch geschehen, diese vielmehr hiernechst zur Erhöhung seiner Gage verwendet werden solle, man verhoffe aber auch dagegen, daß Er sich seines dahiesigen als dannigen Dienstes eben so treulich annehmen, auf die Soldatesque so wie überhaupt auf die Wachten und Posten überall gute Aufsicht führen, sich der Ihm aufgetragenen Expeditionen wie auch sonstiger Verschickungen und Reisen gegen Erstattung der Zehrungs-Kosten willigst unterziehen, und dabey getreulichst benehmen, auch überhaupt nach Unsern Ordres und Einrichtungen sich gebührend achten, und der Ihm weiters darüber zuzufertigenden nähern Instruction zugeleben sich nicht entbrechen werde. Da nun aber auch dabey annoch ernannter Herr Hauptmann Von Meyer bey zuerfolgenden Frieden oder sonstiger Beendigung dieses seines Felddienstes so wohl die Ihm für seine Person und den Bedienten mitgegebene beyde Pferde, als auch übrige Bagage und alles Feldgeräthe nebst Wagen Pferde und Geschirr in wie fern nicht etwa ganz ohne alles sein Verschulden Abgang daran erfolgt oder solches gar durch Feindesgewalt verloren gegangen sein möchte, der Stadt getreulich zu restituiren auch da Wir Ihn, damit das Contingent nie an etwas wegen fehlender Münze, Mangel leiden möge, für immer mit einem monatlichen Kosten Betrage zum Voraus behörig zu versorgen zugesichert haben, solche Contingents-Kasse wohl zu conservieren, und dabey einer Ihme etwa zu übertragenden unsicheren und in Hinsicht derselben bedencklichen Expedition möglichst für deren Sicherheit zu sorgen, wie nicht weniger alles, wie obgedacht richtig zu berechnen, und den dereinst übrig bleibenden Bestand ebenfalls richtig an Uns hinwieder auszuhändigen versprochen; so hat er auch noch

7.

Dabey zugleich dieserwegen und zu desto mehrerer Versicherung dessen daß Er solchem allem getreulichst nachkommen, alles solches richtig abliefern und aushändigen, auch das etwanig fehlende ersetzen und vergüten wolle, auf 800 Rthlr. sichere und hinlängliche annehmliche Caution zu leisten sich verpflichtet.

Dessen zu mehrerer Urkunde und beyderseitigen gewissen Festhaltung ist gegenwärtige Punctation und Capitulation so wohl von Seiten Unserer unter dem öffentlichen Stadtsiegel und gewöhnlicher Unterschrift ausgefertiget, als auch von dem Herrn Capitain von Meyern eigenhändig unterzeichnet und besiegelt worden.

Geschehen Nordhausen, den 21. Januar 1795.
Sgn. Bürgermeister und Rath
der Kayserl. Freyen Reichs-Stadt
Nordhausen.

Nordhäuser Kriegsartikel 1795
Original im Stadtarchiv Nordhausen: 1 T 51.

Kriegs-Articul welche E. HochEdler und Hochweiser Rath der Kayserl. Freyen Reichs-Stadt Nordhausen für die Unter-Officier und gemeinen Soldaten, des von Ihm zur Reichs-Armee zu stellenden Niedersächsl. Craiss-Contingents als ein bestehendes öffentliches Gesetz zu bestimmen vor nothwendig erachtet hat.

Art. 1

Und zwar soll ein jeder Soldat, und wer sich sonst bei der Compagnie aufhält, sich eines christlichen Wandels befleißigen, alles üppigen und bürgerlichen Lebens sich enthalten, bei öffentlichen Gottesdienst sich einfinden, und endlich sich des Mißbrauchs des Allerhöchsten Nahmens Gottes und Seiner Sacramente durch Fluchen und Schwören gänzlich enthalten. Hiernächst, und

Art. 2.

Soll ein jeder Soldat dem Magistrate und der hiesigen Reichsstadt Nordhausen getreu, gehorsam und gewärtig sein, deren Nutzen befördern, Schaden und Nachtheil, so viel möglich, abwenden, und in keinerlei gefärlichen Berathschlagungen gegen den Magistrat, oder die Stadt sich finden lassen, vielmehr alles Schädliche, so er erfähret anzeigen, bei Strafe Ehr, Leibes und Lebens.

Art. 3

Nächst diesem soll und muß jeder Soldat seinen Herrn Obern und Officiere, sowohl überhaupt, als insbesondere in Commando und Dienstsachen, ehren und ihnen gehorsam seyn, auch nicht widersetzen, bei Strafe Ehr, Leibes und Lebens.

Art. 4

Im Felde müssen alle Salve-Gardes, oder Schutzbriefe, so von den combinirten Mächten, oder auf Dero Ordre an Dero Generalität ausgestellet worden, bei Leib- oder Lebensstrafe respectieret werden.

Art. 5

So sollen auch alle Unterofficiere und Soldaten den Ober- Officieren vom ersten bis zum letzten, sie seien von demselben oder ander Regimente, mit gebührenden Respect und Gehorsam begegnen.

Art. 6

Welcher Soldat sich dem Amts-Commando derer Ober auch nach Gelegenheit derer Unter-Officier entgegen setzet, es sei auch nur mit Worten oder raisonnieren, derselbe soll mit Gassen- Laufen, welches nach Condition des Beleidigten, und denen vorkommenden Umständen, auch willkürlich zu erhöhen ist, bestrafet werden. Wer aber dagegen seinen Degen entblößt, oder mit anderm Gewehr drohet, oder solches würklich und thätlich gebrauchet, sich solchen Commando zu widersetzen, derselbe soll ohne Gnade arquebusirt werden.

Art. 7

Alle Schlägerei und unnöthige Händel werden bei Strafe der Spieß-Ruthen verbothen, maßen jeder Soldat sein Gewehr nur gegen den Feind, oder entstehenden Falls auch zur Noth und Gegenwehr gebrauchen soll. Würde er aber damit vorsetzlich seinen Cameraden oder sonst jemand verletzen, oder gar entleiben, soll er, nach befundenen Umständen am Leibe oder Leben bestraft werden.

Art. 8

Dafern ein Soldat von einem andern,-er sei wer er wolle in einem Rencontre, oder sonst angefallen würde, dergestalt, daß er einen Nothwehr tun müsse, und bei solcher Nothwehr, alsdenn der andere tödlich verwundet würde, oder auch gar an der Blessur stürbe, alsdenn soll der jenige Soldat, so angefallen worden, und die Nothwehr gethan hat, nicht am Leben, sondern nach Befinden, entweder gar nicht, oder, wenn er in der Vertheidigung die Maße überschritten hat, willkührlich bestrafet werden.

Art. 9

Insonderheit aber sollen diejenigen, welche sich duelliren, wenn dabei eine Entleibung vorgehet ohne alle Gnade, am Leben gestraft, wenn aber keine Entleibung geschiehet, es mag jemand verwundet werden oder nicht, nach Beschaffenheit der Umstände, mit harter Leibesstrafe belegt werden.

Art. 10

Alles Spiel um Geld wird bei willkührlicher Strafe gänzlich verboten.

Art. 11

Welcher Soldat nach dem Zapfenschlage in seinem Quartier sich nicht finden läßt, soll, nach Befinden der Umstände gestraft werden.

Art. 12

Bei besetzter Wache insonderheit des Nachts, muß niemand unnöthigen Allarm machen, bei, nach Befinden der Umstände, zu bestimmender Strafe.

Art. 13

Wer die Wache versäumet, oder dergestalt trunken darauf kömmt, daß er sie nicht bestellen kann, soll mit Gassenlaufen bestraft werden.

Art. 14

Wer auf der Schildwache schläft, oder sich so voll trinkt, daß er sie nicht versehen kann, oder gehet vor erfolgter Ablösung weg, derselbe soll, wenn es im Felde, und bei Belagerungen, da man gegen den Feind stehet, arquebusiret, außer solchem Fall aber, wo dergleichen Gefahr nicht zu besorgen ist, mit Gassen-Laufen oder anderer Leibesstrafe bestraft werden.

Art. 15

Kein Soldat darf sich bei dem wachhabenden Officier, oder sonst jemanden von der Wache, in Verrichtungen, dazu er commandiret wird, wiedersetzen, noch demselben ungebührlich begegnen, bei Strafe Gassen-Laufens. Wiedersetzt er sich aber mit Gewehr, wird nach dem 6. Articul bestraft; Wie denn auch derjenige, so eine Schildwache auf ihrem Posten attaquiret, oder sich derselben bei Steurung einiger Gewalt auf ihren Posten thätlich widersetzt, und selbige verwundet, das Leben, nach Befinden, verwirkt haben soll.

Art. 16

Welcher Soldat in Schlachten, Scharmützeln, Stürmen, oder bey was für Gelegenheit es seyn mag, vor dem Feinde die Flucht zuerst nimmt, oder seinen Posten, Schildwache, oder andere Herrn-Dienste verläßt, ehe und bevor er seine Schuldigkeit rechtschaffen erwiesen hat, oder zurück commandiret worden ist, derselbe soll arquebusiret werden.

Art. 17

Welcher Soldat aber vorsetzlich und meineidiger Weise, es sei auf dem Marsche, im Felde, oder in Garnison, es sei zum Feinde oder sonst wohin lauft, derselbe sol, wenn er ertappt wird, mit Gassen-Laufen bestraft werden.

Art. 18

Alle Complotte, sie bestehen in 2— 3 oder mehreren Personen, sollen am Leben gestrafet werden. Derjenige aber, welcher von dergleichen Complots Wissenschaft erlangt hat, soll es sofort seinem commandierenden Officier anmelden, oder wenn er solches nicht thut, und dessen, daß er davon gewußt habe überführet wird, gleich einem Deserteur gestraft werden.

Art. 19

Kein Soldat soll mit den Feinden schriftlich oder mündlich correspondiren, oder demselben die Losung offenbaren, bei Lebensstrafe.

Art. 20

Ein jeder Soldat soll sich der Hurerei, des Ehebruchs, und gewaltsamer Schändung der Weibspersonen, bei nachdrücklicher und nach den Umständen näher zu bestimmenden Strafe enthalten.

Art. 21

Ein jeder soll sich mit dem Quartiere, wie es ihm nach der Ordnung angewiesen wird, begnügen lassen, auch nicht vor sich selbst Quartier nehmen, wer sich aber dawidersetzet, soll als ein der Meuterei schuldiger mit Leibesstrafe belegt werden.

Art. 22

Wer seinen Wirth, Wirthin, ileren Kinder, oder Gesinde ungebührlich tractiret, soll auf das schärfste, nach Erkenntniß, gestraft werden.

Art. 23

Welcher Soldat sein Gewehr, Waffen oder Kleidung auch alles andere was zur Herren-Montur gehöret, wegwirft, muthwillig verdirbt, verkaufet, versetzet, oder verspielet, soll mit Gassen-Laufen bestrafet werden.

Art. 24

Welcher Soldat unnöthige Schulden ohne Vorwissen seiner Officiere macht, und solche hernach nicht bezahlen kann, soll am Leibe gestrafet werden.

Art. 25

Alle Dieberei der Soldaten soll mit willkührlicher Strafe und nach Befinden, besonders wenn ein Soldat seinen Cameraden etwas entwendet, mit Gassenlaufen gestraft werden; Alle gewaltsame Einbrüche und Beraubungen, es sei auf freier Straße, im Marschieren oder auch in Festungen, Städten, Dörfern und Lagern sollen hart bestraft werden.

Art. 26

Bei Musterungen soll ein jeder Soldat sein eigenes, keineswegs aber fremdes Gewehr oder Montirung haben, bei willkiihrlicher und nach Befinden zu erhöhender Strafe.

Art. 27

Welcher Soldat öffentlich und bei versammeltem Kriegsvolk um Geld rufet, soll als ein Meuterei-Schuldiger, ohne alle Gnade, am Leib und Leben gestrafet werden.

Art. 28

Wird ein Soldat in Trunkenheit ein Verbrechen begehen, so soll ihn die Trunkenheit nicht entschuldigen, sondern er nach Befinden, doppelt gestraft werden.

Art. 29

Da auch der Sold oder das Brodt, wieder Vermuthen, nicht allemahl richtig, zu rechter Zeit folgen könnte, sollten jeden noch alle rechtschaffene Soldaten ihre Dienste willig thun, und gewärtig sein, daß ihnen alles so nach gehaltener Abrechnung sich finden wird, gut gethan werden soll.

Art. 30

Überhaupt ist jeder Soldat verbunden, seines Commandeurs Gebothen nachzuleben, und allen öffentlich und unter Trommel- und Paukenschlag auch Trompeten angekündigten Verbothen und Gebothen, bei der darin alsdenn gesetzten Strafe, nachzukommen und Folge zu leisten, und sich also, als einem ehrliebenden Soldaten gebühret zu bezeigen, sollte er aber auf eine oder die andere Art sündigen, liederliche Streiche machen, und Excesse begehen, sie seyen in obigen Artickeln begriffen oder nicht, so hat derselbe harte Strafe zu gewärtigen.

Art. 31

Wenn ein Soldat Spießruthen laufen soll, und sich solcher Strafe wider setzet, auch deshalb jemand mit einem Messer, oder Gewehr, oder wie es seyn mag, anfallet, um der Strafe zu entziehen, so soll dennoch zuförderst die Execution des zu erkannten Gassen-Laufens an ihm vollstreckt werden, sodann aber er erst wieder in Arrest geführet und wegen seiner Opposition von neuem über ihn Kriegsrecht gehalten, und wann er jemand verwundet hat, am Leben gestrafet werden.

Art. 32

Welcher Unterofficier und Soldat einen Arrestanten wissentlich eschapiren läßt, soll mit Gassenlaufen bestraft werden.

Art. 33

Wenn einer falsche Pässe oder Briefe schreibet, oder falsche Siegel machet, soll nach Unterschieds des Erfolgs und Umständen willkührlich gestrafet werden, hat er aber dadurch wissentlich einem Deserteur fort geholfen, soll er gleich einem Deserteur bestrafet werden.

Art. 34

Welcher Soldat dergestalt Feuer anleget, daß dadurch würklich eine Feuersbrunst antstehet, derselbe soll nach Befinden bestraft werden; Ist aber die Boßheit dabei groß e. g. im Felde, daß er ein Magazin oder seines Commandeurs oder eines andern Officiers Quartier anstecket, soll er ohne Gnade zum Tode verurtheilt werden.

Art. 35

Wer einen Deserteur oder andern Missethäter, so Lebensstrafe verdienet, verhehlet, soll mit harten Gassenlaufen bestrafet werden.

Art. 36

Wenn ein Soldat seinen Mit-Arrestanten tückischerweise verwundet derselbe soll mit Gassenlaufen bestrafet werden.

Art. 37

Welcher Soldat auf der Schildwache stehet und stiehlet, oder zugiebt, daß andere stehlen, ohne Lärm zu machen, derselbe soll doppelt und nach Befinden, am Leben gestrafet werden. Nachdem nun vorstehende 37 Kriegs-Artickel an heute in Consessu aller drey hochlöbl. Räthe durchgegangen, ratihabiret und in Kraft eines öffentlichen verbindlichen Gesetzes resolviret worden sind; So sind selbige zur allgemeinen Wissenschaft zum Druck befördert und öffentlich unter dem Stadt-Siegel publiciret worden.

So geschehen Nordhausen den 5 ten Februarii 1795.
Stadtsiegel!
assignirt den
9. Febr. 1795.
Bürgermeistere und Rath
der Kayserl. Freyen Reichsstadt
Nordhausen.

Quelle und Literatur

siehe Scan

Verzeichnis der gebrauchten Abkürzungen

siehe Scan