16-Punkte-Forderungskatalog von Otto Reckstat

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Textdaten
Autor: Otto Reckstat
Titel: 16-Punkte-Forderungsprogramm
Untertitel:
aus: Versammlungsprotokoll der Gewerkschaftsgruppe Reckstat im Abus Maschinenbau vom 8. Juli 1953
Herausgeber:
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Erscheinungsdatum: 1953
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Erscheinungsort: Nordhausen
Quelle: Hauptstaatsarchiv Weimar, BDVP, Aktenzugangs-Nr.: 20/066, Blatt 00367
Kurzbeschreibung: Forderungsprogramm mit anschließender Abstimmung von Otto Reckstat
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  1. Die Regierungsmaßnahmen zur Erleichterung der Lebensführung werden begrüßt, doch ist die Belieferung mit lebensnotwendigen Waren noch ungenügend. Es soll unter Ausschaltung aller Bürokratie eine schnelle Verteilung aus Lagerbe­ständen erfolgen.
  2. Die HO-Preise sind zu hoch. Man ist anscheinend davon ausgegangen, dass Mann und Frau gemeinsam im Erwerbsleben stehen und hat das dadurch erhöhte Einkommen als Lebensstandard angenommen. Unser Ideal bleibt die Ehefrau als Hausfrau, trotz aller Gleichberechtigung, und der Ehemann als alleiniger Verdie­ner in der Familie.
  3. Wir fordern Wegfall der Kontrollen und Beschränkungen von Westpaketen. Diese Maßnahme ist unwürdig und steht im Gegensatz zur Verfassung.
  4. Wir fordern Wegfall der Zonengrenzen. Da eine Seite den Anfang machen muss, wollen wir den ersten Schritt zur Wiedervereinigung und zu gemeinsamen Gesprä­chen tun. Zur Vorbereitung dieses Schrittes ist die Aufhebung des Sperrgebietes in Grenznähe notwendig sowie die Öffnung weiterer Grenzübergänge mit kleinem Grenzverkehr. Die Häufigkeit der Grenzübertritte wie auch des Westpakete Empfangens wäre ein Grund zu Kontrollen auf Handelsware.
  5. Anstelle der Betriebsgewerkschaftsleitungen sind die Betriebsräte wieder einzu­führen und deren Rechte und Pflichten durch Gesetz zu untermauern.
  6. Die Gewerkschaft hat sich aktiver mit Gewerkschaftsfragen zu beschäftigen und ausschließlich die Rechte der Arbeiterschaft zu vertreten. Die wöchentliche Gewerk­schaftszeitung ist frei zu liefern.
  7. Wir fordern den 8-Stunden-Tag in vollem Umfang. Überstunden müssen Ausnah­men bleiben und in jedem Falle von der Belegschaftsvertretung genehmigt sein.
  8. Sonntagsarbeit ist nur zur Behebung von Betriebsstörungen zulässig. Neben der Zahlung des Sonntagszuschlages ist innerhalb von drei Tagen ein freier Tag zu neh­men. Hierauf kann nicht verzichtet werden.
  9. Die Planerfüllung ist nur nach dem vorhandenen Material festzusetzen. Der Planerfüllungsdruck hat aufzuhören.
  10. Wir fordern Wegfall der Prämienverträge und dafür Entlohnung nach dem Kol­lektivvertrag nach Menge und Güte der geleisteten Arbeit.
  11. Es gibt keinen Verzicht auf Rechte aus dem Kollektivvertrag und Einzelverträ­gen, die ungünstiger sind als dieser. Die Herabsetzung der Lohngruppen ist aufzu­heben und der frühere Zustand wieder herzustellen.
  12. Die gesamte Verwaltung ist zu überprüfen, ob sie im bisherigen Umfang produk­tionsnotwendig ist. Abbau aller Stellen, die vom Betrieb bezahlt werden und nicht der Produktion dienen.
  13. Die Weihnachtsgratifikation für alle ist wieder einzuführen, da sie ein klagba­res Recht darstellt.
  14. Wegfall des Zwei- und Dreischichtsystems, Übergang zur Normalschicht. Neben der finanziellen Belastung ist die Leistung in Spät- und Nachtschicht geringer.
  15. Wenn im Bergbau Dividenden an die Arbeitnehmer gezahlt werden, so ist dieses Recht auch auf alle anderen Betriebe anzuwenden.
  16. Wir fordern einen Gewerkschaftskongress, der die berechtigten Forderungen der Mitglieder erfüllt und die Gewerkschaftsarbeit auf eine neue Basis stellt.

Die Betriebsgewerkschaftsleitung wird aufgefordert, die vorstehenden Forderungen mit den noch entstehenden Forderungen der anderen Betriebsgewerkschaftsgrup­pen in einer Belegschaftsversammlung zur Aussprache zu bringen. Das Ergebnis dieser Versammlung ist der örtlichen Gewerkschaftsleitung zuzuleiten mit dem Ziel, einen Gewerkschaftskongress einzuberufen. Dieser Kongress hat vom Zentralvor­stand des FDGB die Einberufung eines Kongresses für das Gebiet der DDR zu for­dern, mit dem Ziel, der gesamten Gewerkschaftsbewegung eine neue Richtung zu geben und sich zur Interessenvertretung der Werktätigen zurückzufinden.