Konrad Schmidt: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Prozess ===
=== Prozess ===
Schmidt wurde zwar nach der Verhaftung von Karlowitz weiterhin in Haft gehalten, genoss aber offenbar einen relativ großzügig gehandhabten Hausarrest. Laut Akten soll er sogar im Beisein des damaligen Nordhäuser Bürgermeisters Kilian Kreß mit dem untergetauchten Karlowitz gesprochen haben - etwas, das er wohl kaum gewagt hätte, "um Vermeidunge willen großer Ungnade und Verdachts bei dem Kurfürsten", wenn er nicht gewusst hätte, dass ihm dies ohne wirkliche Gefahr möglich sei. Der Nordhäuser Rat beklagte später bitterlich, dass Schmidt zwar gelobt habe, die angeordnete "Bestrickung", also den Hausarrest, einzuhalten, dann aber schon nach einigen Tagen ohne Erlaubnis "gereiset, geritten und gefahren" sei, "wann, wie oft und wohin ihm solches beliebt und gefallen".
Tatsächlich wollten Schmidt und sein Komplize Meyenburg bereits am 7. Januar 1568 in Delitzsch eintreffen, um dort mit dem kurfürstlichen Berater Barthel Lauterbach persönlich über ihre Entlohnung für den Verrat an Karlowitz zu verhandeln. Nur wenige Tage nach ihrer offiziellen Verhaftung Ende November 1567 hatte Schmidt den Juristen Meyenburg denn auch aufgefordert, sich der angeordneten "Bestrickung", also des Hausarrests, einfach zu entledigen und ihm versichert, für jeden dadurch entstehenden Schaden aufzukommen. Auf Anweisung des Kurfürsten hin erlaubte der Rat am 3. Dezember 1567 zudem die Freilassung von Schmidts drittem Komplizen Hans John, der als öffentlicher Wirt in der Bäckergasse von Karlowitz' Aktivitäten nichts gewusst habe und bei dem dieser auch nicht übernachtet sei.
In den folgenden Monaten versuchte Schmidt jedoch vergeblich, seinen dreisten Verrat an Karlowitz und die betrügerische Überführung des ehemaligen Vertrauensmannes zu vertuschen. Schon rund einen Monat nach der Festnahme des Geächteten musste der Ratsherr mit Schrecken feststellen, dass durch eine offenkundig undichte Stelle erste Informationen über seine heimlichen Machenschaften an die Öffentlichkeit gedrungen waren - ausgerechnet von einem Beamten des Kurfürsten selbst. Schmidt befürchtete nun seine endgültige Enttarnung als fürstlicher Doppelagent in den reichsstädtischen Ratskreisen und beim Nordhäuser Patriziat.
In klagenden Schreiben an Barthel Lauterbach in Dresden beschrieb der in die Enge getriebene Schmidt daher ausführlich die Taktik, mit der er in den nächsten Wochen seine Verteidigung anzugehen gedachte. So klagte er am 1. Dezember 1567, er sei durch die Gerüchte bei allen mansfeldischen Grafen in großen Verdacht geraten, wisse aber nicht, woher diese Indiskretionen rührten. Um nun wenigstens bei den einflussreichen Adelskreisen als unschuldig zu gelten, habe er an den gerade in Dresden weilenden Grafen Hans Georg von Mansfeld ein Schreiben gerichtet und diesen gebeten, für ihn beim "bewussten Mann", dem Kurfürsten August, ein gutes Wort einzulegen. Sollte Graf Mansfeld dies tun, so bat Schmidt den Berater Lauterbach, dem Kurfürsten mitzuteilen, dass er (Schmidt) in große Ungnade bei dem Grafen und anderen Adeligen gefallen sei, damit er bei diesen als unverdächtig gelten könne.
Die wichtigsten Anklagepunkte gegen Schmidt von kurfürstlicher Seite lauteten:
Ewald von Karlowitz habe länger als ein Jahr bei Schmidt aus- und eingeritten und bei ihm Unterschlupf, Hilfe und Vorschub gefunden.
Karlowitz habe mit Schmidts Wissen in Nordhausen zwei Büchsen mit speziellen Kugeln anfertigen lassen, die sich beim Schuss in sechs Stücke teilten.
Mit diesen Kugeln habe Karlowitz ein Attentat auf den Kurfürsten geplant.
Schmidt habe zu diesem Anschlag Rat und Anweisungen gegeben und den Büchsenmacher vermittelt.
Vor der Belagerung Gothas habe sich Schmidt bei den Geächteten Wilhelm von Grumbach, Ernst von Mandelsloh und deren Anhängern in Gotha aufgehalten.
Er habe mit diesen geheime Unterredungen geführt.
Karlowitz habe Schmidt seine von Herzog Johann Friedrich ausgestellte Bestallung zur Aufwiegelung von Truppen gegen Kaiser und Kurfürst in Verwahrung gegeben.
Schmidt habe ein unterschriebenes "Planket" des gefangenen Herzogs besessen, um damit dem Reich und Kurfürsten zu schaden.
Zusammengefasst lautete der Vorwurf, Schmidt habe grob gegen den Landfrieden und direkt gegen den Kurfürsten gehandelt und müsse wie die Ächterbande in Gotha bestraft werden.
In seiner Verteidigungsrede bestritt Schmidt alle Punkte: Die Anklageartikel seien ihm nicht rechtzeitig übermittelt worden, obwohl Leib, Ehre und Gut auf dem Spiel stünden. Er bestreite, dass Karlowitz häufig bei ihm ein- und ausgegangen sei oder dass er von dessen Ungnade beim Kurfürsten gewusst habe. Karlowitz habe ihn lediglich um juristische Hilfe für Schriften an braunschweigische Herzöge gebeten, wie viele andere Adlige auch. Über Karlowitz' Ächterstatus sei man in Nordhausen nicht informiert gewesen. Auch vom Kurfürsten sei der Rat diesbezüglich nicht gewarnt worden.
Schmidt wies die Vorwürfe zu den Büchsen, Kugeln und angeblichen Mordplänen entschieden zurück. Von versiegelten Briefen Karlowitz' an ihn wisse er nichts, einige habe er jedoch an den Rat weitergeleitet. Er habe nur zweimal, im Auftrag von Adligen, in Gotha verhandelt, aber nicht mit den Aufständischen konspiriert. Die sechswöchige Rechtfertigungsfrist wurde ihm gewährt.
Am 2. Februar 1568 meldete der kurfürstliche Amtsschösser Schütz die Vollstreckung und nannte die prominenten Personen, die Schmidt Beistand leisteten: Die Adligen Jobst und Erich von Hardenberg, Christoph von Heringen, Ernst Windolt sowie Doktor Franz Schüßler als Schmidts Advokat, Bürgermeister Asmus Schmidt, Schmidts Bruder Heinrich, die Schwäger Peter Engelbrecht und Liborius Schreiber sowie Heinrich Thomas.
Am 20. März übersandte Schütz Schmidts ausführliche Verteidigungsschrift. Darin erklärte der Angeklagte nochmals seine völlige Unschuld und schlug vor, den von ihm befürchteten Verdacht der Verräterei auf Meyenburg zu lenken. Dieser solle für ein Jahr auf einem kurfürstlichen Amt eingestellt werden, damit aller Verdacht von Schmidt genommen werde. Der Kurfürst ging darauf ein und berief Meyenburg nach Roßla.
Die Nichtwiederaufnahme Konrad Schmidts in den Nordhäuser Rat nach der Ratswahl am Dreikönigstag 1569 kam völlig unerwartet. An seiner Stelle war der Kaufmann Heinrich Braun neu in das Ratskollegium aufgenommen worden. Schmidt empfand dies als schwere Kränkung, zumal der Gastwirt Hans John, der ebenfalls in die Karlowitz-Affäre verwickelt gewesen war, seinen Sitz behalten hatte.
Am 7. Januar 1569 protestierte Schmidt persönlich vor dem versammelten Rat gegen die Aberkennung seines Ehrenamtes und seiner Ratsstube. In einer Streitschrift berief er sich auf die alte Praxis, nach der ein Ratsherr auf Lebenszeit gewählt wurde, selbst wenn er dienstunfähig werde. Sogar "vielberüchtigte" Personen wie der Ehebrecher Heinrich Thomas blieben im Amt. Schmidt betonte seine nachgewiesene Unschuld und den Wunsch des Kurfürsten, ihn wieder einzusetzen.
Der Rat jedoch verweigerte dies unter Berufung auf die Nordhäuser Statuten, die Straftätern und Unehrlichen die Ratsmitgliedschaft untersagten. Man begründete Schmidts Ausschluss zunächst mit seinem Verrat, indem er den Geächteten Karlowitz beherbergt habe, entgegen dem Bürgereid und Reichsabschieden. Dieses Argument war jedoch hinfällig, da Schmidt letztlich im Auftrag des Kurfürsten gehandelt hatte.
Die eigentliche, dem Kurfürsten jedoch vorenthaltene Begründung lautete, dass sich der Verdacht erhärtet habe, dass Schmidt nicht nur in Karlowitz' Verhaftung eingeweiht, sondern der eigentliche Drahtzieher gewesen sei und hohe Geldsummen als Verräterlohn erhalten habe. Der Rat führte dafür Zeugenaussagen von Schmidts Bediensteten an, darunter:
Schmidts Schreiber Johannes musste 130 Taler als Verrätergeld aus Leipzig holen und war Augenzeuge, wie Schmidt anderweitig viel Geld erhalten hatte.
Beim Abtransport Karlowitz' rief dieser Schmidts Diener Jürgen Suppe zu, diese Aktion sei nicht der Abrede gemäß gewesen.
Der kurfürstliche Oberhauptmann von Berlepsch bezeichnete Schmidt als "Verräter" und meinte, man sei schuldig, Landfriedensbrecher anzuzeigen - aber ohne Geld dafür zu nehmen.
Auch andere kurfürstliche Räte wie Schütz titulierten Schmidt als Verräter.
Durch solche offenkundigen Indizien war Schmidt bei Bürgern, Bauern und Adligen berüchtigt und als "unehrbar" verrufen. Einige Adlige warnten den Rat sogar, ihn wieder zu wählen, da man diesen sonst als Verräter bezeichnen würde. Letztlich gelangte der Rat zu der Erkenntnis, dass Karlowitz' Ergreifung ohne Schmidts Mitwissen nicht möglich gewesen wäre.


== Literatur ==
== Literatur ==

Aktuelle Version vom 7. Mai 2024, 17:21 Uhr

Konrad Schmidt
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geb. ca. 1520er Jahre in Nordhausen
gest. nach 1575
Jurist, Ratsherr
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Konrad Schmidt (geb. vermutlich 1520er Jahren in Nordhausen; gestorben nach 1575) war Jurist, Ratsherr der freien Reichsstadt Nordhausen und geheimer Informant des Kurfürsten von Sachsen im 16. Jahrhundert.

Leben

Schmidt entstammte einer alteingesessenen und angesehenen Nordhäuser Patrizierfamilie, die zahlreiche Ratsherren, Bürgermeister und Geistliche in der Stadt hervorgebracht hatte. Sein Vater Melchior Schmidt war ebenfalls Ratsherr und Vierherr in Nordhausen. Ein Onkel väterlicherseits namens Erasmus amtierte als Nordhäuser Bürgermeister und pflegte Kontakte zu den Reformatoren Philipp Melanchthon und Justus Jonas.

Konrad Schmidt erhielt eine universitäre Ausbildung als Jurist, indem er ab seinem 17. Lebensjahr die Rechtswissenschaften an den Universitäten Leipzig und Erfurt studierte. 1554 heiratete er nach Abschluss seines Studiums die Nordhäuserin Elisabeth.

Tätigkeiten und Besitztümer

1559 erwarb Schmidt ein Haus am Bäckerborn in Nordhausen für 800 Gulden, das er 1568 für 1000 Gulden wieder verkaufte. Stattdessen übernahm er das Haus seiner verstorbenen Mutter in der Bäckergasse zum Wert von 950 Gulden. 1563 wurde er in die Kaufmannsgilde der Stadt aufgenommen.

In den 1560er Jahren übte Schmidt juristische Beratertätigkeiten für verschiedene adlige Familien aus. So ernannten ihn die Grafenbrüder Heinrich und Christoph von Stolberg zu ihrem Rat. Von Wilhelm von Wülferodt und Christoph von Rüxleben wurde er als Gevatter angefragt. Auch die Grafen Ludwig von Stolberg-Königstein und Johann Georg von Mansfeld-Vorderort zählten zu seinen Auftraggebern.

Neben Grundbesitz in Nordhausen und Eisleben besaß Konrad Schmidt Anteile an der ertragreichen Silbererzgrube Samson in St. Andreasberg im Harz. 1571 schenkte er seinem kursächsischen Gönner Barthel Lauterbach eine halbe Kuxe (Anteil) an dieser Grube.

Politik

1566 und erneut 1566 wurde Konrad Schmidt als Vierherr in das Ratsregiment der Stadt Nordhausen gewählt. Die Vierherren fungierten als eine Art Kontrollinstanz gegenüber dem Rat und Vertreter der Bürgerinteressen. Sie verwahrten das Stadtsiegel.

In den Ratsprotokollen der 1560er Jahre sind Schmidts Aktivitäten als Ratsherr dokumentiert. 1572 geriet er jedoch in einen schweren Konflikt mit dem Nordhäuser Rat, nachdem seine Tätigkeit als geheimer Informant des Kurfürsten Augustus von Sachsen aufgeflogen war.

Geheime Agentenrolle für Kursachsen

In den Wirren nach der Niederschlagung des Aufstands des Reichsritters Wilhelm von Grumbach und der sogenannten Grumbachschen Fehde in den 1560ern übermittelte Schmidt unter dem Decknamen "Pankraz" in verschlüsselter Form regelmäßig geheime Berichte über die nach Grumbachs Scheitern gesuchten "Ächter" und deren Unterstützer an den kursächsischen Beamten Barthel Lauterbach. Dazu führte er ein Codebüchlein mit Symbolen für Personen, Orte und Begriffe.

Die genauen Beweggründe für Schmidts Agentenrolle sind nicht abschließend geklärt. Möglicherweise wollte er seine Heimatstadt und sein bürgerliches Auskommen schützen, vielleicht erhoffte er sich auch eine Gegenleistung von Kurfürst August. In seinen Rechtfertigungsschreiben gab er an, seine Vaterstadt vor weiteren Unruhen und Landfriedensbrüchen bewahren zu wollen.

Der früheste überlieferte Bericht Schmidts an Lauterbach datiert vom 7. Mai 1567, doch hatte er wohl schon zuvor für Kursachsen spioniert. Seine codierten Berichte enthielten Informationen über Aufenthaltsorte und Aktivitäten der nach Grumbach gesuchten Personen wie Ewald von Karlowitz und Antonius Pflug im Raum Nordhausen und Eichsfeld. Obwohl der Nordhäuser Rat offiziell Unwissenheit über die "Untaten" der Gesuchten behauptete, ging Schmidt davon aus, dass diese in der Stadt sehr wohl Zuflucht und Unterstützung fanden. Die reichsstädtische Öffentlichkeit sympathisierte offenbar mit den Grumbach-Anhängern und lehnte die harte Verfolgung durch die Fürsten ab.

Konflikt mit Nordhäuser Rat

1572 geriet Konrad Schmidts Geheimdienst-Tätigkeit für Kursachsen ans Licht und führte zum Eklat mit dem Nordhäuser Rat. Dieser sah in Schmidts Arbeit als Informant einen Vertrauensbruch und Verrat an der reichsstädtischen Freiheit. In einer Klageschrift an den Kurfürsten bestritt Schmidt jedoch jeden Verrat und berief sich auf seine Loyalität gegenüber Kaiser und Reich.

Der Konflikt eskalierte soweit, dass Schmidt aus der Stadt flüchten musste. In Leipzig fand er zeitweilig Zuflucht, wurde aber auf Druck Nordhausens auch von dort ausgewiesen. Im April 1573 bat er Kurfürst August um Aufnahme in dessen Dienst und Schutz. Sein weiteres Schicksal ist nicht überliefert.

Schmidt war keineswegs der einzige geheime Informant der Fürsten bei der Suche nach den Grumbach-Anhängern. Auch in anderen Städten und Territorien waren ähnliche Spitzel für die Obrigkeiten tätig. Die frühneuzeitlichen Territorialfürsten nutzten solche Denunzianten bei der Verfolgung ihrer Feinde und zum Machterhalt.

Unterhändler im Konflikt um den Walkenrieder Klosterhof

1566 wurde er zusammen mit dem Juristen Georg Wilde als offizieller Gesandter der Stadt zum Reichstag nach Augsburg entsandt. Dies spricht für das hohe Ansehen, das Schmidt schon zu diesem Zeitpunkt in Nordhausen genoss.

In den 1560er Jahren geriet die Stadt in einen schweren Konflikt mit dem sächsischen Kurfürsten August um die Oberhoheit über das Reichsstift Walkenried und dessen Klosterhof innerhalb der Nordhäuser Stadtmauern. Der machtbewusste Kurfürst berief sich auf angebliche alte Schutzrechte des Hauses Wettin über Walkenried und beanspruchte die Oberhoheit, da sich der reiche Walkenrieder Klosterhof im kurfürstlichen Herrschaftsbereich Nordhausen befand.

Nachdem August 1564 zunächst die kursächsischen Räte Petrus Bötticher und Hans von Germar zu Verhandlungen mit Graf Volkmar Wolf von Honstein geschickt hatte, besetzte er ab Ende 1564 das Klostergebiet gewaltsam mit Truppen unter Hans Heinrich von Salza. Der Abt und die Mönche flohen auf die Burg Klettenberg der Grafen von Honstein.

Als Reaktion auf diese Okkupation nahm der Nordhäuser Rat im Juli 1565 seinerseits den Walkenrieder Klosterhof in der Stadt unter seine Kontrolle. Der Rat sah darin lediglich eine Sicherung der eigenen alten Rechte an dem Hof. Dennoch wurde diese Aktion vom Kurfürsten als unzulässiger Eingriff in seine Hoheitsrechte gewertet. Im August und September 1565 korrespondierten die Nordhäuser Bürgermeister in dieser Streitsache mit August.

Um die heikle Situation zu entschärfen, entsandte der Rat im September 1565 den erst 29-jährigen Ratsherrn Konrad Schmidt als Unterhändler und Vermittler an den kursächsischen Hof nach Glauchau. Über Schmidts dortige Verhandlungen ist leider nichts Näheres überliefert. Der Rat dankte dem Kurfürsten aber dafür, dass dieser den Gesandten Schmidt angehört hatte.

In den folgenden Monaten verfrachteten die Nordhäuser dennoch die auf dem Klosterhof gelagerten Ernteerträge und Abgaben eigenmächtig nach Walkenried. Der Kurfürst verlangte daraufhin ein Inventar aller auf dem Hof vorhandenen Güter und drohte damit, künftig die Erträge selbst einziehen zu lassen.

Um den Konflikt zu beruhigen, gestattete August der Stadt schließlich am 16. Dezember 1566 offiziell, den Walkenrieder Klosterhof in Besitz zu nehmen. Als Bedingung forderte er lediglich, dass Nordhausen dem Kurfürsten Lagerräume für die aus Walkenried zu liefernden Getreidezinsen zur Verfügung stellen müsse. Daraufhin unterstützte die Stadt den von Kursachsen eingesetzten Gegenabt Wolfgang Lange gegen den vertriebenen rechtmäßigen Abt Adam Goldhorn.

Obwohl das Reichskammergericht 1568 in einem Mandat die Rückgabe des Walkenrieder Hofes an das Kloster forderte, konnte Sachsen 1568 im Vertrag mit Walkenried die Obervogtei und jährliche Schutzzahlungen von 300 Gulden durchsetzen. Der Machtkampf um die reichen Walkenrieder Besitzungen endete somit mit einem Sieg des Kurfürsten von Sachsen über die Reichsabtei und die Reichsstadt Nordhausen.

Geheimkontakte zu Ewald von Karlowitz

Im Frühjahr 1567 gehörte der Nordhäuser Ratsherr Konrad Schmidt zu den engsten Vertrauensleuten des nach der niedergeschlagenen Grumbachschen Fehde gesuchten "Ächters" Ewald von Karlowitz. Der kursächsische Adlige Karlowitz, dem schwere Verbrechen wie Raubüberfälle, Landfriedensbruch und sogar Mordpläne gegen Kurfürst August vorgeworfen wurden, hielt sich in jener Zeit heimlich in seiner Heimatstadt Nordhausen versteckt.

Offenbar hatte der geächtete Karlowitz vollstes Vertrauen zu dem einflussreichen Schmidt, der als angesehener Jurist und Repräsentant der freien Reichsstadt gute Verbindungen zum umliegenden Landadel pflegte. Schmidt wiederum dürfte die seit Jahren zunehmenden Spannungen und Konflikte zwischen den benachbarten reichsunmittelbaren Grafenhäusern von Stolberg, Honstein und Mansfeld mit dem Kurfürsten von Sachsen sehr genau registriert haben. In Adelskreisen hegte man erhebliches Misstrauen gegenüber den Machtambitionen der Wettiner, deren "aggressives Vordrängen" in den Harz- und Eichsfeldraum als Bedrohung empfunden wurde.

Es ist daher möglich, dass der Nordhäuser Patrizier Schmidt selbst offen oder heimlich auf Seiten der anti-albertinischen Opposition um Wilhelm von Grumbach stand und Kontakte zu den nach 1567 verfolgten "Ächtern" unterhielt. So war er nachweislich bereits vor der Belagerung der von Aufständischen besetzten Städte Gotha und Grimmenstein im Lager der Rebellen um Grumbach und Ernst von Mandelslohe. Während der Kampfhandlungen 1567 entsandte der Nordhäuser Rat Schmidt mehrmals als offiziellen Unterhändler und Berichterstatter ins kurfürstliche Heerlager nach Goldbach bei Gotha.

Die kursächsischen Befehlshaber machten Schmidt dabei auf die Präsenz verdächtiger Anhänger der "Ächter" in Nordhausen aufmerksam und warnten davor, diese in der Stadt aufzunehmen. Schmidt gab diese Warnung zwar an den Rat weiter, hielt seine engen Kontakte zu dem bei ihm untergetauchten Karlowitz aber offenkundig geheim. Noch Anfang August 1567 genoss der Ratsherr das volle Vertrauen der Stadtoberen, die ihn erneut als Gesandten an den Kurfürsten nach Dresden schickten. Spätestens in dieser Zeit hatte Schmidt jedoch heimlich die Fronten gewechselt. Aus Motiven, die unklar sind - ob aus reiner Selbsterhaltung, Hoffnung auf Belohnung oder Loyalität gegenüber Kaiser und Reichsrecht - wurde der Jurist zum bezahlten Geheiminformanten des Kurfürsten August gegen Karlowitz und dessen Gesinnungsgenossen. In den folgenden Monaten übermittelte Schmidt unter dem Decknamen "Pankraz" in regelmäßigen, codierten Briefen detaillierte Angaben über die Aufenthaltsorte, Pläne und Aktivitäten des von ihm eigens dafür observierten Karlowitz und anderer zur Fahndung ausgeschriebener "Ächter" und Grumbach-Anhänger. Dazu führte er ein Codebüchlein mit Geheimzeichen und Symbolen für Namen, Ortschaften und Begriffe.

Mit seinen Informantendiensten für den Kurfürsten brach Schmidt nicht nur das Vertrauen seines untergetauchten "Freundes" Karlowitz, sondern echauffierte sich auch beim Nordhäuser Rat und den reichsritterlichen Kreisen, die zunehmend in Konfrontation zu den Wettinern gerieten. Sein Doppelspiel als vermeintlicher Reichsstädter Patriot und fürstlicher Zuträger brachte Schmidt in eine äußerst prekäre Lage zwischen den Fronten dieser Konfliktparteien. Sein riskantes Spiel blieb jedoch längere Zeit unentdeckt.

Schmidt zog den Juristen Michael Meyenburg den Jüngeren und den Wirt Hans John als Komplizen hinzu. Er versteckte Karlowitz über Wochen hinweg in Meyenburgs Haus. In dieser Zeit korrespondierte Schmidt mit dem kurfürstlichen Berater Barthel Lauterbach und bereitete alles für Karlowitz' Verhaftung vor. Unter dem Vorwand, angeblich selbst zu den Rebellen zu gehören, ließ er auch seine Komplizen festnehmen.

Am 9. November 1567 schlugen die Häscher zu und ergriffen Karlowitz in Meyenburgs Haus. Schmidt, Meyenburg und John wurden ebenfalls verhaftet, offiziell weil sie einem Geächteten geholfen hatten. Karlowitz wurde kurz darauf nach Leipzig und Dresden gebracht und dort am 22. November 1567 durch Enthauptung und anschließendes Vierteilen hingerichtet. Als Lohn für seinen Verrat erhielt Schmidt vom Kurfürsten 2000 Taler Bargeld sowie Land im Wert von 1000 Talern und weitere Zuwendungen. Meyenburg wurde mit mindestens 1000 Talern entschädigt, musste Nordhausen aber verlassen und fand später eine Anstellung als Amtsschösser in Roßla unter kursächsischer Herrschaft. Schmidts Doppelspiel brachte der Stadt großen Schaden ein. Der Rat erließ neue Verordnungen, die den Bürgern untersagten, Fremde ohne Genehmigung zu beherbergen. Zudem mussten alle Mieter genau überprüft werden. Dies trug zu einer Atmosphäre des Misstrauens in Nordhausen bei.

Prozess

Schmidt wurde zwar nach der Verhaftung von Karlowitz weiterhin in Haft gehalten, genoss aber offenbar einen relativ großzügig gehandhabten Hausarrest. Laut Akten soll er sogar im Beisein des damaligen Nordhäuser Bürgermeisters Kilian Kreß mit dem untergetauchten Karlowitz gesprochen haben - etwas, das er wohl kaum gewagt hätte, "um Vermeidunge willen großer Ungnade und Verdachts bei dem Kurfürsten", wenn er nicht gewusst hätte, dass ihm dies ohne wirkliche Gefahr möglich sei. Der Nordhäuser Rat beklagte später bitterlich, dass Schmidt zwar gelobt habe, die angeordnete "Bestrickung", also den Hausarrest, einzuhalten, dann aber schon nach einigen Tagen ohne Erlaubnis "gereiset, geritten und gefahren" sei, "wann, wie oft und wohin ihm solches beliebt und gefallen".

Tatsächlich wollten Schmidt und sein Komplize Meyenburg bereits am 7. Januar 1568 in Delitzsch eintreffen, um dort mit dem kurfürstlichen Berater Barthel Lauterbach persönlich über ihre Entlohnung für den Verrat an Karlowitz zu verhandeln. Nur wenige Tage nach ihrer offiziellen Verhaftung Ende November 1567 hatte Schmidt den Juristen Meyenburg denn auch aufgefordert, sich der angeordneten "Bestrickung", also des Hausarrests, einfach zu entledigen und ihm versichert, für jeden dadurch entstehenden Schaden aufzukommen. Auf Anweisung des Kurfürsten hin erlaubte der Rat am 3. Dezember 1567 zudem die Freilassung von Schmidts drittem Komplizen Hans John, der als öffentlicher Wirt in der Bäckergasse von Karlowitz' Aktivitäten nichts gewusst habe und bei dem dieser auch nicht übernachtet sei.

In den folgenden Monaten versuchte Schmidt jedoch vergeblich, seinen dreisten Verrat an Karlowitz und die betrügerische Überführung des ehemaligen Vertrauensmannes zu vertuschen. Schon rund einen Monat nach der Festnahme des Geächteten musste der Ratsherr mit Schrecken feststellen, dass durch eine offenkundig undichte Stelle erste Informationen über seine heimlichen Machenschaften an die Öffentlichkeit gedrungen waren - ausgerechnet von einem Beamten des Kurfürsten selbst. Schmidt befürchtete nun seine endgültige Enttarnung als fürstlicher Doppelagent in den reichsstädtischen Ratskreisen und beim Nordhäuser Patriziat.

In klagenden Schreiben an Barthel Lauterbach in Dresden beschrieb der in die Enge getriebene Schmidt daher ausführlich die Taktik, mit der er in den nächsten Wochen seine Verteidigung anzugehen gedachte. So klagte er am 1. Dezember 1567, er sei durch die Gerüchte bei allen mansfeldischen Grafen in großen Verdacht geraten, wisse aber nicht, woher diese Indiskretionen rührten. Um nun wenigstens bei den einflussreichen Adelskreisen als unschuldig zu gelten, habe er an den gerade in Dresden weilenden Grafen Hans Georg von Mansfeld ein Schreiben gerichtet und diesen gebeten, für ihn beim "bewussten Mann", dem Kurfürsten August, ein gutes Wort einzulegen. Sollte Graf Mansfeld dies tun, so bat Schmidt den Berater Lauterbach, dem Kurfürsten mitzuteilen, dass er (Schmidt) in große Ungnade bei dem Grafen und anderen Adeligen gefallen sei, damit er bei diesen als unverdächtig gelten könne.

Die wichtigsten Anklagepunkte gegen Schmidt von kurfürstlicher Seite lauteten:

Ewald von Karlowitz habe länger als ein Jahr bei Schmidt aus- und eingeritten und bei ihm Unterschlupf, Hilfe und Vorschub gefunden. Karlowitz habe mit Schmidts Wissen in Nordhausen zwei Büchsen mit speziellen Kugeln anfertigen lassen, die sich beim Schuss in sechs Stücke teilten. Mit diesen Kugeln habe Karlowitz ein Attentat auf den Kurfürsten geplant. Schmidt habe zu diesem Anschlag Rat und Anweisungen gegeben und den Büchsenmacher vermittelt. Vor der Belagerung Gothas habe sich Schmidt bei den Geächteten Wilhelm von Grumbach, Ernst von Mandelsloh und deren Anhängern in Gotha aufgehalten. Er habe mit diesen geheime Unterredungen geführt. Karlowitz habe Schmidt seine von Herzog Johann Friedrich ausgestellte Bestallung zur Aufwiegelung von Truppen gegen Kaiser und Kurfürst in Verwahrung gegeben. Schmidt habe ein unterschriebenes "Planket" des gefangenen Herzogs besessen, um damit dem Reich und Kurfürsten zu schaden.

Zusammengefasst lautete der Vorwurf, Schmidt habe grob gegen den Landfrieden und direkt gegen den Kurfürsten gehandelt und müsse wie die Ächterbande in Gotha bestraft werden.

In seiner Verteidigungsrede bestritt Schmidt alle Punkte: Die Anklageartikel seien ihm nicht rechtzeitig übermittelt worden, obwohl Leib, Ehre und Gut auf dem Spiel stünden. Er bestreite, dass Karlowitz häufig bei ihm ein- und ausgegangen sei oder dass er von dessen Ungnade beim Kurfürsten gewusst habe. Karlowitz habe ihn lediglich um juristische Hilfe für Schriften an braunschweigische Herzöge gebeten, wie viele andere Adlige auch. Über Karlowitz' Ächterstatus sei man in Nordhausen nicht informiert gewesen. Auch vom Kurfürsten sei der Rat diesbezüglich nicht gewarnt worden. Schmidt wies die Vorwürfe zu den Büchsen, Kugeln und angeblichen Mordplänen entschieden zurück. Von versiegelten Briefen Karlowitz' an ihn wisse er nichts, einige habe er jedoch an den Rat weitergeleitet. Er habe nur zweimal, im Auftrag von Adligen, in Gotha verhandelt, aber nicht mit den Aufständischen konspiriert. Die sechswöchige Rechtfertigungsfrist wurde ihm gewährt.

Am 2. Februar 1568 meldete der kurfürstliche Amtsschösser Schütz die Vollstreckung und nannte die prominenten Personen, die Schmidt Beistand leisteten: Die Adligen Jobst und Erich von Hardenberg, Christoph von Heringen, Ernst Windolt sowie Doktor Franz Schüßler als Schmidts Advokat, Bürgermeister Asmus Schmidt, Schmidts Bruder Heinrich, die Schwäger Peter Engelbrecht und Liborius Schreiber sowie Heinrich Thomas.

Am 20. März übersandte Schütz Schmidts ausführliche Verteidigungsschrift. Darin erklärte der Angeklagte nochmals seine völlige Unschuld und schlug vor, den von ihm befürchteten Verdacht der Verräterei auf Meyenburg zu lenken. Dieser solle für ein Jahr auf einem kurfürstlichen Amt eingestellt werden, damit aller Verdacht von Schmidt genommen werde. Der Kurfürst ging darauf ein und berief Meyenburg nach Roßla.

Die Nichtwiederaufnahme Konrad Schmidts in den Nordhäuser Rat nach der Ratswahl am Dreikönigstag 1569 kam völlig unerwartet. An seiner Stelle war der Kaufmann Heinrich Braun neu in das Ratskollegium aufgenommen worden. Schmidt empfand dies als schwere Kränkung, zumal der Gastwirt Hans John, der ebenfalls in die Karlowitz-Affäre verwickelt gewesen war, seinen Sitz behalten hatte. Am 7. Januar 1569 protestierte Schmidt persönlich vor dem versammelten Rat gegen die Aberkennung seines Ehrenamtes und seiner Ratsstube. In einer Streitschrift berief er sich auf die alte Praxis, nach der ein Ratsherr auf Lebenszeit gewählt wurde, selbst wenn er dienstunfähig werde. Sogar "vielberüchtigte" Personen wie der Ehebrecher Heinrich Thomas blieben im Amt. Schmidt betonte seine nachgewiesene Unschuld und den Wunsch des Kurfürsten, ihn wieder einzusetzen. Der Rat jedoch verweigerte dies unter Berufung auf die Nordhäuser Statuten, die Straftätern und Unehrlichen die Ratsmitgliedschaft untersagten. Man begründete Schmidts Ausschluss zunächst mit seinem Verrat, indem er den Geächteten Karlowitz beherbergt habe, entgegen dem Bürgereid und Reichsabschieden. Dieses Argument war jedoch hinfällig, da Schmidt letztlich im Auftrag des Kurfürsten gehandelt hatte. Die eigentliche, dem Kurfürsten jedoch vorenthaltene Begründung lautete, dass sich der Verdacht erhärtet habe, dass Schmidt nicht nur in Karlowitz' Verhaftung eingeweiht, sondern der eigentliche Drahtzieher gewesen sei und hohe Geldsummen als Verräterlohn erhalten habe. Der Rat führte dafür Zeugenaussagen von Schmidts Bediensteten an, darunter:

Schmidts Schreiber Johannes musste 130 Taler als Verrätergeld aus Leipzig holen und war Augenzeuge, wie Schmidt anderweitig viel Geld erhalten hatte. Beim Abtransport Karlowitz' rief dieser Schmidts Diener Jürgen Suppe zu, diese Aktion sei nicht der Abrede gemäß gewesen. Der kurfürstliche Oberhauptmann von Berlepsch bezeichnete Schmidt als "Verräter" und meinte, man sei schuldig, Landfriedensbrecher anzuzeigen - aber ohne Geld dafür zu nehmen. Auch andere kurfürstliche Räte wie Schütz titulierten Schmidt als Verräter.

Durch solche offenkundigen Indizien war Schmidt bei Bürgern, Bauern und Adligen berüchtigt und als "unehrbar" verrufen. Einige Adlige warnten den Rat sogar, ihn wieder zu wählen, da man diesen sonst als Verräter bezeichnen würde. Letztlich gelangte der Rat zu der Erkenntnis, dass Karlowitz' Ergreifung ohne Schmidts Mitwissen nicht möglich gewesen wäre.

Literatur