Heimatbüchlein der Grafschaft Hohnstein im Kreise Ilfeld (Südharz)

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Textdaten
Autor: Wilhelm Vahlbruch
Titel: Heimatbüchlein der Grafschaft Hohnstein im Kreise Ilfeld (Südharz)
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Erscheinungsdatum: 1927
Verlag: Crimderode : Selbstverlag
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Kurzbeschreibung: Rezension (1928)
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Eintrag in der GND: 361798105
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  • Noch nicht Korrektur gelesen.
  • Sperrschrift wird nicht wiedergegeben.
in Vorbereitung
Heimatbüchlein
der Grafschaft Hohnstein
im Kreise Ilfeld (Südharz)


Von
Wilhelm Vahlbruch


Crimderode 1927



Selbstverlag des Verfassers.
Druck von Theodor Müller, Nordhausen.


Zum Geleit

Trotz mancher Schwierigkeiten habe ich die Hohnsteiner Heimatkunde herausgegeben; denn auch dem Hohnsteiner tut es not, sein Interesse für seine schöne Heimat zu stärken und den Heimatsinn zu pflegen. Noch etwas anderes trieb mich zur Veröffentlichung. Ich kam vor fast 40 Jahren als Lehrer in die Grafschaft, und da fehlte mir im heimatkundlichen Unterrichte hinreichender Stoff. So geht es auch noch heute den nach hier versetzten Lehrern. Seit Jahren habe ich nun die Aufgabe, unsere Junglehrer in der pädagogischen Arbeitsgemeinschaft mit ihrer neuen Heimat bekannt zu machen. Im Aufträge dieser Arbeitsgemeinschaft habe ich nun den geschichtlichen Stoff in möglichster Kürze zusammengestellt. Als Quellen dienten mir Veröffentlichungen von Karl Meyer, Heineck, Heine, Kolbe und die Chroniken von Leopold, Bocke, Schmaling, Hoche u. a.

Beiträge lieferten mir Studienrat Kleinschmidt, Ilfeld, Rektor Brandes und Pastor Rasch in Niedersachswerfen, Hauptlehrer Böttcher, Urbach. Das Bild des Titelblattes schuf Fritz Teichmüller, Nordhausen. Allen Herren sei auch an dieser Stelle mein Dank zum Ausdruck gebracht. Ferner habe ich unserer Kreisverwaltung und dem Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für das freundliche Entgegenkommen, das mir erst die Drucklegung ermöglichte, zu danken.

Möchte das Büchlein seinen Zweck erfüllen.

Der Herausgeber.




„Was alles uns geschenkt vor Jahren,
Laßt uns der Nachwelt treu bewahren,
Und kann's nicht sein in Wirklichkeit,
Sei Schrift und Bild dazu bereit.“

„Dich Heimat, recht kennen und verstehn.
Dich schätzen, mit liebendem Auge sehn,
Drin wurzeln und wachsen zu festem Stand
Zum Wohle der Grafschaft am Südharzrand.“

Vom Gau zur Grafschaft

Schon in vorgeschichtlicher Zeit war unsere Gegend hier am Harzrand bevölkert. Die Bewohner, auf der untersten Stufe menschlicher Bildung stehend, sollen dem Keltenstamme angehört haben. In den langen Wintermonaten suchten sie Schutz in Höhlen. Funde in den Schuttanhäufungen der Einhornhöhle bei Scharzfeld geben uns von jenen Urbewohnern Kunde.

Bei Ausgrabungen fand man in der untersten Schicht zerschlagene Knochen von Höhlenbären und Menschen, doch nicht von Haustieren. Die damaligen Bewohner waren also ein Jägervolk, das noch keine Haustiere kannte. Außerdem wurden Holzkohlen, ungebrannte Topfscherben und zersprungene Steinwaffen gefunden. Daraus ergibt sich, daß schon zur sogenannten Steinzeit unsere Heimat bevölkert war. Das wird vor 4000 Jahren gewesen sein.

Später sahen sich diese Ureinwohner infolge geringerer Jagdergebnisse gezwungen, Tiere zu fangen und für sie zu sorgen, damit sie jederzeit Schlachtvieh hatten; dadurch ward das Jagdvolk zum Hirtenvolk. Aus steilabfallenden Höhen legte man feste Wohnsitze an; die leicht zugänglichen Seiten zur Höhe befestigte man durch Graben, Wall und Hecke. Aus dieser Wallanlage konnte das Vieh nicht ausbrechen, auch war man gegen Feinde und wilde Tiere geschützt. In einer Erdhütte oder Wohngrube hausten die Mitglieder der Familie. Solche umwallten Wohnstätten befanden sich z. B. auf der Harzburg (Braunsteinhaus), dem Schildberge bei Steigerthal, dem Spiegelberg bei Neustadt, dem Kohnstein (Kuxloch), dem Mühlberge (Faziusgraben).

In diese Gegend am herzynischen Urwalde drang vor ungefähr 2500 Jahren vom Norden her eine starke Schar von Neusiedlern. Es war ein Teil vom Stamme der Döringer oder Thüringer (Westgoten). Diese Neuankömmlinge ließen sich an Quellen und Bächen häuslich nieder und hatten bald die Ureinwohner unterjocht oder verdrängt. Nun bildete sich das Thüringerreich, von dem unsere Gegend die nördlichste Provinz war.

Als nach über 1000jährigem Bestehen das Königreich Thüringen eine fränkische Provinz wurde, weil das Frankenheer die Thüringer besiegt hatte, wurde auch auf dieses unterworfene Gebiet die fränkische Gaueinteilung übertragen. Und da erhielt unsere Gegend nach der mitten hindurchfließenden Helme den Namen Helmegau. Dieser war wohl 20 Kilometer breit und 50 Kilometer lang und reichte im Norden bis zum Ravensberge, im Süden bis Wallhausen, im Osten bis vor Benneckenstein und im Westen bis hinter Heringen. Der Helmegau grenzte im Norden an das Sachsenland. Ein breiter Waldstreifen, in dem kein Baum gefällt werden durfte schied hier Sachsen- und Frankenland. Ost werden wohl die kampflustigen Nachbarn durch den Grenzwald gedrungen sein und manch blutiger Streit wird hier stattgefunden haben.

An der Spitze unseres Gaues stand auch ein Gaugraf, der an den Malstätten der Leuten oder Hundertschaften Recht zu sprechen hatte und die Männer im Kampfe führte. Unser Gaugraf wird ein Hohnsteiner der älteren Linie gewesen sein. Der nach drei Seiten steil abfallende Porphyritfelsen „honstein“ schien schon in den ältesten Zeiten wie geschaffen zur Anlage eines festen Wohnsitzes, und dort wird sich der Edelste der Männer, ihre Führer, angebaut haben. Diese ersten Grafen von Hohnstein waren sicher schon Lehnsherrn der Thüringer Könige. Erst der Begründer der jüngeren Hohnsteiner Linie, Graf Konrad von Sangerhausen, baute den Hohnstein 1061 zum Schlosse aus und befestigte die Burg. Doch erst seinem Urgroßsohne, Graf Eilger II. von Ilgersburg, ward auf dem Fürstentage in Erfurt 1184 vom Kaiser Friedrich I. die Erlaubnis erteilt, den Grafentitel „von Hohnstein“ wieder zu führen.

Als Bonifazius die fränkische Provinz Thüringen bekehrte, ward auch in unserem Gau durch bischöfliche Sendboten vom Kloster Fulda, die von einer fränkischen Schutzschar begleitet wurden, das Christentum eingeführt. (Bischofferode — Rodung der Bischöflichen.) Für kurze Zeit unterstand in kirchlicher Beziehung unsere Gegend dem Bistum Erfurt, bis Bonifazius dieses Bistum auflöste und Thüringen zum Erzbistum Mainz legte.

Karl der Große sandte auch in den Helmegau seine Landmesser, die die Dorffluren zu vermessen und einzuteilen hatten. Dabei wurde Land für Kirche und Pfarre (Heiligenland) ausgeworfen, gemeinschaftlicher Besitz (Realgemeindeland, Markgenossenschaftswald) wurde festgestellt. Zehntland, Oedland und Grenzwald wurden als Königsgut erlärt. Dort wurden Königshöfe gegründet, die jetzt z. T. noch als Domänen und Rittergüter bestehen. Wege von einem Königshof zum andern wurden angelegt ober ausgebessert. So entstanden Königswege, Heerstraßen und Handelswege. Vom Königshof Nordhausen führte eine Straße nach Norden über Ellrich und Walkenried, eine andere nach Süden über Urbach nach dem Königshofe Wallhausen, eine dritte durch den Harz, der als Bannwald königliches Jagdgebiet war, nach dem Jagdschlösse Bodfeld, eine vierte über Steigerthal, Birkenmoor durch den Harz. Und gerade dadurch, daß sich diese Straßen beim Königshofe Nordhausen kreuzten, erschien die Lage dieses Hofes Heinrich I. sehr geeignet zur Anlage einer befestigten Stadt. Es wuchs im Laufe von 1000 Jahren das Reichsdörfchen bei dem Königs- Hofe Nordhausen zu der Stadt, die der Mittelpunkt unserer Gegend ist. i Schon 908, als der letzte Thüringer Herzog im Kriege gegen die Ungarn gefallen war, hatte der deutsche Kaiser Thüringen als erledigtes Reichslehen eingezogen. Den Helmegau sahen von einer Generation zur anderen die Hohnsteiner Grafen mehr und mehr als ihr Eigentum an; daher schob sich nach und nach an die Stelle des Namens „Helmegau“ die Bezeichnung „Grafschaft Hohnstein“. Seit Mitte des 12. Jahrhunderts ist von Gauen nur selten noch die Rede.

Die Grafen mehrten ihre Grafschaft und rundeten sie ab durch Erbschaft und Heirat, durch Kauf und Tausch, daß ihre Herrschaft zuletzt Sondershausen, Clettenberg, Lauterberg, Wallhausen, Bleicherode, Artern, Ilmenau u. a. umfaßte. Aber durch Teilung 1373 in die Hohnsteiner Linien Clettenberg, Kelbra und Heringen und durch Verkäufe wurde der Besitz wieder kleiner. 1417 kaufte der Graf v. Stolberg den Hohnstein. 1593 starb der letzte Hohnsteiner Graf Ernst VII. in Clettenberg und wurde im Kloster Walkenried begraben. Nur an 20 Jahre war der Sachsenherzog Heinrich der Löwe Lehnsherr auch der Grafschaft Hohnstein gewesen. Infolge seiner Untreue gegen Friedrich I. nahm ihm dieser auch dieses Hoheitsrecht. So besaßen von 1180 bis 1420 die Hohnsteiner ihre Grafschaft als Reichslehen und unterstanden unmittelbar dem Reiche. 1420 hatte die Bitte des Herzogs von Braunschweig an den Kaiser Sigismund um Belehnung der Grafschaft Hohnstein Erfolg, da sein Vorfahr Heinrich der Löwe schon Lehnsherr gewesen war. Von 1428 ab besaß der Graf von Stolberg die Hohnsteiner Grafschaft nicht mehr als Reichslehn, sondern als Landeslehen von Braunschweig. Von 1598 bis 1635 war Stolberg das Lehen genommen. Der Herzog von Braunschweig zahlte an den Herrn von Schweinitz die an Stolberg geliehene Summe, für die die Grafschaft Hohnstein als Pfand galt. Zur Zeit des 30jährigen Krieges verwalteten das Amt Hohnstein Amtleute des Braunschweiger Herzogs, die auf der Burg Hohnstein wohnten, bis diese 1627 zerstört ward. (Vitztum von Eckstädt.) Erst 1635 erhielt Stolberg Amt Hohnstein zurück. (Ohne Ilfeld.) 1639 kam durch Erbschaft auch die Lehnshoheit über Hohnstein an Hannover. 1778 erhielt Hannover gegen Zahlung einer Abfindungssumme an den Grafen von Stolberg das Amt Hohnstein mit allen Rechten und Besitzungen (Güter). Erst 1822 bekam Stolberg das Amt wieder zurück bis auf Ilfeld. Das Amt Hohnstein wurde auch Amt Neustadt genannt, denn Neustadt war seit 1733 der Sitz einer Kanzlei, des Gerichts und des Hohnsteiner Konsistoriums. Es gehörte zur Landdrostekn Hildesheim. Seit 1850 hörten die Patrimonialgerichte in Sülzhayn, Werna, Crimderode und Bösenrode auf und wurden die Rechte dem Amtsgericht in Neustadt übertragen. 1866 wurde Hannover eine preußische , Provinz, und unsere Heimt als Kreis Ilfeld dem Regierungsbezirk Hildes heim unterstellt. Kanzlein und Gericht verlegte man nach Ilfeld. Unser Kreis Ilfeld besteht nun aus der alten Grafschaft Hohnstein und dem vormaligen Amte Elbingerode und umfaßt 273 Quadratkilometer (189 und 84).

1925 wurden in 2880 Häusern (2307 und 573) 4170 Familien (3000 und 1170) mit 18 356 Einwohnern (13 562 und 4794) gezählt. Nach der Zahl der Einwohner ist Ilfeld der kleinste der 17 Kreise des Regierungsbezirks Hildesheim.

Unsere Grafschaft Hohnstein, die einen Teil des hannoverschen Kreises Ilfeld bildet, ist aber nur ein Teil der alten Grafschaft. Der größere bildet jetzt den sächsischen Kreis Grafschaft Hohenstein, der rund 500 Quadratkilometer umfaßt und 65 Orte enthält mit 50 000 Einwohern. Auch Nordhausen gehörte zur alten Grafschaft. Als die Stadt aber 1882 über 25 000 Einwohner hatte, bildete sie einen Stadtkreis.

Die Hohnsteiner Grafen übten in der Stadt Nordhausen die Reichsvogtei und das Schulzenamt erblich aus. Als Reichsvogt gehörte mit zu ihren Aufgaben, die Stadt zu verteidigen und Gericht zu halten (die peinliche Halsgerichtsbarkeit). Die Hohnsteiner Reichsvögte hatten aber als ihre Vertreter Reichsschulzen zu ernennen, die auch die bürgerliche Gerichtsbarkeit mit ausübten. Als die Schwarzburger Linie bei der Teilung der Hohnsteiner Besitzungen 1356 die Stadtrechte mit erhielten, überließen die Grafen die Ausübung dieser Rechte dem Rate der Stadt gegen eine jährliche Abfindungssumme. 1595 fielen diese Rechte an den Kurfürsten von Sachsen, weil der letzte Schwarzburger gestorben war. Nun wurde der Stadt die Gerichtsbarkeit bis auf das Halsgericht überlassen, bei diesem sei der Graf von Hohnstein-Clettenberg zuständig. 1697 erhielt der Kurfürst von Brandenburg diese Rechte, die aber 1715 an Nordhausen gegen Zahlung von 50 000 Taler übertragen wurden. Wenn nun auch die Hohn- steiner Grafen die Stadt in ihrer Eigenschaft als Reichsvögte zu verteidigen hatten, so sind sie doch oft mit ihr in Fehde geraten. Um 1480 herum konnte sich die Stadt nur Ruhe und Frieden verschaffen, daß sie dem Grafen ein Jahresgeschenk von 60 Gulden zahlte.

Nordhausen hat sich in 1000 Jahren zum größten und bedeutsamsten Ort unserer Heimat entwickelt. Unser Kreis ist durch 3 Landstraßen, 3 Eisenbahnen und neuerdings durch Kraftverkehrslinien der Nordhäuser-Wernigeröder Eisenbahn mit der Stadt verbunden. Von 3 Seiten grenzt unser Kreis Ilfeld nachbarlich an die Stadtflur. Nordhausen ist für uns von größter Bedeutung. Unsere Jugend besucht vielfach die höheren Schulen der Stadt. Durch Vorträge, Theater und Konzerte bietet uns Nordhausen geistige Förderung und Genüsse. Die Stadt ist auch unser wirtschaftlicher Mittelpunkt; dort kaufen und verkaufen wir. Der Nordhäuser Handelskammer gehören unsere Kaufleute und Fabrikanten an. Unser Landgericht und unser Katasteramt befinden sich dort.

Anderseits bietet unser schöne Harz den Städtern Freude, Genuß und Erholung.

Unruhige Zeiten in der Heimat

Von der Empörung im Helmegau gegen die fränkischen Meßleute

Schon seit 250 Jahren gehörte unsere Heimat dem Frankenlande an als Karl der Große ein Flurgesetz erließ; danach hatten vorgebildete Landmesser die Stadt- und Dorffluren im Reiche zu vermessen. Jede Familie erhielt ihr Land zugeteilt, ferner wurde jedem Orte gemeinsamer Besitz (Realteile) ausgeworfen, auch Kirchen und Pfarren wurden Ländereien zugemessen. Trotzdem war noch so viel Grund und Boden vorhanden, daß dem Reiche noch ein Zehntel aller Fluren zufiel. Das Gesetz bestimmte auch noch, daß das Land ausgestorbener Familien, desgleichen der Grundbesitz der wegen Untreue gegen den Kaiser verurteilten Untertanen als sogenanntes Königsgut an das Reich fiel. Im Jahre 780 erschienen nun Karls Landmesser, denen zu Schutz und Hilfe ein Trupp Frankenkrieger zugeteilt war, auch im Helmegau, und zwar unter der Führung eines fränkischen Edlen, des Grafen Meginhard. Die Aufnahme bei dem Gaugrafen Hartrad war keine freundliche. Die Franken vermaßen nun ein Urdorf nach dem andern. Es blieben weite herrenlose Strecken und viele Hufen von Oed- und Unland als Reichsland übrig. Daher sah sich der fränkische Graf genötigt, neue Dörfer oder Güter zu gründen; das waren die Könkgsdörfer und Königsgüter. Der junge Graf Meginhard wohnte zunächst auf der Burg des finstern Gaugrafen und lernte die schöne Tochter desselben kennen und lieben. Bald bezog er ein neugegründetes Königsgut. Als er um die Hand der Grafentochter anhielt, wurde sie ihm verweigert; dadurch wurde das Verhältnis zwischen den beiden Grafen noch gespannter.

Auf einer Gauversammlung kam der Haß gegen die Franken zum Ausbruch. Der Gaugraf schürte noch die Flamme des Hasses. Von da ab merkte Graf Meginhard überall Widerstand von Seiten der Gauinsassen. Er sandte Botschaft nach Aachen, daß im Helmegau eine Empörung im Gange sei. Und als nach wenigen Wochen Kaiser Karl ein Heer nach hier sandte, wurde der Aufruhr erstickt, indem der Gaugraf mit den übrigen Häuptern der Verschwörung gefangen nach Kloster Fulda abgeführt wurde, wo sie streng bestraft wurden. Der Gaugraf soll geblendet und elend umgekommen sein. Seine Besitztümer wurden als Königsgut eingezogen. Der Frankengraf Meginhard heiratete die Grafentochter.

Von den damals gegründeten Königsgütern haben wir jetzt noch die Staatsdomänen in unserer Gegend (Berga, Salza, Woffleben u. a ). In jener Zeit sind wohl auch unsere meisten Orte gegründet.

Von den Kriegsgreueln der Reichstruppen in unserer Ortschaft

Der leichtsinnige Landgraf Albrecht von Thüringen, der auch Lehnsherr der Grafen von Hohnstein und Stolberg war, hatte sich von dem deutschen Kaiser Adolf im Jahre 1294 betören lassen und Thüringen an denselben verkauft. Als nun der Kaiser von den Lehnsträgern des erworbenen Landes den Treueid verlangte, wurde ihm der von den meisten Grafen des Landes verweigert, weil sie den Kauf für ungerecht und eines Kaisers für unwürdig hielten; denn der Entartete hatte das seinen Kindern gesetzmäßig zustehende Erbe verschleudert. Im Herbst 1294 zog nun des Kaisers Herr durch Thüringen, um die Herrn zu strafen und zum Lehnseide zu zwingen. So kam im Winter ein Heereshaufen auch in unsere Gegend, um die Grafen von Stolberg und Hohnstein für ihre Weigerung zu strafen. Auch die unschuldigen Untertanen der Grafen, die Bauern, hatten schrecklich zu leiden. Nachdem diese beraubt und mißhandelt waren, steckten die rohen Krieger die mit Stroh bedeckten Bauernhäuser an. Hunger und Kälte vergrößerten die Not der Bauern, die Schutz und Hilfe in benachbarten Dörfern suchten, die von den Raubscharen verschont waren. Der Raubzug ging von Bösenrode aus an Urbach, Leimbach, Petersdorf vorbei nach dem Hohnstein. Auf diesem Wege haben sie benannte Dörfer verschont, da es Reichsdörfer waren; aber 8 Dörfer haben sie dem Erdboden gleichgemacht, nämlich Tütchenwenden und Almenrode (bei Bösenrode), Wiersdorf und Ebersborn (bei Urbach), Rossingen, Wachsbach und Gumprechtrode (zwischen Leimbach und Petersdorf), Elbingen (bei Buchholz). Da endlich gebot ein kaiserlicher Befehl das Ende dieses grausigen Raubzuges; denn die Grafen waren bereit, den Lehnseid nicht länger zu verweigern. Nachdem das in der Weihnachtswoche in Nordhausen geschehen war, antwortete der Kaiser auf des Hohnsteiners Vorwürfe über das rücksichtslose Vorgehen des kaiserlichen Heeres: „Ich kann meine Krieger im Schubsack nicht mit mir führen.“

Von den Fehden der Hohnsteiner Grafen mit Nordhausen

Obwohl die Hohnsteiner Grafen als Reichsschulzen die Aufgabe hatten, die Stadt Nordhausen zu beschützen und zu verteidigen, lagen sie trotzdem öfter mit ihr in Fehde.

Als 1325 Markgraf Friedrich Nordhausen belagerte, ließ er das Altentor abbrennen und zog weiter, doch blieben u. a. auch die Truppen des Hohnsteiners vor Nordhausen zurück, um die Stadt noch mehr zu demütigen. Als die Belagerer in die Stadt einbrachen, wurden sie so zurückgeschlagen, daß sie abziehen mußten.

Vier Jahre später (1329) zog der Hohnsteiner mit seinen Leuten wieder vor Nordhausen und erbrach in finsterer Nacht das Altentor. In den Straßen wogte der Kampf. Unheimlich gellte das Sturmgeläut, das die schlafenden Bürger zum Kampfe rief. Erst in der Barfüßerstraße konnten sie den Eindringlingen mit solcher Gewalt widerstehen, daß stundenlang der Sieg hin und her schwankte und endlich die Feinde zurückgedrängt wurden. Die Frauen hatten sich am Kampfe dadurch beteiligt, daß sie kochendes Wasser aus den Fenstern auf die Feinde gegossen hatten.

Grollend und racheschnaubend kehrte der Graf auf den Hohnstein zurück. Ihm wurde 1342 das Reichsschulzenamt wegen Schädigung der Stadt genommen. Er ließ 1363 auf seinem Bergwalde, dem Kohnstein, an dessen Fuße eine Landstraße vorbeiführte, die kleine, aber feste Schnabelsburg erbauen. Nun konnte er die Wagenzüge der Nordhäuser Kaufherrn tüchtig brandschätzen. Gewahrte die Besatzung der Burg das Herannahen von Frachtwagen, so hatte sie nach dem Hohnstein hin ein Fahnenzeichen zu geben. Dann kam von dort Verstärkung. Dasselbe geschah, wenn die Rinderherde der Stadt im Steinfelde gehütet wurde. Durch dauernde Verluste wurde die Feindschaft zwischen Graf und Stadt immer großer.

Nach einigen Jahren kaufte Nordhausen die Besitzungen des Herrn von Salza, darunter auch den südlichen Teil des Kohnsteins. Diesem Kaufabschluß gegenüber erhob der Hohnsteiner Graf Einspruch mit der Begründung, daß er Lehnsherr der Salzaschen Besitzungen sei. Gleichzeitig nahm er Besitz von den betreffenden Gütern. Da wandte sich die Stadt beschwerdeführend an den Kaiser Karl IV., der den Thüringer Landgrafen beauftragte, die Streitsache auf friedlichem Wege zu begleichen. In einem Termine kam dann folgender Vergleich zustande: Der südliche Kohnstein wird der Stadt als Eigentum zugesprochen; daher kommt auch die dort stehende „Schnabilburg“ in städtischen Besitz; man soll aber dem Grafen dafür 1500 ℳ Silbers auszahlen.

Nach einigen Tagen wurde dem Grafen die erste Rate des Betrages vom Rate im Riesenhause gezahlt, und daran schloß sich ein glänzendes Gelage, daß der Graf erst gegen Morgen schwer bezecht mit seiner Begleitung heimritt. Doch wie ergrimmte er, als er an der Stelle der Schnabelsburg einen rauchenden Trümmerhaufen sah. Die schlauen Nordhäuser hatten während des nächtlichen Gelages ihre Stadtknechte hingesandt, die die gräfliche Besatzung der Schnabelsburg überredeten, daß sie von dannen zog. Kaum war der letzte Mann heraus, da zündeten die Nordhäuser die Burg, durch die ihnen seit 5 Jahren so mancher Aerger und Schaden bereitet war, an, daß sie völlig niederbrannte. Sie soll da gestanden haben, wo sich jetzt der Gasthof „Zum Schnabel“ erhebt.

Von den Verheerungen des Fleglerkrieges

Eine Linie der Hohnsteiner Grafen besaß die Grafschaft Heringen. Doch die meisten und besten Güter ihres Landes waren im Besitze des Walkenrieder Klosters. Da verlangte Graf Dietrich von Hohnstein-Heringen als Landesherr den 4. Teil der Jahreseinkünfte jener Klostergüter. Der Abt von Walkenried verweigerte natürlich solche Abgaben. Darauf zog der Graf mit seinen Knechten nach den einzelnen Klostergütern und ließ sie ausplündern. Der Abt beschwerte sich sofort bei dem Kaiser Ruprecht, und der befahl den 3 Reichsstädten Goslar, Nordhausen und Mühlhausen mit ihren Reichstruppen gegen den Heringer zu ziehen und ihn zu bestrafen. Diesen Straftrupp hatte der alte Graf Ulrich von Hohnstein-Kelbra zu führen. Nach kurzer Belagerung mußte diese wegen starker Verluste aufgegeben werden. Nun zog der Heringer – es war im Hochsommer 1406 – aber damals gegen die Klostergüter, die er jetzt von seinen Kriegsknechten auch in Brand stecken ließ. Erst im nächsten Jahre zog der Hohnsteier mit dem Reichsheere abermals gegen Heringen, ward aber wieder gezwungen, erfolglos abzuziehen. Dadurch sah sich der Abt in Walkenried genötigt, mit dem Heringer Grafen einen Vergleich einzugehen. Das geschah 1410 im Kloster Ilfeld. Danach erhielt der Graf den 4. Teil der Jahreseinnahmen.

Doch der unruhige Graf konnte ohne Fehde nicht leben. Weil er glaubte, er sei bei der Teilung der Hohnsteiner Besitzungen (1394) zu kurz gekommen, und weil sein Onkel das Reichsheer gegen ihn geführt hatte, verlangte er Recht und Rache. Bald suchte und fand er in den Scharen des Friedrichs von Heldrungen die nötige Unterstützung. Diese Truppe, die aus wohlbewaffneten Soldaten und aus Bauern, die mit Mistgabeln und Flegeln bewaffnet waren, bestand, kam aus einem Kriegsunternehmen und suchte neue Arbeit. Dieser Flegelrotte wegen wird die 1412 beginnende Fehde „Fleglerkrieg“ genannt.

Graf Dietrich hatte nun seine Leute durch die Fleglerrotte verstärkt, er drang in das benachbarte Gebiet und ließ des Onkels Dörfer bei Kelbra berauben und verwüsten; dann setzte er seinen Rachezug durch unsere engere Heimat, die doch auch dem Hohnstein-Kelbraer gehörte, fort und zerstörte Diemenrode und Crimderode bei Bösenrode, Grumbach bei Leimbach, Liebichenrode bei Steigerthal, Hunsdorf bei Buchholz, Tütschenrode bei Rüdigsdorf, Harzfeld, Günzdorf, Blicherode und Walerode bei Sachswerfen, Bettlershayn und Wülferode bei Appenrode. Danach belagerte er die Burg seiner Väter, auf der sein Feind und Onkel Graf Ulrich von Hohnstein-Kelbra wohnte. Durch Verrat gelang es den Belagerern, in finsterer Nacht in die Burg einzudringen und den alten Burgherrn gefangen zu nehmen, während der Sohn entkam. Seine Gemahlin soll ihn an einem Seil durchs Fenster hinabgelassen haben. Er eilte, nur mit einem Hemd bekleidet, nach dem Kloster Ilfeld. Der Abt gab ihm Kleider und ein Pferd, dafür wurde später dem Kloster das Dorf Königerode geschenkt. Der junge Graf floh nach Meißen zum Herzog von Sachsen und klagte den Heldrunger wegen Landfriedensbruch an. Ein sächsisches Heer eroberte bald Heldrungen, und der Herzog belehnte nunmehr den Grafen von Hohnstein-Kelbra auch mit der Herrschaft Heldrungen. Das geschah 1415. Friedrich von Heldrungen soll bald nach der Eroberung des Hohnsteines auf einem Raubzuge bei Mackenrode erstochen sein. Unsere zerstörten Dörfer wurden nicht wieder aufgebaut. Die nach den benachbarten Dörfern geflohenen Bauern siedelten sich dort an. Nur einige Kirchenruinen erinnern noch an die zerstörten Dörfer.

Von den Bauernunruhen 1525

Im Frühjahr 1525 fand die von Thomas Münzer in Mühlhausen gepredigte Forderung nach Freiheit von Frondiensten und Erlaß der Abgaben an Herrn und Klöster (12 Artikel) auch zu den schwerbedrückten Bauern unserer Heimat ihren Weg und wurde mit offenen Ohren und willigen Herzen ausgenommen. Ueberall rotteten sich Bauernscharen zusammen z. B. im Helme-, Wipper- und Zorgetale, bei Nordhausen, Ilfeld, Walkenried, Stolberg und Urbach, um Klöster, Kirchen, Pfarren, Schlösser und Gutshäuser zu plündern und Freiheiten zu erzwingen.

„Die wütenden Bauern ziehn durchs Land,
Raub ihre Sehnsucht… Es leuchtet der Brand
Der Dörfer und Schlösser die blutige Bahn,
Selbst Klosterfrieden hält sie nicht an.
Wohin sie sich wälzen, schreit Angst und Not,
Ihre Sensen mähn für den blassen Tod,
Auf geraubten Wagen geraubtes Gut
Zu üppigen Mahlen sie fahren in Hut.“ (Hollmann.)

Luther billigte den Aufstand nicht, sondern widerlegte die 12 Artikel und predigte in Wort und Schrift den Frieden.

Die Hauptrotte auf dem Eichsfelde führte der aus Stolberg stammende Thomas Münzer. Der Schäfer Arnold aus Bartholfelde sammelte die Bauern vom Südharzrande (Lauterberg-Scharzfeld), um sie dem Münzer zuzuführen. Zunächst wandten sie sich aber gegen Kloster Walkenried. Bel der Kunde vom Nahen der Bauern reichte der Abt seinen Mönchen einen Zehrpfennig und hieß sie nach den Klosterhöfen in den benachbarten Städten entweichen. Nun warf sich die von Haß und Habsucht gehetzte Rotte auf die verlassene Abtei, durchsuchte Zellen und Böden, Keller und Gewölbe, trieb mit den Heiligenbildern Mutwillen und berauschte sich am Klosterwein. Es gelang ihnen auch, den starken Turm niederzureitzen, wodurch das Gewölbe der herrlichen Kirche zerschmettert wurde. Die Grafen von Hohnstein begaben sich zu den Bauern und suchten die Verblendeten unter dem Scheine, als schlössen sie sich ihnen an, auf den richtigen Weg zurückzuführen, aber es gelang ihnen nicht.

Auch in unsern Dörfern erschienen Abgesandte Münzers mit der Aufforderung: „Stehet auf und brecht die Macht der Junker und Pfaffen, wie wir es in Walkenried begonnen haben.“ Schon kam die Kunde, daß auch Kloster Nikolausrode bei Urbach geplündert sei, wobei man Probst Holtegel aber nicht vorgefunden hätte. (Er hatte die Nacht in Urbach durchzecht.) Als auch die Nachricht von der Zerstörung des Klosters Himmelgarten sich verbreitete, rotteten sich die Bauern aus den Klosterdörfern Appenrode, Sachswerfen und Wiegersdorf zusammen und nahten sich unter Führung des Sachswerfer Ortsschulzen am Abend des 1. Mai dem Kloster Ilfeld. Doch die Mönche waren gewarnt und nach ihrem Klosterhof in Nordhausen geflohen. Nur Abt Mützefal hatte mit den Klosterschätzen, die auf Pferde gepackt waren, sich zur Burg Hohnstein gerettet, wo ihn der Burgvogt des Grafen von Stolberg gerne ausgenommen hatte. Aber sein Aufenthalt wurde den Aufrührern bekannt. Als sie das Kloster leer fanden, folgten sie ihm zum Hohnstein, und in der Frühe des nächsten Morgens erhob sich vielstimmiges Wutgeschrei zur Burg hoch. Der Burgvogt erwartete eine Belagerung der schwachbesetzten Burg und ließ sich gegen Abend in Unterhandlungen mit den Bauern ein, die dahin führten, daß sie endlich auf die Herausgabe des Abtes verzichteten, doch nicht auf die Klosterkostbarkeiten, die ihnen dann auch ausgeliefert wurden. Darauf zog der johlende Volkshaufen nach Neustadt hinunter, um den Sieg zu feiern. Der Anführer soll vorangegangen sein, das Abtinful auf dem Haupte und den silberbeschlagenen Abtsstab in der Hand, das Segenspenden des Abtes nachahmend. Auf dem Platze vor dem Rathause loderten bald Freudenfeuer; die Kostbarkeiten aus dem Kloster wurden verteilt, und dann begann ein Gelage, bis alles Volk bezecht am Boden lag.

Auch nach Stolberg wälzte sich am gleichen Tage ein Bauernhause zum Schlosse und verlangte vom Grasen Botho, daß er die von Münzer aufgestellten Artikel anerkenne und Erleichterungen seiner Untertanen gelobe. Obwohl der milde Herr ihrem Drängen zustimmte, stellten die Aufrührer Wachen um das Schloß. Da entwich er nachts über die Schloßmauer und eilte zu seinem Vetter nach Wernigerode. Als die Bauern am nächsten Morgen den Grafen zu sprechen verlangten und hörten, daß er geflohen sei, nahmen sie an seiner Stelle einige Angestellte als Geiseln mit und zogen zum Hauptherrn nach Walkenried.

Nach einigen Tagen lagerte dieses aus dem Hamsterberge bei Günzerode. Nach allen Orten der Umgegend waren Aufwiegler ausgesandt, und von allen Seiten strömte Volk heran. Lodernde Wachtfeuer gaben nachts den heranziehenden Bauern das Ziel an. Ihr nächstes Lager bezogen sie auf einer Wiese an der Flarichsmühle bei Wechsungen. Von da beabsichtigten sie nach Heringen zu ziehen zum Bauernheere Münzers. Doch in der Nacht erschien ein Bote mit der Nachricht, daß das große Heer bei Frankenhausen geschlagen sei. Da zerstob Arnolds Haufe in alle Winde.

Bald eilten die Fronboten des Stolberger Grasen in die Dörfer, um die Bauern, die sich an den Unruhen beteiligt hatten, nach Stolberg zum Gericht zu bestellen. Dort wurden die aufständischen Gemeinden mit Strafgeldern belegt, und zwar jedes Haus mit 5 Gulden. Ferner wurden die Anführer zum Tode verurteilt. So wurden auch die Schulzen von Sachswerfen und Wiegersdorf gehängt. Die Bestrafung der Hohnstein-Clettenbergschen Bauern fand in Schiebungen statt.

Aus der Geschichte unserer Orte

Sülzhain, die moderne Lungenheilstätte

An ber alten Kaiserstratze sollen ums Jahr 950 wendische Kolonisten das Dorf Sultzhain gegründet haben, und zwar einige Kilometer weiter nordwärts, wo jetzt noch eine Wiese am Fuße des Ehrenberges „Dorfstätte“ heißt.

Zur Pfarre, die 1557 gestiftet ist, gehört die nach einer ehemaligen im Unterdorfe belegenen Kapelle St. Salvatoris benannte Kolonie Heiland. Die der Jungfrau Maria geweihte Kirche ist 1714 renoviert; der Turm 1769 erbaut. In der Kirche befindet sich bemerkenswertes Schnitzwerk. Um 1400 war das Dorf dem Herrn v. Tettenborn belehnt. Sülzhain und Werna wurden 1477 von dem Stolberger Grafen für 400 Gulden zurückgekauft. Beide Dörfer kamen 1593 in den Besitz der Freiherrn v. Spiegel zum Desenberge. Vom Mittelalter bis 1880 wohnten auch jüdische Familien in Sülzhain. Es hat jetzt 800 Einwohner. Weil der Ort im Tale von Osten nach Westen liegt, hat er viel Sonne und wenig Nebel. 1896 hat die Knappschagtspensionskasse dort eine Lungenheilstätte errichtet. Jetzt sind mehr als 10 solcher Anstalten mit über 600 Kranken am Orte.

Werna, das altadelige Dorf

In einer Urkunde des Klosters Fulda wird 874 das an der alten Kaiserstraße belegene zehntpflichtige Dorf Uerina genannt. Früher war Werna zum Pfarrkirchdorf und Rittergut Wülferode eingepfarrt. Dann wohnte der Geistliche beider Gemeinden in Werna; doch seit 1570 ist Sülzhain der Pfarrort. Das Rittergut in Werna besaßen als hohnsteinsches Lehen von 1233 ab 300 Jahre hindurch die Ritter von Werna. Ihnen folgten die von Wurmb, von denen es 1593 die Freiherrn von Spiegel zum Desenberge kauften. Diese besaßen über Sülzhain und Werna bis 1850 die Patrimonialgerichtsbarkeit. 1642 hielt der schwedische General Graf Königsmark in Werna sein Winterquartier.

Appenrode, das erste evangelische Dorf unserer Heiamt

Lutrudis, die Gemahlin des Grafen Elger II. (und Tochter des Grasen Heseke) schenkte dem Kloster Ilfeld Villa und Pfarre Appenrode. Auch in der Bulle des Papstes Innozenz vom Jahre 1247, durch die er das Kloster Ilfeld in seinen besonderen Schutz nahm, ist Appenrode mit aufgezählt. Der Canonikus Johannes von Ilfeld schrieb 1300: Que commissa obtulit ecclesie nostre villam Appenrode cum parochia. Mit Appenrode wurde das eingegangene Pfarrdorf Bischoferode – seit 1752 Vorwerk und Rittergut – vereinigt. Der Pfarrer Hermann stiftete 1238 neben seiner Kirche ein Nonnenkloster, das durch Brand und Krieg so litt, daß es 1293 nach Nordhausen (Altendorf) verlegt, und, wo es im Bauernkriege zerstört wurde. (Das Gut Königerode schenkte 1417 der Graf von Hohnstein dem Kloster Ilfeld. Appenrode wurde 1412 durch Zuzug von Bauern, deren Gehöfte im Fleglerkriege zerstört waren, vergrößert. Die Bettlershayner haben noch ihre eigenartigen Sitten und Gebräuche. 1525 blieb dort der von Walkenried geflohene Mönch Johann Molhusen als erster evangelischer Prediger. 1600 = 45 Häuser. 1709 Rezeß mit Stolberg (Holzgerechtsame.) 1758 mußte der Ort an die Franzosen 690 Thaler zahlen. 1761 wurde der Schulze von den Franzosen verprügelt. 1763 mußte das Dorf zur Befreiung der Geiseln 830 Taler zahlen.

Niedersachswerfen, unser größte und gewerbereichste Ort

Sowohl auf dem Mühlberge als auch auf dem Kohnsteine sind vorgeschichtliche Wallburgen nachgewiesen. (Faziusgraben, Kuxloch.) Saxwerpian erhielt 1412 Zuzug von den Bauern, deren Dörfchen Bischofferode und Kapelle auf dem Johannisberge zerstört waren. Die Kirche in Sachswerfen erhielt seitdem den Doppelnamen: S. S. Johannes et Paulus. Sie ist 1869 neu erbaut. Zuerst ist der Ort 1208 in einer Urkunde genannt. Kloster Ilfeld besaß zu jener Zeit bereits eine Villa (Haus) in Saxwerfe. Die Ländereien der Pfarren von Crimderode, Salza und Bischofferode liegen im Steinfelde unter dem Namen Heiligenland nebeneinander. Auf dem Riewenhaupte tagte das Gaugericht. Dort verkaufte 1290 unter dem Vorsitz des Hohnsteiner Grafen der Ritter von Lupfershausen seinen Woffleber Besitz (Hof und Land) an das Kloster Ilfeld. Dort schenke der Graf sein Dörfchen Bischofferode dem Kloster Ilfeld (1331). 1502 fand aus dem Riewenhaupte die letzte Gerichtsverhandlung statt. Schon 1368 gab es unter dem Kohnsteine schon mehrere Kalkröstereien. 1525 wurde der Schultheiß als Anführer der Bauern mit 9 andern in Stolberg gehängt. 1546 wurde in Sachswerfen Lorenz Rhodomann geboren. Er ward später in Wittenberg Professor und hat seine Heimat in dem Buche „Ilfelder Hercynia“ besungen. 1709 war der Rezeß mit dem Grafen von Stolberg über Rechte und Pflichten der Einwohner. 1732 zogen 3000 Salzburger durch den Ort. 1728–1767 bestand dort eine Kupferhütte, in der das Kupfer aus den Bergwerken zwischen Harzungen und Buchholz verhüttet wurde. Die Franzosen erpreßten 1758 dem Orte 2063 Taler. 1760 fand ein Gefecht in Steinfelde statt. 1763 mußte das Dorf an Geiselgeld 2478 Taler aufbringen. 1806 Durchzug der Preußen und Franzosen. 1848 zogen viele Einwohner in den Harz, um Holz ohne Zahlung zu fällen, wobei ein Zusammenstoß mit Förstern und Wachtmeistern stattfand. 1869 Staatseisenbahn eröffnet. 1899 Harzquerbahn. 1800 hatte es 700 Einwohner. 1900 = 2200 Einwohner.

Rothesütte, eine beliebte Sommerfrische

Durch den Hohnsteinschen Forst, der 1645 bei der Teilung an die Grafen von Stolberg-Wernigerode fiel, führt die Straße von Nordhausen nach Benneckenstein. Auf der Höhe lag an einer roten Pfütze oder Sütte ein Viehhof. 1682 erlaubte der Graf, daß ein Holzhauer einen Gasthof in der roten Sütte eröffnete. 1705 ließ die gräfliche Kammer eine Ziegelei dort errichten und baute dann mehrere Häuser für ihre Holzhauer und 1713 einige für ihre Förster. Seit dieser Zeit wurden die Bewohner des neuen Dorfes Rothehütte geistlich versorgt von dem Pastor in Ilfeld, bis sie 1834 einen eigenen Pfarrer und einen eigenen Lehrer erhielten. 1800 hatte der Ort in 15 Häusern 85 Einwohner, 1900 = 250 Einwohner.

Sophienhof, unser jüngster Ort

Auf dem sogenannten Schmerplatze war schon vor dem 30jährigen Kriege ein Viehhof eingerichtet. Daneben wohnten der Viehhirte und ein Forstbeamter. Der unschöne Name wurde 1712 geändert, und zwar in Sophienhof (nach dem Vornamen der Gräfin von Stolberg-Wernigerode). Nun hat das Dörflein über 100 Einwohner. Es ist wie auch die Försterei Hufhaus nach Rothesütte eingepfarrt.

Ilfeld, der Sitz unserer Kreisbehörde

(Studienrat Kleinschmidt, Ilfeld.) Aus dem Dunkel der Vorzeit unserer Harzheimat taucht als historisches Zeugnis des römischen Geschichtsschreibers Tacitus Wort Hercynia auf als Bezeichnung eines großen deutschen Gebirgswaldes, der den Harz mit umfaßt haben mag. (Erst das Jahr 781 bringt die Erwähnung des deutschen Wortes Harz.) In den ersten Jahrhunderten mittelalterlicher Geschichte hat der Harz unter den deutschen Gebirgen die Bedeutung einer germanischen Außenfestung gegen die Slaven, wie er anderseits die Grenze bildet zwischen den cheruskischen Engern und Ostfalen einerseits und den suevischen Hermunduren, also zwischen den späteren Sachsen und Thüringern. Immer mehr wird der Oberharz SaHsen- land, der Unterharz Thüringergebiet. Hier bildet sich in der Folgezeit lenes große Thüringerreich (letzter Herrscher Irmsried, Schwiegersohn des großen Ostgotenkönigs Theodorich), dessen Sturz erst 531 durch den Sohn Chlodwigs Theuderich herbeigesührt wird. Waffenhilfe leisteten den Franken hierbei die Sachsen, die als Lohn dafür Nordthüringen, also den Harz erhielten. Der große Urwald des Harzes fiel als herrenloses Gut dem Fiskus zu, also im Anfang des 10. Jahrhunderts den Königen sächsischen Stammes. Bis auf jene Zeit, wenn nicht gar auf die davorliegende Karolingerzeit mögen in ihrer Entstehung zurückgehen die zweifellos sehr alten Jagdhöfe Hasselfelde, Bodfeld und unser Ilfeld. (Die alte Schreibweise ist in den Urkunden zumeist Meld, Phlefeld. Nun haben alle diese Jagdhöfe den Namen nach dem nächsten Fluß (vergl. Hassel, Bode), also dürste auch die älteste Burg (Ufeld) nach der Eule (oberes Steinmühlental) heißen und als Jagdhof nordwärts (vielleicht Giersberg) zu suchen sein. Bald durchziehen Heerstraßen den Harz, Pfalzen krönen die Randberge (Kyffhäuser, Nordhausers Goslar) und –besonders im Südosten sucht man durch „Feuerschwendung“ und Rodung Raum für Siedlung und Ackerland zu gewinnen. (Dörfernamen auf -schwende, -rode, -feld.) Dem Kriegsmann und Kolonisten tritt zur Seite der Mönch, besonders des Zisterzienser- und Prämonstratenserordens. Des Sachsenkönigs Heinrich Gemahlin Mathilde stiftete das Kloster Pöhlde bei Scharzfeld (dessen Annalen eine wichtige Geschichtsquelle darstellen).

1158 tauscht der Staufer Friedrich Barbarossa den ganzen Südwestharz gegen schwäbische Güter an den Welsen Heinrich den Löwen. Dadurch, daß beim Sinken der Kaisermacht viele Harzteile an Klöster und Fürsten vergeben wurden, kam schließlich der ganze Harz aus dem Besitz der deutschen Kaiser. Das ist die Entstehungszeit der Harzgrafschaften, insbesondere unserer Südharzer Grafschaften Honstein (1120) und Stolberg (1180).

Hier setzt die älteste Geschichte von Ilfeld ein. Ums Jahr 1100 erbauten im Bähretal die wohl in Thüringen beheimateten Bielsteiner Grafen auf dem Ilfelder Burgberg, der noch heute Mauerreste trägt, eine Burg und bezeichneten sich von da an als Ilburger in den Urkunden. Eine der ältesten berichtet von einer Mordtat des Edelgerus de Plveld an einem Enkel des bekannten Otto von Nordheim. Vielleicht zur Sühne besten errichtete Graf Elger, der erste dieses Namens, an der Stelle des späteren Klosters Ilfeld aus einem steinernen Pfeiler eine ewige Lampe zu Ehren der Jungfrau Maria, damit alle, die hier ihre Andacht bezeigten, in dem grauenvollen Walde kein Unglück erfahren möchten.

Auf diesen ersten Ilburger folgt 1160 sein Sohn Elger II., der durch seine Heirat mit Lutrudis von Orlamünde (1161) das schwiegermütterliche Erbe, die Burg Honstein, erwirbt und sich seitdem Graf von Honstein nennt. Glücklich heimgekehrt von einer im Gefolge Heinrichs des Löwen unternommene Wallfahrt ins heilige Land, stiftet er 1189 unterhalb seiner Burg nordwärts im Eingänge des Tals das Kloster Ilfeld Beatae Mariae Virginis und besetzte es mit Prämonstratensermönchen aus Pöhlde. Die erste Ausstattung des jungen Klosters bildeten das Vorwerk (Praedium) Espe, das Dorf (villa) O, die Harzburg und Frauenburg und das Dorf Appenrode. Der wohlerhaltene gemeinsame Grabstein des Stifter-Grafenpaares (einst in der 1218-23 erbauten Stiftskirche aufgestellt, nach ihrem Abbruch 1859 in der Krypta der 1860-80 neugebauten Klosterschule aufgestellt), bildet das älteste geschichtliche Monument Ilfelds.

Dreieinhalb Jahrhunderte hat dann das Mönchskloster Ilfeld, dem für kurze Zeit auch ein Frauenkloster Unter-Ilfeld zugesellt war, Bestand gehabt (bis 1546), wieder über dreieinhalb Jahrhunderte blüht seitdem die Klosterschule.

Im Schutze beider und stets mit ihnen auf Gedeih und Verderb verbunden ist der Flecken Ilfeld entstanden. Von 1385 datiert die Gründung, von 1423 die „Einung“ (Ordnung, Verfassungsstatut) des Dorfes Ilfeld. Als Fleckenskirche und Klosterkirche abgebrochen und für Stift und Flecken 1868 die neue Kirche eingeweiht wurde, empfing sie mit der Bezeichnung Georgs-Marienkirche die Namen beider, zugleich zum Gedenken an das letzte Hannoversche Königspaar Georg V. und Marie.

Sehr bald nach seiner Gründung erhielt das Ilfelder Marienkloster – noch heute zeigt eine über der Tür des Betsaals der Klosterschule befindliche Holzstatuette die Himmelskönigin mit dem Jesusknaben – viele Freiheiten und Ablasse, wodurch es an Gütern außerordentlich zunahm und über zahlreiche Kirchen Patronatsrechte ausübte. Dabei hat es freilich doch wohl nie die gewaltige Bedeutung des mächtigen Nachbarklosters Walkenried erreicht.

Vom 15. Jahrhundert an waren weltliche Oberherrn des Klosters und des Ortes nicht mehr die Grafen zu Honstein, sondern das altverwandte Geschlecht des Stolberger Harzgrafenhauses. Graf Botho hatte teils durch Erbrecht, teils durch Kauf das alte Honsteinsche Stammland erworben. Im Bauernkrieg litt Kloster Ilfeld nicht so schwer wie Walkenried. Immerhin hatten Abt und Konvent in den ersten Maientagen 1525 vor der Wut der Bauern nach Nordhausen flüchten mästen, während man in. Kostbarkeiten und die wichtigsten Besitzurkunden nach der Burg Honstein geschasst hatte, wo sie zum Teil in die Hände der „christlichen Brüder“ fielen.

Zwanzig Jahre darauf geschah die große Wendung für Kloster und Dorf Ilfeld. Nach schweren Seelenkämpfen entschloß sich Abt Thomas Stange mit seinem Konvent zur neuen, reinen evangelischen Kirche überzutreten. Aus den geöffneten Klosterpforten zogen die Mönche in die Ferne, wo sie zumeist ihr Brot als evangelische Pfarrer fanden, und Thomas Stange richtete auf den Rat Luthers und Melanchthons in den verödeten Gebäuden eine evangelische Klosterschule ein (in Luthers Todesjahr 1546). Anfangs versah der Abt mit zwei anscheinend wenig geeigneten Lehrern (ehemaligen Mönchen) den Schuldienst selbst. Nach wenigen Jahren aber erwies es sich als notwendig, einen Fachmann im Hauptamt anzustellen. Melanchthon empfahl auf Anfrage einen seiner besten Wittenberger Studenten, den damaligen Konrektor der Nordhäuser Lateinschule, für das schöne, aber sehr verantwortungsreiche Amt.

So wanderte denn am 30. Juni 1550[1] der Magister Michael Neander (Neumann), eines Handelsmannes Sohn aus Sorau, einsam fürbaß die Straße den Harzbergen entgegen. „Du taugest nicht in die Welt! Fort mit dir ins Kloster!“ hatte einst in seinem Unwillen der Vater prophetisch gerufen, als der Junge nicht einmal mit einem Packpferde fertig wurde. Nun, was den jungen Streiter Michael in Ilfeld erwartete, war noch etwas schwerer und schöner, als Waren, vergängliche Dinge, von Ort zu Ort und Mensch zu Mensch zu bringen. Ewigkeitswerte den Herzen der Jugend zu vermitteln, ihren Verstand auszubilden und sie durch Gewöhnung an Gehorchen und Dienen, zum Befehlen und Führen stark zu machen.

Als Neander 1595 hochbetagt, nach 45 Jahren Arbeit an der Ilfelder Klosterjugend, sich zum Sterben anschickte, gab er in der selbstverfaßten griechischen Grabschrift[2] gleichsam einen Rechenschaftsbericht über sein Wollen und sein Vollbringen. Es sind tiefernste Worte, passend zu dem leidgeprüften Mann auf dem alten Oelbild, Worte, die weit über dieses Einzelschicksal eines gottbegnadeten Lehrers hinaus Bedeutung behalten. Wir können die griechischen Verse etwa folgendermaßen verdeutschen:

„Leid und Lehre die Fülle gewährte der Dienst an der Jugend:
Hier nun lieg ich in Frieden, still meines Gottes gewiß.
Kämpfe brachte das Leben, viel Krankheit, unsägliche Mühen:
Christus, der ist mein Heil, Heil nur bringt der Tod.
Dank dir, Heiland auf ewig, dank dir, daß du mich Armen
Nahmst aus der Krankheit hinweg, heim aus der irdischen Qual.
Der du mein einziges Heil, einzig mein Sehnen nur bist.“

Der diese Worte schrieb, hat nicht nur zu leiden gehabt unter dem Mutwillen und dem Unfleiß mancher seiner Zöglinge, denen er in den langen Jahren seines Wirkens als einziger Lehrer gegenüber stand, sondern fast mehr noch unter den Bedrückungen und sogar Nachstellungen der stolzen und nach dem Kloster und seinen Liegenschaften lüsternen Grafen und Herrn seiner Nachbarschaft. Wie auf Albrecht Dürers berühmtem Bild der Ritter zwischen Todesdrohung und teuflischer Versuchung festen Blickes dahinreitet, so hat Neander als ein rechter Michael, eingedenk des Treugelöbnisses, das er dem sterbenden Abt Stange gegeben, aus dem ihm an- vertrauten Posten ausgehalten und schließlich des Klosters Rechtsansprüche stegreich bis zum Reichskammergericht durchgefochten. Ohne Neander gäbe es heute keine Klosterschule Ilfeld mehr!

Es ist erstaunlich, wie Neander, den die Geschichte der Erziehung als einen der vier großen humanistischen Rektoren jener Zeit preist, neben dieser ausgedehnten und schweren Verwaltungsarbeit, in all der Not und Pein erneuter Bauernunruhen, fünfmaliger Pest im Kloster, eigener Fiebererkrankungen und zunehmendes Gallenleiden noch so viele gelehrte Bücher zu schreiben vermochte, deren meiste die Klosterbibliothek noch birgt, und so treffliche Schüler heranzubilden, die seinen und seiner Schule Ruhm durch ganz Deutschland und darüber hinaus in Europa verkündeten!

Seinen größten Schüler, dem hochgelehrten Professor Laurentius Rhodomannus, der einst als armer Bauernsohn aus Sachswerfen Alumnus im Kloster geworden war, verdanken wir ein 439 Verse umfassendes, nochmals sehr berühmt gewordenes griechisch-lateinisches „Lobgedicht auf Ilfeld“ besten erste vier Verse in Uebersetzung also lauten:

„Ilfeld, liebliche Wohnung der frommen Musen, mein Ilfeld,
Freudvoll komm' ich, dein Lob in einfachen Weisen zu singen
und dankbar ein kleines Geschenk für alle die Wohltat darzubringen,
Womit du mich einst, den Jüngling, erfreutest.“

In der Folge hat die Klosterschule, zeitweise auch Pädagogium genannt, lange Zeit gebraucht, bis sie wieder die Blüte und Bedeutung wie unter Neander erlangte. Die Stürme der Gegenreformation und des dreißigjährigen Krieges verschonten auch das abseits von der Welt im stillen Waldtal verborgene Ilfeld nicht. Insbesondere brachte das Jahr 1629 durch das sogenannte Restitutkonsedikt eine tiefeinschneidende Veränderung: Der Prämonstratenserorden ließ mit Kroatenhilfe durch den Abt Nihusius das alte Chorherrenstift wieder einnehmen und jede evangelische Predigt im Flecken Ilfeld verbieten. Mannhaft wies Pastor Götting das Ansinnen zurück, sich dem Verbot zu fügen oder selbst katholisch zu werden und wich in diesem Konflikt zwischen „Glaube und Heimat“ ins Elend, nach Nordhausen. Aber nur zwei Jahre führte der Krummstab über Ilfeld das Regiment, dann veranlaßt des Schwedenkönigs Gustav Adolfs Sieg bei Breitenfeld die kaiserlichen Truppen und in ihrem Gefolge den Abt und seine Mönche zur Flucht. Seitdem ist der stiftungsmäßige evangelische Charakter der Klosterschule nie mehr angetastet worden, und mit der Schule ist der Flecken Ilfeld durch drei Jahrhunderte stets gut lutherisch gewesen.

Wohl aber ist in der Zusammensetzung der Schülerschaft in den letzten zwei Jahrhunderten eine wesentliche Veränderung vor sich gegangen, die fraglos hervorgerufen ist durch die Verlegung eines großen Teils des Ilfelder Stiftsvermögens an die 1737 gegründete Landesuniversität Göttingen. Hatten bis ins 18. Jahrhundert die zumeist aus bedürftigen Kreisen stammenden Schüler volle Freistellen gehabt, so strömten nun von der Mitte des 18. Jahrhunderts an in immer stärkerem Maße die Söhne des hannoverschen Adels oder begüterter Familien in die Schule ein. Durch sie erfuhr der Charakter der alten Neanderschule eine tiefgreifende Aenderung, so daß manche Jahrzehnte das Kloster als ein Mittelding zwischen Universität und Schule, die alma mater Ilfeldensis erscheinen lassen.

Als der Maler Ludwig Richter vor etwa 100 Jahren den Harz durchwanderte, sahen seine Augen noch die ganze Romantik und Waldeinsamkeit eines weitab vom Weltgetriebe liegenden, friedlichen und verträumten Erdenwinkels. Heute sieht unser Ilfelder Tal wesentlich anders aus. Seit 2½ Jahrzehnten durchfaucht mehrmals täglich das unentbehrliche Dampfroß der Harzquerbahn den Frieden der Täler und durchjagen die noch beweglicheren Kraftfahrzeuge die alte Harzstraße hinauf und hinunter, die von Nordhausen über den Harz hinweg Hasselfelde mit Blankenburg, Quedlinburg und Halberstadt oder über Benneckenstein mit Wernigerode verbindet – dieselbe Straße, auf der nach der Januar-Schlacht im Oktober 1806 die flüchtenden Preußen und in ihrer Verfolgung die Franzosen gezogen waren.

Heute ist das kleine Ilfeld mit seinen noch nicht 2000 Einwohnern auf dem Wege, in die Reihe der „aufblühenden Industrieorte einzurücken. War in der Vorkriegszeit die Industrie nur durch je eine Fabrik am Nord- und Südausgang des Ortes (Papierfabrik und Parkettfabrik) und ein Alabaster-Gipswerk vertreten, so hat die Inflationszeit mit ihrer manchmal etwas an die ungesunde Entwicklung der 70er Jahre gemahnenden rapiden Baulust der Inflationszeit nicht nur zwei Holzfabriken (Sägewerk, Talbrauerei und Faßfabrik) und ein neues großes Gipswerk erstehen lassen, sondern eine Zeitlang hatte es den Anschein, als wollte Ilfeld noch einmal „Bergstadt“ werden. Zwar ruht der Kupfer- und Eisenerzbau, der im 17. Jahrhundert gegründeten St. Johannishütte seit 1⅓ Jahrhunderten, und auch der Manganerzbau bei der idyllischen Försterei Braunsteinhaus lebte nur während des Krieges für kurze Jahre wieder auf. Weitaus Bedeutenderes aber schien sich oben im Ilfelder Tal zwischen Netzkater und Talbrauerei begeben zu wollen: Die Wiederaufnahme des einst vor Jahrzehnten als unrentabel eingestellten Steinkohlenbergbaues. Mit beinah amerikanischer Schnelligkeit entstanden Wohn- und Werkgebäude, Förderturm und Förderbahn, und das Puffen und Stoßen der Maschine durchdrang Tag und Nacht den Frieden der Wälder. Aber wie gewonnen, so zerronnen: Nachdem man das in seiner Lieblichkeit weithin berühmte und oft mit dem Bodetal verglichene Bähretal zum Teil arg verunstaltet, auf der einen Seite viel Hoffnungen und auf der anderen ebenso viel Verwünschungen hervorgerufen hat, ist heute die Mehrzahl der bergbaulichen Anlagen und aller Lärm des industriellen Betriebes wie ein Spuk verflogen und nur unschöne Trümmer erinnern an eine beinah ebenso unschöne Zeit.

Seien wir glücklich, daß die Schönheit und die Berühmtheit unserer Heimat in anderem beschlossen liegt als in großstädtischem Hasten und Lärmen. Worin unsere Pflichten gegen unsere Heimat und unser geliebtes deutsches Vaterland bestehen und wem wir zeitlebens unsere Dankbarkeit schulden, das sagt am schönsten ein Wort von Ernst Moritz Arndt aus der Zeit von Preußens Not und Wiederaufstieg:

„Wo dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels zuerst leuchteten, wo seine Blitze dir zuerst seine Allmacht offenbarten und seine Sturmwinde dir mit heiligem Schrecken durch die Seele brauseten, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.

Wo das erste Menschenauge sich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerst mit Freuden auf dem Schoße trug und dein Vater dir die Lehren der Weisheit und des Christentums ins Herz grub, da ist deine Liebe, da ist dein Vaterland.“

Wiegersdorf, das ans Kloster verkaufte Dorf

Wichardusdorf war in den ersten Jahrhunderten seines Bestehens ein Grafendorf. In einer Schenkungsurkunde vom Jahre 1240 wurde der Ort vom Hohnsteiner Grafen Wigradisdorp genannt. Doch die Stolberger-Grafen haben 1594 den Ort erstmalig Wiegersdorf geschrieben. Durch Kauf war es 1322 in den Besitz des Klosters Ilfeld gekommen, es war also seit jener Zeit ein Klosterdorf. Darum beteiligten sich seine Einwohner 1525 mit den Bauern von Sachswerfen und Appenrode an dem Aufstande gegen das Kloster, um weniger Abgaben und mehr Rechte zu erlangen. Ihre Rechte und Pflichten dem Grafen gegenüber wurden 1709 festgestellt. In Kriegszeiten hat der Ort schwer leiden müssen, daß die Bewohner off schutzsuchend in den nahen Harz flüchteten. 1848 trieben Freiheitsdrang und Teuerung die Einwohner, daß sie die Eichen des Lienbergs schlugen, um Holz und Lohe zu verkaufen. Infolge dieser Holzdiebstähle kam es zu einer kleinen Schlacht zwischen ihnen und den Osteröder Waldarbeitern, die der Förster anführte; aber die schlagfertigen Wiegersdörfer besiegten nicht nur diese, sondern auch die Ilfelder Bürgerwehr. Erst als der Ort mit einer Abteilung Jäger (Goslar) belegt wurde, kam es zum Friedensschluß, in dem sie erreichten, daß ihre Holzrechte (Beerenzettel, Laub, Leseholz) erweitert wurden.

Osterode, ein Hohnsteiner Burgort

Ascazerode hatte schon vor 1300 einen eigenen Pfarrer (Pleban). Von 1400 bis 1627 waren die Ortsgeistlichen zugleich Schloßkapläne der Burgkapelle auf Hohnstein. Die Bauern von Appenrode und Sachswerfen waren verpflichtet, den Schloßpfarrer mit ihren Pferden auf die Burg zu befördern. 1366 wurde das Grafendorf von Nordhäuser Söldnern in einer Fehde geplündert. 1417 kam es an Stolberg. 1533 predigte Michael Bock dort als erster evangelischer Pfarrer. 1758 von den Franzosen 670 Taler erpreßt. Als sich 1762 französische Jäger und Husaren gerade anschickten, das Dorf zu plündern, kam zufällig der Graf von Stolberg durchgefahren, der durch sein Eingreifen die Plünderung verhinderte. 1763 mußte es an Geißelgeld 686 Taler aufbringen. Früher verschafften sich die Einwohner durch Korbflechterei Nebenverdienste. Um 1600 hatte es 31 Häuser, um 1900 = 54. 1800 = 228 Einwohner. 1900 = 286 Einwohner.

Neustadt, der Hauptort der alten Grafschaft

Der Spiegelberg war eine alte Wallburg. (Dinggericht.) 1372 Nowenstadt schon genannt. In einer Urkunde des Grafen Ulrich von Hohnstein vom Jahre 1393 heißt es: Unsis fleckis zu der Nuwenstadt under unseme Schlosce Honsteyn gelegen. 1472 amtierten in Neustadt 2 Geistliche. Das hörte mit der Reformation auf. (1502 Vikar Karpe.) 1412 wurde Neustadt vergrößert durch Zuzug der Bauern aus den zerstörten Dörfern Harzfeld, Günstorf, Blicherode und Tiergarten. (Jetzt noch haben die alten Nabbern ihr eigenes Holz, ihren Schulzen und alte Gebräuche.) Die Bären- und Wolfsjagd stand jedem frei, sonst war alles Wild gebannt. 1325 hatte ein Einwohner 3 Bären gefangen, die Klauen dem Grafen abgeliefert und dafür Gulden erhalten. 1472 erhielt Neustadt die Schenke und den Brauzins vom Grafen und gab dafür die Mühle, die Bäckerei und den Hof am Klingental. 1485 erhielt es die Rechte und Freiheiten anderer Flecken und Städte. Es wurde ein Rathaus erbaut, das aber 1678 abbrannte, wobei auch sämtliche Urkunden, die dort aufbewahrt wurden, durchs Feuer vernichtet wurden. 1720 bis 1820 war die erste Blütezeit des dortigen Steinkohlenwerkes. (Kohlen nach den Salinen der Provinz Sachsen gefahren.) In der zweiten Blütezeit von 1840–1850 waren die Brennereien in Nordhausen die Abnehmer der Kohlen. 1761 verwundeten die Franzosen den Ortsgeistlichen und nahmen 2 Beamte als Geiseln mit. Sie erpreßten in den Jahren von den Bürgern 3238 Taler, und trotzdem mußte der Ort am Schlusse des Siebenjährigen Krieges noch 1790 Taler an Geiselgeld aufbringen. 1848 übte die Bürgerwehr unter dem Amtsrichter Vollborth. 1866 kam die Kanzlei und das Hohnsteiner Gericht von Neustadt nach Ilfeld.

Burg Hohnstein: 1120 ausgebaut vom Grafen von Sangerhausen, der den Besitz vom Ilfelder Grafen gekauft hatte. 1365 von dem Hohnsteiner Grafen die Schnabelsburg auf dem Kohnsteine erbaut. 1412 wurde im Fleglerkrieg Burg Hohnstein durch Verrat erobert. Der junge Graf floh. Die Burg kam in die Hände der Eroberer (v. Heldrungen), 1417 an Stolberg verkauft. 1627 wurde die Burg zerstört.

Die Nordhäuser Talsperre ist 1904/5 erbaut. (1 Mill. Kubikmeter Wasser.)

Harzungen, unser älteste Ort

Er ist ein Hohnsteiner Grafendorf, in dem die Hohnsteiner Ritter von Harzungen lebten. Bis in die Zeit der Reformation war es Pfarrkirchdorf. 1540 bat es den Grafen zu Stolberg um Anstellung eines evangelischen Predigers, „da doch in allen Orten das Wort gewaltiglich aufgeht.“ Doch es kam als Filiale zu Neustadt. 1294 zogen einige Bauern des zerstörten Ballrode nach Harzungen. 1366 plünderten Nordhäuser Stadtknechte das Dorf. (Fehde zwischen dem Grafen und der Stadt Nordhausen.) 1758 mußte es an Kriegsgeldern 548 Taler aufbringen und am Schluß des Siebenjährigen Krieges zur Lösung der Geiseln 527 Taler an die Franzosen zahlen. 1600 bestand es aus 26 Häusern, 1900 aus 47.

Crimderode, das Zorgedorf

Dorf und Rittergut sind ein altes Reichslehen. Es unterstand als Reichsdorf bis 1436 dem Reichsschulzen zu Nordhausen, an den es jährlich ¼ ℳ Silbers und 4 Schock Wellholz zu liefern hatte. 1436 kaufte es der Ritter von Bula. Die Stolberger Grafen ließen sich dann mit Crimderode belehnen. Lehnsleute der Stolberger waren die v. Bendeleben, v. Berlepsch, v. Wurmb. Das Gut hatte die Polizei, die bürgerliche und hochnotpeinliche Gerichtsbarkeit im Orte. 1759 geschah hier die letzte Hinrichtung. 1850 wurde die Gerichtsbarkeit des Gutes ausgehoben. 1839 ward das Rittergut Eigentum durch Ablösung der Stolberger Lehnshoheit. Im 30jährigen Kriege kam es vorübergehend in die Hände des schwedischen Generals Gregorsohn, der aber von seinem Bevollmächtigten – Generalauditör Oesius – darum betrogen wurde. Ein späterer Besitzer, der Oberst von Wurmb, fiel bei Waterloo. Von 1609 bis 1818 war die alte Burg dem Gerichte überlassen. Nachdem eine Feuersbrunst das obere Stockwerk zerstörte, wurde sie an einen Einwohner in Erbenzins gegeben. Jetzt noch kommen hier öfters Erdfälle vor. Die tausendjährige Eiche auf dem Flehmüllerberge ist ein herrliches Naturdenkmal. 1600 = 120 Einwohner, 1800 = 230 Einwohner, 1900 = 490 Einwohner.

Der Hannoversche Zoll lag zwischen Crimderode und Sachswerfen. Er wurde früher von den Nordhäuser Bürgern rege besucht, da hier die Waren ohne Zoll billiger waren. Nach Aufhebung der Zollgrenze 1834 wurde das Zollgebäude durch den Grafen von Stolberg in ein geschmackvolles Gasthaus umgebaut, in dem z. B. auch die Stände der Grafschaft tagten. 1848 hielt hier der spätere preußische Minister Miguel als Student Freiheitsreden an das versammelte Volk. 1876 ist der Zoll abgebrannt.

Rüdigsdorf in der Hohnsteiner Schweiz

Als Reichsdorf unterstand es bis 1436 nicht dem Gaugerichte, sondern dem Gerichte des Heiligen Reiches Stuhle in Nordhausen. Alljährlich hatte man um Pfingsten herum von jedem Pfluge eine Fuhre Steine (Zollsteine) zum Bau der Stadtmauer nach Nordhausen zu liefern. Die Reichsdörfer brauchten an die Reichsstadt keine Zollabgaben zu entrichten. Der letzte Grenzstein zwischen Rüdigsdorf und Nordhausen hieß der arme Sünderstein, weil an ihm die Verbrecher zwischen Stadt und Graf ausgetauscht wurden. 1806 wurde eine Frau Patze von den Franzosen getötet. In Liesegangs Garten steht ein alter, schöner Taufstein mit Kastanienblattverzierung. (Woher? Wohin?)

Der nahe Giebichenhagen war ein alter germanischer Götenwäld (Kultusstätte). Dort wurde dem Wodan geopfert. (Sage vom Förster Rahn ohne Kopf.)

Petersdorf, der Ort am Harzrigi

Das alte Reichsdorf Petirsdorf, wie es in einer Urkunde des Grafen Heinrich von Hohnstein 1271 genannt wurde, kam als kaiserliches Geschenk an das Nordhäuser Domstift. In einem Rechtsstreit zwischen Stift und Graf wurde schließlich folgender Vergleich geschlossen: „Obwohl den Hohnsteiner Grafen nicht die Gerichtsgewalt über Petersdorf zusteht, haben sie dennoch die Pflicht, das Dorf zu schützen. Dafür haben die Dorfbewohner an den Grafen jährlich 4 Gulden Schutzgeld zu entrichten und jeder Hof hat im Jahre dem Amte 12 Tage zu dienen.“ In Petersdorfs Nähe lag am Eichenberge das Dörfchen Wachsbach, das als Grafendorf 1294 von den Truppen Kaiser Adolfs zerstört wurde, die Bewohner waren nach Petersdorf geflüchtet und bauten sich da an. Nach den Bauernunruhen 1525 legten die Stolberger Grafen das Dorf in ihren Besitz. Die Bauern waren später dem Rittergute Crimderode zinspflichtig. Am Ablieferungstage der Zinsfrüchte erhielten sie 30 Stübchen Bier. Petersdorf war früher Pfarrkirchdorf. 1626 wütete in Petersdorf die Pest. Während des 30jährigen Krieges flohen die Bewohner beim Nahen des Feindes in die Stadt. 1806 ward das Dorf von den Franzosen geplündert. 1848 hielt Kantor Pabst aus Leimbach auf dem jetzigen Rigiberge an die dort versammelten Männer aus der Stadt und den nahen Dörfern freiheitliche Reden. Gastwirt John baute 1860 einen Ausschank auf dem Harzrigi.

Buchholz, ein früherer Bergwerksort

Ein kursächsisches Dorf an der Heerstraße Nordhausen-Breitenstein-Quedlinburg gelegen. Es gehörte zum Burgamt Ebersburg und war zunächst Filial von Vockenrode, dann von Hermannsacker. In der Grenzregulierung zwischen Sachsen und Hannover war es 1702 an Hannover gefallen, und der Stolberger Graf erhielt es mit in sein hannoversches Lehen. Schon um 950 sollen Wenden auch nach Buchholz verpflanzt sein. 1294 wurde das weiter östlich gelegene Dörfchen Elbingen von Kaiser Adolfs Truppen zerstört, die Flüchtlinge bauten sich in Buchholz an. 1806 hat er unter dem Durchzug der Franzosen sehr gelitten. In den Jahren 1728–1767 hat das Kupferbergwerk dort geblüht. Eine kurze Zeit, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, wurde dort wieder Kupfer gewonnen. Am Teiche steht noch das alte Zechenhaus.

Steigerthal an der alten Heerstraße

Das Dörfchen Steigertail wurde 1412 durch Zuzug vergrößert, als Liebichenrode und Hunoldisdorf zerstört wurden. Das Kreuzgewölbe der Kirche wurde 1839 bei einer Reparatur durch ein Brettergewölbe ersetzt. Eine Glocke soll dem Kloster Himmelgarten entstammen.

Auf dem Schildberg befand sich in alten Zeiten eine Wallburg. Im Mittelalter wohnten in Nordhausen die Herrn v. Steigerthal. Bis 1288 gehörte das Dorf den Rittern v. Sundhausen, die es an die Herrn von Robe verkauften. 1345 kam es in den Besitz des Klosters Ilfeld. Um 1400 herum erhielt es vom Kloster Himmelgarten alljährlich ½ Schock Geld und ½ Schock Käse, dafür konnte der Klosterschäfer bis zum Mannesbaum hüten. 1414 war Steigerthal im Besitze der Grafen v. Stolberg und gehörte einige Jahre zum Burgamt Ebersberg. Das Dorf hat Anteil am Markgenossenschaftswalde, den Windehäuser Hölzern. (Sage vom Förster Rahn und vom Hunsdörfer Pastor.)

Leimbach, ein altes Reichsdorf

Es gehört mit zu den ältesten Ansiedlungen unserer Heimat. Bei dem zerstörten Dorfe Grumbach soll eine uralte Dingstätte gewesen sein. Als Reichsdorf hatte es an die Reichsmünze in Nordhausen jährlich 1½ Schock Hafer zu liefern. 950 sollen auch in L. wendische Familien angesiedelt sein. Von 1394–1700 zum Amt Heringen gehörend, kam es durch Grenzregulierung an Hannover. (Stolberg.) 1758 mußte der Ort an die Franzosen 1111 Taler zahlen. Auch Leimbach hat Anteil an dem Windehäuser Holze.

Domäne Himmelgarten. Das alte Dörflein Rossungen ist 1294 zerstört. (Sage vom Himmelslicht.) 1296 auf der Trümmerstätte des Dorfes Kloster Himmelgarten erbaut und mit Mönchen (Orden der Marienknechte) aus dem Kloster Paradies (bei Hasselfelde?) beseht. Prior Hutter kannte die Schriften Luthers und schloß sich der Reformation an. Er besprach die neue Lehre mit Prior Süße in Nordhausen und Rektor Spangenberg in Stolberg. 1525 im Bauernkriege zerstört. 500 Bände der Klosterbücherei nach Nordhausen gerettet. Das wüste Kloster und seine Aecker zog der Graf von Stolberg ein und verpachtete die Domäne Himmelgarten. Am alten Stadtweg waren Heiligensäulen errichtet, von denen nur noch eine erhalten ist.

Urbach, unser Auedorf

Es soll schon als Hurbach im 9. Jahrhundert bestanden haben und erhielt 950 Zuzug durch Wendenfamilien. Als Reichsdorf hatte es der Nordhäuser Reichsmünze jährlich 3 Schock Hafer zu liefern. 1169 legte Kaiser Friedrich I. von seiner Einnahme aus Urbach eine Hufe Land zum Domstift in Goslar, wofür jährlich 6 Pfennige Geldzinsen zu zahlen waren. 1267 schenkte der Fürst von Anhalt dem Nordhäuser Neuwerkskloster die Hufe des wüsten Dorfes Ebersborn (Burgamt Ebersberg). Der Graf von Hohnstein hatte als Reichslehen an den Ritter von Heimburg 7 Höfe in Urbach verlehnt mit 4½ Hufen (die Hufe = 15 Morgen). 1313 verkaufte Leopold von Heimburg das Patronat der Pfarre an Kloster Walkenried, das auch alle Besitzungen des Lehens erwarb. Von 1380 bis 1702 gehörte das Dorf der Herrschaft Kelbra an. 1375 lebte in Nordhausen der Ritter Heincze von Urbach. 1437 wurde das Bischöfliche Heer aus Halberstadt im Totenwege von den Hohnsteinern und Stolbergern vernichtet. 1525 Kloster Nikolausrode (Zisterzienser Nonnen) zerstört. Es war 1236 von Walkenried aus gegründet. Jetzt: Forstort Rodeberg. Im 7jährigen Kriege hat der Ort sehr leiden müssen. Er hat auch Anteil am Windehäuser Holz.

Bösenrode, unser südlichster Ort

Das Reichsdorf mit Patrimonialgericht lag an der alten Heerstraße von Nordhausen nach Wallhausen. Vom Kaiser wurde der Ort ums Jahr 1000 dem Stift Gandersheim geschenkt, und dieses belehnte den Grafen von Klettenberg damit. Als aber später Kloster Walkenried mehrere Höfe in Bösenrode erworben hatte, schenkte 1279 Stift Gandersheim das Dorf an Walkenried, da die Klettenberger damit einverstanden waren. Später kam Beßinrode an das Amt Kelbra. Der Kanonikus Johannes von Ilfeld berichtet um 1300, daß der Graf von Reinstein die Kirche zu B. dem Kloster Ilfeld gegen die zu Bellingen eingetauscht habe. Der Graf von Stolberg belehnte 1471 gegen Zahlung von 1160 rheinischen Gulden die Herrn von Rüxleben mit dem Rittergute, dem Dorfe und dem Patrimonialgerichte. 1702 kam Bösenrode wieder zum Amt Hohnstein. Bis zur Reformation gehörte das Dorf zum Mainzer Bannbezirk Unterberge, während alle übrigen Dörfer Hohnsteins zum geistlichen Bezirk Oberberge gezählt wurden. Das Dorf hat Anteil am Siebengemeindewalde. (Sage vom wiedergefundenen Grafenkinde.)

Auf der ältesten Landkarte unserer Gegend ist zwischen Bösenrode und Nordhausen der Ort: „Sieh dich för“ verzeichnet.

Wüstungen seit 1294:

Rostungen (Himmelgarten),
Bechersdorf (Urbach),
Ebersborn (Urbach),
Tütschenwenden (Bösenrode),
Ballrode (Harzungen),

Wüstungen seit 1412:

Thiergarten (Neustadt),
Blicherode (Neustadt),
Harzfeld (Neustadt),
Tütschenrode (Rüdigsdorf),
Bischoferode (Sachswerfen),
Hunsdorf (Steigerthal),
Elbingen (Buchholz),
Crimderode (Urbach),
Grumbach (Leimbach),

Wüstungen seit 1437:

Vockenrode (Hermannsacker).

Die Einführung der Reformation in unserer Heimat

Luther besuchte 1516 im Aufträge des Ordensgenerals Staupitz auch das Augustinerkloster in Nordhausen und ermahnte die Mönche, ein Leben nach der Bibel zu führen und darum diese fleißig zu lesen. Nach seiner Rückkehr bewirkte er, daß sein Freund, der Wittenberger Mönch Laurentius Süße, als Prior in das Nordhäuser Augustinerkloster kam. Durch ihn wurden Luthers Schriften nicht nur in der Stadt, sondern auch in den umliegenden Klöstern (Himmelgarten, Ilfeld, Walkenried) bekannt. Diesen Prior Süße wählte der Rat der Stadt 1522 zum Pastor der Petrikirche, wo er im Sinne Luthers predigte. Schon seit 1521 wurde in Stolberg von Thilemann Plattner evangelisch gepredigt; er ließ auch im Gottesdienst Psalme in deutscher Sprache singen. Luther hatte in Stolberg Verwandte, sein Schwager war dort Rentmeister. 1522 erhob die Bilderstürmerei in Stolberg ihr Wesen; Luther schrieb dem Grafen von Stolberg, was er von den Bilderstürmern hielt. 1524 wurde der Rektor Joh. Spangenberg in Stolberg als Prediger an die Blasiikirche nach Nordhausen berufen, auch er war Anhänger der Lehre Luthers. Schon seit 1519 hatte er teilgenommen an den Religionsgesprächen des Priors Hüter im Kloster Himmelgarten. 1525 predigte Luther in Nordhausen gegen die aufständischen Bauern. In demselben Jahre übernahm der aus Walkenried geflüchtete Mönch Johannes Molhausen die Pfarrstelle in Appenrode und predigte evangelisch. Auch andere Mönche übernahmen Pfarrämter und führten Luthers Lehren ein. Zunächst hielten sie noch an der Ehelosigkeit fest. Ihre Einnahmen waren so gering, daß sie oft ihre Stelle wechselten, wodurch sie zur Verbreitung der Reformation viel beitrugen. 1527 hielt sich Justus Jonas in seiner Vaterstadt Nordhausen auf, weil in Wittenberg die Pest war. 1529 predigte Pastor Hammerschmied das Evangelium in Petersdorf und Steigerthal. 1533 wurde die Reformation eingeführt von Pastor Pölde in Urbach. 1544 wurde der Mönch Thomas Stange Abt des Klosters Ilfeld. Er war bereits Anhänger der neuen Lehre und führte sogleich die Reformation im Kloster durch, indem er eine evangelische Klosterschule gründete. Zu gleicher Zeit nahm auch Wiegersdorf die Lehre Luthers an, während in Bösenrode schon 1543 evangelisch gepredigt wurde.

Der Graf von Hohnstein, auf Schloß Clettenberg wohnend, hatte 1525 mit den aufständischen Bauern schlechte Erfahrungen gemacht und schob die Schuld an dem Aufstande der Reformation zu. Deshalb war er Gegner derselben; er wurde 1543 durch Kaiser Ferdinand von Nürnberg aus ermahnt, ja die Lehre dieses verjagten Mönches nicht einzuführen. Und doch ließ der Graf stillschweigend geschehen, daß der größte Teil seiner Untertanen sich der Lehre Luthers zuwandte. Endlich gab er 1546 dem Drängen seiner evangelischen Untertanen nach und ließ in Uebereinstimmung mit dem Grafen von Stolberg zu, daß die Reformation öffentlich eingeführt wurde. Da wandten sich auch die Kirchen in Crimderode und Rüdigsdorf von der katholischen Religion ab. Als Graf Ernst von Hohnstein 1552 starb, fand die neue Lehre auch in Neustadt und Osterode Eingang. Der junge Graf berief 1556 eine Synode nach Walkenried, wo einmütig beschlossen wurde, am Palmsonntag desselben Jahres die evangelische Lehre nach dem Augsburgischen Glaubensbekenntnisse in der ganzen Grafschaft einzuführen. Danach wurde auch in Sachswerfen die Einführung der neuen Lehre beschlossen.

Unsere Kirchen

Die Könige seit Karl dem Großen bewogen auch unsere Gaugrafen, in jedem Orte des Gaues eine Kirche erbauen zu lasten und die Pfarrstelle zu dotieren. Die ältesten Kirchen waren nicht nur Orte der Gottesverehrung, sondern boten auch den Ortseingesessenen eine schützende Burg gegen eindringendes Mordgesindel und stürmenden Feind. Schnell rafften die Bauern ihre kostbarste Habe zusammen, verließen ihre mit Stroh bedeckten Lehmhäuser und eilten in ihre Kirche, die in der Mitte des Dorfes auf einer Anhöhe (Hügelkirche) lag und über 1 Meter dicke Steinwände besaß. Während den Bauern erst nach dem 30jährigen Kriege erlaubt war, feste Steinhäuser zu bauen, wurden die Kirchen seit jener Zeit durchweg als Fachwerksbau hergestellt.

Weil also in ältesten Zeiten nur Burgen und Kirchen als Steinbauten errichtet werden durften, haben sich nur solche als Zeugen jener Zeiten erhalten. Und wo Fehden ganze Dörfer verwüsteten ober Seuchen Orte entvölkerten, waren die Lehmhäuser bald gänzlich verschwunden; doch bis in unsere Tage haben sich Reste von Kirchen erhalten, z. B. auf dem Kirchberge bei Sachswerfen die Johanniskirche, die Hunsdorfkirche bei Steigerthal, die Harzfeldkirche zwischen Buchholz und Neustadt.

Unsere Kirchen aus der Zeit nach der Reformation wurden keinem Heiligen mehr geweiht, und es fehlen darum die Namen oder Heiligentitel (Patrozinien). Wurde aber eine Kirche umgebaut, so behielt sie ihren ersten Namen. Aus demselben ist das vermutliche Alter der Urkirche festzustellen.

Sülzhayn

Sülzhayn bestand ursprünglich aus dem Ober- und Unterdorf, und jeder Ortsteil besaß eine eigene Kirche (S. Martin und S. Salvator). Später hatte der vereinigte Ort eine gemeinsame Kirche, die der heiligen Katharina geweiht ward. (Nach andern Angaben auch der Jungfrau Maria.) Noch im 13. Jahrhundert wird die Vereinigung stattgefunden haben. 1557 mußte die Kirche einer Erneuerung unterzogen werden, desgleichen 1714. Erst 1769 wurde der jetzige Turm angebaut. In ältesten Zeiten war das Dorf neben Werna Gothaisches Lehen, das später in Hohnsteinschen Besitz kam. Das Patronatsrecht besitzt seit 1593 die Freiherrlich Spiegelsche Familie. Die Kirche weist bemerkenswertes Schnitzwerk auf.

Werna

Werna war zuerst Filiale von Woffleben. Die dem Johannes (nach Leopold der Katharina) geweihte Kirche des wohl ältesten Dorfes unserer Gegend wird zu den ältesten Kirchen gerechnet; denn ihr Heiligentitel deutet darauf hin, daß die Urkirche auf dem Platze einer alten Kultstätte errichtet wurde. Die prächtige Kirche, deren innerer Schmuck vor ungefähr 200 Jahren erneuert wurde, zeigt auf dem Chore ein Epitaph, nämlich des 1714 verstorbenen Generals von Spiegel Bild mit geschnitzten Kriegstrophäen.

Appenrode

Appenrodes Kirche, S. Jakobus, ist in der Mitte des Mittelalters auf einem steilabfallenden Hügel errichtet und bildete für die Dorfinsassen im Falle eines feindlichen Ueberfalles die feste Dorfburg. Sie wurde 1190 dem Kloster Ilfeld überwiesen. Erst 1718 wurde an die Stelle der alten Kirche die neue, größere gebaut. 1378 ward die Pfarrkirche zu Bischofferode mit ihr vereinigt.

Niedersachswerfen

Auf dem Kirchberge, einer alten Kultstätte unserer heidnischen Vorfahren, errichteten die ersten christlichen Sendboten vom Kloster Fulda, deren fränkische Schutzmannschaft sich in der Nähe des Berges niederließ und damit den Ort Bischofferode gründete, die erste Kapelle in hiesiger Gegend und weihte diese Johannes dem Täufer. Zu ihr gehörten die verschiedensten Ansiedlungen in den nahen Tälern. Noch jetzt erzählen die Grundmauern des Kirchhofes und der Kapelle von alten Zeiten. Als 1412 die umliegenden Orte Bischofferode, Bollrode und Walrode zerstört wurden, schlossen sie sich mit Sachswerfen zusammen; das dortige Kirchlein, das dem Apostel Paulus geweiht war, erhielt nun von der zerstörten Johanniskapelle einen Beinamen, daher der spätere Doppelname S. S. Johannes und Paulus. Dorf und Kirche kamen als Geschenk der Hohnsteiner Grafen an das Kloster Ilfeld. 1869 wurde an Stelle des alten Gotteshauses von dem Baurat Hase aus Hannover die jetzige schöne Kirche errichtet.

Rothehütte

Seit 1706 hielten die Geistlichen von Ilfeld dort hin und wieder Gottesdienst in einem Betsaale. Doch 1731 wurde ein eigenes Pfarramt eingerichtet; dieses unterstand dem Konsistorium zu Sophienhof, besten Geschäfte aber später dem Konsistorium zu Neustadt mit übertragen wurden. Erst 1843 wurde die jetzige Kirche erbaut. Der Geistliche hat auch Sophienhof seelsorgerisch mit zu versehen.

Ilfeld

Erst 1220 erhielt das 30 Jahre vorher gegründete Kloster ein eigenes Gotteshaus, nämlich die Klosterkirche S. Maria. Bis dahin benutzten die Mönche die kleine, dem heiligen Georg geweihte Ortskirche, in der sie auch den Gottesdienst zu halten hatten. Diese Fleckenskirche mußte 1256 umgebaut werden. 1551 erhielt sie ihren eigenen, den ersten evangelischen Pfarrer. Die Klosterkirche ist 1859 abgerissen, während die Fleckenskirche 10 Jahre später abgebrochen wurde, nachdem die neue, ein gotischer Hau- und Backsteinbau (Baurat Hase), 1868 eingeweiht war.

Wiegersdorf

1240 wird der Ort bereits erwähnt in einer Urkunde des Hohnsteiner Grafen, durch die er einen Hof dem Kloster Ilfeld schenkt. (Theodorius Comes Honstein donat Wigradisdorp totam villam cum omni jure.) Schon damals wird der Ort ein Kirchlein gehabt haben, das dem hl. Jakobus geweiht war. Im 16. Jahrhundert ist dann das jetzige interessante Gotteshaus an Stelle des alten erbaut. 1322 verkaufte der Hohnsteiner Gras sein Grafendorf Wiegersdorf an das Kloster Ilfeld; seitdem war es ein Klosterdorf. Als nach der Niederlage der Protestanten durch das Restitutionsedikt von 1629 alle früheren Kirchengüter wieder eingezogen wurden und der Graf von Thun, der die Grafschaft Hohnstein nebst den Klöstern Ilfeld und Walkenried vom Kaiser Ferdinand II. erhalten hatte, mit Hilfe der Wallensteiner die Prämonstratenser Mönche wieder ins Ilfelder Kloster kamen, trennte das Stolberger Konsistorium die Kirchengemeknde Wiegersdorf von Ilfeld und vereinigte sie mit Osterode zu einer Parochie.

Osterode

Als Grafendorf hatte der Ort oft in den Fehden der Hohnsteiner zu leiden. Daher erbauten die Einwohner um das Jahr 1200 zum Schutze einen Wehrturm mit Schießscharten. Eine kleine Kapelle stand daneben, sie war der heiligen Juliane geweiht. (Ein Heiligentitel, der sehr selten vorkommt.) Den Gottesdienst versah ein Pleban. Die jetzige Kirche ist erst 1759 an Stelle der abgerissenen Kapelle errichtet. Von 1400 ab waren die Ortsgeistlichen zugleich Burgkapläne aus Schloß Hohnstein. (Kapelle des heiligen Dyonisius.) Nach der Zerstörung der Burg holten sich die Osteröder eine Glocke der Burgkapelle. Der Altar der Osteröder Kirche weist kunstvolle Holzschnitzerei auf.

Harzungen

Harzungen besaß bereits in der ersten Hälfte des Mittelalters eigene Pfarre und Kirche, die dem S. Andreas geweiht war. 1540 bat die Gemeinde den Grafen von Stolberg, an Stelle des katholischen Pleban einen evangelischen Geistlichen für ihre Kirche zu ernennen. Da aber die Pfarreinnahmen zu gering waren, wurde der Ort Filiale von Neustadt. Die jetzige Kirche besitzt eine alte, schöne Glocke und einen wertvollen Taufstein.

Neustadt

Die erste Kirche ließ der Hohnsteiner Graf erbauen; das deutet schon der Name S. Georg (Ritterkirche) an. Anderweitig wirb sie auch „Trinitatiskirche" genannt. Bei dem großen Brande 1678 wurde das Kirchengebäude auch mit vernichtet. Erst 1702 wurde die jetzige Kirche und 1870 der Turm erbaut. Infolge der Reformation wurde in Stolberg 1524 ein Konsistorium eingerichtet; ihm unterstand in geistlichen Dingen auch unsere Grafschaft. Erst 1762 wurde das geistliche Gericht der Grafschaft zum Konsistorium der Grafschaft Hohnstein zu Neustadt erweitert. Es untersteht dem Landeskonsistorium zu Hannover. Durchweg gehörten die Geistlichen in Neustadt als Mitglieder dem Konsistorium an.

Crimderode

Die Kirche heißt S. Nikolai. In der Wetterfahne steht die Jahreszahl 1580. Damals wird der Turm an die aus dem 12. Jahrhundert stammende Kirche angebaut sein. Um 1240, als der Ort erstmalig in einer Urkunde genannt ist, verwaltete hier das geistliche Amt ein Pleban, der in Rüdigsdorf (Liesegangs Haus war das alte Pfarrhaus) seinen Wohnsitz hatte. Erst seit 1506 ist es umgekehrt, da wohnt der Geistliche in Crimderode, und Rüdigsdorf ist Filiale. Aber seine Kirche hat sich von jenen Zeiten her noch alte Mutterrechte zu erhalten gewußt; denn der Geistliche hat nämlich noch jetzt an den ersten Feiertagen in Rüdigsdorf den Vormittagsgottesdienst zu halten.

Rüdigsdorf

Die Jakobikirche, aus dem 12. Jahrhundert stammend, bildete den festen Mittelpunkt des Dorfes beim Widerstand gegen Feinde.

Petersdorf

Dieses Kirchengebäude ist nicht das erste; denn der Name der Kirche, Johannes Bapt (?) deutet darauf hin, daß die Urkkirche auf alter Kultstätte erbaut ist. Petersdorf war Pfarrkirche, kam aber nach der Reformation als Filiale zunächst zu Steigerthal; doch seit 1741 gehört es zu Leimbach. 1801 wurde die Kirche im Innern neu ausgebaut.

Leimbach

Die Stiftung der ersten Kirche geht wohl in die erste Hälfte des Mittelalters zurück; sie wurde dem heiligen Martinus geweiht. Das heutige Kirchengebäude ist verschiedentlich erweitert und ausgebaut. 1801 wurde der baufällige Turm durch einen neuen ersetzt. Die große Glocke mit unleserlicher Mönchsschrift soll auf der Wüstung des 1412 zerstörten Dorfes Grumbach ausgegraben sein. Als Leimbach politisch zu Heringen gehörte, war es Tochterkirche von Bielen. Als es aber 1700 zu Hannover kam, wurde es 1716 Pfarrdorf. Der Graf von Stolberg dotierte die Pfarrstelle und ließ ein Pfarrhaus erbauen. 1745 erhielt es Petersdorf als Tochterkirche.

Buchholz

Als im Anfänge des vorigen Jahrhunderts die S. Martinikirche, die aus dem 14. Jahrhundert stammt, baufällig war, ließ der Graf von Stolberg das heutige Gotteshaus erbauen und war bei seiner Einweihung zugegen. Früher war Buchholz Filiale von Herrmannsacker; als aber infolge einer Grenzregulierung Buchholz von Kursachsen an Hannover kam, wurde der Ort 1741 Filiale von Steigerthal.

Steigerthal

Die S. Katharinenkirche, aus dem 12. Jahrhundert stammend, ist verschiedentlich im Innern um- und ausgebaut. Der baufällige Turm mußte vor Jahren abgebrochen werden. Die Folgen des Weltkrieges haben einen Wiederaufbau bis jetzt verhindert.

Urbach

Schon in alten Zeiten ist die Johannes dem Täufer geweihte Kirche gegründet. Die jetzige Kirche ist 1851 erbaut. 1313 kamen Dorf und Kirche durch Kauf in den Besitz des Klosters Walkenried mit Einwilligung der Grafen von Hohnstein. Später entstand ein Streit zwischen dem Kloster und den Grafen von Stolberg und Schwarzburg (den Rechtsnachfolgern der Hohnsteiner Grafen) über das Recht der Pfarrstellenbesetzung.

Bösenrode

Die im 11. Jahrhundert gegründete Nikolaikirche wurde im Jahre 1700 neugebaut. Kostbare Gemälde und Bilder schmücken die Wände der Kirche. Im 11. und 12. Jahrhundert war Bösenrode im Besitze des Stiftes Gandersheim, das bis 1279 den Grafen von Klettenberg damit belehnte. Von da ab wurde Kloster Walkenried mit Bösenrode belehnt. Kanonikus Johannes von Ilfeld berichtet um 1300, daß der Graf von Reinstein die Kirche zu Bösenrode gegen die zu Bellingen eingetauscht habe. Später kam das Dorf (Gut, Gericht, Kirche u. a.) an Hohnstein und von 1428 ab in den Besitz der Grafen von Stolberg und von Schwarzburg. Der Stolberger Graf verkaufte 1471 seine Rechte in Bösenrode an die Herrn von Rüxleben, die im Grabgewölbe der Kirche ihr Erbbegräbnis hatten. 1850 erwarb die politische Gemeinde Bösenrode für den Preis von 9500 Taler alle Grundstücke und Rechte, die die Herrn von Rüxleben inne hatten.

Unser Helmegau, der bis zur Reformation ein Teil der Mainzer Kirchenprovinz Thüringen war, bestand aus den beiden geistlichen Bannbezirken Oberberge und Unterberge. Letzterem gehörte von unsern heimatlichen Orten, nur Bösenrode an.

Einige Urkunden und Berichte als Quellen zur Heimatgeschichte

Graf Hartrat war 785 der Anstifter des Aufstandes in unserm Gaue gegen die Flurmeßleute Karls des Großen

Thagani vita Hludowici cap. 22: Hardrade, qui erat dux Austriae infidelissimus, qui jamdudum insurgere in domum Karoli voluit et ei regnum minuere. (Das Leben des Thajaners Ludwig Kap. 22: Hartrat, ein sehr treuloser Herzog des Ostreiches, wollte schon längst gegen das Reich Karls sich erheben und ihm die Herrschaft schmälern.)

Ein Turnier in Nordhausen (1263)

C. Spangenberg berichtet darüber: Markgraf Heinrich von Thüringen rief einen Hof gen Nordhausen, daß, wer sich in Ritterschaft üben wollte, kommen möchte. Daselbst hatte er einen schönen Garten zurichten lassen, da itzo vor dem Bielentore die Weinberge liegen. In dem Garten hat er einen großen Baum aufrichten lassen, besten Blätter von Silber teils übergüldet und die Aepfel gar gülden waren. Um dieselben sollte gerennt und gestochen werden. Um den Garten waren viele Gezelte aufgeschlagen für die Fürsten, Grafen, Ritter und ihre Frauen und Jungfrauen. Erstlich hat man einen züchtigen Dantz gehalten, darnach gerennet und gestochen. Wo zween aufeinander troffen und Speere brachen und doch beide sitzen blieben, hat man einem jeden ein silbern Blatt gegeben. Diese Freude werete acht Tage. Die Kosten alles zu rechnen wäre einem Keyßer genugk gewest.

Kanonikus Johannes von Ilfeld berichtet um 1300, wie Graf Elger II. in den Besitz Hohnsteins kommt

„— et hic (Elgerus secundus) fuit primus Comes in Honstein, quod castrum obtinuit a Comitissa vidua (Renvice, Reinvica) nomine, que obiit IIII Nonas Martii et hic sepelitur. Quia maritus eius nomine Heseke Comes in Honstein, qui obiit sine herede IIII Kal. Octrobis.“ (— und dieser Elger II. war der erste Graf aus Hohnstein, eine Burg, die er von der verwitweten Gräfin Reinwig, die am 5. 3. heimging und hier begraben liegt, erhalten hat, weil deren Gatte mit Namen Heseke auf Hohnstein ohne Erben am 28. 9. entschlief.)

Bericht, daß Elger I. als Sühne für einen Mord 24 Mark Silbers für eine ewige Lampe stiftet, an deren Stelle sein Sohn Kloster Ilfeld erbauen ließ.

Lampadem labideam cum candella perpetua. (Eine sternerne Fackel (Lampe) mit ständiger Kerze.)

Johannes berichtet ferner, daß Hohnstein Braunschweiger Lehen ist

Iste secundus Elgerus cum impetrasset hoc castrum Honstein a duce Brunswigk illius temporis sibi dai, qui hoc habebat de imperio, — (Jener Elger II., als er erlangt hatte, daß die Burg Hohnstein von dem damaligen Herzog von Braunschweig ihm gegeben würde, der sie vom Reiche hatte, —)

Graf Elger II. erhielt vom König Heinrich VI. die Erlaubnis zum Klosterbau

„— feodum, quod ab imperio tenebat, silvam quandam juxta nominatum cenobium Ilvelt ab occidentale parte sitam, quod cenobium pater ipsius bone memorie initiaverat in honore sante dei genitricis.

Nos autem ob remedium anime nostre et ob spem retributionis eterne proprietatem et fundum subra memorate silve ad laidem dei et sancte genitricis sie linere contulismus a rivo videlicet qui dicitur Bera usque ad alium rivum qui egrediens de montibus transit per predium quod Hespe appellatur etc. (Das Lehen, das er vom Reiche hatte, einen gewissen Wald auf westlicher Seite, nahe bei dem sogenannten Kloster Ilfeld gelegen, ein Kloster, das sein eigener Vater, guten Andenkens, zu Ehren der heiligen Gottesmutter gestiftet hatte. Wir aber haben wegen der Heilung unserer Seele und wegen der Hoffnung ewiger Vergeltung Eigentum und Grund des oben erwähnten Waldes zum Lobe Gottes und seiner heiligen Gottesmutter freiwillig dargebracht, ohngefähr von dem Ufer der sogenannten Behre bis hin zum andern Ufer, welches heraustretend aus dem Gebirge durch das sogenannte Landgut Hespe hindurchgeht.)

Nordhäuser Stadtgesetz von 1308. (Die 11 Reichsdörfer.)

§ 76. Dit sint de Dorf. Swas schuschen der stat zu Nordhusen unde den dorfen eyn borgere oder eyn borgerinnen gutes hetten oder noch koiften, daz enscholen su nicht vromde von der stat. Mochten suie nicht bege, so scholden suiz uz thun umme Korngelt oder umme halp eyne gepure der borfer: Byla, Sunthusen, Steindrucken, Reytervde (Wüstung), Wertere unde och Wertere, Hescherode, Herriden, de Kansteyn, de Datvort, Kremilderove, Beiersdorf, Leymbech.

Urkunde des Grafen Ullrich und Dietrich v. Hohnstein vom Jahre 1385 zwecks Bauerweiterung Ilfelds

In das flecke mögen die genanten apt und convent gefesze bauen und bauen lassen, und lute darin setzen, die yhn zu dienste und zu bothe stehkn sollen.

Der Gibichenhagen (zwischen Rüdigsdorf und Buchholz) kommt 1415 an das Kloster Himmelgarten

Die grauen vnd Hern Henrich und Bode czu Stalberg übergeben dem gotishuse und der samenunge czu dem Hemelgarten auf bitten des gestrengen fnechts Borghart von Osterode (Burgmann auf Schloß Hohnstein) das von ihm besessene holcz, genant Giebichenhain.

Der Nordhäuser Rat und die Grafen von Hohnstein schließen 1368 vor dem Landgrafen von Thüringen folgenden Vergleich

Wir Friedrich und Wilhelm von Gottes Gnaden Landgrafen von Thüringen bekennen und tun kund in diesem Briese allen, die ihn sehen, hören oder lesen, daß wir zwischen den edlen Grafen zu Hohnstein, unfern lieben Getreuen, auf einer Seite, und den Ratsmeistern der Stadt Nort- husen auf der andern Seite, verabredet haben um alle ihre Zwietracht, Kriege und Aufläufe bis auf diesen Tag, mit Wissen und Willen beider Parteien freundlich geeint, versöhnt und gänzlich und gründlich einträchtlich gerichtet haben, wie hiernach geschrieben steht, daß die Bürger von Northusen sollen geben für das hus, Snabilborg genannt, 1500 ℳ lötigen Silbers Northüser Gewichts, Wisse und Währung den Herrn von Honstein ohne Arglist. Das hus Snabilborg soll man uns einantworten; das wollen wir lasten brechen zur Stund und man soll es forthin nimmermehr wieder bauen. Alle Gefangenen von beiden Seiten sollen ledig und los sein; auch alle Lösegelder, Schatzungen und Bürgschaften von beiden Sekten, soweit sie noch nicht bezahlt sind, sollen nicht mehr gelten. Auch mögen die von Northusen die Stadtmauern und Stadtgräben bessern in die Tiefe und Höhe, wie sie wollen, und die Grafen von Honstein sollen sie darum nicht ansprechen. Wegen der Güter, welche die Northüser von dem Herrn von Salza gekauft haben, sollen die Northüser gegen die Grafen von Honstein mit ihren Rechten vor dem Kaiser und dem Reiche Vorgehen und Heide Teile sollen die Gewähr, die sie davon haben, behalten, bis das Recht ausgetragen wird, weil die Grafen behaupten, daß diese Güter ihr väterliches Erbe sind. Auch sollen sie beiderseits um diese Güter eines Einkgungstages vor uns warten, ob wir sie darum freundschaftlich einigen möchten. Wäre auch von beiden Seiten von des Kriegs wegen jemanden sein liegend Erbe oder Lehen genommen und einem andern geliehen worden, den oder die soll man wieder zu dem Ihrigen kommen lasten. Die Briefe, die beide Parteien zu dieser Scheidung gegeben haben, sollen gehalten werden. Auch sollen die Bürger von Northusen Kalk und Steine vom Kohnstein führen und gebrauchen zu ihrer Stadt, wie sie von alter Zeit her getan haben.

Jeder Partei ist ein gleichlautender Scheidebrief ausgestellt und gegeben worden.

Lehnsbrief: Hohnstein kommt 1428 an die Stolberger, die die Grafschaft 1417 schon gekauft haben

Ich, Hertogh Otto to Brunschwick belehne den Edlen Graven Boden to Staleberch to einem rechte Erve-Manelehne mit der Borch to Honsteyne und allen ören tobehörungen, also dat Slot Honsteyn, bat de Graven von Honsteyn von seinen Voreltern und von uns to Lehne ghehad hebben.

Ueber die Niederlage der Bischöflichen im Totenwege bei Urbach reimt Zeitfuchs

Als 1400 geschrieben ward.
Auch siebenunddreißig, ist Burchard,
So Bischof war zu Halberstadt,
Samt seinem Volk und Rittern grad Vom Herrn zu Honstein so erlegt,
Daß, wer da kommt, zur Flucht sich regt.
Da waren erschlagen viel im Feld,
Viel lösten sich mit großem Geld.
Der Bischof kriegt ins Bein ein Schoß,
Schwarzburg, Stolberg war'n Mitgenoss'
Des Herrn von dem Hohenstein,
Es galt dem Bischof ganz allein.

Der Prior des Klosters Himmelgarten Joanes Hunter schreibt 1520 folgendes Gedicht:

Sihe, das du nimmer also erhobist.
Das du dich schiltest oder lobist,
Toren tun oft also,
Die eitel lob machit fro.
Biß emsig zu aller stundt,
Das du belybest wohl gesund,
Die natur ein wenig hat.
Da gesundheit mit bestat.

Luthers Antwortschreiben auf eine Anfrage des Grafen Ludwigs von Stolberg über die Bilderstürmerei 1522 in Stolberg

Gnädiger Herr! Es hat Philippus von mir begehret, Ew. Gnaden zu schreiben von dem Handel der Bildniß den Ew. Gnaden ihm schriftlich meldet. Fürwahr, das ungeschickte Wesen mit den Bildniß gefällt mir nicht. Und obs noch ärger Ding drum wäre, so taugt doch solche Weise sie abzutun in keinen Weg. Findet man doch wohl die Gold und Silber mißbrauchen und für Abgott halten, sollt man darum alles Gold -erstechen und schänden? Man müst auch Sonn und Sterne vom Himmel reißen, drum sind sie in der Schrift ja so hart verbothen anzubeten als kein anders.

Wahr ist's, ich wollt, sie wären aus der Kirchen nicht des Anbetens Gefahr halben, denn ich fürchte, man anbete die Heiligen mehr denn die' Bilde, sondern um des falschen Vertrauens willen, daß man meinet, Gott ein gut Werk zu tun.

Aber Summa sollt man solches und alle andere Mißglauben stoßen und brechen, daß zuvorn die Herzen durchs reine Evangelium würden davon gezogen, so würde das äußere Ding von ihm selbst wohl fallen, dieweil es. niemand helfet. Nu aber die Herzen noch dran hangen mit llnwisten der Fahr, so kann man sie nicht zerreißen, man zerreißet die Herzen auch mit. Wir sind Christen, leider mit Bildbrechen und andern äußerlichen Dingen, aber Glaub und Liebe da die Macht lieget, will nirgend hernach.

Solch mein Schreiben wollet mir gnädiglich zu gut halten; denn Ew. Gnaden zu dienen bin ich ganz willig. Gott laste Ew. Gnaden seiner Barmherzigkeit befohlen sein.

Geben zu Wittenberg am Freitag nach Ostern 1522.

Ewer Gnaden
Diener
Martinus Luther.

Aus den 12 Bauernartikeln Münzers (1525)

  1. Jede Gemeinde soll das Recht haben, ihren Pfarrer zu wählen und ihn zu verpflichten, das Evangelium lauter zu verkündigen.
  2. Es ist von jedem Bauern nur der große Zehnte zu geben, davon soll der Pfarrer besoldet, die Armut unterstützt und die Landsteuer bezahlt werden.
  3. Die Leibeigenschaft soll aufgehoben sein.
  4. Jagd und Fischerei sollen frei sein.
  5. Auch das Holz soll frei sein.
  6. Die Frondienste und andern Beschwerungen sollen gemindert werden.
  7. -.-
  8. Die manchen Höfen nicht angemessenen Lasten sollen verringert werden.
  9. Die neuen Strafen sind ungültig, nur die alten bleiben.
  10. Gemeindeäcker, die auf unrechtmäßige Weise in den Besitz eines Einzelnen gekommen sind, sollen der Gemeinde wieder zurückgegeben werden.
  11. Die Erbschaftssteuer, die gleich nach dem Tode eines Erbenzinsmannes an den Grundherrn gezahlt werden muß, wird aufgehoben.
  12. Wo einer genannter Artikel dem Worte Gottes nicht gemäß sst, davon wollen wir abstehen.

Spangenbergs Bericht an den Grafen Wolfgang von Stolberg,

der 1546 eine Kommission ernannte zwecks Durchführung der Reformation im Kloster Walkenried:

„Ende März erhielt ich von Ew. Gnaden den Befehl, mich mit meinen geistlichen Kollegen und Michael Meyenburg den Räten der Grafen von Honstein anzuschließen und mit nach Walkenried zu begeben, um die Stellung der Mönche zum Worte Christi zu untersuchen. Der Auftrag hatte guten Erfolg; denn sobald wir die erhaltenen Befehle den Klosterbrüdern mitgeteilt hatten, gingen sie sogleich auf unsere Wünsche ein, erschienen schon am nächsten Tage vor uns ohne ihre Kutten, gingen in neuer Kleidung in ihre Klosterkirche und sangen die Laubes Gott zu Ehren.

Und da aus den benachbarten Ortschaften viel Volk zusammengeströmt war, stieg ich auf die Kanzel und predigte Gottes Wort. Die neue Ordnung wurde dem Abte Dr. Johannes, dem Prior und sämtlichen Konventualen übergeben und sie durch Handschlag darauf verpflichtet.

Brief des letzten Abtes im Ilfelder Kloster Thomas Stange an die Reformatoren (1544)

Es ist mir kaum so schwer geworden, meinen alten Adam unter die Klosterregel zu bringen und mit den leiblichen Hebungen zu zwingen, als hernach den alten vermeinten heiligen Mönchsadam allerdings auszuziehen, abzulegen und mit den geistlichen Waffen des Wortes Gottes zu dämpfen, an eigner Heiligkeit gänzlich zu verzagen und Christo allein die Ehre zu geben.

Von der Synode zu Walkenried berichtet Schmaling:

Es war also im Jahre 1556 den 27. März, Montags vor Palmarum, in Gegenwart der Ritterschaft, Stände, Pfarrherrn und ihrer Cantoren einmütig zu Walkenried beschlossen, die evangelische Religion nach dem augs- burgischen Glaubensbekenntnisse in der ganzen Grafschaft Honstein einzuführen, welches dann auch gleich den folgenden Sonntag geschähe, und der Kelch beim hl. Abendmahl auch den Laien geweiht ward, zu dessen Andenken annoch in vielen Orten der Grafschaft an diesem Sonntage unter der Communion mit den Glocken geläutet und das „Herr Gott, dich loben wir" gesungen wird. Magister Pfarrherr Kleinschmid (Elrich) hielt der Synode eine Ermahnungspredigt und dankte dem Herrn Grafen und dem Herrn Abt Joh. Holtegeln für dessen Bewirtung.

Aus Michael Neanders Bericht vom Kloster Ilfeld

Eiligereus, ein Herr von Bielstein, wo auch sein Vater regierte und daselbst gestorben ist, hat nach seinem Tode auf einen Berg, der hart vor Ilfeld liegt, ein Schloß gebaut, das er nach seinem Namen Eilenburg nannte. Da hat er residiert und sich Graf v. Eilenburg genannt. Sein Sohn Eiliger hat zum Weibe genommen Lutradis, die Tochter des Grafen Hesiko v. Honstein, welcher, obgleich er keine männlichen Erben hatte, es doch beim Herzog v. Braunschweig durchgeseht hat, daß er seinen Tochter-' mann mit dem Hause Honstein bestehen hat, daher er sich nunmehr Eiliger Graf zu Honstein schrieb.

Der dritte Eiliger hat Schloß Eilenburg niedergerissen und damit angefangen das Kloster Ilfeld ums Jahr 1190 zu stiften. Doch zum Anfänge haben sie nichts weiter gebaut als eine steinerne Lampe, aus Quadratstücken zusammengesetzt; dazu haben sie als jährlichen Zins 24 Markschesfel verordnet, wofür man Oel kaufte und ein wenig brennendes Licht Tag und Nacht darin halten müssen. (Dasselbe steht noch zu Ilfeld auf dem Kirchhofe vor der Schule.)

Darnach hat man es Eilhofen genannt, weil es ein gering Ding gewesen ist wie ein Vorwerk, bis es von Jahr zu Jahr größer geworden, und die andern Gebäude dazu gebaut sind, und darnach ist es Ilefeld genannt worden, weil es im Felde gelegen ist der Eilenburg gegenüber. Anfänglich ist es mühe- und armselig zugegangen, die Herrn haben nicht viel zum Besten gehabt, die Mönche haben neben dem Abte gearbeitet und all ihr Holz selbst gehauen und von dem Berge zu Wege gebracht, dasselbe selbst zur Notdurft gebraucht und auch verkauft und dafür zur Notdurft gekauft, bis sie mit der Zeit habhaftiger geworden; haben auch eine Zeitlang kein Fleisch gegessen, auch so gestrenge über dieser Weise gehalten, daß sie auch den Gästen, den Herrn v. Honstein selbst, kein Fleisch gegeben haben, sondern diese haben sich die Weise auch müssen gefallen lassen, und daran gewöhnen. Und haben fast alle des Klosters Güter in allen Aem- tern mit barem Gelde einzeln erkauft. Aber damals sind die Güter wohlfeil gewesen und sind den Mönchen vor andern wohlfeiler verkauft worden, weil jedermann meinte, wenn er den Mönchen was zugute täte, als machte er und verdiente einen großen Lohn im Himmel. Sie haben auch viele Güter gebeutet und ihnen ungelegene für besser gelegene gegeben. Und ich finde gar wenig, was ihnen geschenkt worden wäre.

Aus der Landesordnung des Grafen Heinrich zu Stolberg für das Amt Hohnstein (1591)

Art. 34. Eine jede Gemeinde hat alle Jahre den letzten Freitag der Ostern nach abgehaltener Predigt ihre Flur ganz zu umgehen, die Irrungen, so einer wider den andern hat und wo zu nahe gepflüget ist, zu ordnen und nach Befinden der Verbrecher um 5 bis 15 Gulden zu strafen. Soll auch wohl eine Tonne Bier vertrinken, doch uns oder denen, die Gerichte haben, die Amts- oder Gerichtsstrafe Vorbehalten, zu welchem Ende sie denn solche Verbrechung dem Amt oder den Gerichtsherrn daselbsten anzeigen sollen. Wird aber eine Gemeinde diesem zuwider die Flur nicht begehen, dieselbe soll zur Strafe geben 10 Gulden.

Nach dem Tode des letzten Grafen von Honstein zog der Herzog von Braunschweig die Grafschaft Honstein als braunschweigisches Lehen wieder ein.

Das Patent lautet: Von Gottes Gnaden, Wir Heinrich Julius, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg... fügen allen und jeden Prälaten, Frey und andern Herrn, denen vom Adel, Bürgern und allen andern Geistliches und Weltliches Standes Personen, die von Weiland dem Wohlgeborenem vnserm lieben Getrewen, Ernsten, Grauen zu Honstein, Herrn zu Lohra und Clettenberg Seligem gedächtniß vnd seinen Vorfahren, Lehen gehabt, neben zu entpietung vnsers gnedigen grusses geneigten willen vnd gunsten hiemit in gnaden zu wissen, das alle vnd jede Lehenleute zwischen heut dato untenbenant vnd negst bevorstehendem Bartholomei glaubwirdige copias ihrer jüngsten Lehenbrieffe vnserm Amtmann aufs Lohra einschicken, vnd alsdann darauff zu erster Gelegenheit eines Lehentages, auch nach befindung wirklicher belehunge von vns gewertig sein wollen, daran thut ein jeder vns zu gnedigen gefallen die schuldige gebühr, und wir seind ihnen sampt und sonders mit gnaden gewogen.

Geben aufs vnser Veste Wolfenbüttel am Tage Laurentii, Anno 1593.

Berichte von der Not im 30jährigen Kriege

Ein Zeitgenosse schreibt, wie die Soldaten des Obersten Vitzthum von Eckstedt 1626-1627 hier gehaust haben: „Waren jemals böse Buben, so waren sie es, sie schonten weder geistliche noch weltliche Personen, sondern schlugen, prügelten und quälten die Leute dermaßen, daß es kein Türke oder Heide hätte ärger machen können. Sie stürmten und plünderten die Häuser, datz manche Leute den Verstand verloren. Sie schleppten halbtote Leute in der Stube umher und schlugen alles Geschirr entzwei. Der eine zwang seinen Wirt mit dem Degen in der Faust, große Humpen auszutrinken, ja seine Wirtin mußte sogar ihren eigenen Urin hinunterschlucken.“

Im Oktober 1626 lautet ein Bericht über Echstedts Soldaten: „Ist alles öde und wüste, die Gebewe (Gebäude) auf dem Amte werden herniedergerissen und verbrannt, von den ausgematteten Amtsuntertanen nehmen sie wöchentliche Kontribution, die fast nicht mehr zu ertragen ist. Es seien auch die Straßen so unsicher, daß tägliche Abnahmen geschehen.“

Der Amtmann in Neustadt berichtet im Januar 1627: „Die Bauern der Orte Osterode, Harzungen, Petersdorf und Sachswersen hauen auf Befehl des Leutnants aus dem Honstein die Holzung ab und müssen das Holz zu feilem Kauf in die Städte fahren.“

Am 13. Juli 1627 klagen die Beamten der Grafschaft: „Vors andere befinden wir mit schmerzendem Gemüt, daß das Haus Honstein von der Soldateska ohne habende Ursache in den Brand gestecket und auch das Vorwerk in Asche gelegt. Es sein auch die armen bis auf den äußersten Grad verdorbenen Untertanen geplündert und beraubt.“

Ehren Johann Cajus, Pastor in Crimderode schreibt ins Kirchenbuch: „Anno 1627, den 10. Iuly hat der Obrist v. Vitzthum uß furcht der Hartzschützen daß Hauß Honstein verlassen und hinder sich in brandt gestecket.“

In einer alten Chronik heißt es: „Den 12. April 1631 sind einige Regimenter ins Stolbergische gekommen, die den Bauern große Drangsale zugefügt, alles zerschlagen und zerschmissen, die Leute geprügelt und fortgejagt.“

Ins Kirchenbuch schreibt der dasige Pfarrherr von Erimderode: „Am 1. July 1632 ist der Gotteskasten von Kaiserlichen Kriegsvölkern (Obrist Börninghausen), so von der Zerstörung Magdeburgs kamen, zerschlagen und beraubt worden, das Dorf ist geplündert und die Kühe fortgetrieben.“

Schmaling berichtet in seiner Chronik: „Als Tylli mit seinen Truppen von Magdeburg über den Harz nach Erfurt zog, wurden alle, die sich von dem Haupttrupp abschlugen, von den Harzschützen niedergemacht, daß man im Harze so viele tote Krieger fand, als wäre da ein Treffen gewesen.“

Der Pastor von Kleinwerther klagt 1634 über die Verwüstung feines Dorfes: „27 Häuser sind verwüstet. Nr. 1 ist leer und verwüstet. Nr. 2 ist ganz unbewohnlich geworden. Nr. 3 fällt all über einen Haufen. Nr. 4: die Leute ließen es stehen. Nr. 6: die Bewohner hat die Pest weggenommen anno 1626. Nr. 7 hat einer stehen lasten, ist zu Krieg gezogen usw.“

Der damalige Pfarrer in Windehausen schreibt ins Kirchenbuch: „1637 zogen im Januar kaiserliche Reuter unter General Götz bei uns ein. Diese hauseten sehr übel im Dorfe. Alle Federnbetten in den Häusern wurden . ausgeschüttet, die Bettstellen u. a. wurden verbrannt. Es hatte das Ansehen, als wenn Türken hier hausten. Viele Leute verließen Haus und Hof und suchten ihr Heil in der Fremde.“

1639 berichtet ein Augenzeuge: „Wenn die Troßweiber mit ihren Soldaten (die Birkenfeldschen Reiter) in einen Bauernhof drangen, schlugen sie die Türen ein, fielen über Kisten und Kasten her, drohten und quälten die Bauersleute, zerschlugen, was sie nicht rauben konnten und legten sich in ihre Betten. Beim Aufbruch zwangen sie den Wirt, sie in das nächste Quartier zu fahren. Den Wagen stopften sie mit Kleidern, Betten und Hausgerät des Bauern voll und setzten sich dann 10-12 Weiber mit ihren Kindern darauf. Wenn die Pferde nicht mehr weiter konnten, schelten sie mit erschrecklichen Flüchen und fahren hinter ihm her mit Prügeln.“

Im Kirchenbuche zu Pustleben steht aufgezeichnet: „Die Scheffers und ihr Kind, welche in dieser bösen Zeit Hungers gestorben und von den verwilderten Hunden fast aufgefresten und das llebrige zusammengelegt, sind von ihrer Schwester ungesungen und ungeklungen begraben worden.“

Ein Zeitgenosse schrieb: „In diesen Kriegsläufen hat man allerlei Sprachen gehört: kroatisch, schwedisch, französisch usw., aber geliebt hat keiner in solchen Sprachen, sondern geflucht, und nichts verstanden die Leute in diesen Sprachen als das Wörtlein „gib" und dem mußten sie gehorchen und geben, bis sie selber nichts mehr hatten.“

Ein Ortsvorsteher berichtet: „Anno 1646 bin ich Schultheiß hier worden. Da ist das Dörfchen ganz wüst gestanden. Die Kirche ist zum Pferdestall gemacht, die Pfarr verwüstet, die Schul ganz abgerissen, etliche Häuser abgebrannt, die andern zerrissen. Und hat mancher in einem Vierteljahr nicht ins Dorf gehen dürfen, ist geschlagen und ausgezogen worden.“

In Postsachen schreibt Kaiser Leopold aus Wien an den Rat der Stadt Nordhausen (1686):

Es hat uns der wohlgeborene Erb-Generalpostmeister im Reich und Lieber getreuer Graf zu Thürn und Taxis in Untertänigkeit klagend zu vernehmen gegeben: Der Herzog zu Braunschweig und Hannover oder vielmehr dessen Geheimrat Edler von Platen hat nicht allein in dessen Herzogtümern unser kaiserl. hohes Postregal in alle Weise angefochten, sondern auch ganz verbotenes Postwerk schnurstracks zuwider unfern im Reich publiäerten Patenten bis in das Kurkölnische anmaßlich ausdehnen und einen neuen Postkurs einführen wollen. Wir sehen solches als einen wirklichen Abbruch unseres kaiserl. Postregals an und als eine fast gänzliche widerrechtliche Niederwerfung desselben, welchem wir keineswegs nachgeben können. Darum haben wir nicht ermangelt, unsere notwendigen kaiserl. Verordnungen zu richten sowohl an obgedachten Herzog als auch an ihn, den von Platen unsere kaiserl. Strafmandate ergehen zu lassen. Trotzdem setzt der von Platen seine Posten fort, hat sich sogar angemaßt, unsere kaiserl. Posten in den Kalenbergischen Gebietsteilen anzugreifen und wegzunehmen. Dagegen werden wir schon wissen, gehörige Mittel vorzukehren!

Euch aber befehlen wir hiermit gnädigst, daß Ihr alles Ernstes dahin verfüget, daß obbenannte Platensche Post in Eurer Stadt, wo solches immer sein möge, in keiner Weise ausgedehnt werde, sondern der Postkurs sogleich und auf jede Weise verhindert werde, daß weiter alle Platensche Briesbeförderung gänzlich eingestellt werde. Es ist darauf zu sehen, daß allen unsern kaiserl. Postpatenten gehörig nachgelebt werde, damit wir widrigen und unverhofften Falls anderweitige schärfere Verordnungen ergehen zu lassen nicht bemüßigt werden mögen.

  1. Seit 1926 begeht die Klosterschule diesen Tag als Neandertag durch eine Feier.
  2. Erst die dankbare Nachwelt hat dem treuen Mann den Wunsch erfüllt: 1925 bei der Feier seines 400. Geburtstages sind Neanders griechische Verse seinem Grabstein in der Andachtskapelle der Anstalt, der sog. Krypta, beigefügt und durch einen Zusatz ergänzt worden.