Der Nordhäuser Roland (5/1953)

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Der Nordhäuser Roland (Mai 1953)
Reihe Der Nordhäuser Roland
Band-Nr. 5/1958
Autor Verschiedene
Herausgeber Kulturbund
Erscheinungsjahr 1953
Umfang 20 S.
 Im Bestand der Stadtbibliothek Nordhausen.
Stand: 10. September 2015
Digitalisat: PDF (3 MB)
Seite Titel Autor
23 Karl Marx Fritz Gießner
24 Das Warttürmchen
25 Von geschützten Pflanzen und Tieren Kurt Wein
26 Die Försterhöhle Johannes Ehrhardt
28 Praktische Denkmalpflege K. Riemann
29 Zum 150. Geburtstag des Heimatdichters Ludwig Storch
38 Vincent van Gogh

Karl Marx

der geniale Wissenschaftler und größte Sohn des deutschen Volkes

Der 70. Todestag und 135. Geburtstag von Karl Marx im Jahre 1953 ist für jeden deutschen Menschen Veranlassung, sich mit der weltumwälzenden Lehre von Karl Marx und seinem Kampfgefährten Friedrich Engels vertraut zu machen und des Lehre als Anleitung zum Handeln zu betrachten. Es war kein anderer als Karl Marx, der mit der Entdeckung der Entwicklungsgesetze in Natur und Gesellschaft, dem dialektischen und historischen Materialismus, die gesamte Wissenschaft auf eine nie dagewesene Höhe brachte und ihr damit einen Weg zur vollen Entfaltung wies. „Wie Darwin das Gesetz der Entwicklung der organischen Natur, so entdeckte Marx das Entwicklungsgesetz der menschlichen Geschichte: die bisher unter ideologischen Uber Wucherungen verdeckte einfache Tatsache, daß die Menschen vor allen Dingen zuerst essen, trinken, wohnen und sich kleiden müssen, ehe sie Politik, Wissen­ schaft, Kunst, Religion usw. treiben können; daß also die Produktion der unmittel­ baren materiellen Lebensmittel und damit die jedesmalige ökonomische Entwick­ lungsstufe e nes Volkes oder eines Zeitabschnittes die Grundlage bildet, aus der sich die Staatse nrichtungen, die Rechtsanschauungen, die Kunst und selbst die religiösen Vorstellungen der betreffenden Menschen entwickelt haben und aus der sie daher auch erklärt werden müssen — nicht, wie bisher geschehen' umgekehrt.“ (Friedrich Engels).

Aber noch mehr: in seinen ökonomischen Lehren legte Marx das spezielle Bewe­ gungsgesetz der kapitalistischen Produktionsweise dar und reichte damit der Arbei­ terschaft die Waffe, mit der sie die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigt und die klassenlose, sozial stische Gesellschaftsordnung errichtet. Sb war Marx jener große Mensch, der sowohl als Mann der Wissenschaft jedes ein­ zelne Gebiet einer strengen Untersuchung unterwarf und auf jedem Gebiet selb­ ständige Entdeckungen machte, der aber auch, in der öffentlichen Tätigkeit stehend, als revolut onärer Kämpfer sich über jede Entdeckung freute, die in die geschicht­ liche Entwicklung sofort revolutionär eingriff. Die Wissenschaft war also für Marx, wie Friedrich Engels an seinem Grabe sagte, eine geschichtlich bewegende, eine revolutionäre Kraft, und er konnte nur von dieser Erkenntnis aus zu der revolu­ tionären Schlußfolgerung kommen: „Die Philosophen haben die Welt nur verschie- den interpretiert, es kommt aber darauf an, sie zu verändern.“ „Für die Welt arbeiten“ war einer der Lieblingsaussprüche von Marx, und nur von einem solchen revolutionären Ge st getragen konnte die Menschheit zu der Er­ kenntnis kommen, daß die Wissenschaft nicht egoistischen Zwecken dienen kann, sondern daß alle, die sich mit wissenschaftlichen Forschungen und Problemen be- schäft gen, in erster Linie dazu da sind, ihre Erkenntnisse in den Dienst der Menschheit zu stellen.

Das große heroische Beispiel und die geschichtliche Bestätigung für die allmächtige, wissenschaftliche Lehre von Karl Marx und Friedrich Engels gab die eine neue Epoche in der Menschheit einleitende Große Sozialistische Oktoberrevolution, gab den Aufbau des Sozialismus auf einem Sechstel der Erde und gibt den Übergang vom Sozialismus zum Kommunismus in der Sowjetunion und die Verwirklichung des Sozialismus in den volksdemokratischen Ländern. Damit wird nicht nur unter Beweis gestellt, daß Lenin und Stalin als revolutionäre Wissenschaftler arbeiteten, den Marxismus als eine Anleitung zum Handeln betrachteten und die marxistische Lehre unter den Bedingungen des Imperialismus weiterentwickelten, sondern damit kommt auch zum Ausdruck, daß erst auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus die Wissenschaft in den Dienst der Menschheit gestellt wird und zur vollen Ent­ faltung, zur höchsten Blüte kommen kann. „Der Marxismus-Leninismus ist die einzige, in sich geschlossene wissenschaftliche Lehre der ihre Geschicke meisternden Menschheit, das größte Werk des mensch­ lichen Geistes“. Im Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, der Organisation der schaffenden Intelligenz, muß es im Karl-Marx-Jahr Allgemeingut aller seiner Mit­ glieder und Anhänger werden, daß die Lehre von Marx und Engel® das bedeutendste Kulturerbe und das größte Kulturgut der deutschen Nation ist und daß gerade die Kulturschaffenden die große Aufgabe haben, diese große Kulturtat allen Men­ schen vor Augen zu führen und mit dazu beitragen, auf dem Wege zum Sozialismus, den uns der größte Sohn des deutschen Volkes, Karl Marx, aufzeigte, mutig und schnell vorwärts zu marschieren.

F. G i e ß n e r

Das Warttürmchen

Die Nordhäuer Stadtbefestigung des Mittelalters hat bei der Zerstörung Nord­hausens am 4. April 1945 wertvolle Teile verloren. Entsprechend dem heutigen Auf­ satz „Praktische Denkmalpflege“ von Herrn Dipl.-Ing. K. Riemann, Architekt, Nord­ hausen, wollen wir uns um die Erhaltung und Restaurierung der Reste einsetzen.

Von der einstigen Außensicherung Nordhausens steht als letztes Wahrze'chen das Warttürmchen auf der höchsten Erhebung am Nordrande der Stadt. Das Wart­ türmchen mag um 1400 erbaut sein; auf Grund der Fehden mit den Grafen von Hohn­ stein, deren Burgruine wir vom Warttürmchen in der Ferne erblicken können. (Darüber: „Der Nordhäuser Roland“, April 1953.)

Leider ist von der Ausbesserung, die der frühere Nordhäuser Altertumsverein im Jahre 1383 hat vornehmen lassen, nichts mehr zu bemerken. Das Warttürmchen ist in den letzten Jahren wieder in starken Verfall geraten, wie uns unser Bild auf der Titelseite zeigt; eine erneute Ausbesserung ist dringend erforderlich, um es vor gänzlicher Vernichtung zu retten.

Das Warttürmchen steht am Ende des Parkes von Hohenrode, der jetzt unter Natur­ schutz steht, und Wildes Hölzchen, ein Gehölz, das seinen Namen nach einer alten Nordhäuser Familie Wilde führt.

Von dieser Höhe aus bietet sich ein prachtvoller Rundblick auf den Südharz, die Gipsfelsen des Kohmsteins, die Bleicheröder Berge, die Ha'nleite, die Goldene Aue und den Kyffhäuser. Mit seinen blühenden Kirsch- und Apfelbäumen ist gerade jetzt im Frühjahr das Warttür'mchen ein Fleckchen Erde, das die Liebe zu unserer schönen Harzheimat immer wieder belebt.

Von geschützten Pflanzen und Tieren

Die Durchführung der Aufgaben des Naturschutzes
Von K. Wein, Naturschutzbeauftragter des Landkreises Nordhausen

Der Mensch hat dem Landschaftsbilde des irdischen Raumes, seitdem er von dem Jäger- und Sammlertum der Altsteinzeit im Verlaufe der Jungsteinzeit zur Vleh- und Ackerwirtschaft übergegangen war, neuartige Züge eingegraben, weil er von dem Bestreben beherrscht wird, sich die Waldoberfläche zu seinem Lebensraume herzurichten. Dadurch ist er zum Schöpfer der Kulturlandschaft geworden, wobei er sich als sein leuchtendes und lockendes Endziel gesteckt hat, die Erde im Rahmen des Möglichen zu einem solchen zu entwickeln. Wie sehr von ihm schon seit geraumer Zeit ein solches Z el geahnt wird, offenbart sich in den Maßnahmen, die als Naturschutzbewegung in Erscheinung treten, Es ist heute noch nicht zu spät, um in einer vorgerückten Stunde mit V^rantwortungsbewußtsein den Fragen des Naturschutzes näherzutreten, da schon seit vielen Jahrhunderten die meisten Groß- und Kleinlandschaften unseres deutschen Vaterlandes stärkere oder schwächere menschl che Eingriffe erfahren haben. Derartigen Gedanken ist auch in einer Ver­ ordnung des Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft der Regierung der Deut­ schen Demokratischen Republik vom 12. November 1952 Ausdruck verliehen worden. Mit ihr wird der Zweck verfolgt werden, eine „Anweisung über die Durchführung des Naturschutzes“ zu erteilen. Die Erhaltung wertvoller Pflanzen und Tiere wird darin mit vollem Rechte „als eine große nationale Aufgabe“ bezeichnet. In der Verordnung haben an erster Stelle die vollkommen geschützten Pflanzen Aufnahme gefunden, die weder gepflückt noch ausgegraben werden dürfen. Von ihnen gehören der Pflanzenwelt unserer engeren oder weiteren Heimat an: Strauß- jßa;m, Hirschzunge, Federgras, Türkenbund, Frauenschuh, Waldvögelein, Händel­ wurz, Kuckucksblume, Knabenkräuter, Fliegen- und Bienenblume, Großes Wind­ röschen, Akelei, Küchenschelle, Frühlings-Teufelauge, Diptam, Seidelbast, Gelber Fingerhut und gefranster Enzian.

Gepflückt, aber nicht ausgegraben werden dürfen: Maiglöckchen, Traubenhyazin­ then, Märzenbecher und die beiden Arten der Schlüsselblumen (Wohlriechende und Geruchlose Schlüsselblume).

Für den Blumenhandel und für gewerbliche Zwecke dürfen nicht gesammelt werden Rippenfarn, alle Bärlapparten, Eibe, Wacholder, Schwertlilien, Trollblumen, Leber­ blümchen und Silberdistel.

Von Säugetieren sind unter Schutz gestellt worden Igel, Spitzmäuse (mit Ausnahme der Wasserspitzmaus) und alle Fledermäuse.

Ihn genießen auch sämtliche nicht jagdbaren Vogelarten, mit Ausnahme der Krähen (Nebel-, Raben- und Saatkrähe), des Eichelhähers, der Elster sowie des Feld- und Haussperlings.

Von heimischen Kriechtieren dürfen weder gefangen noch getötet werden Eidechsen (Zaun- und Bergeidechse), Blindschleiche, Ringelnatter1 und Schlingnatter. Ein gleiches gilt auch von folgenden Lurchen: Feuersalamander, allen Kröten und Unken,, Laubfrosch und allen Fröschen, ausgenommen Teich- und Grasfrosch. Ein­ zelne der oben genannten Tiere dürfen jedoch in Terrarien und Aquarien gehalten werden.

Von Insekten sind unter Schutz gestellt worden Segelfalter, Harzer Apollo, Hirsch­ käfer und Rote Waldameise. Dem Rate des Kreises Nordhausen steht zur Beratung in allen Fragen des Natur­ schutzes ein ehrenamtlich tätiger Naturschutzbeauftragter zur Seite, der auch bereit ist, allen Interessenten die von ihnen gewünschten Auskünfte zu. erteilen. Aufschlüsse über die Naturdenkmäler und Naturschutzgebiete des Kreises Nord­ hausen zu geben, bleibt einem späteren Aufsatze in diesen Blättern vorbehalten.

Die Försterhöhle

Von Johannes Ehrhardt, Fachgruppe Höhlenforschung, Nordhausen (Harz)

Welcher Nordhäuser kennt nicht die Försterhöhle bei Steigerthal, oder hat wenig­stens schon von ihr erzählen hören. Schon immer war sie und das darunter liegende Goldbörnchen ein beliebtes Ausflugsziel der wanderlustigen Bevölkerung unserer Vaterstadt, und mancher Junge hat dort wohl mit klopfendem Herzen das erste Mal das Grottendunkel unterirdischer Räume erlebt. Ihr schönes und verhältnismäßig großes Höhenportal verlockt auch geradezu, in die geheimnisvolle Unterwelt einzudringen, freilich wird dann der Pfad recht mühsam und feucht.

Die Försterhöhle liegt etwa 1 km südostwärts von Steigerthal im Windehäuser Holz in etwa 245 m Seehöhe. Geht man vom Goldbörnchen das sogenannte Tiefe Tal auf­wärts, so führt an der rechten Hangseite bald ein schmaler, steiler Pfad zu dem etwa 20 m über der Talsohle gelegenen Höhleneingang.

Nachdem man das Höhlenportal — man kann es auch als Vorhöhle bezeichnen — durchschritten hat, muß man, um in den nächsten Raum zu gelangen, in demütig tief gebückter. Haltung, fast kriechend, ein niedriges Dach passieren. Dann öffnet sich aber gleich der größte Raum der Höhle, der mit 5 m Höhe und 4 m Breite ein fast domartiges Aussehen hat und wohl als der hübscheste Raum der Höhle bezeich­net werden kann. Von hier aus geht es auf einer glitschigen Dehmschicht über 3 m abwärts zu dem tiefsten Punkt der Höhle, 0 m unter dem Höhleneingang. Gleich darauf steht die Sohle aber wieder steil um 4 m an, und nun folgt eine etwa 30 m lange, fast horizontale Strecke, die reichlich mit niedergebrochenen Gesteinstrüm­mern bedeckt ist. Diese Strecke ist der geologisch interessanteste Teil der Höhle. Hier treten an der linken Seitenwand sehr schöne Auslaugungsersche'nungen auf, und an der gegenüberliegenden Seite hat von oben einsickerndes Wasser einen schlotartigen Kamin ausgewaschen, der in solch ausgeprägter Form in Gipshöhlen selten ist. Der weitere Te l der Höhle nimmt dann fast klammartigen Charakter an. Wieder erschwert niedergebrochnes Gestein und seifiger Dehrn den Weg, der noch­ mals steil abfällt, um gleich darauf ebenso steil wieder anzusteigen, bis nach einer kurzen Kriechpartie das letzte niedrige Kämmerchen erreicht ist, 12 m vom Eingang entfernt.

Hinsichtlich ihrer Entstehung ist die Försterhöhle, die im jüngeren Gips des Zech­ steins angelegt ist, immer noch ein Streitobjekt. Während der bekannte frühere Nordhäuser Höhlenforscher, D pl.-Img. Dr. Friedrich Stolberg, annimmt, daß die Höhle durch fließendes Wasser entstanden ist, wird von Dr. Walter Biese (Ab­ handlungen der Preußisch-geologischen Dandesanstalt, Berlin, 1931) die Meinung vertreten, daß es sich hier um eine reine Spalthöhle handelt. Tatsächlich scheinen die oben beschriebenen Auslaugungsersche nungen an der linken Höhlenwand die Meinung Dr. Stolbergs zu bekräftigen. Demgegenüber bestreitet Dr. Walter Biese die frühere Existenz eines fließenden Wassers, das er nach der jetzigen Höhe der Vorflut (des Goldbörnchens) als unwahrscheinlich erklärt.

Daß sich die Försterhöhle auf einer das Gestein in O-W-Richtung durchsetzenden Spalte erstreckt, ist an der Firstspalte leicht erkennbar. Daß sich d ese Spalte in die Tiefe erstreckt und bis zu der jetzigen Höhlenisohle mit Trümmern und Schutt aus früherem Deckenverbruch angefüllt ist, kann ebenso als wahrscheinlich gelten. Wenn es sich bei der o. a. Auslaugungserscheinung um Korrosion, also durch Aus­ laugung durch Kondens- oder Sickerwasser handelt und nicht um Eroson durch fließendes Wasser, so können nur die von oben reichlich einsickernden Tageswäs­ ser (Niederschläge) für diese Erscheinungen in Frage kommen.

An der Klärung dieser Fragen mitzuarbeiten, ist u. a. eine der Aufgaben, die sich die Fachgruppe Höhlenforschung im Kulturbund Nordhausen (Harz) gestellt hat. Aber auch in zoologischer Beziehung kann hier noch wertvolle Arbeit geleistet werden. Bis jetzt sind von Lengersdorff in der Försterhöhle nur eine Collembole (Onych urus armatus) und eine Diptere (Exechia fimbriata) gefunden worden, und in jüngster Zeit von der Fachgruppe Höhlenforscher die Höhlenspinne (Meta men- ardi). Da 'die Höhle aber gern von Fledermäusen als Tages- und Winterschlafplatz benutzt wird, bietet der von ihnen in reichlicher Menge hinterlassene Kot die Lebensmöglichkeit für erne Kleintierwelt, wie sie bereits aus anderen Höhlen be­ kannt ist. Die Fledermaus kann man nicht als echtes Höhlentier, sondern nur als Höhlengast bezeichnen; denn zu den ersteren gehören nur solche, deren ganze Ent­ wicklung in der Höhle stattfindet.

So bietet die Försterhöhle, obgleich sie nür eine Kleinhöhle ist und schon seit lan­ ger Zeit bekannt ist, noch mancherlei Anregung zu wissenschaftlicher Arbeit. Leider ist nicht mehr genau feststellbar, seit wann die Försterhöhle überhaupt be­ kannt ist. Wenn die Deutung der darin gefundenen Topfscherben richtig ist, so kann man daraus (nach W. Elbert) auf eine vorübergehende Benutzung als Wohn- höhle (wahrscheinl ch Zufluchtsstätte) im IS. und 16. Jahrhundert schließen. Unge­ fähr auf diese Zeit deutete auch eine in den Felsen eingehiaueme Jahreszahl 1549, die nach einem Bericht aus dem Jahre 1840 noch dort zu sehen gewesen se:n soll, heute aber nicht mehr auffindbar ist. In der nachfolgenden Zeit ist die Höhle aber wahrscheinlich wieder in Vergessenheit geraten. Erst unser Nordhäuser Chronist, Friedrich Christian Lesser (1692—1754), beschreibt sie dann wieder in seinen njatur- historischen Merkwürdigkeiten. Kurz darauf wird sie nochmals von dem Assessor ^ Leopold aus Neustadt befahren und beschrieben, und wird auch zeitweilig nach ihm Leopoldshöhle genannt. Man kann also sowohl Lesser als auch Leopold mit Recht als die ersten Höhlenforscher unserer Heimat bezeichnen. Erst Dr. Stolberg nimmt 1920 einen genauen Plan der nunmehr allgemein als Försterhöhle bezeichneten Höhle auf, und gibt neben Dr. Biese eine moderne wissenschaftliche Beschrei­bung.

Seitdem wird die Försterhöhle alljährlich gern von abenteuerlustigen. Wanderern aufgesucht, und es ist wohl nicht zuviel behauptet, daß sie zu den bekanntesten Höhlen unserer engeren Heimat gehört.

Mögen alle, die sie besuchen, dazu beitragen, daß sie, als ein Beispiel für die viel­seitige Schöpferkraft der Natur, unserer Heimat noch lange erhalten bleibt. Vor allem mögen auch alle daran denken, daß die dort sich gern aufhaltenden Fle­dermäuse zu den Tieren gehören, die unter Naturschutz stehen und infolge ihrer außerordentlichen Nützlichkeit gehütet werden müssen, wo sich immer die Gele­genheit bietet.

Praktische Denkmalpflege

von Dipl.-Ing. K. Riemamn, Architekt, Nordhausen, Kreishelfer für das Sachgebiet Denkmalpflege
Manches Herrliche der Welt
ist in Krieg und Streit zerronnen :
wer beschützet und erhält,
hat das schönste Los gewonnen.
– Goethe

„Das kulturelle Erbe des deutschen Volkes umfaßt kostbare Werke der Kunst, die diurch ihre Schönheit und Wahrhaftigkeit Zeugnis für die schöpferische Kraft der Volksmassen ablegen. Dieses Erbe zu erhalten, zu pflegen und den breiten Massen unseres Volkes zugänglich zu machen, gehört zu den wichtigen kultureilen Auf­ gaben der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik. Die Aneignung des kulturellen Erbes ist Sache des ganzen Volkes, das sich gegen alle Versuche bös­ williger oder fahrlässiger Zerstörung von Kulturdenkmalen mit der Strenge des Gesetzes wendet.“ Diese Einleitung, der Verordnung zur Erhaltung und Pflege der nationalen Kul­ turdenkmale vom 26. Juni 1352 umreißt die Aufgaben der Denkmalpflege klar und eindeutig, stellt aber im Gegensatz zu früheren Denkmalschutzverordnungen fest, daß der Denkmalschutz Sache des ganzen Volkes und nicht nur des Dandeskonser- vators, der Bauaufsichtsbehörden oder einiger besonders interessierter Personen ist. Die Regierung wendet sich mit dieser neuen, umwälzenden Fassung der Ver­ ordnung an alle, verpflichtet jeden mitzuhelfen, das kulturelle Erbe, kostbare und wertvolle Werke der Kunst, zu erhalten, gleichgültig, von wem sie genutzt, oder in wessen Besitz sie sind. Nach den grauenvollen Bombenangriffen des Krieges ist viel Wertvolles, einmalig durch Handwerker- oder Künstlerhand Geschaffenes endgültig dahin und unwie­ derbringlich vernichtet. Das zwingt uns, bei der Erhaltung des Bestandes, der uns noch verblieb, den strengsten Maßstab anzulegen, um die Denkmale der Erziehung und Bildung des Volkes dienstbar zu machen. Die Denkmalpflege umfaßt nicht nur die bekannten größeren Baudenkmale, wie zum Beispiel im Kreise den Dom zu Nordhausen, die Burgruine Hohenstein oder die romanische Kirche in Münchenlohra u. a. m., sie erstreckt sich nach der Ver­ ordnung auf:

a) Bauwerke in ihrer äußeren und inneren Gestaltung, Park- und Gartenanlagen sowie Friedhöfe, Ruinen, Orts-, Straßen- und Platzbilder, die sich durch ihre geschichtliche Bedeutung, durch ihre Eigenart oder Schönheit auszeichnen.

b) Werke der Malerei, Plastik, Graphik und des Kunsthandwerks, die von hervor­ ragender Bedeutung sind.

c) Einrichtungen, Maschinen, Anlagen und Bauten!, soweit sie geschichtliche und ethnographische Bedeutung haben, der technischen und landwirtschaftlichen Tätigkeit und dem Verkehr allgemein dienen oder gedient haben und für die Aibeitsweise in einzelnen Landschaftsgebieten kennzeichnend sind.

d) Gegenstände, die zu bedeutenden Persönlichkeiten oder Ereignissen der deut­ schen Geschichte in Beziehung stehen. Wer offenen Auges durch unsere Städte und Dörfer geht, wird manches schönes Fach­ werkhaus, eine entzückende Tür oder ein Tor immer wieder entdecken und sich dar­ an erfreuen, manch reizendes Dorf- oder Stadtb Id läßt ihn den Schritt anhalten. Es gilt, gerade diese oft ganz unscheinbaren und unbekannten Schönheiten zu er­ halten: und das kann nur durch Erziehung und Bildung breitester Volksschidaten an Hand der vorhandenen Beispiele erfolgen.

Es ist erschreckend, festzustellen, wie manches schöne Fachwerkhaus, zum Beispiel durch einen häßlichen An- oder Umbau, gröbl ch verunstaltet wurde, wobei gar nicht einmal böse Absicht, sondern nur Unkenntnis anzunehmen ist. Man sollte endlich einmal mit der vielverbreiteten Auffassung brechen, sich den Landeskonservator als „Bauhindemis“, etwa mit einem Mottenvertilgungsm ttel bewaffnet, krampf­ haft den alten Zustand konservierend, aber jedem notwendigen Umbau abhold und feindlich gesinnt, vorzustellen! Es wird, sich niemand dagegen sperren, wirklich not­ wendige Veränderungen zuzugeben; aber es muß rieht g gemacht werden. Zu jeder Zeit wurden alte Bauten neuzeitlich verändert, dafür gibt es unzählige Beispiele: gotische Kirchen in barocker Form umgestaltet u. a. m. Aber eines hatten unsere Vorfahren vor uns voraus: sie verstanden es bei Um- oder Anbauten entsprechende Rücksicht auf das gute Alte zu nehmen, und das Ganze ergab wieder ein reizvolles Bild. Und das müssen wir durch Erziehung gerade un­ serer Handwerker wieder lernen. Wie manches schöne Fachwerkhaus, um bei dem Beispiel zu bleiben, wäre in seiner Wirkung erhalten geblieben, wenn die fach­ gerechte Beratung des Konservators in Anspruch genommen wäre. Im Rahmen eines Aufsatzes erschöpfen sich die unzähligen Beispiele nicht. Es ist nicht geleich gültig, wie z. B. eine alte Stadtmauer ausgebessert wird. Flickt man sie laufend mit anderen Baustoffen aus, z. B. eine Bruchsteinmauer mit Ziegelsteinen oder umgekehrt, ja fugt man sie dann noch mit Zement aus, dann ist nach Jahren zum Schluß vom alten Zustand nichts mehr da, es ist auch der ganze Eindruck der Wallanlage vernichtet. Wenn dann noch der Graben vor der Mauer mit Schutt ge­ füllt ist, ist ein Stück deutschen Kulturerbes unwiderniflich zerronnen.. Es ist klar, daß nur eine Erziehungsarbeit und der feste Wille, im Gesetz verankert, daß wir uns gegen jede Willkür oder jeden Unverstand ganz energisch wehren, helfen kann, wertvolles Volksgut zu erhalten. Um in der Denkmalpflege eine dauernde Übersicht und Kontrolle über die im Kreise befindlichen BaU- und Kunstdenkmale auszuüben, ist die karteimäßige Erfassung der einzelnen Objekte, die nur durch breiteste Mitarbeit der Bevölkerung Erfolg verspricht, in Vorbereitung. Es werden daher alle interessierten Kreise aufgerufen, mitzuhelfen und sich zur Mitarbeit und Unterstützung der Kommission für Denkmalpflege bereitzuerklären, wozu ich insbesondere die Mitglieder des Kulturbundes z. d. E. D. ganz besonders ansprechen möchte.

Zum 150. Geburtstag des Heimatdichters Ludwig Storch

Am 14. April 1803 war in Ruhla der heute kaum noch bekannte Heimatdichter Lud­wig Storch geboren. Nach kurzer Lehrzeit in Erfurt besuchte er die Gymnasien in Gotha und Nordhausen und studierte in Göttingen. Er heiratete frühzeitig und übersiedelte nach Gotha, dann folgten Stuttgart und Leipzig. Sein 1841 gegrün­deter Verlag mit Buchdruckerei ging drei Jahre später in Konkurs. Dann errichtete er 1850 in Nordhausen einen Kindergarten, der ihm jedoch von der preußischen Re­gierung wegen seiner demokratischen Einstellung verboten wurde. Ein unruhiges Wanderleben in Mitteldeutschland, insbesondere in Thüringen, brachte ihn schließ­lich nach Koburg, wo er am 5. Februar 1881 als Pensionär der Schiller-Stiftung ver­starb. Storch war allen fortschrittlichen Gedanken zugetan und kämpfte in seinen Werken gegen Unrecht und Unterdrückung; er mahnt in ihnen wiederholt zur Einheit des Vaterlandes.

Gesunder Volkshumor ist in seinen Mundartgeschichten enthalten; in seinen histori­schen Romanen lesen wir realistische Schilderungen, die noch heute lebendige Zeug­ nisse vergangener Zeiten sind.

Vincent van Gogh

Am 30. Mai dieses Jahres werden es hundert Jaihre, daß Vincent van Gogh im Dorf Groot-Zundert in Südholland als Sohn eines Pfarrers geboren wurde. Der Welt­ friedensrat ehrt diesen Gedenktag für einen leidenschaftlichen Künstler, der das einfache Volk suchte. Van Gogh arbeitete in seiner Jugendzeit in Kunsthandlungen von Den Haag, Lon­ don und Paris, wurde Prediger und Lehrer in England und studierte dann Theologie in Dordrecht. Im Bergarbeiterrevier bei Mons in Belgien, der Borinage, lernte er bei seinen Predigten das unglaubliche Elend der Beiigarbeiter kennen Da es ihm nach zwei Jahren klar wurde, daß er die Verhältnisse nicht ändern konnte, be­ gann sein Ringen um.eine künstlerische Gestaltung, nachdem er schon in der Bori­ nage ohne Ausbildung Zeichnungen angefertigt hatte. In Paris wurde er nach seiner Studienzeit in Brüssel, Den Haag und Antwerpen von den Impressionisten stark beeinflußt, doch fühlte er, daß ihr Weg nicht der richtige war; denn es bestanden zu wenig Beziehungen zum Menschen. Dem Umgang mit den Impressionisten verdankte er jene Meisterschaft in der Farb­ gebung, die wir noch heute bewundern. Besonders die bewußt übertriebene Ver­ wendung des Chromgelb — zumal bei den Motiven der leuchtenden südfranzösischen Provence — in Verbindung mit der Kraft seiner Pinselführung geben seinen Wer­ ken den Ausdruck des Suchens nach neuen Formen. Er malte lieber d e Augen von Menschen als Kathedralen; denn in den Augen wohnt etwas, das den Kathedralen, wenn diese auch ehrwürdig und imponierend sind, fehlt — die Seele eines Men­ schen. So schrieb er einmal an seinen Bruder, der ihn ständig unterstützte, um überhaupt malen zu können. Van Gogh war ein grüblerischer Mensch, der bei seinem unermüdlichen Schaffen keine Rücksicht auf seine Gesundheit kannte. In seinem Wesen war noch eine Un­ ruhe, die vielleicht die Ursache des Wahnsinns war, der ihn für die letzten beiden Jahre se nes Lebens hinter die Pforten des Irrenhauses brachte. Sein reiches Leben als Künstler und Sücher nach der Wahrheit, und als Mensch mit dem Herzen für das Volk, beendete er mit einem Selbstmordversuch am 27. Juli 1390, an dem er zwei Tage später in der Nervenheilanstalt von Auvers-sur-Ouise verstarb.