Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803: Unterschied zwischen den Versionen

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== II. Kapitel: Die Wehrverfassung ==
== II. Kapitel: Die Wehrverfassung ==
Die  Wehrverfassung  Nordhausens  ist  das  Ergebnis  ständiger Abwehrkämpfe  der  Stadt.  Dauernde  Bedrohungen  zwingen,  die
Mittel des  Stadtstaates  und  die  Kräfte  des  Volkes  zur  Erhaltung
der  Freiheit  zu  mobilisieren.  Die  Bürger  übernehmen  die  Stadt­
verteidigung,  die  Geldmittel  gestatten  die  Annahme  von  Söld­
nern  und  den  Ausbau  einer  Artillerie.  Die  Einwohner  bilden
neben  den  Söldnern  eine  Miliz.  Es  kommt  zur  Bildung  einer
Wehrverfassung.
Die  Nordhäuser  Wehrverfassung  entwickelt  sich  seit  dem
Ende  des  dreizehnten  Jahrhunderts.  Sie  ist  ein  Abbild  der
Stadtverfassung,  wie  der  in  ihr  herrschenden  Ideen  und  der
Wesensart  seiner Bürger.  In  ihr findet  die  kriegerische  Ordnung
des  Stadtstaates  ihren  verfassungsmäßigen  Ausdruck,  offenbart
sich  der  höchste  Lebenswille  seiner  Bürger.  Sie  ruht  auf
genossenschaftlicher  Grundlage.  Alle  Mitglieder  des  Rates
nehmen  an  Wehrfragen  teil).  Sie  entscheiden  über  die  Rüstung
der  Stadt,  das  Aufgebot  der  Bürger  und  über  die  Werbung  der
Söldner.
Söldner sind  in  Nordhausen  schon  am  Ende  des  dreizehnten
Jahrhunderts  nachzuweisen.  Im  Honsteiner  Krieg  1368-69
dienen  der  Stadt  40  Söldner.  Sie  werden  am  Kriegsende  abgedankt.  Erst  seit  dem  fünfzehnten  Jahrhundert  hält  die  Stadt
eine  ständige  Söldnertruppe.  Wesentliche  Bedeutung  hat  aber
das  Söldnerwesen  in  Nordhausen  nie  erlangt.  Im  fünfzehnten
Jahrhundert  unterhält  Nordhausen  100  bis  200  Söldner.  Vor­
übergehend  steigt  die  Stärke  im  sechzehnten  Jahrhundert  bis
auf  200  Mann.  Im  siebzehnten  und  achtzehnten  Jahrhundert
beträgt  die  Stärke  durchschnittlich  50  bis  100  Mann.
Die  eigentliche  Kriegsstärke  der  Stadt beruht  auf  dem  Bürger­aufgebot.  Es  wird  im  fünfzehnten,  sechzehnten  und  siebzehn­
ten  Jahrhundert  gegliedert.  Die  Gliederung  geschieht  nach
Stadtbezirken  und  Innungen.  Bei  Kriegsfall  erfaßt  die  Miliz
fast  20  vom  Hundert  der  Bevölkerung.  Zur  Nachtwache  am
Tor  oder  auf  der  Mauer  werden  die  Bürger  bis  ins  siebzehnte
Jahrhundert  gebraucht.  Sonst  steht  die  Miliz  in  ruhiger  Zeit
nicht  unter  Waffen.  Seit  1661  besteht  sie  aus  vier  Kompagnien.
Die  Gesamtstärke  schwankt  zwischen  800  und  1000  Köpfen.  Sie
zerfällt  im  fünfzehnten  Jahrhundert  in  die  Festungsmiliz  und
in  die  zum  Auszug  bestimmte  Miliz;  dazu  tritt  am  Ende  des
Jahrhunderts  eine  Artilleriegruppe.  Seit  1420  dienen  Schützen­
brüderschaften  der  Erhaltung  der Wehrfreudigkeit  der  Bürger.
Insgesamt  umfaßt  die  bewaffnete  Macht  Nordhausens  durch­
schnittlich  1000  bis  1200  Köpfe.


=== a) Die Kriegsbehörden ===
=== a) Die Kriegsbehörden ===

Version vom 7. Juli 2016, 14:39 Uhr

Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803
Reihe Schriften der kriegsgeschichtlichen Abteilung im historischen Seminar der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin
Band-Nr. 25
Autor Gerhard Meissner
Herausgeber Walter Elze
Verlag Berlin : Junker & Dünnhaupt,
Erscheinungsjahr 1939
Umfang 106 Seiten
Preis 4,80 ℛℳ
Stand: 21. Juni 2016

Das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen 1290–1803 von Gerhard Meissner erschien 1939 als Heft 25 in der Seminar-Reihe der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin.

Zitat In umsichtiger Weise schildert Meissner auf Grund der Akten des Nordhäuser Stadtarchivs das Befestigungswesen, die Wehrverfassung und endlich die militärischen Bündnisse und Verträge der Reichsstadt, ohne sich auf die Nordhäuser Verhältnisse zu beschränken. Vor allem das Kriegswesen der benachbarten Reichsstadt Mühlhausen, deren Archiv gleichfalls benutzt wurde, wird ständig zum Vergleich herangezogen. In den Grundlinien ist die Wehrverfassung der Stadt in dem halben Jahrtausend städtischer Reichsfreiheit unverändert geblieben, sie stützte sich vor allem auf die Wehrpflicht der Bürger, wenngleich zunehmend geworbene Söldner neben das Bürgeraufgebot traten. Doch der letzte Abschnitt zeigt, wie sich die politische Stellung der Stadt in dieser Zeit entscheidend änderte. Übertraf im Mittelalter die Stadt die benachbarten Herren an politischem Gewicht oder kam ihnen doch gleich, so daß sie wirkliche Bündnisverträge mit ihnen schließen konnte, so wurden ihr vom späten 15. Jahrhundert ab zuerst von Sachsen, dann von Preußen Schutzverträge aufgezwungen, die die politische Selbständigkeit der Stadt weitgehend beeinträchtigten und sie zu Kriegshilfe für fremde Zwecke verpflichteten. Einige Akten sind anhangsweise abgedruckt. Da der Verfasser mitteilt, daß er neben der Arbeit den 2. Band des Nordhäuser Urkundenbuehs fertiggestellt habe, ist zu hoffen, daß er für dies Urkundenbuch wenigstens die üblichen Grundsätze für die Textgestaltung verwendet, die er in seiner Arbeit nicht zu kennen scheint. Die Texte werden buchstabengetreu abgedruckt. Zitat
                    — Franz Günther in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertumskunde (N.F. Dreiunddreissigster Band (1939), Seite 545-546.
Editionsrichtlinien:
  • Der Text enthält keine Fußnoten. Das Digitalisat ist hingegen vollständig.
  • Der Text wurde teilweise Korrektur gelesen und spiegelt somit keinen endgültigen Bearbeitungsstand wider.

Vorwort

In der vorliegenden Arbeit wird erstmalig versucht, das Kriegswesen der Reichsstadt Nordhausen zusammenfassend darzustellen. Es kam dem Verfasser darauf an, einen Begriff von dem Wesen, dem Sinn und der Eigenart des Nordhäuser Kriegswesens zu gewinnen. Es sollten Entwicklung, Aufbau und Veränderung der Kriegseinrichtungen gezeigt, die Stadtgeschichte von den Kriegseinrichtungen her beleuchtet und die Wirkung der bewaffneten Macht auf die Bündnisse und Verträge dargelegt werden. Daher wurde soweit überhaupt möglich das gesamte Kriegswesen in die Untersuchung mit einbezogen. Es ergab sich daraus Auswahl und Auswertung der Quellen, Anlage und Aufbau der Arbeit:

Der zeitliche Rahmen der Arbeit vom Ende des dreizehnten Jahrhunderts bis zum Jahre 1803 war durch die geschichtliche Entwicklung Nordhausens gegeben, das in diesem Zeitraum Reichsstadt war. Es blieb die Zeit vor dem Privileg Rudolfs von Habsburg vom 1. November 1290), das im wesentlichen die reichsfreie Stellung Nordhausens begründete, unberücksichtigt, da ausschließlich das von Rat und Bürgerschaft bestimmte Kriegswesen dargestellt werden sollte. Der zeitliche Abschluß der Arbeit war durch das Ende der Reichsfreiheit Nordhausens am 25. Februar 1803 gegeben.

Die Gliederung der Arbeit geschah nach sachlichen Gesichtspunkten. Sie boten die Möglichkeit, Entwicklung und Wandlung des städtischen Kriegswesens überhaupt vom Mittel-alter bis in die Neuzeit mit aller Deutlichkeit und Klarheit aufzuzeigen. Nordhausen galt als Musterbeispiel, doch wurde vielfach auf die Verhältnisse anderer Städte, im besonderen Mühlhausens in Thüringen, verwiesen. Es ergab sich so eine klare Herausstellung von Eigenartigem und Allgemeinem. Die Arbeit dient damit sowohl der Lokalgeschichtsforschung, als auch der allgemeinen Erforschung des Stadtkriegswesens.

Die Quellen zur vorliegenden Untersuchung sind nur zum geringeren Teil veröffentlicht. Es war daher ein eingehendes unmittelbares Quellenstudium in den Stadtarchiven von Nordhausen und Mühlhausen notwendig. Für die gewährte Unterstützung bei der Forschung in den Archiven sage ich den Herren Stadtarchivaren Dr. F. Stolberg und Dr. E. Brinkmann meinen Dank.

Aus der Arbeit im Stadtarchiv Nordhausen und aus der Notwendigkeit, einen großen Teil der Urkunden durchzusehen, entstand als zweite Arbeit das „Nordhäuser Urkundenbuch II“2). Eine große Anzahl von Urkunden kann daraus als Ergänzung für die Darstellung des Kriegswesens der Stadt Nordhausen dienen.

Zu den wichtigsten Quellen der Arbeit gehören die Nordhäuser Statuten von 1280-1290, 1308, 1350 und 1470 (Qu. Nr. 63), das „Rauhe Buch“ (Qu. Nr. 32), das Inventarium magistrorum telorum (Qu. Nr. 6) und Lessers Historische Nachrichten (Lit. Nr. 46).

Die Beilagen zur Arbeit sind im besonderen als Ergänzung der Darstellung der Wehrverfassung gedacht, in der auch der Schwerpunkt der Arbeit liegt.

*

Zum Schluß sei mir gestattet, denen zu danken, die durch Anregung und Förderung die vorliegende Arbeit mit Rat und Tat unterstützt haben. Vor allem schulde ich Dank den Herren Professoren Dr. W. Elze und Dr. R. Holtzmann, den Referenten der Arbeit. Mein weiterer Dank gebührt der Stadtverwaltung von Nordhausen, die durch großzügige Unterstützung die Herausgabe der Arbeit ermöglichte.

I. Kapitel: Das Befestigungswesen

Die Befestigung gehört zu den Grundelementen des mittelalterlichen städtischen Lebens. Sie bestimmt das Wesen der Stadt. „Die deutsche Stadt des Mittelalters“ sagt Gengier, „war in ihrer äußeren Erscheinung eine Schutzstätte wider Feindeseinfall und Befehdung, daher ihrem ureigensten Wesen nach eine wehrhafte Örtlichkeit.“)

Die Befestigungen waren Eigentum des Stadtherrn2). Seit den Karolingern, wahrscheinlich auch schon unter den Merowingern), war das Recht, Befestigungen zu errichten und zu unterhalten, anderen die Befestigungserlaubnis zu übertragen und Befestigungen, die ohne Erlaubnis errichtet worden, zu brechen, eine Funktion der Wehrhoheit des fränkischen Staates). Im zwölften, dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert gelangte das Befestigungsrecht in die Hände der weltlichen und geistlichen Fürsten), und vieler Städte. In dem Kampf um das Befestigungsrecht) fand das Ringen der Städte nach Selbständigkeit und Freiheit seinen bezeichnendsten Ausdruck).

Viele Städte kamen schon im dreizehnten Jahrhundert in den Besitz des Befestigungsrechtes. So übten u. a. Köln und Worms seit der ersten Hälfte, Basel, Mühlhausen, Rostock und Straßburg seit der Mitte und Erfurt und Nordhausen seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts das Befestigungsrecht aus). In jener Zeit war die Befestigungstechnik zum Hauptbestandteil der Kriegskunst und der Besitz von Befestigungswerken fast gleichbedeutend mit politischer Macht geworden).

In Nordhausen stehen nach dem ersten erhaltenen Stadtrecht aus den achtziger Jahren des dreizehnten Jahrhunderts die Stadtbefestigungen unter der Aufsicht des Rates. „Hebet sich ein gezok in dirre stat“ heißt es Artikel 133, „swelch unsere bürgere sich vnderwunde keines tores ader tormes an der muwern . . . wer daz tete ane des rates lobe ir ieclich vnser burger gibt sechs phunt vn rumet zwei iar.“) Damit hatte die Stadt den durch die Zerstörung der Burg und die Vertreibung des Vogtes und der Reichsministerialen geschaffenen Zustand zur Besitznahme der Stadtbefestigungen benutzt).

Trotz der Rückkehr des Vogtes am Ende des Jahrhunderts beginnt Nordhausen selbständig den Neubau und die Erweiterung der Stadtmauer). 1299 tauschen „Thilomanuus de Elrich et Fridericus de Sangerhusen magistri consulum“ und die übrigen 16 „consules ciuitatis'‘ mit der Kapelle „Sancti Egidii Veteris Valve“ Land und Gebäude wegen der Erweiterung der Stadtmauer). Der Vogt hat auf die Stadtbefestigungen keinen Einfluß mehr. „Swi der stat were zubricht“, so meldet das neue Stadtrecht, „edir steine von der were werfit di git zhen Schillinge.“)

In der Stadt entsteht ein eigenes Befestigungswesen. Zur Durchführung und Aufsicht aller Befestigungsarbeiten setzt der Rat zwei Ratsherren ein1“). Sie bieten die Einwohner zum Mauerbau auf, fordern von bestimmten Dörfern und Bauern der Umgegend Fronfuhren). „Ouch sal eyn iclich besezzin rat“, heißt es im vierzehnten Jahrhundert, „vort wanne he be-stetiget wirt zcwenne man kiesen vnder on, die da vordem alle iar die da steyne vuren von den dorfern die da phiegen des iares steyne zu der stat zu vurene vnd welch besezzen rat des nicht entete vnd di zcwene nicht da zu stelten vnd hilden, daz di steyne geuort worden von disen nachgeschreben dorfern, so solde io der man in deme rate sines eygenen geldis eyne mark an di stat geben, er he von deme rate kome.“) Im vierzehnten Jahrhundert entstand eine Behörde für das Befestigungswesen: Das Bauamt. Es wurde von den Baumeistern geleitet). Zu Zeiten lag auch die Aufsicht über die Befestigungen in den Händen der Kriegsmeister19).

Die Einwohner der Stadt hatten sowohl am Mauerbau als auch an den Befestigungsanlagen in der Stadtflur zu arbeiten. Außenbefestigungen legte Nordhausen erst im fünfzehnten Jahrhundert an. Als 1464 die Honsteiner Grafen bezweifelten, daß die Stadt das Recht zur Anlage von Befestigungen außerhalb der Stadtmauer habe, konnte Nordhausen diesen Angriff auf einer Gerichtssitzung vor Herzog Wilhelm von Sachsen zurückweisen). Der Nordhäuser Bürger Hans Seher sagte aus: „Er habe nie anders gehöret, den das Northusen einen eigenen freyen flur . . . und dürfe schiege, Rennenbeume, graben, zingeln, schrancke zu hütten, borgfrieden und ander festenunge nach ihrer ebenunge und bequemlichkeit daruffe und darinne machen ... Er habe selber von gehorsams, gebots und geheiß wegen des raths zu Northusen gegraben und gehulffen . . .“) Ein anderer Nordhäuser Bürger, Hans Gaßmann, sagte: „Er könne wohl gedenken, daß die von Northusen machten graben, zingeln und schiege von Crimilderode bis an die Gumpe und das was, da die Herschafft von Stolberg den Honstein innahm.““)

Mit demselben Grafen entstand 1529 erneut Streit über die Befestigungen im Stadtgebiet. Unter anderen Zeugen wurde damals der Reichsschultheiß Leonhard Busch vernommen. „Er gedencke“, sagte er aus, „dass bey Graff Hanssen von Honstein Zeiten der graben von der Saltza an bis an die poliermühlen von nuwen ausgeworfen und gemacht ist. Man sehe noch täglich, dass der Rath zu Northusen alle jar zwischen Hesserode nicht weit vom Lindau mit wellenholtz und andere ihre warth bessern und daselbst warth und hut halten lasse.“)

Die Pflicht der Bürger am Bau der Befestigungen zu arbeiten findet sich in vielen Städten). Die Göttinger Bürger hatten z. B. das sogenannte „Meinwerk“ zu leisten. Sie wurden der Reihe nach dazu ausgehoben. Die Versäumnis wurde mit einer Geldbuße belegt). In Goslar wurden auch die Schüler zum Meinwerk herangezogen). In Danzig waren die Bürger zum „Scharwerk“ verpflichtet. Jeder Bürger wurde von den Ordnungen gemahnt, ein- oder zweimal in der Woche mit seinem Gesinde zum Scharwerk zu gehen2'). Die wehrfähige Bürgerschaft Quedlinburgs war ebenfalls bei der Anlage von Stadtbefestigungen beteiligt. Doch meldet eine Ratsrechnung schon für 1485, daß die Hauptleute der Stadtbezirke „gravemester und gravearbeter“ zur Herstellung einer „lantwer“ annehmen und ihnen Lohn zahlen sollen). In Hildesheim und Danzig konnten die Bürger die persönliche Pflicht durch eine Steuer ablösen"). 1671 erließ der Danziger Rat eine „Ordnung, wor-nach sich die verordneten Bürgere bey Einforderung, der gemeinen Schaarwercks Gelder zu richten haben80).

Um das Gebiet, in dem die Stadt das Recht hatte, Befestigungen anzulegen, genau abzugrenzen, sorgte sie für die Kenntlichmachung ihrer Grenzen. „Ein ixlich radt“ bestimmt das Stadtgesetz des fünfzehnten Jahrhunderts, „sal alle iar eyns zcusschin ostern vnde pfinxten den flur bereyten: welch ratli daz liesze, so solde eyn ixlich rathman eyne margk an die stat gebin ane alle gnade. Ouch sal der rath den flur alzo er vor-steynet ist, besehen, graben, uffworffe, siege, czingeln vnde falleboume laszen bessern, fertigen vnde in beuelicheme wessen vnde besserunge behalden.“)

Der Besitz des Befestigungsrechtes gestattete Nordhausen zu allen Zeiten den Ausbau seiner Befestigungen). Der erste steinerne Mauerbau) um 1300 ist der sichtbarste Ausdruck für den Beginn der städtischen Selbständigkeit. Denn es ist klar, betont auch Rütimeyer, daß derjenige, der Herr der Stadtbefestigung ist, zugleich die politische Beherrschung der Stadt in Händen hat).

Seitdem baut Nordhausen die zur Erhaltung seiner städtischen Freiheit notwendigen Stadt- und Flurbefestigungen aus. 1365 wird die Befestigung der Vorstädte begonnen, wozu sich die Stadt 1368 die Einwilligung des Kaisers holt). Um 1400 entsteht ein großer Teil der Flur- und Grenzbefestigungen: Der „neue Graben“, der „lange Graben“, der „Landgraben“, der „Nordschlag“, und mehrere Warttürme). Seit 1436 baut Nordhausen seine Stadtmauer weiter aus, verstärkt die Flurbefestigungen. Der Kaiser gibt seine Zustimmung)- Es entstehen innere und äußere Tore, die Stadtmauer erhält Zinnen und Türme. 1441 wird das Töpfertor stark befestigt und die Stadtmauer von dort bis zum Barfüßertor dreifach, vom Rautentor zur Kuttelpforte zweifach aufgeführt. In der Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts hatte Nordhausen vier große Tore mit acht Tortürmen, zwei Pforten, 25 halbrunde und 4 eckige Türme in der Hauptmauer und in der äußeren Mauer 10 starke Bollwerke). 1480 wird die äußere und innere Stadtmauer noch erhöht. 1484 haben beide Stadtmauern 73 Zinnen, Türme und Tore39). 1589 wird der sogenannte Oßwaldsche Turm errichtet. Im siebzehnten Jahrhundert besonders während des Dreißigjährigen Krieges wird die Stadt im Innern durch Ketten und Schlagbäume gesichert. In einem Verzeichnis der Bauherren von 1642 heißt es darüber: „Schloß am Schlage an Wolf Volckmars hause, bei Andreä Heils jun. hause, bei Anton Schielers hause, am Barfüßerthore, uf der Töpferbrücken, zwischen den Töpferthoren, an der Töpferbrücken, über dem Rautenthore, in der Hütergassen, am eusersten Bilenthore, am eusersten Suntheuser-thore, vorm Ähren, in der Newstadt gegen der Meusen hause, beim Seigerthore, ibidem unterm Seigerthore, an der Siechenbrücken, im Siechenthore, am inwendigen Siechenthore, an Georg Riedels hause, unter der mauren bey der Kottelmühlen, vor dem Newenwegesthore, 2 Schläge vor den Pallisaden außer dem Newenwegesthore, vor dem Grimmelsthore, an der Nieducken, in der Rosengassen, vor dem Altenthore, am Kruckthore, an der Scherfgassen, unter dem alten Seigersthore, vor dem Barfüßerthore. Summa 33 Schläge.“) 1710 und 1712 werden die Haupttore verstärkt, das ausgebrannte Töpfertor wieder errichtet, so daß ein „erfahrener General-Lieutenant“ berichtet Bohne „damahls en passant geurtheilet, wenn die Stadt Nordhausen dergleichen Rondel in quanto et quali noch mehr hätte . . ., so könnte die Stadt sich noch wohl eine Zeitlang wieder ankommende Stürme schützen und aufhalten.“) 1734 stellt Nordhausen die Stadtmauer vom Töpfertor bis zur Stiege neu her und 1739 und 1740 werden die Gräben des Frauenberges mit spitzen Pfählen neu besetzt. So bleibt bis ins achtzehnte Jahrhundert das Befestigungswesen ein lebendiger und wichtiger Teil des Nordhäuser Kriegswesens.

II. Kapitel: Die Wehrverfassung

Die Wehrverfassung Nordhausens ist das Ergebnis ständiger Abwehrkämpfe der Stadt. Dauernde Bedrohungen zwingen, die Mittel des Stadtstaates und die Kräfte des Volkes zur Erhaltung der Freiheit zu mobilisieren. Die Bürger übernehmen die Stadt­ verteidigung, die Geldmittel gestatten die Annahme von Söld­ nern und den Ausbau einer Artillerie. Die Einwohner bilden neben den Söldnern eine Miliz. Es kommt zur Bildung einer Wehrverfassung.

Die Nordhäuser Wehrverfassung entwickelt sich seit dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts. Sie ist ein Abbild der Stadtverfassung, wie der in ihr herrschenden Ideen und der Wesensart seiner Bürger. In ihr findet die kriegerische Ordnung des Stadtstaates ihren verfassungsmäßigen Ausdruck, offenbart sich der höchste Lebenswille seiner Bürger. Sie ruht auf genossenschaftlicher Grundlage. Alle Mitglieder des Rates nehmen an Wehrfragen teil). Sie entscheiden über die Rüstung der Stadt, das Aufgebot der Bürger und über die Werbung der Söldner.

Söldner sind in Nordhausen schon am Ende des dreizehnten Jahrhunderts nachzuweisen. Im Honsteiner Krieg 1368-69 dienen der Stadt 40 Söldner. Sie werden am Kriegsende abgedankt. Erst seit dem fünfzehnten Jahrhundert hält die Stadt eine ständige Söldnertruppe. Wesentliche Bedeutung hat aber das Söldnerwesen in Nordhausen nie erlangt. Im fünfzehnten Jahrhundert unterhält Nordhausen 100 bis 200 Söldner. Vor­ übergehend steigt die Stärke im sechzehnten Jahrhundert bis auf 200 Mann. Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert beträgt die Stärke durchschnittlich 50 bis 100 Mann.

Die eigentliche Kriegsstärke der Stadt beruht auf dem Bürger­aufgebot. Es wird im fünfzehnten, sechzehnten und siebzehn­ ten Jahrhundert gegliedert. Die Gliederung geschieht nach Stadtbezirken und Innungen. Bei Kriegsfall erfaßt die Miliz fast 20 vom Hundert der Bevölkerung. Zur Nachtwache am Tor oder auf der Mauer werden die Bürger bis ins siebzehnte Jahrhundert gebraucht. Sonst steht die Miliz in ruhiger Zeit nicht unter Waffen. Seit 1661 besteht sie aus vier Kompagnien. Die Gesamtstärke schwankt zwischen 800 und 1000 Köpfen. Sie zerfällt im fünfzehnten Jahrhundert in die Festungsmiliz und in die zum Auszug bestimmte Miliz; dazu tritt am Ende des Jahrhunderts eine Artilleriegruppe. Seit 1420 dienen Schützen­ brüderschaften der Erhaltung der Wehrfreudigkeit der Bürger. Insgesamt umfaßt die bewaffnete Macht Nordhausens durch­ schnittlich 1000 bis 1200 Köpfe.

a) Die Kriegsbehörden

b) Aufbringung und Gliederung der bewaffneten Macht

1. Die Bürgerliche Streitmacht

2. Das Söldnerwesen

III. Kapitel: Die militärischen Bündnisse und Verträge

Schlußwort

Beialgen

Quelle und Literatur

Verzeichnis der gebrauchten Abkürzungen